FormalPara Zusammenfassung

Der Beitrag befasst sich mit der im Zuge des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes Ende 2022 eingeführten tagesstationären Behandlung, die sich einreiht in eine bereits bestehende Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten im Krankenhaus, die keiner Übernachtung der Patienten und Patientinnen bedürfen. Es wird ein Überblick über die formalen Voraussetzungen, die Vergütung, medizinische und klinische Aspekte sowie die Patientenperspektive gegeben und eine rechtliche Abgrenzung zu anderen im Krankenhaus möglichen Behandlungsformen erörtert, die neben der tagesstationären Behandlung bestehen und ebenfalls keine Übernachtung erfordern. Das Zwischenfazit kommt zu dem Ergebnis, dass die tagesstationäre Behandlung in ihrer bestehenden Form nicht die mit ihr verbundenen Ziele erreichen kann und deswegen einer Weiterentwicklung bedarf. Im Folgenden werden Entwicklungsperspektiven dargestellt, die eine Komplexitätsreduzierung im Bereich der Vergütung ambulant im Krankenhaus erbrachter Leistungen sowie einen effizienteren Einsatz pflegerischer und auch apparativer Ressourcen zum Nutzen der Patienten und Patientinnen mit sich bringen. Dabei wird auch eine Möglichkeit beschrieben, die tagesstationäre Behandlung für den vertragsärztlichen Sektor zu öffnen, um eine sektorenunabhängige Versorgung von Patientinnen und Patienten auf Grundlage gleicher Vergütungsstrukturen bei sektorenübergreifender Versorgungsplanung zu ermöglichen.

This article deals with the day-clinic treatment introduced as part of the Hospital Care Relief Act at the end of 2022, which is one of a large number of existing treatment options in hospitals that do not require patients to stay overnight. The authors provide an overview of the formal requirements, remuneration, medical and clinical aspects as well as the patient perspective and make a legal differentiation from other forms of outpatient treatment in hospitals which exist alongside day-clinic treatment and also do not require an overnight stay. The interim conclusion is that day-clinic treatment in its existing form cannot achieve the objectives associated with it and therefore requires further development. Subsequently, the authors describe development perspectives which entail a reduced complexity of the remuneration for outpatient hospital services as well as a more efficient use of nursing and equipment resources for the benefit of patients. They also describe the option of opening up day-clinic treatment to SHI-accredited office-based physicians in order to allow sector-independent medical care on the basis of equal remuneration structures with cross-sectoral health care planning.

1 Einführung

Zum Jahresende 2022 wurde das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) im Deutschen Bundestag verabschiedet.Footnote 1 Dieses Gesetz nahm auch den in der „Zweiten Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ formulierten Vorschlag einer „Tagesbehandlung im Krankenhaus“Footnote 2 auf, die letztlich als tagesstationäre Behandlung in den §§ 39 und 115e SGB V ihren Eingang fand.

Im Kern soll die neue Behandlungsform eine vollstationäre Behandlung einer somatischen Erkrankung darstellen, bei der lediglich auf die Übernachtung im Krankenhaus verzichtet wird, sofern es medizinisch vertretbar ist, den Patienten oder die Patientin mit dessen bzw. deren Einverständnis für die Nacht nach Hause gehen zu lassen. Das Krankenhaus muss lediglich einen Abschlag von 0,04 Bewertungsrelationen je entfallende Übernachtung hinnehmen (im Jahr 2023 ca. 160 €), höchstens jedoch 30 % des Gesamtabrechnungsbetrags, und Vorkehrungen für eine ungeplante Rückkehr treffen.

