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Zusammenfassung

Emil Du Bois-Reymond (7. November 1818 Berlin – 26. Dezember 1896 Berlin) studierte Naturwissenschaften und Medizin, wurde 1843 mit einer historischen Arbeit über elektrische Fische promoviert, habilitierte sich 1846 mit einer Studie über die postmortale saure Reaktion der Muskelsubstanz und wurde 1858 in Berlin auf die Professur für Physiologie berufen und 1882/83 zum Rektor der Universität ernannt. Grundlegend waren Du Bois-Reymonds elektrophysiologische Forschungen mit dem Nachweis der Elektrizität in Nerven und Muskeln, weitreichende Beachtung fanden seine Vorträge über Philosophie, Wissenschaft und Kultur mit der Wesensbestimmung der Naturforschung als „Auflösung der Naturvorgänge in Mechanik der Atome“, der Behauptung ihrer grundsätzlichen Unfähigkeit zur Erkenntnis der Beziehung von Materie-Kraft und Gehirn-Seele („ignoramus et ignorabimus“) und zugleich ihrer Erhebung zum „absoluten Organ der Kultur“ sowie seinem Engagement mit Hermann Helmholtz (1821–1894) und Rudolf Virchow (1821–1902) für einen ganzheitlichen und nicht einseitig geisteswissenschaftlich bestimmten Bildungs- und Kulturbegriff („Kegelschnitte – kein griechisches Skriptum mehr!“).

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Notes

  1. 1.

    Die Rede erschien zuerst als von der Berliner Universität herausgegebene Gelegenheitsschrift (4°), dann im Verlag von Veit & Comp. Leipzig 1883. Eine Übersetzung brachte die Revue scientifique etc. 3e Série. 3e Année. No. 25. 16 Décembre 1882. p. 760 et suiv. – In der Anm. 1 zur publizierten Rede bemerkt der Autor: Die Rede über Goethe hat wider mich in der Presse einen Sturm entfesselt, den an Heftigkeit nur der übertraf, welchen mir kurz darauf der Nachruf an Darwin zuzog. In einem förmlichen kleinen Buche gab sich Hr. Kalischer abermals (s. unten Anm. 10) die Mühe, das zu beweisen, was, wenn es der Fall wäre. keines Beweises bedurfte: dass Goethe, trotz alledem, eine der größten Naturforscher war (Goethe als Naturforscher und Herr Du Bois-Reymond als sein Kritiker. Eine Antikritik usw. Berlin 1883). Nach der bekannten, nicht immer guten Taktik: Prügelst du meinen Hund, prügle ich deinen Hund – füllt Hr. Kalischer allein einen Druckbogen mit dem Nachweis, dass Voltaire ein schlechter Naturforscher war, als ob dies Goethes Ruhm erhöhte. Der Antikritiker übersieht, dass in meiner Studie über Voltaire dieser durchaus nicht als großer Naturforscher hingestellt wird. In meinem zusammenfassenden Urteil. „Zu einem eigenen Ergebnis von einiger Bedeutung brachte es Voltaire nicht, und in seinen theoretischen Aufstellungen ist er nicht allemal glücklich gewesen“ (s. Bd. I. S. 333) – liegt doch kein übertriebenes Lob. Was ich bezweckte, war, an die wenigstens bei uns ganz vergessene Tatsache zu erinnern, dass auch Voltaire mit Naturwissenschaft, unter anderem mit der Erhaltung der Kraft, sich beschäftigt habe, und dass die von ihm aus England mitgebrachte naturwissenschaftliche Denkart ein wesentliches Glied in seiner geistigen Entwicklung ward. Durch Hrn. Kalischers Bemerkungen veranlasst, habe ich übrigens im Text der Rede einiges geändert, freilich nicht in seinem Sinn.

    Besonders die wenigen, den Faust betreffenden Seiten der Rede riefen eine Flut entrüsteter, verachtender, höhnische Artikel hervor. Es konnte nicht anders sein. Es gibt ja in Deutschland eine weitverbreitete Gemeinde, welche in abgöttischer Verehrung des großen Dichtwerkes erzogen und befangen, jede nicht unbedingten Beifall atmende Äußerung als Lästerung empfindet. Eine kleine Anzahl tieferer, aber verworrener Naturen meint denselben ungeregelten Wissensdrang zu verspüren wie Faust; wäre nicht abgeneigt, ihre Sehnsucht nach dem ewig Weiblichen in der Art zu stillen wie er; träumt sich gern in einen so lässlichen ethischen Zustand hinein, wie denjenigen, worin Faust ihnen dennoch als sublimer Typus des Allgemeinmenschlichen vorgeführt wird. Von solchen und ähnlichen Gläubigen ist natürlich nicht zu erwarten, dass sie einer objektiven Kritik Gehör geben: es erscheint ihnen als freches Unterfangen, wenn jemand nachzusehen wagt, ob nicht ihr Idol vielleicht auf tönernen Füßen ruhe.

