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1 Eigener Anspruch

Hintergrund eines hospizlichen Selbstverständnisses ist die Haltung, dass Sterben als Teil des Lebens zur bewusst wahrgenommen Lebenszeit gehört. Tod und Trauer sind menschliche Herausforderungen, die jeden treffen. „Wir begreifen das Sterben als einen Teil des Lebens und setzen uns dafür ein, jedem Menschen ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Unser Auftrag ist es, gute politische und gesellschaftliche Bedingungen für eine umfassende professionelle palliativmedizinische und -pflegerische Betreuung sowie verlässliche psychosoziale wie spirituelle Begleitung zu schaffen und somit für alle Menschen am Lebensende größtmögliche Autonomie bis zuletzt sicherzustellen“ (DHPV).

2 Ambulante Hospizarbeit – Umsetzung des eigenen hospizlichen Anspruchs

Der Hospizdienst leistet auf Wunsch der Betroffenen koordinierte, qualifizierte ehrenamtliche Sterbebegleitung, und muss „allen Versicherten in der Region diskriminierungsfrei offenstehen“ (RV- Am § 1 Abs. 4. neu aufgenommen ab 2023). Damit ist gemeint, dass „die Beratung und Begleitung eines Versicherten nicht aufgrund z. B. von Herkunft oder Religionszugehörigkeit abgelehnt werden kann“ (HR-DHPV). Die Ambulante Hospizarbeit soll in Inhalt und Aufgabe ihrem Ziel entsprechen, die Lebensqualität sterbender Menschen zu verbessern. Dem Ehrenamt kommt die Aufgabe zu, „Hilfe beim Verarbeitungsprozess in der Konfrontation mit dem Sterben, Unterstützung bei der Überwindung von Kommunikationsschwierigkeiten, Hilfe bei der im Zusammenhang mit dem Sterben erforderlichen Auseinandersetzung mit sozialen, ethischen und religiösen Sinnfragen“ zu leisten. Der Fachkraft als Koordination der ehrenamtlichen Tätigkeit obliegt es, die Schulung/Qualifizierung der Ehrenamtlichen zu gewährleisten, die Ehrenamtlichen in ihrer Tätigkeit zu begleiten, die Qualität in der Begleitung von sterbenden Menschen sicherzustellen, innerhalb der multiprofessionellen Versorgungsstruktur. Die Sterbebegleitung endet mit dem Tod. Trauerbegleitung der Zugehörigen nach dem Tod des Menschen gehört zur konzeptionellen Ausrichtung des Hospizdienstes und ist in der Erwachsenen- wie Kinder- und Jugendhospizarbeit spendenfinanziert (RV-Am § 2; RV-Am-KJ § 2).

3 Stationäre Hospizarbeit – eigenständiger Versorgungsauftrag

„Stationäre Hospize erbringen eine palliativ-pflegerische und palliativ-medizinische Versorgung sowie eine psychosoziale Begleitung mit dem Ziel, die Lebensqualität des sterbenden Menschen zu verbessern.“ „Stationäre Hospize sind selbstständige Einrichtungen mit einem eigenständigen Versorgungsauftrag. […] Stationäre Hospize verfügen über eine besondere personelle und räumliche Ausstattung, die eine palliative, psychosoziale sowie seelsorgliche Begleitung und Versorgung der sterbenden Menschen und ihrer Zugehörigen gewährleistet. Sie bringen einen Anteil der Kosten durch Spenden und vielfältiges ehrenamtliches Engagement auf. Stationäre Hospize verstehen sich als Teil einer vernetzten Versorgungsstruktur im regionalen Gesundheits- und Sozialsystem“. Der Versorgungsumfang betont die „Unterstützung bei der Entwicklung neuer Lebens-, Verhaltens- und Bewältigungsstrategien […] unter Berücksichtigung religiöser Wünsche und Bedürfnisse – die Begleitung der oder des Sterbenden und ihrer oder seiner Zugehörigen (einschließlich Trauerarbeit bis zum Tod), zu der auch die Hilfe bei der Auseinandersetzung mit Lebenssinn- und Glaubensfragen und bei der Suche nach Antworten gehört.“ In der Kinder- und Jugendhospizarbeit ist darauf zu achten, dass kindgemäße, entwicklungsrelevante und altersentsprechende Begleitungen geleistet werden. „Die Trauerbegleitung der Zugehörigen nach dem Tod des Menschen gehört zur konzeptionellen Ausrichtung des Hospizes. Die diesbezüglichen Aufwendungen gehen nicht in die Kalkulation des tagesbezogenen Bedarfssatzes ein“ „Ein Kernelement der Hospizarbeit ist der Dienst Ehrenamtlicher“. Für ein solitäres stationäres Hospiz wird ein Stellenanteil von 0,4 VZÄ – im Kinderhospiz 0,5 VZÄ – für das Qualitätsmanagement/Koordination Ehrenamt aufgeführt. Ein Raum der Stille im Kinderbereich als Abschiedsraum gehört zur räumlichen Ausstattung. (RV-St (2017), RV-St-KJ (2017))

