1 Rechtliche Vorgaben zur Kindesanhörung

Dargestellt sind zunächst rechtliche Vorgaben, einschließlich der zum 01.07.2021 in Kraft getretenen Änderungen.Footnote 1 In § 159 Abs. 1 FamFG ist grundsätzlich und altersunabhängig eine Anhörung von Kindern in allen Kindschaftssachen, also auch in allen Kinderschutzverfahren, vorgeschrieben. § 159 Abs. 2 S. 2 FamFG stellt klar, in Kinderschutzverfahren sei durchgängig anzunehmen, dass Neigungen, Bindungen und Willensäußerungen des Kindes für das Verfahren von Bedeutung sind. § 159 Abs. 2 S. 3 FamFG hält zudem fest, dass sich das Gericht in Kinderschutzverfahren auch dann einen persönlichen Eindruck von dem Kind verschaffen muss, wenn dieses seine Neigungen und seinen Willen nicht kundtun könne. Dies verweist auf den Doppelcharakter der Kindesanhörung, die einerseits Kindern zuverlässig rechtliches Gehör verschaffen will, andererseits aber der Amtsermittlung durch das Gericht dient, da aus der Sicht des Gesetzgebers auch die Beobachtung eines noch nicht äußerungsfähigen Kindes zur Sachverhaltsaufklärung beitragen kann (BT-Drucks. 19/23707, S. 58). Als Beispiele für potenziell relevante Beobachtungen werden wahrnehmbare Anzeichen für Vernachlässigung und Entwicklungsverzögerungen sowie eine Verängstigung des Kindes in der Gesetzesbegründung genannt. Der Gesetzgeber hat damit die Regelung zur Kindesanhörung den Vorgaben von Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof angepasst (BVerfG 26.9.2006 – 1 BvR 1827/06; 23.3.2007 – 1 BvR 156/07; 17.6.2009 – 1 BvR 467/09; 14.7.2010 – 1 BvR 3189/09; BGH 12.2.1992 – XII ZR 53/91; 15.6.2016 – XII ZB 419/15; 31.10.2018 – XII ZB 411/18).

Im Einzelfall sind Ausnahmen von der Pflicht zur Anhörung eines Kindes im Kinderschutzverfahren nach § 159 Abs. 2 S. 1 FamFG aus schwerwiegenden Gründen möglich. Zu unterscheiden sind dabei Fälle, in denen die Anhörung zunächst aufgrund von Gefahr im Verzug unterbleibt und dann, entsprechend § 159 Abs. 3 S. 2 FamFG, baldmöglichst nachzuholen ist, und Fälle, in denen ein anderer schwerwiegender Grund vorliegt (§ 159 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG), wenn etwa eine schwere psychische Belastung eines Kindes infolge der Anhörung zu erwarten ist oder ein Kind sich nachhaltig verweigert. Bei einem solchen anderen, nicht auf Gefahr im Verzug zurückzuführenden Verzicht auf eine Anhörung des Kindes verlangt § 159 Abs. 3 S. 1 FamFG eine ausdrückliche Begründung für den Verzicht auf die Anhörung in der Endentscheidung.

Der hohe Wert, der Kindesanhörungen im Rahmen von Kinderschutzverfahren vom Gesetzgeber zugesprochen wird, findet weiter darin Ausdruck, dass Ausnahmen von der erneuten Anhörung des Kindes im Beschwerdeverfahren, die Teil der Wiederholung von Verfahrenshandlungen sind, in § 68 Abs. 5 Nr. 1 FamFG für Kinderschutzverfahren ausdrücklich ausgeschlossen werden. Verzichtet werden kann auf die Anhörung, wenn das Beschwerdegericht keine eigene Sachentscheidung trifft, sondern die Beschwerde als unzulässig verwirft bzw. zurückverweist, es sich um ein Verfahren der einstweiligen Anordnung handelt oder eine Ausnahme nach § 159 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG (schwerwiegender Grund) vorliegt.

Über den Zeitpunkt der Anhörung entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Auch eine Anhörung vor dem ersten Termin nach § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG ist möglich und in manchen Fällen sinnvoll, wenn dadurch beispielsweise sehr viel klarere Grundlagen für die Erörterung der Situation mit den Sorgeberechtigten erwartet werden können, indem etwa Gefährdungserfahrungen, die von den Eltern in Schriftsätzen verharmlost werden, vom Kind bereits einmal geschildert werden können.

Die Anhörung eines Kindes hat persönlich zu erfolgen (Prütting & Helms/Hammer 2020, § 159 FamFG Rn. 5). Wenn eine Verfahrensbeistandschaft besteht, soll die Anhörung in Anwesenheit der/des Verfahrensbeiständin/-beistands erfolgen (§ 159 Abs. 4 S. 3 FamFG). Insbesondere wenn Eltern die Zustimmung zu einer Begutachtung verweigern, kann es sinnvoll sein, der/dem Sachverständigen die Anwesenheit bei der Anhörung zu gestatten (MüKoFamFG/Schumann 2018, § 159 FamFG Rn. 14). Nach § 163a FamFG findet eine Vernehmung betroffener Kinder als Zeugen oder Beteiligte nicht statt. Eine förmliche Gestaltung der Anhörung in Anwesenheit der Eltern und der sonstigen Beteiligten wird damit ausgeschlossen. Allenfalls bei sehr jungen Kindern, die zukünftig vermehrt angehört werden sollen, kann die Anwesenheit eines Elternteils als Bindungsperson sinnvoll sein, damit die Kinder sich in der Situation emotional sicher fühlen. Zudem spielt, soweit es sich um noch nicht äußerungsfähige Kinder handelt, die Gefahr einer situativen Beeinflussung von Angaben des Kindes durch die Anwesenheit eines Elternteils dann ohnehin keine Rolle. Gleiches gilt für die Anwesenheit eines Pflegeelternteils oder einer anderen Bindungsperson bei der Anhörung jüngerer Kinder, wenn dies nach den Umständen des Falles emotionale Sicherheit für das Kind erwarten lässt. In allen anderen Fällen wird in der Kommentarliteratur von der Anwesenheit von Eltern bei der Anhörung abgeraten, da dies zu einer bedeutsamen situativen Beeinflussung führen kann (MüKoFamFG/Schumann 2018, § 159 FamFG Rn. 14). Dieses Argument wurde auch in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 5.6.2019 – 1 BvR 675/19) angeführt, in der eine Zuschaltung der Eltern mittels Videoübertragung abgelehnt wurde.

Im Rahmen der Kindesanhörung kommen dem Gericht eine Reihe von Aufklärungspflichten zu. Insbesondere soll ein Kind nach § 159 Abs. 4 S. 1 FamFG „über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden“. Die an das Gericht adressierte Aufforderung besteht unabhängig von der Pflicht einer/eines Verfahrensbeiständin/-beistandes, das Kind über Gegenstand, Ablauf und mögliche Ausgänge des Verfahrens zu informieren (§ 158b Abs. 1 S. 3 FamFG). Eine bloße Rückversicherung des Gerichts, ob ein Kind in diesem Sinne bereits aufgeklärt wurde, reicht daher nicht aus. Dies ist sinnvoll, weil mehrere (im nächsten Abschnitt dargestellte) Studien zeigen, dass Informationen über das Verfahren und die Anhörung Kindern im Mittel die Bewältigung der Situation erleichtern. Da nur das Gericht sagen kann, wie es die Anhörung konkret durchführen will, und zudem Kinder frühere Erläuterungen zu Ereignissen, die sie nicht gut greifen können, auch leicht wieder vergessen, kann eine Auffrischung und Konkretisierung solcher Informationen durch das Gericht Kinder entlasten. Einige Empfehlungen zu geeigneten Formulierungen finden sich später im Text. § 159 Abs. 4 S. 1 FamFG bindet die Pflicht zur Aufklärung des Kindes an die Erwartung, dass hierdurch keine Nachteile für Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit des Kindes zu erwarten sind. Praktisch ist diese Einschränkung von geringer Bedeutung, da die im nächsten Abschnitt dargestellte Forschung gezeigt hat, dass angehörte Kinder durch orientierende Informationen eher entlastet als belastet werden.

Wichtig für Kinder ist der Hinweis, dass Eltern über wesentliche Ergebnisse der Anhörung informiert werden, da das Gericht nach § 28 Abs. 4 S. 2 FamFG einen Vermerk darüber fertigt. Insoweit sich Gerichte nach § 159 Abs. 2 S. 3 FamFG im Rahmen einer Anhörung auch einen Eindruck von Kindern verschaffen, die noch nicht sprachfähig sind, können diese den Inhalt einer Aufklärung natürlich nicht erfassen, sie nehmen aber in der Regel wahr, wenn Erwachsene sich ihnen zuwenden und freundlich mit ihnen sprechen. Weitere Aufklärungspflichten betreffen bei Jugendlichen, die zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Entscheidung bereits älter als 14 Jahre sind, den Hinweis, dass sie auch selbst gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde einlegen können (§ 60 FamFG). Stehen im familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen Eltern im Raum, sodass Kindern in einem Strafverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO zukommt, muss sich das Familiengericht damit auseinandersetzen, dass eventuelle Angaben des Kindes in der Anhörung ohne entsprechende Aufklärung und ggfs. ohne Bestellung einer/eines Ergänzungspflegerin/-pflegers nach § 52 Abs. 2 StPO im Strafverfahren nicht verwertet werden können. Auch kann die/der Familienrichter*in einem späteren Strafverfahren nicht als Zeugin/Zeuge vernommen werden, wenn das Kind sich im Strafverfahren auf das Zeugnisverweigerungsrecht beruft und keine Aufklärung erfolgt ist (BGH 25.3.1998 – 3 StR 686/97).

