Zusammenfassung
Der Beitrag versucht, eine Methode zur Bestimmung des Schutzbereichs des Urheberrechts zu entwickeln. Ziel ist es, eine nicht nur theoretisch überzeugende, sondern auch praktisch leistungsfähige Methode vorzulegen, welche die heute bestehende Rechtsunsicherheit bei der Beurteilung von nicht-identischen Verletzungen zu verringern vermag. Da das Urheberrecht nicht nur die Form, sondern auch den Inhalt von Werken schützt, drängt es sich auf, auch den Eingriff in den Schutzbereich sowohl auf Ebene der konkreten Ausführungsform als auch auf Ebene des abstrakten Inhalts zu prüfen. Das für einen konkreten Fall gefundene Ergebnis ist dabei stets einer Gegenprobe zu unterziehen. Dabei ist zu prüfen, welche Gesamtheit potenzieller Verletzungsformen vom Schutzbereich umfasst wird, wenn dieser so weit gezogen wird, dass er (auch) die jeweils zu beurteilende Verletzungsform umfasst.
Prof. Dr. Florent Thouvenin, Rechtsanwalt, Professor für Informations- und Kommunikationsrecht und Vorsitzender des Leitungsausschusses des Center for Information Technology, Society, and Law (ITSL) an der Universität Zürich. Der Autor dankt Viviane Ammann, MLaw, LL.M., für ihre Unterstützung bei der Recherche und der Erstellung des Fussnotenapparates.
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Notes
- 1.
- 2.
BGer vom 17. Juni 2022, 4A_472/2021; 4A_482/2021, E. 7 – „Feuerring“ (die Ausführungen zum Schutzumfang wurden nicht in den publizierten BGE 148 III 305 übernommen); HGer Zürich vom 25. Januar 2022, E. 6, sic! 2022, S. 433 ff. – „Blick.ch“; von Büren und Meer (2014), N 182.
- 3.
Für das Patentrecht: Art. 69 EPÜ; § 14 D-PatG. Für das Designrecht: Art. 10 DesG; Art. 9 RL-MM (98/71/E).
- 4.
Sinngemäss für das Patentrecht: Sutter und Hochreutener (2019), SHK PatG 51 N 2; für das Designrecht: Stutz, Beutler, Hottinger (2022), SHK DesG 8 N 13.
- 5.
- 6.
- 7.
So Hilty (2020), Rn. 380.
- 8.
- 9.
Lutz (1983), S. 173 ff.
- 10.
- 11.
Hilty (2020), Rn. 373 ff.
- 12.
Thouvenin und Wigger (2022), S. 438 ff.
- 13.
In jüngerer Zeit nur: BGer vom 17. Juni 2022, 4A_472/2021; 4A_482/2021, E. 7 – „Feuerring“; HGer Zürich vom 25. Januar 2022, E. 6, sic! 2022, S. 433 ff. – „Blick.ch“; HGer Aargau vom 5. Januar 2015, E. 6.5.2, sic! 2015, S. 449 ff. – „Totenkopf-Tatoo“; OGer Zürich vom 7. Juli 2009, E.IV/2.1-2.3, sic! 2010, S. 889 ff. – „Love“; KGer St. Gallen vom 19. Juni 2002, E. II/1.g, sic! 2003, S. 116 ff. – „Mummenschanz“.
- 14.
- 15.
US Court of Appeals for the Second Circuit vom 22. Juni 1992, 982 F.2d 693, Rz. 706 ff. – Computer Associates International Inc. v. Altai Inc.
- 16.
Siehe dazu hinten, 3.
- 17.
Siehe dazu Thouvenin und Wigger (2022), S. 438 ff.
- 18.
- 19.
- 20.
- 21.
BGE 143 III 373 E. 2.8.5 – „Max-Bill-Barhocker“; BGE 113 II 190 E. I.2.b f. – „Le Corbusier“; BGer vom 17. Juli 2003, 4C.121/2003, E. 3 – „Knoblauchpresse“; HGer Aargau vom 5. Januar 2015, E. 6.5.2, sic! 2015, S. 449 ff. – „Totenkopf-Tatoo“; KGer St. Gallen vom 19. Juni 2002, E. II/1.e, sic! 2003, S. 116 ff. – „Mummenschanz“; Hilty (2020), Rn. 376 f.
- 22.
- 23.
Hilty (2020), Rn. 234 und 376.
- 24.
Ebenso: BGer vom 17. Juni 2022, 4A_472/2021; 4A_482/2021, E. 7.3 – „Feuerring“; OGer Luzern vom 5. Februar 2003, E. 6.3 – „Knoblauchpresse“; siehe auch KGer St. Gallen vom 19. Juni 2002, E. II/1.g, sic! 2003, S. 116 ff. – „Mummenschanz“.
- 25.
Art. 51 Abs. 3 CH-PatG; Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ; § 14 D-PatG; Art. L613-2 LPI; Patent Act 1977 s125(1).
- 26.
Art. 51 Abs. 1 CH-PatG; Art. 84 EPÜ; § 14 D-PatG; Art. L613-2 LPI; Patent Act 1977 s125(1).
- 27.
Art. 51 Abs. 2 CH-PatG; Art. 69 Abs. 1 EPÜ; § 14 D-PatG; Art. L613-2 LPI; Patent Act 1977 s125(1).
- 28.
Exemplarisch: BPatGer vom 4. Mai 2016, O2014_009, E. 2.2 – „Stickmaschinenabstandhalter“.
- 29.