    Ach! es ist ja nur erfreulich, dass in dieser illiterarischen Zeit noch recht viel Leute dergestalt, wenn auch in unmündiger Weise, ein Ideal im Busen hegen. Nur sollten sich diese Leute nicht einbilden, dass, weil sie zu solcher Scheidung unfähig sind, es auch Anderen nicht gelinge, ein Kunstwerk als solches zu empfinden, und in einer anderen Stimmung die daran bemerkbaren Unvollkommenheiten ins Auge zu fassen. Als ich die den Kommentatoren entgangenen Widersprüche im Faust aufdeckte, dachte ich nicht daran, ausdrücklich zu versichern, dass ich trotz dem gestörten Gesamteindruck die Schönheiten der Dichtung noch vollauf genösse. Vor fünfzig Jahren setzte ich in Goethes Haus Eckermann und den Sekretar Kraeuter in Erstaunen damit, dass ich den ersten Teil des Faust wörtlich auswendig wusste, und meine Schriften und Vorträge bekunden, denke ich, dass er in Kopf und Herzen mir stets gegenwärtig blieb. Woher wissen denn die Knaben, die über meinen Faustkommentar in Feuilletons sich lustig machten und mir (neben sich als Faust) die Rolle des Wagner zudachten, dass nicht auch in meiner Brust zwei Seelen wohnen? Und warum ist es weniger nötig und verdienstlich, auf versteckte Schwächen im Gefüge des Gedichtes aufmerksam zu machen, wie Napoleon eine solche auch im Werther aufgespürt hatte, als an einer mystisch dunklen Stelle herumzudeuteln oder eine entlegene theologische Anspielung zu entziffern? Oder wenn es so völlig in der Ordnung ist, dass jemand Geister sieht und mit dem Teufel Kameradschaft macht, dabei aber weder an Unsterblichkeit der Seele noch an einen persönlichen Gott glaubt, warum erklärt man mir denn nicht einfach, wie das zugehe?

    Der Freiherr Alfred von Berger zwar ist in einer eigenen Schrift (Goethes Faust und die Grenzen des Naturerkennens. Wider „Goethe und kein Ende“ von Emil du Bois-Reymond usw. Wien 1883) auf diese und ähnliche von angeregte Fragen eingegangen. In je freundlicherem Tone für mich diese Schrift gehalten ist, umso mehr bedaure ich, dass sie nur dazu dienen kann, den Gegensatz zwischen ihres Verfassers spekulativ philosophischer Auffassung, welche die vieler nur mit Geisteswissenschaften Beschäftigten sein dürfte, und der verständig reflektierenden des Naturforschen ins Licht zu stellen. Hr. von Berger erkennt die von mir hervorgehobenen Widersprüche an; aber sie bestehen für ihn nur bei der „mechanischen Nachtansicht der Welt“, in der ich befangen bin; bei seiner „animistischen Tagesansicht“ findet er für ihre Lösung leicht Formeln, bei welchen ich mir allerdings nichts zu denken weiß.

    Mit besonderer Virulenz ließ sich in der Vossischen Zeitung vom 18. November 1882 Hr. Dr. Otto Brahm gegen die Goethe-Rede und meine literarischen, ja alle meine nicht fachwissenschaftlichen Bestrebungen vernehmen, schnöde verweist er mich an meinen Leisten als „Mediziner“. Statt aller Entgegnung nur eine für Hrn. Brahms Beruf, mich zu kritisieren, maßgebende Bemerkung. Er tadelt meinen Stil als voll „geistreichelnder, ‚gebildeter‘ Vergleiche“, wie „Goethes Hedschra von Karlsbad“. Wie jeder Leser der Italienischen Reise weiß, ist der Ausdruck von Goethe selber. Ähnlich wird es wohl Hrn. Brahm mit anderen Anführungen gegangen sein, deren Ursprung anzugeben mir auch nicht einfiel, weil sie mir, obschon nur „Mediziner“, ganz natürlich in die Feder flossen. Wer einen Ton anstimmt wie Hr. Brahm und überdies als einen der Werkleute „am gewaltigen Bau der Wissenschaft, die auf den Namen Goethe getauft ist“, sich hinstellt, sollte vor Fehlern sich hüten, wie dem, einen landläufigen Vergleich Goethes nicht zu kennen und darüber als „geistreichelnd und gebildet sein sollend“ abzusprechen.

  2. 2.

    Edward J. Trelawny, Records of Shelley, Byron, and the Author. London 1878. Vol. II. p. 109; – The Athenaeum etc. July 15, 1882, No. 2855. p. 79; – July 29, No. 2857. p. 145 (W. M. Rossetti, Talks with Trelawny) [= William Michael Rossetti: Talks with Trelawny, in: Athenaeum. Journal of Literature, Science, the Fine Arts, Music, and the Drama (1882) (15.7.) (Nr. 255) S. 78–79, (Nr. 2857) S. 144–145].

    .

  3. 3.