Im Übrigen, so wird in der Kommentarliteratur festgehalten, ist die Gestaltung der Kindesanhörung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt (z. B. Prütting & Helms/Hammer 2020, § 159 FamFG Rn. 24). Bestimmt ist nur der Zweck der Anhörung, dem Kind soll nämlich nach § 159 Abs. 4 S. 2 FamFG „Gelegenheit zur Äußerung“ gegeben werden. Es wäre daher zulässig, einem Kind diese Gelegenheit (nach den entsprechenden Erläuterungen) ohne jede weitere Strukturierung und Unterstützung zu bieten. Jedoch besteht in der Fachliteratur zur zielgerichteten Kommunikation mit Kindern (z. B. Jones 2003) Konsens darüber, dass viele Kinder ohne eine unterstützende Gesprächsführung durch das Gericht die Gelegenheit, ihre Gedanken und Sichtweisen einzubringen, nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzen können. Daher handelt es sich bei der Anhörung von Kindern tatsächlich um mehr als das bloße Einräumen einer Gelegenheit. Es handelt sich um eine Gestaltungsaufgabe. Genauere Vorschläge für die Gestaltung von Kindesanhörungen in familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren fehlen bislang aber weitgehend.

2 Befunde zu Kindesanhörungen

Studien zu Kindesanhörungen im familiengerichtlichen Verfahren haben sich bislang vor allem auf zwei Fragen konzentriert. Zum einen wurde untersucht, in wie vielen Verfahren Kindesanhörungen überhaupt stattfanden. Zum anderen hat sich die Forschung damit beschäftigt, wie Kinder zu Anhörungen stehen und inwieweit sie als belastend erlebt werden.

Zur Anzahl von Kindesanhörungen in Kinderschutzverfahren liegen drei Studien aus Deutschland vor. In einer Untersuchung von Bindel-Kögel und Seidenstücker (2017) wurden 318 Kinderschutzverfahren aus dem Jahr 2014 untersucht, wobei im Fall mehrerer Kinder in einer Familie nur dasjenige Kind einbezogen wurde, bei dem eine Gefährdung aus Sicht des Jugendamtes am offensichtlichsten war. Unter Rückgriff auf eine ältere Studie von Münder et al. (2000) wurden Vergleiche zur Anzahl von Kindesanhörungen in einer Stichprobe von ebenfalls 318 Verfahren aus den Jahren 1996/97 angestellt. Die Ergebnisse wurden nach Altersgruppen differenziert. Es zeigte sich, dass 2014 insgesamt knapp 40 % der Kinder angehört wurden im Vergleich zu einer nahezu identischen Zahl von 43 % in den Jahren 1996/97. In der Analyse nach Altersgruppen gab es bei Kindern unter drei Jahren kaum (5 % <) einen als Anhörung gefassten persönlichen Kontakt der/des Richterin/Richters zum Kind und erst ab einem Alter von 12 oder mehr Jahren wurden mehr als 50 % der Kinder angehört. In der Dissertation von Kratky (2020) wurden 2020 Kinderschutzverfahren mit 343 betroffenen Kindern aus den Jahren 2009 bis 2014 analysiert. 53 % der Kinder wurden laut Akte angehört, wobei auch hier mit dem Alter eines Kindes die Wahrscheinlichkeit einer Anhörung zunahm. Bindel-Kögel, Hoffmann und Schone (2017) nutzten Interviews mit Richter*innen, um nach Gründen für nicht erfolgte Anhörungen zu fragen. Am häufigsten wurde angegeben, das Kind solle nicht zusätzlich belastet werden und Äußerungen des Kindes seien bereits von anderer Seite (z. B. Verfahrensbeiständin/-beistand) vorgetragen worden, sodass ein Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten sei.

Zum Setting der Anhörungen berichten Bindel-Kögel und Seidenstücker (2017), allerdings auf der Grundlage einer deutlich reduzierten Stichprobe, in etwa einem Drittel der Fälle seien Kinder alleine angehört worden. In etwa zwei Drittel seien Verfahrensbeiständ*innen mit dabei gewesen, in seltenen Fällen noch weitere Personen (z. B. Jugendamt, Therapeut*in oder die Eltern). Zur Dauer der Anhörungen in Kinderschutzverfahren, ihrem Aufbau, der Bandbreite angesprochener Themen und dem Wortlaut der gestellten Fragen liegen für Deutschland keine empirischen Informationen vor. Auch die Qualität der Auseinandersetzung mit den Äußerungen von Kindern in dann erfolgenden Gerichtsentscheidungen war bislang kein Thema. Kratky (2020) konnte allerdings für ihre Stichprobe an Akten immerhin zeigen, dass drei Viertel der Kinder (74,8 %) im gesamten Kinderschutzverfahren an mindestens einer Stelle (Gespräch mit Jugendamt, Verfahrensbeiständin/-beistand oder im Rahmen einer Begutachtung) einen Wunsch zu ihrem Lebensmittelpunkt formulierten, was vermutlich meist bedeutet, dass hierzu auch Fragen gestellt wurden. Vielfach (57 %) wünschten sich die Kinder dabei einen Aufenthalt bei der/den Person/en, von denen angenommen wurde, dass sie das Kindeswohl durch ihr Tun oder Unterlassen gefährden. Zumindest in den Fällen, in denen eine Trennung des Kindes von den Eltern vom Gericht als Schutzmaßnahme erwogen wird, dürfte ein Konflikt mit dem geäußerten Kindeswillen daher nicht selten sein.

Wenn es um die Haltung von Kindern gegenüber ihrer Beteiligung im Kinderschutzverfahren, speziell gegenüber einer Anhörung geht, liegen aus Deutschland derzeit keine belastbaren Befunde vor. Dies gilt auch für das Stresserleben vor und während einer Anhörung oder anderen Gesprächen (z. B. mit der/dem Verfahrensbeiständin/-beistand). Ebenso fehlen rückblickende Bewertungen von Kinderschutzverfahren durch Kinder. In einer deutschen Studie an 49 Scheidungskindern, die im Mittel neun Jahre alt waren, deuten aber weder die Selbstberichte der Kinder, noch die elterlichen Einschätzungen oder berichtete Verhaltensauffälligkeiten in der Woche und unmittelbar vor einer gerichtlichen Anhörung auf eine massivere Stressbelastung hin (Karle und Gathmann 2016). Allerdings droht Scheidungskindern in der Regel weder eine Fortsetzung der Gefährdung noch eine Trennung von den Eltern. Ausländische Studien bestätigen jedoch den Befund von Karle und Gathmann (2016) auch für Kinderschutzverfahren, wobei im Vergleich zum Strafgericht die eher informelle Natur der familiengerichtlichen Anhörung entlastend wirkt (für eine Forschungsübersicht siehe Milojevich et al. 2016). Mehrere ausländische Studien belegen zudem, dass Kinder in der Regel am Kinderschutzverfahren beteiligt werden wollen. In einer der aussagekräftigsten Studien hierzu wurden Kinder mit und ohne Anhörung im Kinderschutzverfahren befragt (Weisz et al. 2011). Die große Mehrzahl aller Kinder wünschte sich eine Beteiligung und tatsächlich angehörte Kinder bestätigten diese Sichtweise auch nach ihrer Anhörung. Der Wunsch, gehört zu werden, bedeutet aber nicht, dass Kinder die Verantwortung für die Entscheidung zugeschoben bekommen wollen (van Kesteren 2015 S. 19). Selbst wenn die resultierende Entscheidung nicht ihren geäußerten Wünschen entspricht, schätzen Kinder ein für sie spürbares Bemühen des Gerichts und der Professionellen im Verfahren um ein Verständnis ihrer Sichtweise (Goldfarb et al. 2021). Quas et al. (2009) sowie weitere Studien fanden einen Zusammenhang zwischen einer besseren Informiertheit von Kindern über das Verfahren sowie den konkreten Ablauf der Anhörung und einer geringeren psychischen Belastung von Kindern. Dieser Befund spiegelt sich in den Angaben von Kindern aus einer kleinen qualitativen deutschen Studie (van Kesteren 2015) wider. Die Kinder in dieser Studie hatten alle an einem Gerichtsverfahren, aber meist nicht an einem familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren teilgenommen. Neben mangelnden Informationen über den Ablauf von Verfahren und der Anhörung bewerteten es die befragten Kinder rückblickend negativ, wenn sie Desinteresse zu spüren glaubten, ihre Angaben nur als Echo elterlicher Sichtweise interpretiert wurden oder aus anderen Gründen keinerlei Eingang in die Entscheidung fanden. Auch wenn die Anhörung bei Gericht Teil einer Kette von Gesprächen war, ohne dass die Kinder verstehen konnten, warum sie immer wieder verschiedenen Personen gegenüber Angaben machen sollten, wurde dies negativ bewertet.

