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1 Einleitung

Im Folgenden soll der von der Stiftung Wohlfahrtspflege bewilligte Projektantrag „Spirituelle Begleitung am Lebensende. Entwicklung und Erprobung einer Implementierungsstrategie im Rahmen eines Modellprojektes mit Pilotcharakter“ in Grundzügen dargestellt werden. Antragssteller und Projektträger sind die Evangelischen Kliniken Essen-Mitte gGmbH (KEM), gleichberechtigter Kooperationspartner ist die Professur für Lebensqualität, Spiritualität und Coping der Universität Witten/Herdecke (UWH), die für die Begleitforschung zuständig ist. Das Projekt umfasst drei Phasen: A) präinterventionelle Befragung von Patient:innen bzw. Bewohner:innen in der letzten Lebensphase und die sie Betreuenden; B) Teilnahme von Multiplikatoren an dem 40 h Curriculum SpeCi; C) zu zwei Zeitpunkten postinterventionelle Befragung der Gruppen von Curriculums-Teilnehmer:innen und durch sie betreute Personen. Es wird an sieben Standorten durchgeführt.

2 Hintergrund

Spiritual Care hat sich im deutschen Sprachraum als Bezeichnung für die gemeinsame Sorge aller Gesundheitsberufe um existenzielle, religiöse und spirituelle Ressourcen, Bedürfnisse und Probleme kranker Menschen und ihrer Angehörigen eingebürgert. Neben der bio-psycho-sozialen Dimension ist in den vergangenen Jahren auch die spirituelle Dimension seitens der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Gesundheits- und Krankheitsverständnis definitorisch verankert worden. Das hat fachlich bislang in den Gesundheitsberufen sowie in der Ausgestaltung der Sozialgesetzgebung erst marginal Berücksichtigung gefunden.

Es besteht hierzulande ein hoher Nachholbedarf, berufsgruppenübergreifend Mitarbeitende im Gesundheitswesen angesichts spiritueller Bedürfnisse und existenzieller Fragen von älteren und sterbenden Menschen zu sensibilisieren und in Spiritual/Existential Care zu befähigen. Ein sehr erwünschter Nebeneffekt dabei ist, dass Spiritual/Existential Care eine Ressource darstellt. Dies gilt für die Einrichtungskultur insgesamt wie für die einzelnen Mitarbeitenden im Gesundheitswesen aus Pflege, Medizin und anderen Berufsgruppen, die sich den institutionellen und individuellen Belastungen und Anpassungserfordernissen stellen müssen (u. a. durch zunehmende Ökonomisierung, Fachkräftemangel, steigende Multimorbidität und Pflegebedürftigkeit, kurze Verweil-/Aufenthaltsdauern).

In der Begleitung und Unterstützung chronisch bzw. schwer erkrankter Menschen und insbesondere von älteren schwerkranken und sterbenden Menschen, denen das bevorstehende Sterben, mithin die Trennung vom Leben vor Augen steht, werden Mitarbeitende im Gesundheitswesen nicht selten mit existenziellen Fragen konfrontiert, in denen die spirituelle Dimension von Gesundheit und Krankheit in den Vordergrund drängt. Geäußert werden Deutungsratlosigkeit, Untergangserfahrungen, Verlust- oder Zerstörungsängste, die das Leben aus subjektiver Perspektive fast unerträglich machen können. Älterwerdende und sterbende Personen versuchen Phasen der Nähe und Distanz zu den wichtigsten Bezugspersonen zu gestalten und schließlich zu artikulieren, von wem sie welche Hilfe erwarten. Sie bitten hier häufig (und ggf. in Nebensätzen) medizinisch/therapeutisch/pflegerisch Begleitende um Unterstützung – vielleicht auch, um mit den eigenen Gefühlen und Gedanken umgehen zu können. Das existenzielle Merkmal, das hier angesprochen wird, betrifft vor allem die innere Auseinandersetzung mit dem Leben als Ganzem, einen in Ansätzen vorgenommenen Lebensrückblick und schließlich der Sinnerfahrung und dem Stimmigkeitserleben im Austausch mit anderen Menschen. Unabhängig von Zeitressourcen und Personalausstattung finden Patient:innen bzw. Bewohner:innen in ambulanter Versorgung, in Einrichtungen der stationären Altenhilfe und stationären Hospizen wenig Resonanz auf ihre spirituellen Anliegen, weil es bislang an in Spiritual/Existential Care geschulten Personen in den Gesundheitsberufen und förderlichen Rahmenbedingungen mangelt.

