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Temperatur und der Nullte Hauptsatz der Thermodynamik

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Tipler Physik

Zusammenfassung

Schon recht kleine Kinder haben ein gewisses Verständnis von „heiß“ und „kalt“ – aber was ist Temperatur eigentlich? Mithilfe welcher Größe oder Eigenschaft kann sie gemessen werden? In diesem Kapitel beschäftigen wir uns zum ersten Mal mit der Temperatur.

Schon im antiken Griechenland war bekannt, dass sich Luft beim Erwärmen ausdehnt, was bereits zu simplen Temperaturmessgeräten, den sogenannten Thermoskopen, führte. In diesem Kapitel werden wir sehen, dass die Weiterentwicklung dieser Thermoskope, die Gasthermometer, auch heute noch ein sehr gutes Mittel darstellen, Temperaturen über einen großen Wertebereich zu messen. Außerdem werden wir die Umrechnungsformeln für die verschiedenen Einheiten der Temperatur – Grad Fahrenheit, Grad Celsius und Kelvin – und ihre historischen Hintergründe kennenlernen.

In dieser Pipeline in Alaska wird Erdöl transportiert; sie besteht aus Stahl und hat einen Durchmesser von 1,2 m. An mehreren Stellen ist sie zickzackförmig angelegt, damit sie bei der Wärmeausdehnung nicht beschädigt wird. (Außerdem werden dadurch Schäden infolge von Erdbeben vermieden.) Diese Pipeline kann Temperaturen zwischen \(-\text{50}\)\({}^{\circ}\)C und \(+\text{60}\)\({}^{\circ}\)C standhalten.

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Correspondence to Peter Kersten .

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Appendices

Im Kontext: Negative absolute Temperaturen

Bringt man zwei Systeme in thermischen Kontakt, so kühlt sich das heißere System ab (seine Energie nimmt ab), während das kältere System erwärmt wird (seine Energie nimmt zu). Temperatur definiert also eine Ordnungsrelation zwischen Systemen, sie ordnet sie von kalt nach heiß. Ein System am absoluten Nullpunkt bei \(T=+0\,\mathrm{K}\) ist dabei das kältest mögliche System, es kann unter keinen Umständen weiter abgekühlt werden, also keine Energie mehr abgeben. Dies ist genau dann der Fall, wenn sich alle Teilchen des Systems bereits im Zustand mit der niedrigsten möglichen Energie befinden (Abb. 13.11, linke Säule). Für das klassische ideale Gas bedeutet dies, dass alle Teilchen zum Stillstand gekommen sind und ihre kinetische Energie verschwindet: \(E_{\mathrm{kin}}\propto k_{\mathrm{B}}T=0\).

Abb. 13.11
figure 11

Energieverteilung für verschiedene Temperaturen. Die vertikale Position in den Säulen beschreibt die Energie der Teilchen innerhalb des Systems, die Graphen darüber beschreiben die Besetzungsverteilung \(n(E)\) gemäß der Boltzmann Verteilung. \(T=\infty\,\mathrm{K}\) und negative Temperaturen sind dabei nur in Systemen möglich, in denen die mögliche Energie pro Teilchen eine Obergrenze besitzt – hier symbolisiert durch die Platten auf den Säulen (© Simon Braun LMU & MPQ München)

Gibt es dementsprechend auch einen heißest möglichen Zustand? Hierbei müssen wir zwei Fälle unterscheiden: Für die meisten Systeme, wie z. B. das klassische ideale Gas, gibt es keine Obergrenze für die Energie pro Teilchen \(E\) und das System kann immer weiter Energie aufnehmen. Die Obergrenze der Temperatur ist dann der Grenzwert \(T\rightarrow\infty\,\mathrm{K}\) und kann in der Praxis nicht erreicht werden, da wir immer nur endlich viel Energie zur Verfügung haben. In diesem Fall erhalten wir immer eine positive absolute Temperatur: \(0\,\mathrm{K}\leq T<\infty\,\mathrm{K}\).