Zusammenfassend werden Kinder in der Praxis bislang nur inkonsistent angehört. Wenn sie aber angehört werden, kommt dies den Wünschen von Kindern nach Beteiligung meist entgegen. Allerdings ist das bisher untersuchte Altersspektrum beschränkt. Kindergarten- und Grundschulkinder wurden noch kaum befragt. Weitgehend offen ist auch, wie sich die parallelen Bemühungen um einen stärkeren Einbezug von Kindern bei Jugendämtern, Verfahrensbeiständ*innen, Sachverständigen und Gerichten in der Summe auswirken. Massive Stressbelastungen vor, während oder nach Anhörungen in Kinderschutzverfahren scheinen selten. Die hierzu vorliegenden Studien stammen allerdings überwiegend aus den USA und damit aus einer deutlich anderen Rechtsordnung. Als gesichert kann der Befund gelten, dass das Verständnis des Verfahrens Kindern eine bessere Bewältigung der Situation einer Anhörung erleichtert.

3 Fähigkeiten von Kindern, sich im Kinderschutzverfahren zu äußern

Aus Sicht des Gesetzgebers kann eine untere Altersgrenze für die Fähigkeit von Kindern, einen Kindeswillen zu entwickeln und zu äußern, nicht definiert werden (BT-Drucks. 19/23707, S. 56).Footnote 2 Natürlich unterscheiden sich Kinder aber in ihren Fähigkeiten, sich zu äußern, und diese Unterschiede sollten bei der Gestaltung und Ergebnisinterpretation von Kindesanhörungen berücksichtigt werden. Untersucht wurden hier bislang meist Unterschiede zwischen verschiedenen Altersgruppen von Kindern, etwa im Hinblick auf die Fähigkeit sich zu erinnern (Fivush 2011) oder auf die Fähigkeit, Fragen zu verstehen und zu beantworten (Poole 2016). Nur vereinzelt wurden auch Unterschiede innerhalb einer Altersgruppe betrachtet, beispielsweise zwischen sehr schüchternen und wenig schüchternen Kindern (z. B. Roebers & Schneider 2001). Im Kurs gibt es zwei Texte, die über wichtige sozialwissenschaftliche Hintergründe zu Kindesanhörungen informieren, nämlich Entwicklung der Gesprächsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen (Kap. 10) sowie Wie verstehen Kinder Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch? (Kap. 18). Für vertiefende Informationen gibt es weiter eine Reihe ausgezeichneter Fachbücher, insbesondere Poole (2016); Graffam-Walker et al. (2013) und Jones (2003). Fünf Merkpunkte können für die Praxis von Kindesanhörungen als besonders wichtig angesehen werden

  1. (1)

    Vom konkreten Tun zu komplexen Abläufen und psychologischen Erklärungen

    Wird mit Kindern über das Leben in ihrer Familie gesprochen, beginnen die Verständnis- und Antwortmöglichkeiten von Kindern im Vorschulalter bei konkreten, einfachen Aktivitäten. Entsprechend ist die Frage: „Was machst Du mit Mama und Papa?“ für Kinder sehr viel einfacher zu beantworten als die Frage: „Was magst Du an Mama und Papa?“, weil letztere eine Schlussfolgerung und Bewertung über verschiedene Aktivitäten hinweg erfordert. Im Zweifel werden viele Kinder im Kindergarten- und frühen Grundschulalter Fragen danach, was sie an ihren Eltern gut oder auch nicht gut finden, mit Hinweisen auf einfache Aktivitäten beantworten (z. B. „spielt mit mir“, „kauft mir was“). Werden Geschenke erwähnt, muss dies entsprechend kein Beleg für ein beeinflussendes elterliches Verhalten sein. Schilderungen einfacher Aktivitäten werden zunächst häufig als Reihung oder Aufzählung organisiert, manchmal mit wenig Rücksicht auf zeitliche Abfolgen und innere Zusammenhänge zwischen den Handlungen. Spiegelbildlich ist es für jüngere Kinder auch schwierig, Warum-Fragen zu beantworten (Malloy et al. 2017). Im Verlauf des Grundschulalters werden Kinder dann immer besser darin, kompliziertere Abläufe zu beschreiben (z. B. wie ein Familienstreit abgelaufen ist) und psychologische Schlussfolgerungen zu ziehen (z. B. was an den Eltern insgesamt toll oder nicht so gut ist).

  2. (2)

    Routinen und das Sprechen über besondere Ereignisse

    Die ab dem Grundschulalter gutenFähigkeiten von Kindern, Routinen und regelmäßige Abläufe zu beschreiben (Turoy-Smith et al. 2018), bedeuten nicht, dass Kinder von sich aus auf besondere Ereignisse zu sprechen kommen (z. B. eine Misshandlung oder Hunger am Monatsende aufgrund dann fehlender Lebensmittel). Besondere Ereignisse müssen daher meist gesondert angesprochen werden. Wenn Kinder solche besonderen Ereignisse schildern, geschieht dies oft stockend und mit Unsicherheiten, insbesondere wenn die Schilderung nicht geübt ist oder Elemente enthält, für die es Kindern an Wörtern fehlt (z. B. im Zusammenhang mit Sexualität). Generell neigen Kinder dazu, bekannte oder einfach auszusprechende Wörter zu verwenden, selbst wenn diese nicht genau passen. Es kann aber auch sein, dass Kinder Wörter verwenden, die sie aufgeschnappt haben und von denen sie nur denken, dass sie die Bedeutung kennen (z. B. in einem Interview des Autors: „Papa hat mich misshandelt“, um zu bezeichnen, dass der Vater das Kind falsch „behandelt“ hatte, nämlich einen Tee gegen Bauchweh gegeben hatte, der aber ohne Wirkung blieb). Nachfragen sind in Gesprächen mit Kindern daher sehr wichtig. Falsche Angaben passieren manchmal, weil Kinder verschiedene, aber ähnliche Ereignisse zusammenwürfeln, unverstandene Elemente weglassen bzw. umdeuten oder Erklärungen von Autoritäten als Tatsache berichten (z. B. „Dann hat der Papa die Mama gehauen, weil sie wieder nicht aufgeräumt hat.“). Noch wenig gefestigte Strukturen von Unter- und Oberbegriffen sowie Schwierigkeiten beim Aufruf von Gedächtnisepisoden können zu inkonsistent erscheinenden Antworten führen. So kann es etwa sein, dass ein Kind eine Misshandlung beim letzten Umgang beschreibt, aber die allgemeine Frage verneint, ob beim letzten Umgang etwas Besonderes geschehen sei. Ebenso kann es sein, dass ein Kind bei zwei Explorationen zu ein und demselben Ereignis verschiedene, wenn auch nicht widersprüchliche Details erinnert. Dies begründet, warum Gefährdungsereignisse häufig mehrfach auf verschiedene Weise angesprochen werden müssen und es ist einer der Gründe, warum in der Regel mehrfach mit Kindern gesprochen werden muss. Für eine Zusammenfassung des Forschungsstandes zur Art und Weise, wie Kinder besondere Ereignisse beschreiben, siehe Brubacher et al. (2019).

  3. (3)

    Von einfachen zu gemischten Gefühlen und von eindimensionalen zu mehrdimensionalen, abwägenden Begründungen:

    Kinder lernen im Kleinkind- und Kindergartenalter grundlegende Gefühle zu benennen, sodass Unterhaltungen über positive und belastende Gefühle meist schon früh prinzipiell möglich sind (Sroufe 1996). Gemischte Gefühle (z. B. bei vernachlässigten Kindern: Erleichterung über eine gesicherte Versorgung in einer Pflegefamilie und zugleich Traurigkeit aufgrund der Trennung von den Eltern) können meist aber erst ab dem Ende der Grundschule grundsätzlich erkannt und benannt werden, sodass Angaben zu Gefühlen davor oft monolithischer ausfallen, als sie bei einer Beobachtung des Kindes tatsächlich sind. Große Veränderungen zeigen sich auch in den Fähigkeiten von Kindern, ihre Wünsche zu überdenken und im Hinblick auf grundlegende eigene Interessen zu reflektieren. Beispielsweise gelingt es Kindern meist erst ab dem frühen Jugendalter verschiedene, vorab selbst formulierte Ziele bei einer Entscheidung zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (z. B. Kuhn 2009). In ähnlicher Weise vollzieht sich im Übergang von der Kindheit ins Jugendalter, also zwischen 11 und 13 Jahren, auch ein Wandel in der Zukunftsorientierung von einem starken Fokus auf Gegenwart und unmittelbare Zukunft hin zur Möglichkeit über mehrere Jahre vorauszudenken (Loose & Vasquez Echeverria 2021). Schwierig kann für Kinder auch die komplexe Anforderung sein, zwar im Alltagsleben auf andere Rücksicht zu nehmen, bei der Anhörung im Gericht aber vor allem die eigenen Interessen und das eigene Wohlergehen in den Mittelpunkt zu rücken, also eine begründete Ausnahme von einer ansonsten in unserer Gesellschaft sehr wertgeschätzten altruistischen Orientierung zu machen. Auch hier sind Jugendliche eher in der Lage, die Ausnahme und ihren Sinn zu verstehen.