Ziel der Einführung der tagesstationären Behandlung war gemäß „Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit“ insbesondere die Entlastung des Krankenhauspersonals, „ohne Leistungen für Patienten und Patientinnen einzuschränken“.Footnote 3 Dies sollte kostenneutral umgesetzt werden, im besten Fall sogar Einsparungen erzielen. Das Interesse der Patientinnen und Patienten an dieser neuen Leistungsform wurde in der fortdauernden Verbundenheit mit dem häuslichen Umfeld, der insbesondere für ältere Menschen oftmals problematischen Eingewöhnung, aber auch in einer verringerten Ansteckungsgefahr im Krankenhaus gesehen.Footnote 4

2 Bestehende Formen der Leistungserbringung im Krankenhaus ohne Übernachtung

Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus ist keineswegs ein Novum. Es gibt bereits eine Vielzahl von Behandlungsformen, die ohne die Übernachtung der Patientin oder des Patienten durchgeführt werden (Table 14.1). Vielmehr eröffnet die tagesstationäre Behandlung den somatischen Krankenhäusern bei der vollstationären Behandlung im Einzelfall lediglich die Möglichkeit, von der Übernachtung der Patientin oder des Patienten im Krankenhaus abzusehen. Die bestehenden Formen der Leistungserbringung im Krankenhaus ohne Übernachtung sind historisch gewachsen und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Vergütung und der Frage der Budgetierung erheblich voneinander, führten aber auch schon vor der Einführung der tagesstationären Behandlung dazu, dass Krankenhäuser für identische Leistungen unterschiedliche Vergütungen zur Abrechnung bringen konnten. Wirtschaftlich motiviert neigen die Kliniken dazu, den höchstmöglichen Betrag abzurechnen, die Krankenkassen hingegen haben den gegenteiligen Anreiz. Diese Konstellation führt zwangsläufig zu Konflikten, obgleich die strittigen Beträge im Einzelfall vergleichsweise gering sind.

Tab. 14.1 Übersicht der Behandlungsmöglichkeiten im Krankenhaus ohne Übernachtung

3 Abgrenzung von anderen Formen der Leistungserbringung im Krankenhaus

Wie in Sect. 14.2 dargestellt, gibt es eine Vielzahl von Behandlungsformen im Krankenhaus, für die keine Übernachtung notwendig und deshalb auch nicht vorgesehen ist. Die Unterschiede zwischen den Behandlungsformen mögen zwar rechtlich definiert sein, im Klinikalltag und medizinisch sind die Grenzen jedoch nicht so klar auszumachen.

3.1 Vollstationär/tagesstationär

Hinsichtlich der Flexibilität und Komplexität wird die tagesstationäre der vollstationären Behandlung gleichgestellt (§ 39 Abs. 1 Satz 5 SGB V); zudem ist sie ebenso wie die vollstationäre Behandlung auch nachrangig zur teil-, vor- und nachstationären sowie ambulanten Behandlung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Auch die Vergütung basiert auf den bekannten aDRG-Fallpauschalen – jedoch mit dem Unterschied, dass je fehlende Übernachtung im Krankenhaus 0,04 Bewertungsrelationen, maximal jedoch 30 % des Abrechnungsbetrags vom Krankenhaus als Abschlag zu berechnen sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass innerhalb einer Krankenhausbehandlung nicht sämtliche Übernachtungen außerhalb des Krankenhauses stattfinden. In der Folge werden in der Abrechnungsrealität vermutlich auch Mischungen zwischen tages- und vollstationären Behandlungsepisoden zu beobachten sein.

3.2 Teilstationär/tagesstationär

Inhaltlich am schwierigsten abzugrenzen ist vermutlich die teil- von der tagesstationären Behandlung. In beiden Fällen wird auf eine Übernachtung verzichtet, in beiden Fällen befindet sich die Patientin oder der Patient nur für einen kürzeren Zeitraum als 24 Stunden zur Behandlung im Krankenhaus. Das Zustandekommen der Vergütung hingegen könnte nicht unterschiedlicher sein: Auf der einen Seite Vereinbarungen auf Ortsebene, auf der anderen Seite Anlehnung an die aDRG-Fallpauschale mit den Übernachtungsabschlägen.