3 Hemmnisse in der Umsetzung von Spiritual Care

In empirischen Untersuchungen konnten unerfüllte spirituelle/existenzielle Bedürfnisse bei chronisch kranken und alten Menschen sowohl international als auch speziell für das eher säkulare Deutschland identifiziert werden (Büssing 2021). So wurde in Deutschland die Ausprägung der vorhandenen spirituellen Bedürfnisse bei Patient:innen mit chronischen Schmerz- und Krebserkrankungen, aber auch bei alten Menschen in Pflegeeinrichtungen sowie bei Müttern krank oder zu früh geborener oder beeinträchtigter Kinder erfasst.

Diese spirituellen Bedürfnisse, Fragen und Hoffnungen, Wünsche und Fragestellungen werden aus unterschiedlichen Gründen (z. B. professionelle Neutralität, Mangel an Zeit, Wissensdefizite, allgemeines Unbehagen, fehlende Zuständigkeit) (Lee und Baumann 2013) von den im Gesundheitssystem Tätigen nur wenig beachtet. Die Hemmnisse zur adäquaten Beachtung der spirituellen Dimension von Gesundheit lassen sich grundsätzlich auf verschiedenen Ebenen verifizieren: 1) Intrapersonelle und allgemeingesellschaftliche Hemmnisse, 2) Ausbildungsdefizite, 3) Strukturelle Defizite und 4) Organisatorische Rahmenbedingungen:

Die defizitäre Ist-Situation steht im deutlichen Widerspruch zu den Standards, die u. a. auch von der WHO entwickelt und beschrieben wurden. So wird die Bedeutung von spiritueller Gesundheit als unverzichtbarer Dimension im Total Health Concept in der WHO-Definition von Palliative Care von 2002 festgeschrieben. Zu den zehn interdisziplinären Kernkompetenzen für Mitarbeitende in der Palliativversorgung zählt laut der European Association for Palliative Care, „ … den spirituellen Bedürfnissen des Patienten gerecht [zu] werden“ (Gamondi et al. 2013). Eine ähnliche Stellung beziehen auch die Verfasser der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland (Nationale Strategie).Footnote 1 Die S3-Leitlinie Palliativmedizin im Leitlinienprogramm Onkologie der AWMF legt fest, dass die Berücksichtigung der spirituellen Dimension zum wissenschaftlich abgesicherten Therapiestandard bei Tumorpatienten gehört.Footnote 2 Eine Verankerung von qualifizierter Spiritual Care ist in den Büchern zur Sozialen Gesetzgebung einschließlich des Hospiz- und Palliativgesetzes jedoch – noch – nicht erfolgt. Die jüngste Festschreibung von Spiritual Care als eine Aufgabe der Langzeitpflege muss kritisch bewertet werden, da hier keinerlei – noch nicht einmal eine fachpflegerische – Fachkompetenz vorausgesetzt wird. Selbst der § 132g SGB V (Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase) sieht zwar die Thematisierung der spirituellen Belange im Weitesten vor, aber die Verantwortung für die „seelsorgerische Begleitung“ wird eher durch die Einbeziehung anderer regionaler Betreuungs- und Versorgungsangebote realisiert.Footnote 3

Zusammenfassend können mit Blick auf die spirituellen Aspekte der Versorgung und Begleitung Defizite und Erfordernisse auf Seiten der Betroffenen (und ihrer Angehörigen), der professionell Begleitenden (Gesundheitsberufe) und der Institutionen konstatiert werden. Die als „vierte Säule“ der Palliativversorgung bezeichnete spirituelle Dimension findet im Behandlungs- und Versorgungsalltag nur geringen Ausdruck, nicht zuletzt im Vergleich mit somatisch orientierten Aspekten wie etwa der Behandlung körperlicher Symptome (Schmerz, Luftnot etc.).