  4. (4)

    Kinder bringen Erwartungen und Vorverständnisse mit in die Anhörung:

    Viele Kinder bringen etwa die Annahme mit, Fragen von Erwachsenen, zumal von Autoritäten, müssten beantwortet werden. Daher versuchen manche Kinder richtige Antworten zu erraten oder sie verstehen Fragen danach, wo sie leben wollten, nicht als Einladung, sich zu äußern, sondern als (belastende) Pflicht, sich zu entscheiden. Deshalb wird es in Fachliteratur auch nahezu durchgängig empfohlen (z. B. Saywitz et al. 2010, S. 554), Kindern proaktiv zu erklären, dass es manchmal Kinder gebe, die auf eine Frage keine Antwort wüssten und es völlig in Ordnung sei, das zu sagen. Ebenso wird empfohlen, vor Entscheidungsfragen proaktiv zu erklären, dass es Kinder gebe, die sich nicht entscheiden wollten und das auch in Ordnung sei.

  5. (5)

    Erfahrene Gefährdung beeinflusst die Art und Weise, wie Kinder sich äußern:

    Zu den grundlegenden Einsichten aus der Kinderschutzforschung zählt der Zusammenhang zwischen erfahrener Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch durch Bezugspersonen und dem Selbstbild von Kindern. Selbst Menschen, die als Erwachsene Opfer von (sexueller) Gewalt werden, fühlen sich häufig schuldig oder schämen sich und können nur schwer neutral bzw. distanziert über ihre Erfahrungen sprechen. Bei Kindern, die schon früh im Leben Gefährdung erfahren haben, ist dies noch mehr so und betroffene Kinder halten sich vielfach für nicht liebenswürdig oder nehmen an, dass sie eine entsprechende Behandlung durch ihre Eltern verdient haben, zumal sie genau dies häufig auch von gefährdenden Eltern(teilen) hören. Gerichte sollten sich daher bewusst sein, dass ein Gespräch über Gefährdungserfahrungen für Kinder meist scham- oder angstbesetzt ist (für eine Forschungsübersicht Gorin 2004). Dies bedeutet nicht, dass betroffene Kinder sich regelmäßig nicht äußern. Manche Kinder haben einen großen Problemdruck, bereits positive Erfahrungen mit einer Fremdunterbringung oder sind voller Hoffnung auf eine positive Veränderung in der Familie, sodass sie offen über ihre Erfahrungen sprechen. Ebenso gibt es aber Kinder, die aus Angst, Scham oder einem Mangel an Vertrauen schweigen. Zudem fürchten viele Kinder, dass es ihnen in einer Fremdunterbringung nicht besser ergeht und sie überdies noch jede Zuneigung von Eltern und Geschwistern verlieren.

Im Moment gibt es keine standardisierten diagnostischen Verfahren, die vor einer Anhörung durchgeführt und Gerichten komprimiert Hinweise geben könnten, mit welchen Fähigkeiten und Vorstellungen ein einzelnes Kind zur Anhörung kommt. Es ist aber natürlich möglich, dass Gerichte vor einer Anhörung Jugendämter, Verfahrensbeiständ*innen oder Sachverständige um Hinweise bitten, worauf bei einem konkreten Kind zu achten sei. Ebenso kann es sehr wichtig sein, nach einer Anhörung Verfahrensbeteiligten und Sachverständigen Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Angaben eines Kindes zu geben, damit die Angaben des Kindes sinnvoll interpretiert und in der Entscheidung des Gerichts aufgegriffen werden können (SFK2 2014, S. 15).

4 Vorschläge zur Gesprächsführung bei Anhörungen von Kindern in Kinderschutzverfahren

Mit Ausnahme von informatorischen Befragungen zu im Raum stehenden Gefährdungsereignissen, fehlen zur Gesprächsführung bei Anhörungen von Kindern in familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren empirische Befunde (für eine Forschungsübersicht siehe Turoy-Smith & Powell 2017), sodass lediglich erfahrungsgestützt Vorschläge gemacht werden können, die der weiteren Diskussion und Fundierung bedürfen. Empfehlungen wurden bislang unter anderem von Saywitz et al. (2010); Graffam-Walker et al. (2013); Poole (2016) sowie Zajac und Brown (2018) formuliert. Aufgrund der großen Unterschiede zwischen Kindern im Hinblick auf Entwicklungsstand, Persönlichkeit und Vorerfahrungen sowie sehr verschiedener Situationen in den Verfahren wird ein durchgängig standardisiertes Vorgehen von keiner Seite empfohlen. Vielmehr gibt es einige Merkpunkte, die nach Bedarf angepasst werden können. In der Regel stellen sich Erwachsene zudem intuitiv, wenigstens teilweise, auf Fähigkeiten und Verhaltensweisen von Kindern ein, soweit sie in der Anfangsphase der Anhörung sichtbar werden. Allerdings werden dabei manchmal aufgeschlossene, kontaktfreudige Kinder in ihren Fähigkeiten überschätzt, während eher verschlossene Kinder unterschätzt werden.

Sich vorstellen und das Verfahren erklären: Für die ersten Aufgaben zu Beginn der Anhörung, nämlich sich vorzustellen, das Verfahren sowie den Ablauf und die Regeln bei der Anhörung zu erklären und einen positiven Kontakt zum Kind herzustellen, lassen sich mindestens fünf Merkpunkte formulieren:

  1. (1)

    Lassen Sie das Kind von Anfang an zu Wort kommen:

    Startet die Anhörung mit einer längeren Erklärung durch das Gericht, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind innerlich verstummt. Bauen Sie deshalb von Anfang an Fragen an das Kind ein (z B. „Ich heiße Frau Müller und freue mich, dass Du hier bist. Ich bin hier Richterin. Weißt Du denn, was eine Richterin macht?“). Die Antworten auf solche Fragen können genutzt werden um nachfolgende Erläuterungen an das einzelne Kind anzupassen. Andere Beispiele für mögliche Fragen zu Beginn einer Anhörung sind: „Ich bin hier Richterin und spreche mit vielen Kindern. Manche Kinder sind vor dem Gespräch mit mir aufgeregt, manche nicht so. Wie ist es denn bei Dir?“; „Ich freue mich, dass Du da bist. Weißt Du denn überhaupt, warum ich Dich kennenlernen möchte?“

  2. (2)

    Beschreiben Sie Ihre Tätigkeit und beziehen Sie die Anhörung dabei ein:

    Die meisten Richter*innen eignen sich im Lauf der Zeit einige Sätze an, mit denen sie ihre Arbeit kurz aber verständlich erklären, beispielsweise: „Manchmal höre ich, dass es in einer Familie vielleicht große Probleme gibt. Solche Probleme sind für Kinder oft nicht gut. Dann rede ich mit allen, auch mit den Kindern, ob das stimmt. Und manchmal muss ich dann eine Lösung suchen, damit Kindern nichts passiert und sie alles haben, was sie brauchen. Das mache ich als Richterin.“ In der Regel kommt es hier auf kurze, einfache Sätze ohne Fremdwörter an und viele verschiedene Formulierungen sind möglich.

    • Eher ungeeignet sind Beschreibungen, die unrealistisch sind (z. B. „Ich bin dafür da, dass es allen Kindern gut geht.“), die Fehler von den Eltern betonen, weil auch Kinder, die Gefährdung erleben, häufig ihren Eltern gegenüber loyal sein wollen (z. B. „Wenn Eltern etwas falsch machen und das Jugendamt oder ein Kind sagen mir das, dann kann ich dem Kind helfen“.) oder die betonen, wie belastet betroffene Kinder sind, weil Kinder ihre Gefühle und Situation sehr unterschiedlich zusammenfassen (z. B. „Wenn es Kindern nicht gut geht, kann ich entscheiden, dass etwas getan werden muss.“).

    • Gut ist es, wenn Anhörungen von Kindern in der Beschreibung der Tätigkeit vorkommen, weil dies für das gerade angehörte Kind dann ein stimmigeres Bild ergibt, beispielsweise: „Weißt Du, meine Arbeit ist, dass ich mit Kindern und Eltern rede, wenn es großen Streit oder vielleicht große Probleme gibt. Dann suche ich eine möglichst gute Lösung für die Kinder. Und heute rede ich mit Dir. Hast Du denn eine Idee, warum ich mit Dir reden will?“

  3. (3)

    Beschreiben Sie grob den Ablauf der Anhörung:

    Anhörungen sind jenseits der Erfahrungswelt der meisten Kinder. Daher haben Kinder in der Regel keine Vorstellung davon, was bei einer Anhörung besprochen wird. Entsprechend können einige kurze Hinweise Kindern Orientierung geben. Beispielsweise könnte einem Kind erklärt werden: „Wenn ich mit Kindern rede, heißt das Anhörung. Hat Dir denn schon jemand erklärt, wie eine Anhörung abläuft? Nicht? Also, am Anfang will ich das Kind, also Dich, gerne besser kennenlernen. Da frage ich zum Beispiel, was ein Kind gerne macht oder nicht so gern. Dann möchte ich gerne wissen, was in der Familie gut ist und was sich ändern sollte. Manchmal überlege ich dann mit dem Kind, wie das gehen könnte, dass sich etwas ändert. Am Schluss spreche ich hier rein, was das Kind gesagt hat und frage, ob ich alles richtig verstanden habe.“

  4. (4)

    Erklären Sie einige Grundregeln für die Anhörung:

    Es wird häufig empfohlen (z. B. Bublath et al. 2021), Kindern zwei bis drei einfache Grundregeln zu erklären, um Missverständnissen entgegen zu wirken. Ob solche Erklärungen etwas bewirken, ist empirisch nicht klar (Brown et al. 2019). Am häufigsten wird vorgeschlagen, Kindern ausdrücklich zu erklären und zu erlauben, dass sie es sagen können, wenn sie eine Frage nicht verstehen oder nicht beantworten können. Beide Grundregeln setzen daran an, dass Kinder in Gesprächen mit Erwachsenen manchmal versuchen, das korrekte Verständnis einer Frage oder die „richtige“ Antwort zu erraten, woraus sich Missverständnisse entwickeln können. Beispielsweise könnte formuliert werden: „Weißt Du, was mir noch wichtig ist?“ Manchmal passe ich nicht auf. Dann stelle ich eine Frage, die das Kind gar nicht versteht. Dann ist es prima, wenn Du sagst, das versteh ich nicht. Oder ich frage etwas, was das Kind gar nicht weiß. Dann ist es prima, wenn Du sagst, das weiß ich nicht. Wenn ich Dich jetzt zum Beispiel etwas auf Chinesisch frage, was sagst Du dann? Oder wenn ich Dich frage, wie meine Katze heißt, was sagst Du dann?

