Zusammenfassung
Nach einführenden Bemerkungen über so unterschiedliche Stichpunkte wie Mengen, ganze und rationale Zahlen, Abbildungen und Relationen, historische Anmerkungen und Übungsaufgaben werden die für die Analysis unverzichtbaren reellen Zahlen axiomatisch, d.h. mittels der ihnen zugewiesenen Eigenschaften eingeführt. Neben den Körperaxiomen und dem Anordnungsaxiom betrifft dies hauptsächlich das Vollständigkeitsaxiom, dessen grundlegende Bedeutung aber erst im weiteren Verlauf sich erweisen kann. Zugleich werden einfache und doch fundamentale Beweistechniken an konkreten Beispielen erprobt, verschiedene Identitäten und Ungleichungen bewiesen sowie fortwährend benutzte Begriffe und Symbole eingeführt. Abgeschlossen wird das Kapitel mit einer kurzen Einführung der komplexen Zahlen, die frühzeitig immer wieder zum Einsatz kommen.
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Notes
- 1.
Die in den Grundlagen der Mathematik gepflegte Vorgehensweise würde zuviel Zeit kosten und, noch wichtiger, vermutlich zu Beginn des Studiums mehr Verwirrung stiften als Nutzen bringen.
- 2.
Und deckt gleichzeitig die aus der Mittelstufe resultierenden Schwächen auf. Tatsächlich sind für das Mathematikstudium weniger das in der Schule angesammelte Wissen als vielmehr die erworbenen und in der Mehrzahl außermathematischen Fähigkeiten von Bedeutung. Dazu zählt das inhaltliche Erfassen von Texten und logischen Argumenten, die klare und unmissverständliche Formulierung von Aussagen, die flüssige Durchführung elementarer Umformungen, usw.
- 3.
Ein indirekter Beweis ist oft der letzte Ausweg. Man nimmt an, die zu beweisende Behauptung sei falsch und leitet zusammen mit den sonstigen Voraussetzungen etwas Widersprüchliches her. Da aber aus einer richtigen Aussage kein Widerspruch abgeleitet werden kann, muss die Annahme als falsch fallengelassen werden und die Behauptung richtig sein; tertium non datur, ein Drittes gibt es nicht.
- 4.
Es ist plausibel anzunehmen, dass in der Menschheitsgeschichte das Vergleichen vor dem Zählen kam: Für jede am Morgen übernommene Ziege nahm der Hirte einen Kieselstein auf und verglich am Abend die Menge der zurückgeführten Ziegen mit der Menge der Steine. Aber auch wenn dieser Vergleich aufging – die morgendliche und abendliche Menge der Ziegen gleichmächtig war –, konnte es am Abend durchaus eine andere Herde sein als am Morgen.
- 5.
Für beides gibt es gute Gründe. Einerseits kann die Zeichensprache Halt geben, andererseits aber eine trügerische Sicherheit vermitteln. In jedem Fall vermeiden sollte man eine Vermischung der Sprachen.
- 6.
Wer jemals versucht hat, eine Definition z. B. in der Informatik mit den vielen Optionen, runden, eckigen und spitzen Klammern ohne Beispiel zu verstehen, wird dem zustimmen.
- 7.
Nur zu diesen Zeiten sind sie Studierende, ansonsten Studenten (m/w/d).
- 8.
Man kann die reellen Zahlen tatsächlich aus den rationalen Zahlen heraus konstruieren. Diese Konstruktion ist aber zeitraubend und stiftet am Anfang des Studiums mehr Verwirrung, als sie Einsicht für die Analysis bringt; sie gehört vielmehr, wie die Lehre von den unendlichen Mengen in den Bereich der Grundlagen der Mathematik.
- 9.
Der griechische Buchstabe \(\epsilon \) (gesprochen epsilon) dominiert jede, nicht nur die einführende Analysisvorlesung. Dies ist die Gelegenheit, sich mit dem kleinen und großen griechischen Alphabet vertraut zu machen (alpha, beta, gamma, delta, epsilon, zeta, eta, theta, iota, kappa, lambda, mü, nü, xi, omikron, pi, rho, sigma, tau, upsilon, phi, chi, psi, omega):
$$ \alpha , \beta , \gamma , \delta , \epsilon , \zeta , \eta , \theta \;[\vartheta ], \iota , \kappa , \lambda , \mu , \nu , \xi , o, \pi \;[\varpi ], \rho \;[\varrho ], \sigma \;[\varsigma ], \tau , \upsilon , \phi \;[\varphi ], \chi , \psi , \omega $$$$ A, B, \varGamma , \varDelta , E, Z, H, \varTheta , I, K, \varLambda , M, N, \varXi , O, \varPi , P, \varSigma , T, \varUpsilon , \varPhi , X, \varPsi , \varOmega .$$ - 10.
Und die überhaupt nichts Geheimnisvolles haben; in der Mathematik benutzt man die Begriffe der Umgangssprache, verleiht ihnen aber im Gegensatz dazu eine wohldefinierte Bedeutung, die nicht mit der umgangssprachlichen Bedeutung oder Vorstellung übereinstimmen muss.
- 11.
Dies aber ist nicht der unwichtigste der kreativen Anteile an der Mathematik, richtige bzw. beweisbare Aussagen aufzufinden; dieser Schritt erfordert viel Erfahrung und Intuition. Womit keineswegs gesagt wird, dass das Auffinden von Beweisen etwa nicht kreativ wäre. Dafür braucht man, wie auch bei der Bearbeitung von Übungsaufgaben, aber mehr, z. B. Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer.
- 12.
Diese grundlegende Schlussweise wird immer wieder als letztes Hilfsmittel herangezogen: Eigentlich ist \(c\le 0\) zu beweisen, es gelingt aber nur, für jedes (hinreichend kleine) \(\epsilon >0\) die Ungleichung \(c<\epsilon \) [oder auch nur \(c<K\epsilon \) mit einer von \(\epsilon >0\) unabhängigen Konstanten \(K>0\)] zu beweisen; dann ist trotzdem \(c\le 0,\) denn die Annahme \(c>0\) erlaubt die Wahl von \(0<\epsilon =c\) [oder auch \(0<\epsilon =c/K\)], um den Widerspruch \(c<c\) zu erzielen.
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Steinmetz, N. (2024). Reelle und komplexe Zahlen. In: Analysis. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-68086-5_1
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Publisher Name: Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
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