Siehe dazu BPatGer vom 4. Mai 2016, O2014_009, E. 2.2 – „Stickmaschinenabstandhalter“; Blumer (2003), Rz. 14.47.
- 30.
Hilti et al. (2021), S. 331 f. m. w. H.
- 31.
Calame (2006), S. 427.
- 32.
- 33.
- 34.
Art. 8 DesG; Art. 9 RL-MM (98/71/E); Art. 10 Abs. 1 GGVO; § 2 DesignG; Art. 513-5 LPI; s7(1) Registered Designs Act 1949.
- 35.
- 36.
Marbach et al. (2017), Rn. 532.
- 37.
- 38.
- 39.
BGE 133 III 189 E. 5.1.1 – „Schmuckschatulle“.
- 40.
BGE 133 III 189 E. 5.1.1 – „Schmuckschatulle“; BGE 129 III 545 E. 2.3 f. – „Knoblauchpresse“; Marbach et al. (2017), Rn. 529.
- 41.
Zum US-amerikanischen Recht: § U.S.C. 17 § 102 (b). Zum deutschen Recht: Dreier und Schulze (2022), UrhG 2 N 43; Loewenheim und Leistner (2020), UrhG 2 N 76 ff. Zum englischen Recht: House of Lords vom 23. November 2000, WLR 2416, Lord Hoffman 2422 – Designers Guild v Russell Williams Textiles Ltd.; House of Lords vom 3. Januar 1979, FSR 145, Lord Hailsham 160, Lord Salmon 165 – LB (Plastics) Ltd v Swish Products Ltd. Zum französischen Recht: Cour de Cassation vom 17. Juni 2003, 01-17.650, Bulletin 2003 I N°128, 116; Cour d’appel de Paris vom 13 März 1986, GP1986, 236. Die Dichotomie von Form und Inhalt findet sich auch im internationalen Recht: Art. 9 Abs. 2 TRIPS und Art. 2 WCT halten ausdrücklich fest, dass sich der urheberrechtliche Schutz auf die Ausdrucksform und nicht auf Ideen, Verfahren, Arbeitsweisen oder mathematische Konzepte als solche erstreckt.
- 42.
- 43.
Hilty (2020), Rn. 232.
- 44.
Hilty (2020), Rn. 229.
- 45.
Siehe dazu vorne, 1.
- 46.
HGer Zürich vom 25. Januar 2022, sic! 2022, S. 433 ff. – „Blick.ch“.
- 47.
HGer Zürich vom 25. Januar 2022, Erwägungen der Minderheitsmeinung, sic! 2022, S. 438 – „Blick.ch“: „Das Werk der Klägerin setzt sich aus dem Frontartikel, dem Artikel auf Seite 3 und einem Interview mit Herrn Gribi zusammen und stellt ein „Gesamtwerk“ dar (nachfolgend klägerischer Artikel). Entsprechend ist für die Beurteilung, ob ein Werk im Sinne von Art. 2 URG vorliegt, von einer einheitlichen Betrachtung des gesamten Werks auszugehen“.
- 48.
Siehe dazu: Peukert (2021), S. 1122 f., 1124 Fn. 102.
- 49.
- 50.
Siehe dazu vorne, 1.
- 51.
HGer Zürich vom 25. Januar 2022, E. 6, sic! 2022, S. 433 ff. – „Blick.ch“.
- 52.
Siehe dazu vorne, 2.1.
- 53.
- 54.
- 55.
Siehe dazu gerade vorstehend, 3.2.
- 56.
Siehe dazu vorne, 2.1.
- 57.
Siehe dazu vorne, 3.1.
- 58.
Siehe dazu vorne, 1.
- 59.
Siehe dazu Thouvenin und Wigger (2022), S. 438, mit einer konkreten Anwendung auf einen Beispielfall.
- 60.
- 61.
Im deutschen Urheberrecht war die freie Benutzung bis vor wenigen Jahren in § 24 aUrhG normiert. Die Bestimmung wurde jedoch aufgrund des Urteils des EuGH vom 29. Juli 2019, C-476/17, Rz. 59 ff. – „Metall auf Metall“ am 7.6.2021 aufgehoben. Seither enthält das deutsche Urheberrecht eine Schranke für Karikaturen, Parodien und Pastiche (§ 51a UrhG), während die schutzbereichsspezifischen Aspekte des ursprünglichen § 24 aUrhG nun in § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG geregelt werden. Zum Ganzen: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/27426, S. 78.
- 62.
Botschaft URG 1918, BBl 1918 III 617 f.
- 63.
BGE 85 II 120 E. 8 – „Sherlock Holmes“; BGE 125 III 328 E. 4c – „Devanthéry“.
- 64.
- 65.
Barrelet und Egloff (2020), URG 11 N 15, wonach die freie Benutzung „eine urheberrechtlich relevante von einer nicht relevanten Werkverwendung ab[grenzt]“; für das deutsche Recht siehe auch: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/27426, S. 78; BGH vom 26.04.2022, Rz. 48, ZUM 2022, S. 547 ff. – „Porsche 911“; Haberstumpf (2022) S. 796; zum alten Recht: Loewenheim (2020), UrhG 24 N 3.
- 66.
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Thouvenin, F. (2024). Der Schutzbereich des Urheberrechts – Ansätze einer Methode. In: Thouvenin, F., Peukert, A., Jaeger, T., Geiger, C. (eds) Kreation Innovation Märkte - Creation Innovation Markets. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-68599-0_4
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