  5. (5)

    Zeit zum Kennenlernen ist gut investierte Zeit:

    In Studien hat sich gezeigt, dass der Aufbau eines freundlichen Kontaktes Kindern bei Befragungen zu sensiblen Themen hilft, relevante Angaben zu machen (Lavoie et al. 2021). Daher ist es sinnvoll, zu Beginn einer Anhörung einige freundliche Fragen zu Vorlieben und gegebenenfalls auch Abneigungen eines Kindes zu stellen. Denkbar sind etwa Fragen danach, was das Kind besonders gut kann, was es am liebsten macht, wenn es nicht in der Schule ist, was es gar nicht leiden kann oder was das derzeitige Lieblings-Handy- oder Computerspiel ist. Um Irritationen bei Kindern zu vermeiden, ist es notwendig auszusprechen, dass es bei diesen ersten Fragen darum geht, das Kind besser kennenzulernen. Gut sind zudem unterstützende Bemerkungen, etwa Lob (z. B. „Du hörst wirklich gut zu und antwortest genau auf meine Fragen.“) oder Dank (z. B. „Ich danke Dir, dass ich Dich besser kennenlernen kann.“). Wenn die Fragen zum Kennenlernen zu Ende gehen und die nächste Phase der Anhörung beginnt, ist es sinnvoll den Übergang sprachlich deutlich zu markieren (z. B. „Jetzt kenne ich Dich schon besser, das ist gut, nun würde ich gerne darüber reden, wie es bei Mama und Papa ist.“).

Manchmal erleben Gerichte Kinder, die bereits zu Beginn der Anhörung mit einem Thema herausplatzen, etwa sofort erklären, dass es ihnen bei den Eltern gut geht und sie nicht ins Heim wollen. Dies muss Raum erhalten, da die betroffenen Kinder in der Regel nicht zuhören und sich auf andere Fragen einlassen können, solange sie ihre Botschaft nicht äußern konnten. Daher wäre es etwa möglich zu sagen: „Ah, ich sehe, dass Du gleich etwas loswerden willst, da höre ich Dir jetzt gleich zu und dann erkläre ich Dir, wer ich bin und was ich dann noch mit Dir reden will. Also, was möchtest Du sagen?“

Immer wieder erleben Gerichte auch sehr schüchterne oder verängstigte Kinder, die den Blick gesenkt halten und auf erste Fragen nicht antworten. In der Reaktion hierauf ist es wichtig, (a) das Verhalten des Kindes erst einmal zu normalisieren (z. B. „Ich sehe, dass es Dir nicht leicht fällt hier zu sein und mit mir zu reden. Das ist in Ordnung und kommt immer mal wieder vor.“), (b) dann einen Vorschlag zu machen, der eine Aufwärmphase erlaubt, da sich viele Kinder nach einer Aufwärmphase öffnen können (z. B. „Wenn ein Kind Angst hat, reden wir erst etwas Anderes. Ich will Dich ja kennenlernen. Da gehören auch ganz leichte Fragen dazu. Was Du gern spielst zum Beispiel. Magst Du mir erzählen, was Du gern spielst?“) und (c) herauszustellen, dass kein Kind Fragen beantworten muss, die es nicht beantworten möchte. Diese Information ist für alle Kinder wichtig, bei ängstlichen Kindern aber besonders. Manchmal öffnen sich Kinder auf die Frage hin, wovor sie Angst haben. Wenn Kinder auf 3–5 Fragen nicht reagiert haben, ist es meist sinnvoll, die Anhörung zu beenden, um das Kind nicht übermäßig zu belasten. Auch sinkt mit jeder unbeantworteten Frage die Chance, dass ein Kind sich in dieser Situation noch öffnen kann. Manchmal ist es sinnvoll, bei einem Abbruch am Schluss noch zu fragen: „Jetzt kennen wir uns ja schon ein bisschen, redest Du denn mit mir, wenn Du nochmal kommst?“.

5 Aufbau einer Anhörung im Kinderschutzverfahren, wenn über im Raum stehende Gefährdungsereignisse gesprochen wird

In vielen Anhörungen werden im Raum stehende Gefährdungsereignisse in der Vorgeschichte nicht mehr detailliert besprochen, da sie entweder durch Sachbeweise belegt erscheinen (z. B. auf Gewalt rückführbare Verletzungsmuster, Pflegezustand des Kindes bei einem Hausbesuch des Jugendamtes) oder Kinder hierzu in längeren Gesprächen mit den vergleichsweise besser ausgebildeten und mit mehr Zeit ausgestatteten Fachkräften der Jugendämter oder bei Sachverständigen bereits Angaben gemacht haben. Einige Autoren raten sogar grundsätzlich davon ab, in Kindesanhörungen Gefährdungsereignisse anzusprechen (z. B. Balloff 2019, S. 942). Wenn Gerichte Gefährdungsereignisse doch ansprechen, weil sie es für die richterliche Überzeugungsbildung als wichtig ansehen, oder Kinder von sich aus auf solche Erfahrungen zu sprechen kommen, sollte dieser Teil der Anhörung allerdings fachlich angemessen gestaltet sein.

Wenn Gefährdungserfahrungen Thema werden, sollten Gerichte sich bewusst sein, dass von Vernachlässigung, Misshandlung oder sexualisierter Gewalt betroffene Kinder häufig Scham und Schuld empfinden, ihnen manchmal geeignete Wörter und Maßstäbe für die Einordnung des Erlebten fehlen und viele der Kinder zwar ein Ende der Gefährdung für sich und eventuelle Geschwister wollen, zugleich aber Angst vor bestimmten möglichen Folgen haben, wenn sie sich öffnen. Manchmal ist es eher die Angst vor Strafe, Liebesentzug oder Kontaktabbruch zur Familie, manchmal eher die Furcht vor einem erneuten Kontrollverlust durch das für Kinder nicht vorhersehbare Handeln des Gerichts oder eine beängstigend vorgestellte Fremdunterbringung (Pipe et al. 2007).

Trotzdem öffnen sich manche betroffenen Kinder, weil sie dringlich auf der Suche nach Hilfe und Schutz sind oder positive Folgen von Hilfe und Schutz bereits erlebt haben. Zudem kann eine unterstützende Situationsdynamik eine Rolle spielen. Allerdings ist anhand von Fällen, in denen Belege für Gefährdungserfahrungen vorlagen, die von den Angaben betroffener Kinder unabhängig waren (z. B. medizinischer Befunde), klar, dass es hohe Raten falsch negativer Angaben gibt, also realer Gefährdungserfahrungen, die nicht berichtet werden (z. B. Hershkowitz et al. 2014). Manche Kinder sprechen im Raum stehende und unter Umständen in früheren Explorationen bereits geschilderte Gefährdungserfahrungen in einer Anhörung auch nur deshalb an, um sie zu dementieren. Natürlich sind prinzipiell auch falsch positive Angaben möglich, also behauptete Gefährdungsereignisse, die in Wirklichkeit nicht stattgefunden haben. Vor allem im Kontext elterlicher Konflikte gibt es jedenfalls eine erhöhte Anzahl auffällig unkonkret von Kindern geschilderter Vorwürfe von Gefährdung (z. B. Busse et al. 2000).

Der in diesem Absatz beschriebene Hintergrund hat für Anhörungen in Kinderschutzverfahren zwei Folgen: Zum einen wird unterstrichen, dass Kinder meist nicht einfach nur neutral über erfahrene oder nicht erfahrene Gefährdungen berichten können, sondern von den Geschehnissen und den Folgen existenziell betroffen sind, weshalb Aspekte von Belastung, Ängsten und Wünschen der Kinder bedacht und in der Regel auch aufgegriffen werden müssen. Natürlich handelt es sich bei einer Kindesanhörung nicht um ein therapeutisches Gespräch, aber es handelt sich eben auch nicht nur um eine einfache Zeugenaussage. Zum anderen werden Maßstäbe benötigt, um vertrauenswürdige von weniger vertrauenswürdigen Schilderungen von Gefährdungserfahrungen zu unterscheiden. Soweit nicht andere Beweismittel zur Verfügung stehen, besteht dieser Maßstab in der Einschätzung, ob Kinder an einer oder mehreren Stellen im Verfahren, einschließlich der Anhörung, ihrem Entwicklungsstand entsprechend, nachvollziehbar und ergänzbar über Erfahrungen von Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch gesprochen haben.

