7.1 Allgemeines

Wie bereits beschrieben, setzen die regulativen Anforderungen zur Erfüllung kreislauffähigen Bauens und die darauf aufbauenden Gebäudezertifizierungen hohe und komplexe Anforderungen an Nachweisführung und Bauwerksdokumentation. Es ist nötig zu wissen, welche Baustoffe und Materialien, Komponenten und technische Gerätschaften in welchen Mengen, Massen und Qualitätsstandards verbaut sind. Es soll auch nach Jahren der Betriebsführung noch nachweisbar sein, wie die Trennbarkeit und Demontierbarkeit von Schichtaufbauten möglich ist und welchen Anteil an Recyclingmaterial die verbauten Produkte beinhalten. Diese Nachweisführung ist dann effizient, wenn ein Datenmanagement für den gesamten Lebenszyklus (Planung, Bau, Betrieb und Um-/Rückbau) etabliert wird. BIM bietet dafür den großen Vorteil, dass im dreidimensionalen Gebäudemodell eine genaue Modellierung der Bauteil-Schichten erfolgen kann und mit Angabe von Bauteileigenschaften eine semi-automatisierte oder automatisierte Ermittlung der Massen und Mengen möglich ist. Darauf aufbauend kann in den diversen Zertifizierungstools oder digitalen Gebäudepässen eine Ökobilanzierung erfolgen und eine Berechnung des Wiederverwendungs- bzw. Verwertungspotenzials. Auch sind durch Modellinstandhaltung lebenszyklische Veränderungen leicht nachverfolgbar, wodurch der materielle Gebäudepass einfach aktualisiert werden kann.

Da der Taxonomie-Nachweis jährlich erfolgen muss und zukünftig den Großteil aller wirtschaftlich tätigen Unternehmen betrifft, ist eine digitale, transparente Dokumentation des gebauten Zustandes („As-built“) mit Abbildung aller Materialien und Bauprodukte dringend angeraten.

7.2 Gebäude As-built-Modell

Die Technischen Prüfkriterien des Umweltziels „Übergang zur Kreislaufwirtschaft“ fordert die Beschreibung des Gebäudes As-built anhand elektronischer Hilfsmittel. Die Anforderungen im Sinne der EU-Taxonomie sind bereits technisch für den Bereich der Architektur umsetzbar und werden durch den Einsatz von BIM großteils erfüllt. Auswertungen über produktspezifische Mengen und Massen eines Gebäudes sind mit BIM einfach durchführbar, sofern sie schichtweise modelliert wurden. Aufgrund des erhöhten Arbeitsaufwandes für die Modellierung werden Verbindungsmittel kaum geometrisch in einem BIM-Modell abgebildet. Jedoch gibt es Konstruktionsweisen, bei denen eine genauere Darstellung der Verbindungstechnik im Sinne der Rückbaubarkeit sinnvoll erscheint und auch modelliert werden sollte, z. B. im Stahl-Holzbau. Massivbauten sind hierbei auszunehmen. Zusätzliche Daten zu Recyclinganteilen und Wiederverwertung, etc. können in Attributen angelegt und zur Nachweisführung aus dem 3D-Modell abgeleitet werden. Die Überführung eines As-planned-Modells mit generischen Baustoffangaben in ein As-built-Modell mit produktspezifischen Informationen ist planungsseitig umsetzbar und technisch möglich. Für einen effizienten Ablauf sind Verantwortlichkeiten und Rollen zur Datenbeschaffung, Integration und Qualitätssicherung festzulegen. Aus organisatorischer Sicht muss auch geklärt werden, wie Informationen von Unternehmen, die nicht mit BIM arbeiten, in die Modelle eingepflegt werden. Die Örtliche Bauaufsicht ÖBA könnte dabei zukünftig eine wichtige Schnittstelle für das Nachführen relevanter Informationen und deren Qualitätssicherung einnehmen – vor allem bei der Sicherstellung aller für den Betrieb notwendigen Informationen. Die Durchführung von Laserscans zur Erstellung einer exakten geometrischen Replikation der Gebäude, ist für den Nachweis der EU-Taxonomie nicht ausreichend, außer es werden aus den Punktwolken wirkliche Modelle erstellt und diese mit den notwendigen Attributen der Baustoffe und Produkte versehen. Der 3D-Scan ist trotz des hohen Aufwandes eine sinnvolle Ergänzung – gerade für Baufortschrittsdokumentation, Qualitätssicherung und für gewisse Wartungsanforderungen im Betrieb. Als Datengrundlage für Taxonomie-Nachweise ist der reine Scan und das daraus abgeleitete geometrische Modell jedoch nicht ausreichend. Für die Übergabe eines As-built-Modells ist es notwendig, einen größeren Zeitrahmen anzulegen, da zum Meilenstein „Fertigstellung“ die Mängelbeseitigung und Bauübergabe vordergründige Aufgaben sind. Die Qualität der As-built-Dokumentation kann somit durch den üblicherweise hohen Zeitdruck leiden.