4 Entwicklung des Curriculum SpECI im Projekt

Um den oben beschriebenen Defiziten zu begegnen, wurde ein 40-stündiges Curriculum „Spiritual/Existential Care interprofessionell“ (SpECi) entwickelt, das im gesamten Gesundheitswesen in der Begleitung und Unterstützung geriatrisch und palliativ zu betreuender Menschen Anwendung finden kann (Schrage und Giebel 2021; Gerundt et al. 2023).

In einem ersten Schritt wurde die Notwendigkeit konsentiert, ein fächerübergreifendes Curriculum SpECiFootnote 4 für Mitarbeitende im Gesundheitswesen zu entwickeln. Dieses ist inzwischen (2017–2019) von einer Expert:innengruppe (bestehend aus den Personen: Dr. Jutta Ataie, Dr. Gabriele Beckert, Prof. Dr. Arndt Büssing, Torsten Ernst, Dr. Astrid Giebel, Dr. Almut Göppert, Dr. Margit Gratz, Martina Kern, Dr. Marianne Kloke, Uwe Matysik, Dipl. Psych. Urs Münch, Dr. Stephan Probst, Prof. Dr. Traugott Roser, Karin Scheer, Dr. Andreas Stähli und Dr. Erhard Weiher) erarbeitet worden. Es vertieft die Kompetenz der Hospiz- und Palliativversorgung, kann aber auch unabhängig von vorhandener Palliativkompetenz eingesetzt werden. Damit werden sowohl Bewusstsein als auch Sprachfähigkeit für das Thema Spiritualität/seelischen Beistand gefördert.

Das neu entwickelte Curriculum soll in Einrichtungen der stationären Altenpflege, stationären Hospizen und Palliativstationen mit einer interprofessionell zusammengesetzten Teilnehmendenschaft („Multiplikator:innen“) aus Gesundheitsberufen an sieben Projektstandorten umgesetzt und erprobt werden. Dabei steht einerseits die „Wirksamkeit“ im Hinblick auf das Befinden der von den Multiplikator:innen im letzten Lebensjahr betreuten Menschen (sowie deren Angehörigen) im Vordergrund, andererseits geht es um die Erörterung entsprechender Rahmenbedingungen in den Einrichtungen des Gesundheitswesens in Bezug auf die Auswirkungen auf die Organisations-, Struktur- und Personalebene.

5 Ziele des Projekts

Primäres Ziel des Projektes ist die Verbesserung der Lebens-/Sterbequalität sowie der Krankheitsbearbeitung von Patient:innen/Bewohner:innen in der letzten Lebensphase durch in Spiritual Care qualifizierte Mitarbeiter:innen in der Einrichtung. Dies erfolgt durch

  • eine Steigerung der Wahrnehmungs- und Äußerungskompetenz der Behandlungs-, Betreuungs- und Begleitungspräferenzen von Patient:innen bzw. Bewohner:innen und ihren Angehörigen in der letzten Lebensphase;

  • die Förderung von Zuverlässigkeit in der Wahrnehmung spiritueller Bedürfnisse und existentieller Äußerungen in der Alltagskommunikation älterer schwerkranker und sterbender Menschen (gemäß WHO als vierte anthropologische Dimension) durch Weiterentwicklung der Sensibilität von Mitarbeitenden im Gesundheitswesen (interprofessionell, sektorenübergreifend);

  • die Erschließung von Ressourcen auch bei unlösbaren Fragen von älteren schwerkranken und sterbenden Menschen, bei existenziellen Herausforderungen und deren Unausweichlichkeit;

  • die Erschließung von geeigneten Trostquellen und geeignetem Umgang mit Untröstlichem (Wert geteilter Ohnmacht);

  • die Integration von existenziellen/spirituellen Fragestellungen von Patient:innen bzw. Bewohner:innen sowie ihrer Angehörigen im beruflichen Alltag der Mitarbeitenden und deren Einbezug in das fachliche Handeln;

  • die Verbesserung von spiritueller/existenzieller Kommunikation mit älteren schwerkranken und sterbenden Menschen.