Zur Frage, wie solche Angaben am besten erhoben werden können, gibt es mittlerweile eine gesicherte Befundlage (Lamb et al. 2018), die deshalb auch für Anhörungen beim Familiengericht bedeutsam ist. Wichtig ist ein Vorgehen in mehreren Schritten. Im Kern besteht das Gespräch aus fünf Teilen: Einer (1) Einleitungsphase, dem (2) freien Bericht, einer (3) Phase des Nachfragens und Verstehens geschilderter Erlebnisse, einem darauf aufbauenden (4) Gespräch über Gedanken und Gefühle des Kindes im Hinblick auf Veränderung und (5) einer Phase des Ausklangs.

  1. (1)

    Einleitungsphase:

    Diese Phase entspricht der bereits erörterten Vorstellung des Gerichts und der Erläuterung von Verfahren und Anhörung. Auch beinhaltet die Einleitungsphase Zeit für Kontaktaufbau und ein allgemeines Kennenlernen des Kindes. Wenn abzusehen ist, dass konkrete Gefährdungsereignisse angesprochen werden, wird meist empfohlen, bei den Regeln für die Anhörung zusätzlich zu erklären, es sei wichtig, dass das Kind nur Erlebnisse erzähle, die es tatsächlich erlebt habe. Zudem sollte dem Kind erklärt werden, dass die/der Richter*in bei allen Dingen, die das Kind erzähle, nicht dabei gewesen sei. Deshalb sei es wichtig, dass das Kind alles so genau wie möglich erkläre (Poole 2016).

  2. (2)

    Freier Bericht:

    Im Kern besteht die Phase des freien Berichts darin, ein Kind möglichst lange frei von Erlebnissen erzählen zu lassen. Dies ist wichtig, weil in der Phase des freien Berichts die meisten belastbaren und gegebenenfalls auch neuen Informationen gegeben werden. Häufig fällt das Zuhören Erwachsenen schwer, weil Kinder Erlebnisse, zumal belastende Erlebnisse, selten geordnet von Anfang bis Ende und zudem noch nachvollziehbar berichten. Erwachsene neigen deshalb dazu, rasch zu unterbrechen und strukturierende Nachfragen zu stellen. Damit geht allerdings der günstige Effekt des freien Berichts verloren. Soweit Gefährdungsereignisse vom Kind nicht spontan berichtet werden, müssen sie in einer möglichst nicht beeinflussenden (nicht suggestiven) Weise angesprochen werden, d. h. ohne Unterstellung, dass es sich um reale bzw. nur erfundene Ereignisse handelt. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine Vorgehensweise besteht darin, offen zu fragen, ob das Kind weiß, warum es heute zur Anhörung gekommen ist (z. B. „Jetzt kenne ich Dich schon ein bisschen. Vielen Dank. Weiß Du denn, warum ich heute mit Dir reden will?“). Kommt das Kind dann auf Gefährdungserfahrungen zu sprechen, wurde dies nicht vom Gericht vorgegeben. Aber natürlich kann es sein, dass das Kind keinen Grund weiß oder einen anderen Grund nennt.

    Eine zweite Möglichkeit besteht deshalb darin, Äußerungen des Kindes gegenüber Dritten, die auf Gefährdungsereignisse hindeuten, oder andere Anhaltspunkte aufzugreifen und das Kind hierauf anzusprechen. Dabei gibt es zwei Regeln: Zum ersten ist es wichtig, dem Kind ganz klar zu sagen, dass die/der Richter*in nicht weiß, ob bzw. was passiert ist (z. B. „Ich hab gehört, Du hast Deiner Lehrerin, der Frau Meyer, erzählt, was bei Dir daheim los war. Jetzt weiß ich aber gar nicht, ob ich das richtig verstanden habe. Deshalb frage ich Dich noch einmal.“). Derartige Formulierungen sind wichtig, damit das Kind sich möglichst wenig an bereits Gesagtes gebunden fühlt. Zweitens ist es erforderlich, einen Anhaltspunkt nicht konkret, sondern nur allgemein zu benennen (z. B., dass „etwas los war“, „die Polizei da war“ oder „Du im Krankenhaus warst“). Damit wird ausgeschlossen, dass eventuelle Äußerungen des Kindes zu Gefährdungsereignissen de facto nur die vorher vom Gericht gegebene Information aufgreifen. Wenn ein Kind zu berichten beginnt, ist es zunächst Aufgabe der/des Richterin/Richters zuzuhören und das Kind durch offene Nachfragen (z. B. „Wie ist es dann weitergegangen?“, „Kannst Du noch mehr dazu erzählen?“) zum Weitererzählen zu ermutigen. Ein freier Bericht geht bei Kindergarten- oder Grundschulkindern selten über 10 min hinaus. Bei älteren Kindern kann etwas mehr Zeit benötigt werden. Wenn deutlich wird, dass sich der freie Bericht erschöpft hat, erfolgt der Übergang in diese Phase des Nachfragens und Verstehens.

  3. (3)

    Nachfragen und Verstehen:

    In dieser Phase der Anhörung geht es um drei Dinge (a) das Schließen von Lücken und das Ansprechen von möglichen Widersprüchen, (b) die moderate Ergänzung geschilderter Ereignisse im Hinblick auf die Vorgeschichte und Nachwirkungen sowie (c) die Vergewisserung, dass die Angaben des Kindes richtig verstanden wurden. Fragen zu Lücken und Widersprüchen sollten möglichst offen formuliert sein (z. B. „Kannst Du mir noch mehr darüber sagen?“). Wenn dies nicht zu einer Klärung führt, können notfalls mehrere Möglichkeiten, einschließlich der Option, dass sich das Kind nicht erinnert, genannt werden (z. B. „Weißt Du noch, ob das ein Tag mit Kindergarten war oder hattest Du frei oder weißt Du es gar nicht mehr?“). Eine Lücke kann auch das innere Erleben des Kindes betreffen, da manche Kinder sehr bei den Abläufen bleiben, soweit sie sie verstanden haben. Auch hier ist es wichtig, offen nachzufragen (z. B. „Wie hast Du dich denn da gefühlt?“) und nichts vorzugeben, also etwa nicht zu fragen: „Das war bestimmt schlimm für dich, oder?“. Wenn Kinder Einzelereignisse schildern, trägt es sehr zur Abrundung des Bildes bei, wenn gefragt wird, ob das Kind noch weiß, was vorher passiert ist und wie es nach dem Ereignis weitergegangen ist. Manchmal werden hier für Entscheidungen wichtige Anhaltspunkte sichtbar (z. B. „Dann hat die Mama geweint und gesagt, dass sie mich nie wieder so haut.“). Zuletzt geht es um die Vergewisserung, dass der Kern der Angaben des Kindes richtig verstanden wurden, indem Angaben des Kindes wiederholt werden und das Kind gebeten wird, diese zu bestätigen oder zu korrigieren. Je weniger sich ein Kind sicher ausdrücken kann, desto bedeutsamer ist diese Vergewisserung. Werden einzelne Gefährdungsereignisse Thema, wird sich das Gericht regelmäßig Notizen machen. Hierzu wird empfohlen, bei notierten Kernäußerungen möglichst nah an der Ausdrucksweise des Kindes zu bleiben und auch die gestellten Fragen zu dokumentieren, da diese bei der rückblickenden Reflexion und der eventuellen Weiterverwendung der Angaben in einem Strafverfahren für die Beurteilung des suggestiven Potenzials der Befragung wesentlich sind.

  4. (4)

    Gespräch über Gedanken und Gefühle des Kindes:

    In den weiteren Schritten der Befragung geht es wesentlich um Gedanken und Gefühle des Kindes zu Veränderung, Schutz und Hilfe. Wichtig ist, dass diese Aspekte in Strafverfahren, die sich regelhaft sehr genau mit Angaben zum Geschehen auseinandersetzen, keine größere Rolle spielen. Kinder nicht einfach als Informanten zum Geschehen und Opfer zu begreifen und familiäre Ohnmachtserfahrungen nicht zu doppeln, ist aber eine wichtige Aufgabe familiengerichtlicher Kinderschutzverfahren. Angesichts der zu leistenden Fachlichkeit bei Explorationen von Kindern zu einzelnen Gefährdungsereignissen liegt es häufig nahe, solche Explorationen aus der Anhörung auszulagern und hierzu etwa ein Sachverständigengutachten einzuholen. Trotzdem sollten sich Richter*innen mit den Prinzipien der Anhörung zu Gefährdungsereignissen vertraut machen und hier Kompetenzen erwerben, da Gefährdungserfahrungen in manchen Anhörungen von Kindern selbst thematisiert werden oder die Bereitschaft eines Kindes, sich zu äußern, so fragil erscheint, dass eine Verschiebung nicht möglich ist und vom Kind möglicherweise als Desinteresse verstanden wird.