Aber auch mit Blick auf die Übernahme von Fahrkosten durch die Krankenkasse gibt es Unterschiede. Den Versicherten steht im Rahmen der tagesstationären Behandlung grundsätzlich kein Anspruch auf Kostenübernahme für die Fahrten zur Übernachtung außerhalb des Krankenhauses zu (§ 115e Abs. 2 Satz 1 SGB V). Diese Einschränkung gibt es bei einer teilstationären Serienbehandlung nicht. Bei der Frage der Zuzahlung sind die Versicherten bei teil- und tagesstationärer Behandlung wiederum gleichgestellt: Es fällt im Gegensatz zur vollstationären Behandlung keine kalendertägliche Zuzahlung an.

3.3 Vor- und nachstationär/tagesstationär

Trotz der rechtlich geregelten Nachrangigkeit der tagesstationären Behandlung gegenüber der vor- und nachstationären sind inhaltlich durchaus Parallelen zu beobachten. Der für die Erbringung der tagesstationären Behandlung notwendige mindestens sechsstündige Aufenthalt im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche und pflegerische Leistungen erbracht werden müssen, kann der Sache nach auch im Rahmen einer vorstationären Behandlung gegeben sein, sofern am Folgetag die voll- oder auch tagesstationäre Weiterbehandlung erfolgt. Ein sechsstündiger Aufenthalt zur vorstationären Untersuchung, währenddessen beispielsweise eine aufwendige Bildgebung, Anamnese- und Aufklärungsgespräche sowie Labordiagnostik durchgeführt werden, erfüllt bis auf den Aspekt der Notwendigkeit einer vollstationären Aufnahme alle Kriterien der tagesstationären Behandlung. Insoweit sind Abgrenzungsprobleme vorprogrammiert. Angesichts der seit Jahrzehnten stagnierenden Vergütungspauschalen in diesem Bereich wird den Krankenhäusern ein durchaus interessantes Abrechnungsmodell eröffnet, das einen tagesstationären Behandlungstag zu Beginn der vollstationären Behandlung vorsieht, der im Vergleich zum vorstationären Behandlungstag jedoch deutlich höher vergütet wird.

3.4 Andere nicht vollstationäre Behandlungsformen/tagesstationär

Auch die anderen nicht vollstationären Behandlungsformen wie die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V oder die Hochschulambulanzen nach § 117 SGB V haben in der Realität das Potenzial, eine Abrechnungsalternative zur tagesstationären Behandlung zu sein. Denn es ist für die Krankenkassen aus den Abrechnungsdaten nicht ersichtlich, wie oder auch wo eine erbracht bzw. auf welche personellen und sächlichen Ressourcen zurückgegriffen worden ist. Insofern ist es zumindest vorstellbar, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass ein effektives Medizincontrolling eine Erlösmaximierung betreibt, sofern die für die Kassen kaum kontrollierbare Sechsstundengrenze durch eine entsprechende Anzahl von OPS-Kodes plausibel überschritten werden kann.

3.5 Zusammenfassung

Die Einführung der teilstationären Behandlung ist in einem Gesundheitswesen, in dem alle Akteure, Leistungserbringer und Kostenträger primär das Ziel einer effizienten Mittelverwendung haben, eine mögliche Option. Da jedoch für die Kliniken keine Anreize dafür bestehen und es vielmehr im Interesse der Klinikbetreiber ist, einen hohen Deckungsbeitrag, wenn nicht gar einen Überschuss zu erzielen, erscheint die Einführung der tagesstationären Behandlung risikoreich. Denn die Erweiterung der Erlösoptimierungsoptionen ist offensichtlich, auch wenn diese bei der Regierungskommission mutmaßlich nicht handlungsleitend gewesen sind.

4 Hemmnisse bei Umsetzung der tagesstationären Behandlung

Wie in der Einführung erwähnt, wurde die neue Behandlungsform vornehmlich mit dem Ziel eingeführt, das Krankenhauspersonal zu entlasten. Die Abrechenbarkeit der neuen Leistung ist erst seit dem 01.08.2023 gegeben, sodass naturgemäß zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags nur sehr wenige belastbare Daten vorliegen.Footnote 5

Ende November 2023 lagen AOK-weit 55 abgerechnete tagesstationäre Krankenhausbehandlungen aus insgesamt sechs Krankenhäusern vor. Bei einem Viertel der Fälle kam es innerhalb von 30 Tagen danach zu einem weiteren vollstationären Fall. Die Verweildauer betrug im Mittel 1,7 Tage, dieser Wert wird jedoch durch einen Fall mit 21 Tagen Verweildauer etwas verzerrt. Schließt man diesen Fall aus, wird ein Mittelwert von 1,3 Tagen erreicht (Table 14.2).