Sekundäre Ziele sind …

  • die Unterstützung der Mitarbeitenden in der eigenen Auseinandersetzung mit Tod, Krankheit und Behinderung/Vulnerabilität von Patient:innen/Bewohner:innen;

  • die Erzielung von positiven Effekten für Unternehmen des Gesundheitswesens durch Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit mit den Konsequenzen einer längeren Verweildauer im Beruf, geringeren Fehlzeiten und höherer Patienten-/Bewohnerzufriedenheit;

  • ein Überschreiten des traditionellen Kontextes der Krankenhaus-/Einrichtungsseelsorge und somit auch Schaffung eines gesundheitlichen Angebotes im Sinne der WHO-Definition von Gesundheit für den wachsenden Bevölkerungsanteil von Patienten oder Bewohnern mit nichtreligiösen oder unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen;

Weiterführende Ziele sind

  • die organisationale Verankerung von Spiritual/Existential Care in die Abläufe und Prozesse (z. B. Vertretungsregelungen, Rituale/Liturgien…) angesichts zum Ausdruck gebrachter spiritueller Bedürfnisse/existenzieller Fragen von älteren schwerkranken oder sterbenden Menschen;

  • die Verbesserung der wechselseitigen Zuweisung von (Einrichtungs-)Seelsorge und nicht-seelsorgerischen Mitarbeiter:innen sowie Ermöglichung einer spirituellen Begleitung und Unterstützung von Patient:innen bzw. Bewohner:innen sowie deren Angehörigen, die keinen Kontakt zu einer Religionsgemeinschaft wünschen;

  • eine Erhöhung des Kenntnisstands bzgl. spiritueller Bedürfnisse, spiritueller Lebensqualität bzw. Wohlbefinden, spirituellem Schmerz, spirituellen Bewältigungsstrategien und Unterstützung;

  • die Schaffung von Klarheit über die ethischen, rechtlichen und strukturellen Rahmenbedingungen von Spiritual Care (auch Amtsverschwiegenheit, Berufsgeheimnis, Zeugnisverweigerungsrecht für Geistliche, Beicht- und Seelsorgegeheimnis), Klärung der multiprofessionellen Bezüge und der Bezug zum Ehrenamt;

  • Vorstellung der Ergebnisse des Projektes auf einem NRW-Fachtag und Initiierung eines Dialogs mit Verantwortungsträgern (für fachliche Fortbildung, Qualitäts- und Expertenstandards, gesetzliche Regelungen…) zur Verankerung von Spiritual Care im Gesundheitswesen.

6 Fragestellungen

Die sehr weitgefassten Ziele implizieren folgende konkrete Fragestellungen, aus denen heraus wiederum eine Arbeitshypothese und ein Projektdesign entwickelt wurden. Die Umsetzung/Erprobung des Curriculums SpECi stellt hier die Interventionsmaßnahme dar.

Primäre Fragen

  • Lässt sich das psychologische und spirituelle Befinden von Patient:innen/Bewohner:innen durch die Teilnahme von Multiplikatoren am SpECi Curriculum verbessern? (Als mögliche Einflussgröße muss die Relation von geschulten und ungeschulten Mitarbeitern der Einrichtung gesehen werden.)

  • Kommt dem Konzept der curricularen Multiplikator:innenschulung für Einrichtungen, die schwerstkranke und sterbende Menschen, Patient:innen/Bewohner:innen im letzten Lebensjahr betreuen, Modellcharakter zu?

Sekundäre Fragen

  • Hat eine erweiterte spirituelle Kompetenz bei den Multiplikator:innen Einfluss auf Self Care (z. B. erhöhte Achtsamkeit im Team und mit sich selbst)?