4 Hospizbewegung und Palliativversorgung – SAPV-Netzwerkkoordination

Die SAPV dient wie die ambulante und stationäre Hospizarbeit dem „Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker und sterbender Menschen […] zu erhalten, zu fördern und zu verbessern“ und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod […] zu ermöglichen“. Im Vordergrund steht die „ganzheitliche Behandlung von Versicherten“ […] unter Einbezug weiterer Angebote physisch, psychisch und sozial zu stabilisieren. Die „palliative Zielsetzung (ist), Symptome und Leiden einzelfallgerecht zu lindern.“. Das Versorgungskonzept formuliert die zentralen Maßnahmen der Palliativversorgung. „Dazu gehören nach allgemeinem Verständnis neben den medizinischen und pflegerischen Leistungsinhalten auch psychosoziale und spirituelle Aspekte.“ „Das SAPV-Team ist Teil einer multiprofessionell vernetzten Versorgungsstruktur im regionalen Gesundheits- und Sozialsystem“ und „arbeitet mit allen in seinem Versorgungsgebiet tätigen ambulanten Hospizdiensten“, die nach § 39a Abs. 2 SGB V anerkannt sind, integrativ zusammen, „insbesondere zur Einbindung von deren Ehrenamtlichen“. „Die frühzeitige Inanspruchnahme ehrenamtlicher Unterstützungsmaßnahmen (z. B. ambulanter Hospizdienst, Nachbarschaftshilfe) wird aktiv gefördert. Die Behandlungsplanung berücksichtigt […] medizinische, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Aspekte“. Die SAPV kann erbracht werden als Koordinationsleistung. Ein „individueller Behandlungsplan auf der Grundlage des Assessments und der multiprofessionellen Erstabstimmung“ wird erstellt. „Das Assessment umfasst die Erhebung körperlicher, psychischer, sozialer und spiritueller Aspekte sowie die Einschätzung und Dokumentation der Versorgungssituation der Versicherten durch das SAPV-Team“. „Die notwendige Zusammenarbeit der involvierten Leistungserbringer wird dokumentiert.“ (SAPV 2022; SAPV –KJ 2022).

5 Welche Rolle spielt Spiritualität/Religiosität in der Befähigung Ehrenamtlicher?

Mit der Feststellung, dass Spiritualität und spirituelle Begleitung in der Arbeit der ehrenamtlichen Hospizbegleiter:innen eine große Rolle spielen, ist noch keine Festlegung darüber getroffen, was spirituelle Begleitung durch Hospizbegleitende konkret kennzeichnet und wo sie an Grenzen kommt. Eine konkrete Aufgabenbeschreibung wäre aber für Ehrenamtliche zu reflektieren und auf ihre konkrete Rolle hin abzuleiten. Die Begleitungsaufgaben sind dabei herausfordernd und vielfältig. Auf die Frage, welche Rolle „Spiritualität in der Begleitung durch ehrenamtliche Hospizhelfer“ spielt, äußerten Hospizhelfer:innen „Probleme im Umgang mit spirituellen Fragen und zeigten Rollenunsicherheit, da sie weitgehend intuitiv begleiten“ (Hesse et al. 2014). In „Spiritual Care und ehrenamtliche Hospizbegleitung: Entwicklung und Evaluierung eines Schulungskonzepts“ schreibt Gratz „diesbezügliche Schulungsinhalte sind nicht verbindlich geregelt, es gibt nur Empfehlungen und diese sind im Bereich Spirituelle Begleitung sehr vage“ und „weitere Forschungen in Spiritual Care müssen deshalb Voraussetzungen und Fragen nach Qualifikation bezüglich der Spiritual-Care-Referierenden bedenken“ … „über konkrete Auftragsbeschreibungen an Referenten bzw. zu Unterrichtszielbestimmungen“ ebenso (Gratz 2017 S. 99 f; DHPV-Q).