Tab. 14.2 Verweildauern der AOK-weit abgerechneten tagesstationären Behandlungen (Aufnahmedatum 01.01.2023 bis Abrechnungsdatum 30.11.2023)

Die vorliegende Fallzahl ist zu gering, um Aussagen über mögliche Auswirkungen der neuen Versorgungsform treffen zu können. Aufgrund der verschiedenen Möglichkeiten der Kombination von unterschiedlichen Abrechnungskomponenten, die im zweiten Abschnitt dieses Beitrags vorgestellt worden sind, wird es jedoch perspektivisch von Interesse sein zu bewerten, ob sich in bestimmten Behandlungssegmenten die tagesstationäre Behandlung etabliert und welche ökonomischen und qualitativen Ergebnisse sie hervorbringen wird.

Da aber die Datenlage entsprechende Auswertungen derzeit noch nicht ermöglicht, konzentriert sich der Beitrag im Weiteren auf den vom Gesetzgeber erwünschten Patientennutzen und nimmt die anderen Voraussetzungen in den Blick, die das Krankenhaus erfüllen muss, um tatsächlich wie vom Gesetzgeber intendiert zu profitieren.

4.1 Auswirkungen auf Krankenhäuser

Für eine Patientin oder einen Patienten, die oder der die Station am Nachmittag verlässt, muss bis zu ihrer oder seiner morgendlichen Wiederkehr kein ärztliches oder pflegerisches Personal vorgehalten werden. Nur fällt dieser personalressourcenschonende Aspekt auf Stationsebene nicht merklich ins Gewicht, sofern nur wenige Patientinnen und Patienten das Krankenhaus für eine Übernachtung außerhalb davon verlassen.

Um eine tatsächliche Personalentlastung zu erzielen, ist also eine organisatorische Neuaufstellung der Fachabteilungen bzw. Stationen vorzunehmen. Minderschwere Fälle müssten – gegebenenfalls fachabteilungsübergreifend – auf einer Station tagesstationär behandelt und untergebracht werden, damit diese dann für die Nacht „geschlossen“ werden kann. Auf der anderen Seite muss das Krankenhaus jederzeit in der Lage sein, die aus unterschiedlichen Gründen vorzeitig zurückkehrenden Patienten oder Patientinnen wieder vollstationär aufzunehmen. Dazu bedarf es neben den vorzuhaltenden Betten aber auch einer ärztlichen und pflegerischen Mindestabdeckung, die im Bedarfsfall auch für Nachdienste aktiviert werden kann.

Und nicht zuletzt sind die für eine Behandlung im Krankenhaus obligaten Behandlungsverträge derart anzupassen, dass sie die patientenbezogenen und haftungsrechtlichen Aspekte im Sinne einer wirksamen Patientenaufklärung rechtssicher abdecken, denn aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 115e SGB V ist zu entnehmen, dass das Krankenhaus in gleicher Weise für Patientenschäden bei der Erbringung von tagesstationärer Behandlung haftet wie wenn es die Behandlung ambulant oder stationär erbringt. Die sich im Streitfall gegebenenfalls ergebende gerichtliche Klärung wird nicht zuletzt auf der Ebene Arzt/Ärztin und Patient/Patientin ausgefochten; somit ist auch anzunehmen, dass dies die ärztlich vorzunehmende Beurteilung der medizinischen Eignung zur Übernachtung außerhalb des Krankenhauses beeinflusst.

Summarisch steht den oben dargestellten organisatorischen und rechtlichen Herausforderungen eine bis zu 30 % geringere Vergütung gegenüber, zumindest aber ein Erlösrückgang von 160 € pro Übernachtung außerhalb des Krankenhauses.