Anders sieht es aus, wenn die mögliche Energie pro Teilchen eine Obergrenze besitzt, also \(E\leq E_{\mathrm{max}}\). In diesem Fall kann man anhand der Boltzmannverteilung (\(p_{i}\propto\mathrm{e}^{-\frac{E_{i}}{k_{B}T}}\), \(p_{i}\): Wahrscheinlichkeit, das System im Zustand \(i\) zu finden) sehen, dass eine endliche Energiemenge ausreicht, um das System von \(T=+0\,\mathrm{K}\) auf \(T=\infty\,\mathrm{K}\) zu erhitzen: Bei unendlicher Temperatur sind alle möglichen Zustände der einzelnen Teilchen gleich wahrscheinlich (Abb. 13.11, mittlere Säule), und die mittlere Energie pro Teilchen entspricht der mittleren Energie aller möglichen Zustände des Teilchens. Diese Verteilung kann jedoch noch nicht der höchstmöglichen Temperatur entsprechen, da es Verteilungen mit höherer Energie gibt (Abb. 13.11, Säulen rechts). Im ganz rechts gezeigten System sind alle Teilchen im Zustand maximaler Energie (\(E={E_{\mathrm{max}}}\)). Dieser Zustand ist nun der heißest mögliche Zustand, da das System in diesem Zustand keine Energie mehr aufnehmen kann, insbesondere ist er heißer als \(T=\infty\,\mathrm{K}\).

Die Verteilungen in den beiden Säulen rechts können ebenfalls durch die Boltzmann-Verteilung beschrieben werden, und zwar indem negative Werte für die Temperatur eingesetzt werden. Das zusätzliche Minuszeichen im Exponenten erzeugt dabei aus der exponentiell abfallenden Verteilung eine exponentiell ansteigende Verteilung. Eine genauere Analyse zeigt, dass diese Verteilungen in der Tat mögliche thermische Zustände darstellen. Sie sind dabei trotz des negativen Werts der Temperatur nicht kälter als \(T=+0\,\mathrm{K}\), sondern im Gegenteil sogar heißer als \(T=\infty\,\mathrm{K}\)! Für Systeme, bei denen die Energie pro Teilchen nach oben begrenzt ist, hört die Temperaturskala bei unendlich also noch nicht auf, sondern springt zu negativen Werten und steigt weiter bis zu \(T=-0\,\mathrm{K}\). Hierbei beschreiben \(+0\,\mathrm{K}\) und \(-0\,\mathrm{K}\) gerade die beiden unterschiedlichen Extreme: Bei \(T=+0\,\mathrm{K}\) sind alle Teilchen im Zustand niedrigster Energie, bei \(T=-0\,\mathrm{K}\) im Zustand höchster Energie!

Diese Zustände sind dabei nicht nur theoretischer Natur, sondern können im Labor erzeugt werden; sie werden bereits seit den 1950er Jahren für die Spinfreiheitsgrade von Atomkernen untersucht. In unserem Experiment\({}^{1}\) konnten wir negative absolute Temperaturen im Jahre 2012 zum ersten Mal für ein Gas realisieren: Hierzu benutzen wir ein System, das wir normalerweise zur Simulation von Elektronen in Festkörpern einsetzen. Dabei ersetzen wir die Elektronen durch größere und damit einfacher zu kontrollierende ultrakalte Atome in einem optischen Gitter, d. h. einem Kristall aus Licht. Dazu überlagern wir einander entgegengesetzte Laserstrahlen und erzeugen eine Stehwelle, in der die Lichtintensität periodisch moduliert ist. Diese wirkt als periodisches Potenzial für die Atome, deren Bewegung dann analog zu der Bewegung von Elektronen in einem Festkörperkristall ist: Durch das periodische Potenzial der Atomrümpfe spalten die möglichen kinetischen Energien der Elektronen in verschiedene Energiebänder auf, die durch Bandlücken voneinander getrennt sind. Da die Atome im Experiment auf ein einzelnes Band eingeschränkt sind, besitzt ihre kinetische Energie nun eine wohldefinierte Obergrenze, nämlich die obere Bandkante. Diese Obergrenze ist der fundamentale Unterschied zum freien Raum, in dem die kinetische Energie nach oben unbegrenzt ist, und ermöglichte es uns, ein Gas bei negativer absoluter Temperatur innerhalb des Gitters zu erzeugen.