6 Welche Rolle spielt Spiritualität in der Palliative-Care-Weiterbildung Hauptamtlicher ?

Die Palliativ-Care-Weiterbildung ist für alle Hauptamtlichen verbindlich geregelt (DGP). Die Fachkraft im ambulanten Hospizdienst kann aus psychosozialen Berufen und Theologie ebenso wie aus medizinisch-pflegerischen Berufen kommen. Die verantwortliche Pflegefachkraft im stationären Hospiz „verfügt über den Abschluss einer Palliative-Care-Weiterbildungsmaßnahme“ (§ 5 [3] S. 9). Folgende Themen umfassen etwas mehr als 12 UE. Dazu zählen psychosoziale Aspekte, u. a. Wahrheit am Krankenbett und Umgang mit existenziellen Fragestellungen, Trauer. Ebenso gehören spirituelle und kulturelle Aspekte (Lebensbilanz/Lebensidentität, Krankheit, Leid und Tod in spiritueller Sicht, Bedeutung von Ritualen) dazu, die ebenfalls Inhalt der Weiterbildung für Mitarbeitende in der SAPV für Erwachsene sind. Die Palliative-Care-Fort-/Weiterbildung für Ärzt:innen und Pflegefachpersonen für die SAPV-Kinder ergänzt die spirituelle Begleitung der Familie.

7 Hospizlicher Anspruch und spirituelle Bedürfnisse

Spiritualität steht als eine der vier Säulen gleichberechtigt neben den anderen (physisch, psychisch und psycho-sozial) und alle miteinander beschreiben nach der WHO-Definition Lebensqualität. In der konkreten Praxis wird Spiritualität aber faktisch weniger gewichtet als medizinische, pflegerische und psychosoziale Aspekte. Wie die unterschiedliche „Spiritualität“ (der Mitarbeiter:innen, der Gäste, Bewohner, Patient:innen sowie der An- und Zugehörigen) eine gemeinsame Handlungsbasis finden und wie nach spirituellen, religiösen Einstellungen gefragt werden kann, z. B. als spirituelle „Anamnese“, ist zu regeln. Spirituelle/religiöse Bedürfnisse sind jeweils zu erheben.

8 Baustein Spiritualität im Konzept der Hospizarbeit – Aufgabe für Einrichtungen, Träger und Leitungen

Die Leitung ist in ihren Entscheidungen auf unterschiedliche Weise an Rahmenvereinbarungen gebunden und u. a. von den Ressourcen der einzelnen Mitarbeiter:innen selbst abhängig. Ferner bedarf es der Möglichkeiten zur Sensibilisierung für spirituelle Bedürfnisse und einer Auseinandersetzung mit Spiritualität aller Hospizmitarbeiter:innen. Es bestehen Unterschiede in Bezug auf ein Bewusstsein zur Spiritualität. Nicht immer wird Spiritualität als ein Bestandteil der eigenen Tätigkeit interpretiert und ist person- und berufsgruppenabhängig. Was hilft? Neben allen institutionalisierten Bestrebungen bleibt zu bedenken: „gerade angesichts eines weltanschaulichen Pluralismus in der modernen Gesellschaft (erweist sich) der ‚kommunikationstechnische‘ Effekt religiöser Kommunikation als das Medium, in dem sich die unorganisierbare Organisationspraxis noch am ehesten in Organisationen darstellen lässt.“ (Nassehi 2006, S. 99).

Die Forschung beschäftigt sich vorrangig damit, dass Spiritualität alle Berufsgruppen betrifft und Schulung zu einer Verbesserung der Spiritual-Care-Kompetenz führt. Grundlagen dessen sind inzwischen Fragebögen und Assessments zu spirituellen Bedürfnissen, um die Kommunikationsgrundlagen der Kompetenzerweiterung zu fördern.

9 Spirituelle Ansätze in der stationären Hospizarbeit – Qualität sorgsam gestalten. Bundesrahmenhandbuch stationäre Hospize

Das Qualitätsrahmenhandbuch für stationäre Hospize „Qualität sorgsam gestalten“ haben die Diakonie Deutschland, der Deutsche Caritasverband und der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband in einem dreijährigen Prozess gemeinsam erarbeitet. „Als eine der großen sozialen Bewegungen in Deutschland hat sich die Hospizbewegung gegen anfängliche Widerstände durchgesetzt, ist gewachsen und wird auch zukünftig dafür einstehen, dass schwerstkranke und sterbende Menschen in ihrer physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Dimension wahr- und angenommen werden“ (QS S. 8). Individuelle Bedürfnisse und Bedarfe der Hospizgäste stehen im Mittelpunkt. Der Leitfaden ist erstmals komplett in Frageform entwickelt und regt zur Reflexion an. Mitarbeitende werden darin bestärkt, eigene Antworten auf ethische Fragestellungen zu finden oder wie ihre Auseinandersetzung mit existenziellen und spirituellen Fragen begleitet wird. „Alle Mitarbeiter:innen erkennen die vier Dimensionen der Hospizarbeit (physisch, psychisch, sozial, spirituell) als handlungsleitend an und wirken als Multiplikator:innen der Hospizidee.“ (QS S. 10).