4.2 Auswirkungen für Patientinnen und Patienten

Da die Unterstützung der Patientinnen und Patienten während der tagesstationären Behandlung mit der Häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) ausgeschlossen ist, erfordert die Übernachtung ein häusliches Umfeld, das geeignet ist, die vermutlich geringen pflegerischen Aufgaben wahrzunehmen. Aus dieser Perspektive betrachtet kommen für die tagesstationäre Behandlung somit alleinstehende Patientinnen und Patienten nicht in Frage. Übrig bleibt ein Patientenklientel, das sich aus Personen zusammensetzt, die bei vergleichsweise geringer gesundheitlicher Einschränkung, die aber grundsätzlich die Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung auslöst, in einer Beziehung oder Umgebung leben, die zumindest mit der vorübergehenden Pflege belastbar ist. Bei Kindern und Jugendlichen, für die grundsätzlich auch die tagesstationäre Behandlung offensteht, könnte die Betreuung von einem Elternteil übernommen werden.

Angesichts der oben beschriebenen Limitierungen sowie der Tatsache, dass die Kosten für die Fahrten zur Übernachtung außerhalb und wieder zurück ins Krankenhaus von den Versicherten selbst zu tragen sind, erscheint die tagesstationäre Behandlung auch aus Patientensicht nicht sonderlich attraktiv.

4.3 Auswirkungen für Krankenkassen

Die mit der Einführung der tagesstationären Behandlung verbundenen Ziele sind aus Kassensicht durchaus zu begrüßen. Dies gilt etwa für die Entlastung insbesondere des pflegerischen Personals, die sich in der Folge positiv auf die pflegerische Behandlungsqualität, aber auch auf den Verbleib des Pflegepersonals im Beruf auswirken kann (z. B. durch Reduzierung von Nachtschichten). Die Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs ist mit Blick auf den Fachkräftemangel aus Kassenperspektive versorgungspolitisch wichtig. Die mit der Übernachtung zu Hause einhergehende Verringerung der Gefahr der Ansteckung mit Krankenhauskeimen ist aus Sicht der Krankenkassen ebenso zu begrüßen, da damit eine Reduzierung der Kosten für die Behandlung nosokomialer Behandlungen einhergeht. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob eine de facto ambulantisierte Behandlung bei nahezu vollstationärer Vergütung gesundheitsökonomisch sachgerecht ist und nicht vielmehr neue Begehrlichkeiten bei vertragsärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzten auslöst. Aus Sicht der Kassen stellt sich durchaus die Frage, ob die Beitragsgelder an dieser Stelle sinnvoll verwendet werden. Zudem entstehen durch weitere neue Abrechnungsarten neue bürokratische Aufwände, die die Pflegesatzverhandlungen und die Abrechnungsregeln weiter verkomplizieren.

Wären die oben dargestellten Hemmnisse nicht so gravierend, könnte aus Sicht der Krankenkassen die Einsicht zum Tragen kommen, dass die Versicherten eine Behandlung erhalten, die mit der vollstationären vergleichbar, aber mit geringeren Leistungsausgaben verbunden ist. Die tagesstationäre Behandlung könnte sich sogar mit Blick auf deren formale Voraussetzungen vorteilhafter als die vollstationäre erweisen, denn die in § 115e SGB V vorgeschriebene ärztliche und pflegerische Mindestbehandlungsdauer von drei Stunden je Tag wird bei minderschweren Fällen, die bislang vollstationär versorgt wurden, nicht allzu oft erreicht, insbesondere nicht an Wochenenden.

Trotzdem bleibt aus medizinischer und leistungsrechtlicher Sicht die Frage offen, welche Patientinnen und Patienten einerseits vollstationär behandlungsbedürftig sind und anderseits über Nacht aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Versorgung durch ein Krankenhaus bedürfen. Denn organisatorische Umstände wie beispielsweise mehrere Untersuchungen aus unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten rechtfertigen eine vollstationäre Behandlung leistungsrechtlich nicht. Diese Untersuchungen können auch in einem gut kooperierenden Ärztehaus oder einem MVZ mit verschiedenen Fachdisziplinen vorgenommen werden, wären dann aber nach den Grundsätzen der vertragsärztlichen Versorgung zu vergüten.