  • Eignet sich SpECi als sektorenübergreifender Bildungsinhalt?

Perspektivische Fragen

  • Lassen sich Einflüsse einer strukturierten Weiterbildung von Multiplikator:innen auf der Struktur-, Organisations- und Personalebene nachweisen?

  • Lässt sich ein allgemeingültiger und zugleich auf die Bedarfe der jeweiligen Einrichtung übertragbarer Rahmenplan zur Implementierung einer Maßnahme wie SpECi zur Stärkung der spirituellen Sorge (Spiritual Care) im Gesundheitswesen entwickeln?

7 Kooperierende Verbände, Träger und Fakultäten

Entsprechend der Fördergrundsätze der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW wird dieses Pilotprojekt im Bundesland NRW inhaltlich und organisatorisch verankert. Die Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM) sind Projektantragsteller, die für die Durchführung des Projektes verantwortlich sind, in Kooperation mit der Professur für Lebensqualität, Spiritualität und Coping der Universität Witten/Herdecke, die für die Begleitforschung verantwortlich ist.

Die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe befürwortet als ein zuständiger Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege das Pilotprojekt. Die Diakonie Deutschland, die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und der Deutsche Hospiz- und Palliativverein (DHPV) sind Initiatoren und Kooperationspartner im Projekt und stellen die Qualitätssicherung der Bildungsmaßnahme durch das Regelwerk der Zertifizierungsstandards der DGP sicher. Der Deutsche Caritasverband signalisierte, bei Projektbewilligung ebenfalls Kooperationspartner dieses Projekts zu werden; die Zusage des Caritasverbandes für die Erzdiözese Köln e.V. lag bereits vor.

Das Curriculum wird an folgenden Projektstandorten unter gemeinsam vereinbarten Maßgaben umgesetzt:

  • Evangelische Kliniken Essen Mitte (KEM)

  • von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Kooperation mit dem Klinikum Bielefeld gem. GmbH

  • Caritasverband für den Rhein-Erft-Kreis e.V. in Kooperation mit dem St. Vinzenzhaus Köln

  • Evangelisches Krankenhaus Alsterdorf

  • Gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe mbH

  • Johannesstift Diakonie Berlin; Evangelischen Kliniken Essen-Mitte

  • Bundesweit durchgeführter Virtueller Standort Münster

8 Ablauf des Projektes

Der Projektverlauf umfasst drei Phasen, die einander bedingen und aufeinander aufbauen:

  1. 1.

    Maßnahmen vor Durchführung der Weiterbildungsmaßnahme (präinterventionell): Hierbei sollten mindestens 2–3 Personen pro Einrichtung entsandt werden, die idealerweise eine Palliative- oder Diakonie-Care-Grundqualifikation haben und patient:innen-/bewohner:innennah arbeiten. Von diesen werden jeweils zehn Bewohner:innen/Patient:innen angesprochen, mit denen die Kursteilnehmenden in einer begleitenden Beziehung stehen (jeweils durch die Kursteilnehmenden). Diese Mitarbeitenden sollten dann die Präinterventionsfragebögen ausfüllen.

  2. 2.

    Intervention: Qualifizierung von medizinisch/pflegerisch/therapeutisch interprofessionell zusammengesetzten Teilnehmendengruppen: Das Curriculum wird an den Projektstandorten in zwei Abschnitten an jeweils 2 ½ Tagen durchgeführt. Teilnahmeberechtigt sind Teilnehmende (minimal 12, maximal 16 Teilnehmende pro Kurs und Standort) mit mindestens einer Grundqualifikation in Palliative Care.

  3. 3.

    Maßnahmen nach Durchführung der Weiterbildungsmaßnahme (postinterventionell): Nach drei sowie sechs Monaten werden von den Kursteilnehmenden erneut jeweils zehn Bewohner:innen/Patient:innen angesprochen, die dann die Präinterventionsfragebögen ausfüllen.