    Neben äußerungsbereiten Kindern gibt es auch Kinder, die Gefährdungsereignisse verneinen oder angeben, sich nicht mehr zu erinnern. Manche dieser Kinder haben in einer vertrauteren Umgebung mit längerer Aufwärmphase hinreichend genaue und nachvollziehbare Angaben gemacht, sodass das Gericht sich eine Meinung bilden kann, inwieweit Gefährdungsereignisse vorgefallen sind. Hier, wie auch in Fällen mit anderer belastbarer Evidenz, kann dem Kind erklärt werden, dass die/der Richter*in zugehört hat und sich immer, also in allen Fällen, alles zusammen anschaut, also zum Beispiel auch den ärztlichen Bericht über Verletzungen des Kindes liest. Dann kann weitergefragt werden, ob das Kind Gedanken zu Schutz und Hilfe hat. Dies ist deshalb auch dann sinnvoll, weil es Kinder gibt, die zwar aus verschiedenen Gründen Gefährdungsereignisse bestreiten, aber trotzdem mitreden möchten, wenn es zu Schutzmaßnahmen kommt. Natürlich gibt es Fälle, in denen die Meinungsbildung des Gerichts tatsächlich davon abhängt, ob ein Kind sich zu im Raum stehenden Gefährdungserfahrungen einlässt und die Anhörung die voraussichtlich letzte Thematisierung darstellt, nachdem Gespräche mit Jugendamt, Verfahrensbeistandschaft und ggfs. Sachverständigen zu keinem Ergebnis geführt haben. Hier kann es sinnvoll sein, Kindern zu erklären, dass die/der Richter*in es schon erlebt hat, dass Kinder Gefährdungsereignisse verneinen, weil einfach nichts passiert ist. Dass es aber auch Kinder gibt, die sich nur nicht trauen davon zu erzählen. Falls Kinder sich nicht trauen, ist es wichtig, dass sie wissen, was sie machen können, wenn sie sich dann doch trauen. Ob das Kind wisse, was es dann machen könne?

  5. (5)

    Ende der Anhörung und Verabschiedung:

    Am Ende einer Anhörung steht (a) der Dank an Kinder (z. B. bei einem Kind, das sich kaum geäußert hat: „Danke, dass Du da warst.“), (b) die für das Kind verständliche Einordnung der Bedeutung des Gesagten für das Verfahren (z. B. „Ich kann Dir ja nicht versprechen, dass alles so kommt, wie Du das möchtest. Das müssen ja die Erwachsenen überlegen. Aber ich kann Dir versprechen, dass ich sehr genau darüber nachdenke, was Du mir und anderen gesagt hast.“), und (c) das Eröffnen einer Perspektive, wie es mit dem Verfahren weitergeht (z. B. „Ich überlege jetzt noch einmal mit allen Erwachsenen, was die beste Lösung ist. Die Frau Meyer, Deine Verfahrensbeiständin, erklärt Dir dann, was ich für das Beste halte.“).

6 Aufbau einer Anhörung in Kinderschutzverfahren, wenn es nicht um einzelne Gefährdungsereignisse geht

Ein anderer Aufbau der Anhörung empfiehlt sich, wenn es nicht um einzelne Gefährdungsereignisse geht, etwa weil es im Einzelfall aus Sicht des Gerichts bereits hinreichend klar ist, ob sich eine Gefährdung aus bedeutsamen Einzelereignissen ergibt und das Kind Gefährdungsereignisse nicht von sich aus anspricht. Allerdings handelt es sich dann, mangels belastbarer empirischer Befunde, nur um Vorschläge zum Aufbau der Anhörung, die sich in Praxis und Forschung bewähren müssen. Schwerpunkte der Anhörung sind dann (1) das Leben in der Familie und die alltägliche Fürsorge aus der Sicht des Kindes, (2) eventuelle Vorstellungen des Kindes zu Veränderung und Hilfe sowie (3) Reaktionen des Kindes auf bereits angedachte Eingriffe und Schutzmaßmaßnahmen. Zur Einleitungsphase und zur Phase des Ausklangs s. o. 5.5 (1) und (5).

  1. (1)

    Was soll sich in der Familie ändern, was ist schon gut?

    Ein wesentlicher Hintergrund für das Verständnis der Sichtweisen des Kindes auf die Entscheidungsgegenstände im Verfahren ist das kindliche Erleben des Alltags in der Familie. Der Punkt sollte an den Anfang gestellt werden, damit ein umfassenderes Bild entstehen kann und nicht nur Gründe für oder gegen einzelne Maßnahmen gesammelt werden. Am Anfang dieses Teils der Anhörung kann (nach dem Kennenlernen) gefragt werden: „Nun kenne ich Dich schon ein bisschen. Jetzt möchte ich noch etwas anderes wissen. Erzähl mir bitte, wie bei Dir ein normaler Tag abläuft. Wie ist das mit dem Aufstehen und wie geht es dann weiter?“. Eine solche Tageslaufschilderung kann einen Überblick über Routinen in der Familie bieten. Bei manchen Vernachlässigungsfamilien fallen hier Betreuungslücken auf (z. B. „Dann stehe ich auf und mache mir mein Frühstück.“) oder es werden ungewöhnliche Fürsorgeleistungen des Kindes deutlich (z. B. „Dann bringe ich meinen kleinen Bruder ins Bett.“). Meist wird die Qualität von Fürsorge aber nur deutlich, wenn an einzelnen Stellen nachgefragt wird (z. B. „Wie läuft das ab, wenn Du zu Bett gehst?“) oder wenn zu in der Akte berichteten Versorgungsmängeln nachgefragt wird (z. B. „Jetzt habe ich gelesen, dass es der Mama manchmal nicht gut geht und sie kein Essen für Dich machen kann. Aber ich weiß gar nicht, ob ich das richtig verstanden habe. Darum habe ich mir gedacht, ich frage Dich einmal“). Häufig wird im Rahmen einer Anhörung aber die Zeit fehlen, um den Tagesablauf eines vertieft zu erfragen.

    Wenn trotzdem empfohlen wird, einzelne Fragen zum Tagesablauf zu stellen, so ist es deren Aufgabe dann meist nicht, ganz neue Informationen zu generieren, sondern den Alltag in der Familie wachzurufen, damit dann sinnvoll über Sichtweisen des Kindes auf Veränderung, Hilfe und Schutz gesprochen werden kann. Zum familiären Alltag von Kindern zählen auch erzieherische Regeln und ihre Handhabung. Dies wird bei der Schilderung eines Tagesablaufs meist nicht deutlich und stellt daher ein zweites mögliches Thema für die Einstimmung dar. Zum Beispiel kann gefragt werden: „Bei Dir in der Familie, wofür wirst Du geschimpft und was darfst Du?“. Auch hier sind Vertiefungen, etwa zu Strafen oder Vorinformationen aus der Akte über ein fehlendes erzieherisches Einwirken der Eltern, prinzipiell möglich. Wenn die Sicht des Kindes auf den Alltag in der Familie einigermaßen im Raum präsent ist, kann das Kind gebeten werden, zu benennen, was in der Familie bereits gut läuft und was sich ändern sollte. Hierfür stehen eine Reihe von Methoden zur Verfügung, von denen die 3-Häuser-Technik vermutlich zu den bekanntesten zählt (Turnell 2012). Dabei werden auf drei Blätter Papier drei Häuser gezeichnet oder mit den Kindern gemalt, die als „Haus der guten Dinge“, „Haus der Sorgen“ und „Haus der Wünsche“ bezeichnet werden. Die Kinder werden gebeten, meist beginnend mit dem „Haus der guten Dinge“, in die drei Häuser zu zeichnen oder zu schreiben, was ihnen wichtig ist. Denkbar ist auch, dass, im Einverständnis mit dem Kind, mit der/dem Verfahrensbeiständin/-beistand bereits beschriftete Häuser in der Anhörung durchgesprochen werden, da der Zeitaufwand für die Methode allein ansonsten bei mindestens 20 min liegt. Manche Kinder können keine Wünsche bzw. keinen Veränderungsbedarf benennen, weil ihnen die Vorstellung von oder Hoffnung auf Veränderung fehlt. Wenn Kinder aber Wünsche benennen (z. B. „Der Papa soll mich nicht mehr hauen.“), kann dies im Verfahren wichtig sein. Manche Kinder benennen keine Wünsche bezogen auf ihre Familie, sondern bezogen auf ihre Situation (z. B. „Ich will wieder bei Mama und Papa sein.“). Dies kann aufgegriffen und nachgefragt werden, z. B. „Was wäre besonders schön, wenn Du wieder bei Mama und Papa wärst? Was soll sich daheim ändern, damit Du wieder bei Mama und Papa sein kannst?“.