5 Zwischenfazit

Die aktuelle gesetzliche Regelung der tagesstationären Behandlung im Krankenhaus ist unter den oben geschilderten Voraussetzungen und Einflüssen für keine der involvierten Parteien (Krankenhäuser, Versicherte, Kassen) ein Gewinn. Die organisatorischen Aufwände sind bei abgesenkter Vergütung hoch, für nur wenige Patientengruppen erscheint sie attraktiv, die haftungsrechtlichen Bedenken schränken zusätzlich ein. Eine spürbare Personalentlastung ist unter diesen Voraussetzungen somit nicht zu erwarten.

6 Fortentwicklung der tagesstationären Behandlung

Mit der tagesstationären Behandlung gehen jedoch auch sinnvolle Aspekte einher, die für die zukünftige Versorgungsgestaltung genutzt werden sollten. Dafür bedarf sie jedoch einer Fortentwicklung.

6.1 Kurzfristige Perspektiven für die tagesstationäre Behandlung

Die Ziele der tagesstationären Behandlung weisen einen Weg, um die Effizienz der Krankenversorgung zu erhöhen. Denn die Ambulantisierung von bislang stationär erbrachten internistischen Behandlungen kann zur Entlastung des Gesundheitswesens beitragen, weil damit insbesondere pflegerische Ressourcen geschont werden könnten. Aber auch eine komprimierte ambulante Diagnostik an Krankenhäusern ist vorstellbar. Dies würde die in der vertragsärztlichen Versorgung bekannten Probleme der wenig patientenfreundlichen Wartezeiten und Terminschwierigkeiten lösen helfen.

Wenig hilfreich ist jedoch der jetzt gewählte Ansatz, der wegen der zugrunde liegenden Vergütungssystematik eigentlich ambulante Leistungen als stationäre Leistungen definiert und dadurch Probleme wie die Definition und Abgrenzung der Leistungen, organisatorische Herausforderungen und Haftungsfragen auf den Plan ruft. Denn im Kern handelt es sich bei teilstationären, tagesstationären sowie vor- und nachstationären Behandlungen um eine ambulante Leistungserbringung. Für bestimmte normierte Bereiche können Krankenhäuser bereits jetzt ambulant tätig werden. Schafft man hier jedoch neue Möglichkeiten des Gamings im Sinne einer erlösoptimierenden Auswahl der Vergütungsform, indem die Möglichkeit einer erhöhten Vergütung speziell für ambulante Behandlungen durch Krankenhäuser etabliert wird, entstehen zunächst einmal ökonomische Probleme. Es kommt hinzu, dass entsprechende Leistungen, die dann durch Kliniken erbracht werden, nicht bei der ambulanten Bedarfsplanung berücksichtigt werden. Beide Effekte sollten vermieden werden.

Eine sinnvolle Weiterentwicklungsperspektive liegt deswegen darin, die Sektorengrenzen beginnend am Beispiel der genannten Bereiche aufzulösen und eine einheitliche Vergütung nach EBM für die ambulante Leistungserbringung umzusetzen. Denn grundsätzlich könnte der ganz überwiegende Teil dieser Leistungen auch durch die Vertragsärzteschaft erbracht werden, denn zumindest für den Großteil der Leistungen sind EBM-Ziffern definiert und die Mittel eines Krankenhauses sind für diese Leistungen nicht zwingend erforderlich. Sollte es in Ausnahmefällen doch entsprechende Leistungen geben, könnten diese für einen Übergang teilstationär vergütet werden; die Leistungen wären aber innerhalb eines zu definierenden Zeitraums im EBM abzubilden.