9 Evaluation und Begleitforschung

Neben der Erfassung der soziodemografischen Daten, der Grunderkrankung und Betreuungseinrichtung werden als validierte Instrumente für die Begleiteten sowie deren Angehörigen der Spiritual Needs Questionnaire (SpNQ-20), subjektives Wohlbefinden (WHO5), spirituelles Wohlbefinden (FACIT-Sp), Unterstützungszufriedenheit (BMLSS-Support) und zwei Numerische Analogskalen für das Beeinträchtigungsempfinden und den selbst eingeschätzten Gesundheitszustand eingesetzt.

Als validierte Instrumente für die Begleitenden werden der Spiritual Care Competency Questionnaire (SCCQ), der Cool Down Index (CDI), intentionales Mitgefühl (SCBCS), subjektives Wohlbefinden (WHO5), Unterstützungszufriedenheit (BMLSS-Support), eine numerische Analogskale zur Arbeitsbelastung sowie Häufigkeit unterschiedlicher Formen spiritueller Praxis und Empfindens (SpREUK-P 17 und GrAw-7) eingesetzt.

Leider ereignete sich während des Projekts die COVID-19-Pandemie mit ihren Lockdowns und sozialen Einschränkungen. Die Schulungen mussten partiell anders als geplant durchgeführt werden und viele Projektstandorte hatten Schwierigkeiten, die Teilnehmenden zu halten. Diese fielen selber oft krankheits- oder überlastungsbedingt aus oder gaben ihren Arbeitsplatz auf. In manchen Arbeitsbereichen hat sich die angespannte Personalsituation so verschärft, dass die Zeit für die Befragungen kaum mehr erübrigt werden kann. Der Rücklauf für die Postinterventionsbefragungen erreichte daher nicht den angestrebten Umfang.

10 Sicherung der Nachhaltigkeit und Ausblick

Die Realisierung des Projektes und der Nachweis einer positiven Wirkung sowohl auf Betreute und ihre Angehörigen als auch auf Betreuende und ihre Institutionen können in unterschiedlicher Weise nachhaltig für das gesamte Gesundheitssystem wirken:

  • Es ergeht eine Aufforderung an alle Beteiligten, andere/weitere Maßnahmen zu einer Verbesserung der spirituellen Sorge um ältere und sterbende Menschen in den Einrichtungen des Gesundheitswesens im Sinne einer Ermächtigung aller mit der Betreuung von geriatrisch oder palliativ zu versorgenden Menschen zu entwickeln.

  • Der Nachweis positiver Effekte auf Betreuende und Betreute begründet die Implementierung von Spiritual Care in die allgemeine Aus- und Weiterbildung sowie in Studiengänge im Gesundheitswesen.

  • Mit SpeCi steht ein Curriculum mit multiprofessionellem Ansatz zur Verfügung, das u. a. von der DGP anerkannt ist. In diesem Curriculum werden Lernziele, Inhalte und Qualitätskriterien beschrieben. Kurse nach diesem Curriculum können durch die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) zertifiziert werden.

  • Auf Basis der Ergebnisse der Begleitforschung und den Erfahrungen in den Schulungen lassen sich allgemeingültige Handlungsempfehlungen zu Spiriual Care entwickeln.

  • Das Projekt wird durch seinen breit angelegten Öffentlichkeitsbezug (Fachtage, Website, Pressemitteilungen) positive Effekte für das gesamte Gesundheitswesen haben, weil das Thema „Spiritualität“ stärker in der Öffentlichkeit diskutiert und sekundär im sektorenbezogenen, wie im allgemeinen öffentlichen Bewusstsein verankert werden kann. Die Einsicht in die Notwendigkeit von Spiritual Care für Patient:innen/Bewohner:innen und ihre Angehörigen soll dazu führen, dass Spiritual Care und Existentielle Kommunikation in den Katalog der Kostenträger (Kranken- und Pflegeversicherung) als deren Leistung verankert und konsekutiv in den Prüfkatalog der Medizinischen Dienste aufgenommen werden.