10 Baustein Spiritualität – gemeinsame Aufgabe im multiprofessionellen Team des Versorgungsnetzwerks

Wie kann eine „spirituelle Kompetenz“ der unterschiedlichen Berufsgruppen geschult werden? Spiritualität zeigt sich nicht als ein selbstverständlicher Bestandteil in der Hospizarbeit, sondern in seiner Potenzialität und Prozesshaftigkeit als eine zu aktivierende und zu pflegende Ressource. Spirituelle Netzwerk-Koordination mit spirituellem Assessment, das auf Ehrenamt und Hauptamt zugeschnitten ist und den lokalen Erfordernissen entspricht, kann ein neuer Baustein sein, die spirituelle/religiöse Begleitung in Versorgungsnetzwerk zu implementieren. Die Koordinationsleistung im ambulanten, wie die Koordinationsleistung im palliativen Bereich wird dahin gehend erweitert und knüpft an schon bestehenden Strukturen und Assessmentvorgaben an. Schulungen, wie Spiritual/Existential Care interprofessionell (SpECi), können einen Beitrag leisten, für spirituelle Bedürfnisse aller zu sensibilisieren.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Seelsorge und Spiritualität brauchen eine Klärung über die Rolle der Seelsorge im Kontext der spirituellen Sorge als gemeinsame Aufgabe des Teams.

11 Zusammenfassung

Hospice Care kommt im Versorgungsnetz auch die Aufgabe zu, spirituelle Bedürfnisse aufzugreifen. Qualifizierte Ehrenamtliche und hauptamtliche Koordination leisten den ihnen eigenen Beitrag im Netzwerk. Hospize als eigenständige Einrichtungen können (spendenfinanziert) spirituelle Angebote machen.

Palliative Care ist eher vorrangig an Palliativmedizin und Palliativpflege orientiert. Der Einbezug anderer Leistungserbringer im Versorgungsnetzwerk kann durch die Koordinationsleistung erfolgen. Dass in der SAPV ein Assessment durchgeführt wird, führt nicht folgerichtig zu einer Erfassung/Anamnese spiritueller Bedürfnisse. Der zeitliche Aufwand, die berufliche Rolle und die eigene Kompetenz bei spirituellen Fragen leiten möglicherweise die (Nicht-)Erfassung. Auch der örtliche Rahmen, Rollenbeschreibung im Team und die berufliche Aufgabenbeschreibung legen nahe, dass die Anamnese im Graubereich recht vage oder gar nicht erfolgt.

Spiritual-Care-Spiritualität betrifft alle Berufsgruppen. Schulungen führen zu einer Verbesserung der Spiritual-Care-Kompetenz aller. Die Umsetzung von Spiritual Care im Arbeitsprozess erhöht sich, wenn Spiritual Care nicht an praxisfernen Themen, sondern direkt an alltagsrelevanten Situationen ansetzt. Die nötigen interprofessionellen Reflexionsräume sind zu schaffen, um in komplexen Kontexten der Organisationen über existenzielle/spirituelle/religiöse Werte und Erwartungen zu diskutieren. Dazu braucht es ein Klima gegenseitigen Respekts und Vertrauens.

Die Rolle der Seelsorge – christlich organisiert – wird nicht näher in den Rahmenvereinbarungen beschrieben. Als Kooperationspartnerin kann sie bei konfessionellen Trägern als integraler Bestandteil der Begleitung eingebracht werden. Muslimische und jüdische Seelsorge wird als Kooperationspartnerin mancherorts schon in Netzwerken in den Fokus gerückt.

12 Fazit

Allgemeine spirituelle Bedürfnisse zu erheben und spezifische Sinn- und Glaubensfragen zu identifizieren, kommunizieren, dokumentieren, Interventionen zu delegieren und im Team zu besprechen sind Prozesse, die einer spirituellen Kultur aller Berufsgruppen und qualifizierter Ehrenamtlicher bedürfen. Das sollte mit Spiritual-Care-Fortbildungen für alle in Angriff genommen und in kooperierenden Netzwerken gestaltet werden.