Seitens vieler Krankenhausvertreter wird die EBM-Vergütung jedoch als nicht auskömmlich dargestellt, was unter den aktuellen strukturellen Rahmenbedingungen der Krankenhäuser, den Regelungen des EBM und des Bundesmantelvertrags auch teilweise nachvollziehbar erscheinen mag. Denn in der Regel haben Krankenhäuser keine eigenständigen Strukturen für die Erbringung ambulanter Leistungen am Standort – viele Krankenhaus-MVZs sind räumlich und organisatorisch von den Klinikstandorten getrennt. Wenn die Fachärztinnen und Fachärzte temporär ambulant tätig werden, eine ausreichende Ausstattung mit räumlichen und personellen Ressourcen, die auf ambulante Versorgung gerichtet sind, aber nicht vorliegt, ist die EBM-Vergütung nicht kostendeckend (siehe die Table 14.414.514.6 und 14.7 im Anhang).

6.2 Mittelfristige Perspektive für die Vergütung ambulanter Krankenhausbehandlungen

Wie in Sect. 14.2 gezeigt, gibt es für Krankenhäuser eine Vielzahl von Vergütungsalternativen, sofern die Patientinnen und Patienten nicht vollstationär, sondern de facto ambulant im Krankenhaus versorgt werden. Diese Vielzahl der Möglichkeiten erschwert die Verhandlungen und Abrechnung von Leistungen auf der Ortsebene und geht mit erheblichen bürokratischen Aufwänden einher. Um die Komplexität grundlegend zu vermindern, ist es geboten, die Abrechnungsmöglichkeiten von Leistungen in großem Umfang zu reduzieren. Ziel sollte es demnach sein, für die ambulante und vollstationäre Behandlung nur zwei bewährte Abrechnungssysteme bereitzustellen: für alle ambulanten Leistungen eine Vergütung auf Basis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs und für vollstationäre Leistungen das DRG- und PEPP-System bzw. Modelle nach § 64b SGB V.

Eine entsprechende Umstellung ist jedoch an Voraussetzungen geknüpft. Die Entwicklung des EBM sowie des Bundesmantelvertrags wird überwiegend gemäß § 87 Abs. 1 SGB V zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung verhandelt, für die ambulante spezialärztliche Versorgung (ASV) nach § 116b SGB V wurde der erweiterte Bewertungsausschuss geschaffen.Footnote 6 Im erweiterten Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 5a SGB V ist auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft vertreten, sodass dreiseitig verhandelt wird. Aus der Perspektive der GKV ist es jedoch für die Zukunft geboten, dass sie bei diesen Verhandlungen die Hälfte der Stimmen erhält. Gleiches gilt auch für das nachgelagerte Schiedsamt, denn für eine Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots ist es erforderlich, dass die GKV bei Verhandlungen über Vergütungen von den Leistungserbringern nicht überstimmt werden kann. Nachdem entsprechende gesetzliche Anpassungen vorgenommen worden sind, ist auch die Weiterentwicklung des EBM für die speziellen Belange der tagesstationären Behandlung vorstellbar.

6.3 Leistungsorte: Wo soll zukünftig die Tagesbehandlung erbracht werden?

Die Tagesbehandlung kann perspektivisch in allen Einrichtungen erbracht werden, die die oftmals komplexen Leistungen der jetzt noch tagesstationären Behandlung in festzulegenden Zeitkorridoren durchführen können. Zum heutigen Zeitpunkt sind tagesstationäre Leistungsinhalte jedoch nicht ausreichend konkretisiert. Es ist aber davon auszugehen, dass neben Krankenhäusern auch große MVZ die tagesstationären Behandlungsleistungen erbringen könnten, sofern es ihnen rechtlich ermöglicht würde. Aus den wenigen Daten, die der AOK-Gemeinschaft vorliegen, lassen sich derzeit keine klaren Eingrenzungen auf bestimmte Teilgebiete der Medizin vornehmen; es lassen sich bislang die in Table 14.3 dargestellten aDRG-basierte Cluster feststellen.