  2. (2)

    Ideen zu Veränderung, Hilfe und Schutz:

    In einem zweiten Schritt kann, am besten aufbauend auf Wünschen des Kindes, notfalls aber auch aufbauend auf Gründen für das Kinderschutzverfahren, soweit sie dem Kind bekannt sind, gefragt werden, ob das Kind schon einmal alleine oder mit anderen überlegt hat, wie die Veränderung zu schaffen ist? Beispielsweise kann gefragt werden: „Du hast Dir ja gewünscht, dass der Papa Dich nicht mehr haut. Hast Du denn allein oder mit jemand anderen schon mal überlegt, wie der Papa das schaffen kann?“. Ein anderes Beispiel wäre: „Danke, dass Du mir schon so viel erzählt hast. Jetzt hat mir ja das Jugendamt geschrieben, dass die Mama so viel trinkt, dass sie sich gar nicht mehr richtig um Dich kümmern kann. Hast Du denn allein oder mit jemand anderen schon mal überlegt, wie das gehen kann, dass sich immer jemand um Dich kümmert?“. Manche Kinder verneinen entsprechende Überlegungen, sodass dieser Schritt in der Anhörung teilweise schnell vorüber ist. Die genannten Fragen zu stellen, ist aber wichtig, weil ungeeignete wie geeignete Veränderungsideen den Hintergrund für Willensäußerungen des Kindes zu eventuell im Raum stehenden Schutzmaßnahmen bilden und dem Gericht daher bekannt sein sollten. So kann es etwa sein, dass Kinder auf ihr eigenes Verhalten (z. B. „Ich muss halt immer ganz brav sein, dann haut mich der Papa ja nicht.“) oder Versprechen von Erwachsenen beruhende Ideen (z. B. „Die Mama hat gesagt, wenn ich wieder daheim bin, trinkt sie nicht mehr.“) anbieten. Andere Vorschläge erscheinen geeignet und können in der Anhörung bzw. im Verfahren aufgegriffen werden (z. B. „Die Mama hat gesagt, sie geht ins Krankenhaus, dann trinkt sie nicht mehr und ich kann wieder heim.“ oder „Vielleicht kann ich bei der Oma wohnen, dann kann mich der Papa nicht mehr hauen, weil die Oma sonst schimpft.“).

  3. (3)

    Haltung des Kindes zu angedachten Maßnahmen des Gerichts:

    Soweit für ein Kind spürbare Maßnahmen vom Gericht angedacht sind, die bislang nicht angesprochen wurden, können diese im dritten Schritt thematisiert und Reaktionen erfragt werden. Dabei kann es sinnvoll sein, solche Maßnahmen indirekt, nämlich über andere Fälle des Gerichts, zu thematisieren, beispielsweise: „Weißt Du, ich habe ja schon mit anderen Kindern gesprochen, die daheim sehr gehauen wurden. Damit das nicht mehr passiert, habe ich dann manchmal bestimmt, dass das Kind erst einmal woanders wohnt und Mama und Papa besucht. Manche Kinder haben mir gesagt, sie seien deshalb froh. Andere Kinder haben gesagt, sie sind traurig. Wieder andere Kinder haben gesagt, sie wüssten es nicht oder sie wollten dazu nichts sagen. Zu welchen Kindern gehörst Du denn?“ Der Vorteil einer solch indirekten Ansprache besteht darin, dass der Fall für das Kind aus der Vereinzelung geholt und eine Bandbreite an möglichen Reaktionen aufgemacht wird. Wichtig ist, die Antwortoptionen eines Kindes, das nicht weiß, was es will, sowie eines Kindes, dass sich nicht entscheiden kann, ausdrücklich zu erwähnen, da auf Anhörungen bezogene Ängste von Kindern häufig um den vermuteten Druck, sich entscheiden zu müssen, kreisen. Natürlich sind Willensäußerungen von Kindern in Kinderschutzverfahren Momentaufnahmen, die gerade im Hinblick auf Fremdunterbringungen viel mit Ängsten und mangelnder Erfahrung zu tun haben können.

Jedenfalls deuten Längsschnittstudien in Gefährdungsfällen darauf hin, dass manche Kinder eine Fremdunterbringung erst ablehnen, der Kindeswille sich aber ändert, wenn ein Alltag ohne Vernachlässigung, Misshandlung oder sexualisierte Gewalt erst einmal erlebt wurde (z. B. Chapman & Christ 2008). Trotzdem ist es in der Anhörung wichtig, die Reaktionen des Kindes auf solche Möglichkeiten zu erheben und nachfolgend zu gewichten. Falls sich eine Entscheidung abzeichnet, die dem momentanen Wunsch des Kindes nicht entspricht, kann es sinnvoll sein, über Optionen in der ungewollten Option zu sprechen (z. B. „Wenn Du jetzt aber doch eine Zeitlang in einer anderen Familie wohnst und Deine Eltern besuchst, gibt es etwas, was Du gerne aus Deinem Zimmer mitnehmen würdest?“). Manche Kinder beginnen im Gespräch über verschiedene mögliche Entscheidungen aufgrund von Anspannung, Angst oder Überforderung zu weinen. In der Regel wird sich dann eine Pause anbieten. Eine normalisierende und verständnisvolle Reaktion des Gerichts ist aber trotzdem wichtig, damit Kinder nicht denken, sie würden jetzt etwas falsch machen, beispielsweise: „Es tut mir leid, dass Du jetzt weinen musst. Das geht vielen Kindern so. Wir reden hier ja auch über schwierige Sachen. Meist gibt es dann aber eine gute Lösung, wenn ich mit den anderen Erwachsenen noch einmal geredet habe. Erst einmal machen wir aber eine Pause, wenn ein Kind weinen muss.“

7 Setting, wiederholte Befragungen und persönlicher Eindruck von präverbalen Kindern

Im Verhältnis zur Gesprächsführung haben Fragen zum Setting, also zur Gestaltung der Situation, in der Kinder angehört werden, bislang einen vergleichsweise großen Raum in der Fachdiskussion eingenommen. Ein informelles Setting (z. B. Ablegen der Robe, Gespräch an einem Tisch) wird in der Regel für entlastend gehalten, während formal geprägte Situationen bei Gericht als verunsichernd angesehen werden (Milojevich et al. 2016). Nach einem noch nicht durch Wiederholungsuntersuchungen bestätigten Befund könnte es für Kinder schwieriger sein, sich in Anwesenheit mehrerer fremder Befragungspersonen offen zu äußern, was vor allem für Anhörungen durch einen Senat beim Oberlandesgericht bedeutsam wäre (Ferra et al. 2021).

Im Hinblick auf wiederholte Befragungen scheint mittlerweile klar, dass Angaben zu Gefährdungsereignissen dadurch vollständiger und nachvollziehbarer werden und vor allem sehr zurückhaltende Kinder sich eher öffnen können (La Rooy et al. 2009; Blasbalg et al. 2020). Zwangsläufig belastend wirken mehrere Befragungen nicht, wenn sie unterstützend und fachlich qualifiziert geführt werden. Nicht untersucht wurde bislang allerdings, wie es auf Kinder wirkt, wenn wiederholte Befragungen aus ihrer Sicht unverständlich oder sinnlos sind, weil sie beispielsweise nur aus formalen Gründen erfolgen und die Ergebnisse bei Entscheidungen dann zudem unberücksichtigt bleiben. Wirkungen wiederholter Anhörungen bzw. Befragungen sollten daher zukünftig in Abhängigkeit davon untersucht werden, inwieweit dem Kinderschutzsystem eine kindzentrierte Praxis gelingt.

Da sich das Gericht in Kinderschutzverfahren auch dann einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen hat, wenn sich dieses aufgrund seines Entwicklungsstandes noch nicht zur Sache äußern kann, stellt sich die Frage, ob und wie dann durch Beobachtung gegebenenfalls verwertbare Informationen gesammelt werden können. Der wichtigste Punkt ist hier vermutlich, dass das Gericht überhaupt einen persönlichen Eindruck vom Kind bekommt, da ein persönlicher Kontakt (im Verhältnis zu nur schriftlich vermittelten Informationen) aktivierend wirkt und es Richter*innen erleichtert, sich Bedürfnisse des Kindes vorzustellen und die mutmaßliche Perspektive des Kindes einzubeziehen. In einigen Fällen ist es zudem im Fortgang des Verfahrens sehr eindrucksvoll, wenn das Gericht, gestützt auf einen ausdrücklich erwähnten eigenen Eindruck, mit den Eltern positiv übereinstimmen kann, wie freundlich und liebenswürdig das Kind wirkt oder unrealistische Vorstellungen, etwa das Kind sei nicht entwicklungsverzögert, konfrontieren kann. Was die Befindlichkeit und den Entwicklungsstand eines Kindes angeht, werden in einer Anhörung aufgrund der Kürze der Situation und der Ausbildung der Richter*innen selten ganz neue Erkenntnisse gewonnen werden können, aber der Eindruck des Gerichts kann zu Nachfragen führen, denen dann nachgegangen werden muss, z. B. wenn der Entwicklungsstand eines Kindes bislang nicht untersucht wurde oder eine erkennbare Verängstigung bislang in den Sachvorträgen nicht erörtert wurde.

8 Fazit

Die Durchführung von Kindesanhörungen in Kinderschutzverfahren hat immer mehr an Verbindlichkeit gewonnen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Kinder die Möglichkeit, sich zu äußern, auch tatsächlich nutzen können. Damit ein unterstützender Rahmen in Anhörungen geschaffen werden kann, ist es sinnvoll, auf die Möglichkeiten und Vorverständnisse von Kindern einzugehen. Zudem empfiehlt sich eine Strukturierung der Anhörung durch das Gericht. Für Anhörungen, in denen im Raum stehende Gefährdungsereignisse besprochen werden, existieren empirisch gut belegte Empfehlungen für den Aufbau der Anhörung. Für den häufigeren Fall, dass es in der Anhörung vor allem um den vom Kind erlebten Alltag und Gedanken des Kindes zu Veränderungen und möglichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr geht, lässt sich zumindest ein Vorschlag zur Strukturierung der Anhörung unterbreiten.