  1. 1.

    Braun, S. et al., „Negative Absolute Temperature for Motional Degrees of Freedom“, Science 339, 2013, 52.

Dr. Ulrich Schneider

figure a

Dr. Ulrich Schneider (Universität Cambridge) arbeitet mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern und interessiert sich besonders für die Dynamik in Vielteilchensystemen sowie für Fragen der Thermodynamik in Quantensystemen. Er studierte Physik an der TU Kaiserslautern und der University of Sheffield und promovierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zum Thema „Interacting Fermionic Atoms in Optical Lattices – A Quantum Simulator for Condensed Matter Physics“. Danach war er Gruppenleiter an der Ludwig-Maximilians-Universität München am Lehrstuhl von Prof. I. Bloch und am Max-Planck-Institut für Quantenoptik, bevor er 2015 seine eigene Gruppe in Cambridge startete.

Zusammenfassung

 

Thema

Wichtige Gleichungen und Anmerkungen

1.

Nullter Hauptsatz der Thermodynamik

Befinden sich zwei Körper in thermischem Gleichgewicht mit einem dritten, so stehen sie auch untereinander im thermischen Gleichgewicht

2.

Celsius- und Fahrenheit-Skala

In der Celsius-Skala liegt der Eispunkt bei 0 \({}^{\circ}\)C und der Siedepunkt des Wassers bei 100 \({}^{\circ}\)C. Die entsprechenden Werte in der Fahrenheit-Skala sind 32 \({}^{\circ}\)F bzw. 212 \({}^{\circ}\)F. Für die Umrechnung zwischen beiden Skalen gilt

\(T_{\mathrm{C}}=\frac{5}{9}\cdot\left(\frac{T_{\mathrm{F}}}{{{\,{}^{\circ}\mathrm{F}}}}-32\right){{\,{}^{\circ}\mathrm{C}}}\)   (13.2)

3.

Gasthermometer

Gasthermometer stimmen bei allen Temperaturen miteinander überein, wenn die Dichte des Gases sehr gering ist. Unter dieser Bedingung gilt für die Temperaturskala:

\(T=\frac{p}{p_{3}}\cdot 273{,}16\leavevmode\nobreak\ \mathrm{K}\,\)   (13.4)

Darin ist \(p\) der gemessene Druck im Gasthermometer und \(p_{3}\) der Druck, der sich am Tripelpunkt des Wassers einstellt, wenn das Gasthermometer in eine im Gleichgewicht befindliche Mischung aus Eis, Wasser und Dampf eingetaucht ist

4.

Kelvin-Skala

Die absolute Temperatur \(T\) wird in Kelvin angegeben; sie hängt mit der Temperatur in Grad Celsius folgendermaßen zusammen:

\(T=\left(\frac{T_{\mathrm{C}}}{{{\,{}^{\circ}\mathrm{C}}}}+273{,}15\right)\mathrm{K}\,\)   (13.5)

5.

Thermische Ausdehnung

 

Linearer Ausdehnungskoeffizient

\(\alpha=\frac{\Updelta l/l}{\Updelta T}\)   (13.7)

Volumenausdehnungskoeffizient

\(\beta=\frac{\Updelta V/V}{\Updelta T}=3\,\alpha\)   (13.913.10)

Die Nummerierung der Aufgaben ist nicht fortlaufend sondern orientiert sich an der Nummerierung im Arbeitsbuch, so finden sich leichter die entsprechenden Lösungen.