Tab. 14.3 Häufigste AOK-weit abgerechnete aDRGs (Aufnahmedatum 01.01.2023 bis Abrechnungsdatum 30.11.2023), durchschnittliche Verweildauer

7 Fazit und Ausblick

Die aktuelle Fassung des § 115e SGB V folgt der klassischen Methodik, Krankenhäusern eine Partizipationsmöglichkeit an der ambulanten Behandlung einzuräumen, ohne dass diese neue ambulante Behandlungsform mit der ambulanten Bedarfsplanung verknüpft wird. Ebenso typisch ist es, dass die neue Behandlungsform eine eigenständige Vergütungsform enthält, die sich in diesem Fall lediglich wegen des Übernachtungsabschlags von der stationären Fallpauschale unterscheidet.

Auch wenn sich Regierungskommission und Gesetzgeber darauf festgelegt haben, tagesstationäre Behandlung sei vollstationäre Behandlung ohne Übernachtung, spricht doch vieles dafür, dass ein erheblicher Teil dieser Behandlungen im Grunde auch ambulant erbringbar wäre – entweder in ambulanten Strukturen im Krankenhaus oder im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. Ein konkretes Beispiel dafür ist die komprimierte Abfolge verschiedener diagnostischer Verfahren, die an einem Tag und einem Leistungsort von mehreren Fachdisziplinen erbracht werden. Dies ist derzeit in Einzelpraxen innerhalb eines Tages zumeist nicht möglich, trotzdem handelt es sich deswegen nicht zwingend um stationäre Leistungen, sondern um ein Strukturdefizit bei der ambulanten Leistungserbringung, das von Krankenhäusern aufgefangen werden kann. Da sich die vertragsärztliche Versorgung im Wesentlichen aus der Perspektive von Einzelpraxen, maximal aus der Perspektive mehrerer Ärztinnen und Ärzte einer Fachrichtung entwickelt hat, ist es auch wenig erstaunlich, dass das bestehende ambulante Vergütungssystem für diese Versorgungsform Anpassungsbedarfe hat. Ökonomisch betrachtet ist es aber nicht sinnvoll, wenn man für diese Variante der faktischen Ambulantisierung von Krankenhausleistungen die nahezu vollstationäre Vergütungshöhe beibehält. Neben der Tatsache, dass dies zur Wiederholung alter Fehler wie der Ermöglichung des Gamings und Nichtberücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgung bei der Bedarfsplanung führt, wird der Anreiz für zukünftige vertragsärztliche Niederlassungen vermindert, da die Erlöse für die ambulante Leistungserbringung nahe an diejenige für die stationäre herangeführt worden sind.

Auch aus Gründen des Bürokratieabbaus ist es angezeigt, die Anzahl vieler paralleler Vergütungssysteme für gleiche ambulante Leistungen zu reduzieren. Es ist schon seit Langem belegt, dass gleichzeitig bestehende, jedoch unterschiedlich ausgestattete Vergütungssysteme in einem Gesundheitswesen mit freier Arzt- und Krankenhauswahl zwangsläufig dazu führen, dass die Leistungserbringung auch nach Erlösmöglichkeiten gesteuert wird. Es ist jedoch genauso einsichtig, dass diese Systematik unnötig Ressourcen verbraucht und schon deswegen zu beenden ist. Noch relevanter ist jedoch das seit vielen Jahren zu beobachtende Phänomen, dass Deutschland insgesamt hohe Pro-Kopf-Ausgaben im Gesundheitswesen ausweist, in wichtigen Qualitätsparametern jedoch nur mittelmäßige Ergebnisse erreicht. Um hier bessere Ergebnisse zu erzielen, müssen Anreiz- und Planungsinstrumentarien so ausgerichtet werden, dass die Schaffung effizienter Strukturen gefördert und hohe Ergebnisqualität belohnt wird. Gerade im ambulant-stationären Grenzbereich gibt es dafür ein großes Potenzial und gleichzeitig hohen Handlungsdruck. Eine tagesstationäre Behandlung im Krankenhaus, die nach den in diesem Beitrag beschriebenen Grundzügen weiterzuentwickeln wäre, und eine Öffnung für die vertragsärztliche Leistungserbringung bei sektorenunabhängiger, einheitlicher EBM-basierter Vergütung könnten einen wichtigen Beitrag dazu liefern.