    H. W. Dove, Die neuere Farbenlehre mit anderen chromatischen Theorien verglichen. Programm vom Kgl. Friedrich-Wilhelms-Gymnasium. Berlin 1836. 4°. S. 5. 13. – Vergl. Goethe, Materialien zur Geschichte der Farbenlehre. Konfession des Verfassers. In: Goethes sämtliche Werke in 30 Bänden. Bd. XXIX. S. 335; – Nachträge zur Farbenlehre. Ebenda. Bd. XXX. S. 60.

  4. 4.

    Hr. Bruecke hat Goethes sogenanntes Urphänomen (die Farben trüber Mittel) auf seine physikalische Ursache im Sinne der Wellentheorie des Lichtes zurückgeführt. Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Classe der Wiener Akademie der Wissenschaften. 1852. S. 530; – Die Physiologie der Farben für die Zwecke der Kunstgewerbe … bearbeitet u. s. w. Leipzig 1866. S. 95 [= Ernst Wilhelm von Brücke: Die Physiologie der Farben für die Zwecke der Kunstgewerbe, Leipzig 1866].

  5. 5.

    Ueber Goethes naturwissenschaftliche Arbeiten. Vortrag gehalten im Frühling 1853 … zu Königsberg. In: Populäre wissenschaftliche Vorträge. Erstes Heft. 2. Auflage. Braunschweig 1876. S. 33 [= Hermann von Helmholtz: Über Goethes naturwissenschaftliche Arbeiten, 1853, in: ders.: Populäre wissenschaftliche Vorträge, H. 1, Braunschweig 21876, S. 33–55]; – Handbuch der physiologischen Optik. Leipzig 1867. S. 267.

  6. 6.

    Vorlesungen über mathematische Physik. Mechanik. Leipzig 1876. S. I, § I [= Emil Du Bois-Reymond: Voltaire als Naturforscher, 1868, in: ders.: Reden, Leipzig 21912, S. 318–348].

  7. 7.

    S. Bd. I. S. 383 f. [= Anm. 6, S. 318–348].

  8. 8.

    S. Bd. I. S. 388. 380 [= Anm. 6, S. 318–348].

  9. 9.

    François Arago, Eloge historique de James Watt. Œuvres complètes etc. T. I. p. 377. 472 [= François Arago: Éloge historique de James Watt, in: ders.: Œuvres complètes etc., Bd. 1, S. T. I. p. 377. 472]. – vgl. M. M. von Webers Aufsatz: Der Schöpfer der Dampfmaschine als Märchenerzähler, in der Deutschen Rundschau, 1877, Bd. III. S. 49 f. ff. [=Max Maria von Weber: Der Schöpfer der Dampfmaschine als Märchenerzähler, in: Deutsche Rundschau 13 (1877) S. 494–501], in welchem die Verwandtschaft zwischen dem Erfinden dessen, was die Engländer the plot of a story nennen, und dem einer Maschine, sich schon auseinandergesetzt findet.

  10. 10.

    Œuvres d’Histoire naturelle de Goethe comprenant divers Mémoires d’Anatomie comparée, de Botanique et de Géologie etc. Paris et Genève, 1837.

  11. 11.

    Goethe als Naturforscher und in besonderer Beziehung auf Schiller. Eine Rede nebst Erläuterungen u. s. w. Berlin 1861.

  12. 12.

    S. Bd. I. S. 337 [= Anm. 6, S. 377].

  13. 13.

    Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Tiere u. s. w. Leipzig 1826. S. 20. – Müller hat später im Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Abt. II. 1838. S. 300. Anm. sich ausdrücklich von der Goethe’schen Lehre losgesagt.

  14. 14.

    S. Bd. I. S. 333 [= Anm. 6, S. 377].

  15. 15.

    A. a. O. S. 384 [= Hermann von Helmholtz: Ueber Goethe’s naturwissenschaftliche Arbeiten, in: Allgemeine Monatsschrift für Wissenschaft und Kultur (1853) S. 383–398, hier S. 384].

  16. 16.

    Die Naturanschauung von Darwin, Goethe und Lamarck. Deutsche Rundschau usw. Bd. XXXIII., S. 69 ff. [Ernst Haeckel: Die Naturanschauung von Darwin, Goethe und Lamarck, in: Deutsche Rundschau 33 (1882) S. 69–92].

  17. 17.

    Vgl. Bd. I. S. 543 [= Emil Du Bois-Reymond: Darwin versus Galiani, 1876, in: ders.: Reden, Bd. 1, Braunschweig 1886, S. 211–239, 21912, S. 540–566, hier S. 543].

  18. 18.

    S. beispielsweise: Kalischer, Goethes Verhältnis zur Naturwissenschaft und seine Bedeutung in derselben usw. Separatabdruck aus der neuen Ausgabe von Goethes Werken herausgegeben von v. Biedermann usw. Berlin 1878.

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von Engelhardt, D. (2024). Emil Du Bois-Reymond: Goethe und kein Ende (1882). In: Goethe als Naturforscher im Urteil der Naturwissenschaft und Medizin des 19. Jahrhunderts. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-68126-8_10

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg

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