1.1 Schätzungs- und Näherungsaufgabe

A 13.5

\(\bullet\) Für welchen Temperaturbereich eignet sich Wasser als Flüssigkeit zur Temperaturmessung in einem Flüssigkeitsthermometer?

1.2 Temperaturskalen

A 13.6

\(\bullet\) Ein Gasthermometer mit konstantem Volumen hat beim Tripelpunkt des Wassers einen Druck von 66,0 mbar. a) Skizzieren Sie die Abhängigkeit des Drucks von der absoluten Temperatur bei diesem Thermometer. b) Wie hoch ist der Druck, wenn dieses Thermometer eine Temperatur von 300 K misst? c) Welche absolute Temperatur herrscht in ihm bei einem Druck von 0,9 bar?

A 13.7

\(\bullet\) Rechnen Sie folgende Temperaturen in Grad Fahrenheit um: a) \(-273{,}15{}^{\circ}\)C, b) 20\({}^{\circ}\)C, c) \(100{}^{\circ}\)C, d) 300 K.

A 13.8

\(\bullet\) Rechnen Sie folgende Temperaturen in Kelvin um: a) \(-273{,}15{}^{\circ}\)C, b) \(20{}^{\circ}\)C, c) \(100{}^{\circ}\)C, d) \(32{}^{\circ}\)F.

A 13.9

\(\bullet\) Rechnen Sie folgende Temperaturen in Grad Celsius um: a) \(0{}^{\circ}\)F, b) \(100{}^{\circ}\)F, c) 10 K, d) 1000 K.

1.3 Wärmeausdehnung

A 13.10

\(\bullet\bullet\) Eine 2 m \(\times\) 2 m große Glasscheibe wird bei Raumtemperatur in einen Stahlrahmen eingefasst. Wie viel Spielraum muss am Rand der Einfassung gelassen werden, wenn die Konstruktion im Temperaturbereich \(T=-20{}^{\circ}\text{C}\dots 60{}^{\circ}\text{C}\) eingesetzt werden soll?

A 13.11

\(\bullet\bullet\) Ein Kupferring soll eng um einen Stahlstab gelegt werden, der bei 20,0 \({}^{\circ}\)C einen Durchmesser von 6,0000 cm hat. Bei dieser Temperatur beträgt der Innendurchmesser des Kupferrings 5,9800 cm. Auf welche Temperatur muss er erwärmt werden, damit er gerade über den Stahlstab geschoben werden kann? Nehmen Sie an, dass dessen Temperatur sich nicht ändert, sondern bei 20,0 \({}^{\circ}\)C bleibt.

1.4 Allgemeine Aufgaben

A 13.13

\(\bullet\bullet\) Zur Kalibrierung eines Flüssigkeitsthermometers mit einer Fahrenheit-Skala wird ein mit Alkohol gefülltes Flüssigkeitsthermometer verwendet. Die beiden Kalibrierungspunkte haben eine Temperaturdifferenz von 100\({}^{\circ}\)F. Wie groß ist die relative Volumenänderung bezüglich des Ursprungsvolumens, wenn der Alkohol um diese Differenz erhitzt wird?

A 13.14

\(\bullet\bullet\) Zeigen Sie, dass bei einem Temperaturanstieg um \(\Updelta T\) für die Dichteänderung \(\Updelta\varrho\) eines isotropen Materials gilt: \(\Updelta\varrho=-\varrho\,\beta\,\Updelta T\).

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  1. 1.

    Gehen Sie auf https://flashcards.springernature.com/login

  2. 2.

    Erstellen Sie ein Benutzerkonto, indem Sie Ihre Mailadresse angeben und ein Passwort vergeben.

  3. 3.

    Verwenden Sie den folgenden Link, um Zugang zu Ihrem SN Flashcards Set zu erhalten: https://sn.pub/NzCmOD

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Kersten, P., Tipler, P.A., Mosca, G. (2024). Temperatur und der Nullte Hauptsatz der Thermodynamik. In: Kersten, P. (eds) Tipler Physik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67936-4_13

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