FormalPara Zusammenfassung

Der Bundestag, dessen Abgeordnete im Ausschuss für Gesundheit, das Bundesgesundheitsministerium, die Landesgesundheitsminister und der Bundesrat setzen jährlich neben den gesundheits- auch die krankenhauspolitischen Rahmenbedingungen. Benannte Expertenbeiräte der Bundesregierung, die Gesundheitsexperten der Parteien, diverse Verbände, die (Sozial-)Gerichtsbarkeit und Bundesbehörden sowie politiknahe und wissenschaftliche Institute prägen dabei die öffentliche Diskussion um diese Regelungen. Die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene nutzen die ihnen übertragenen Aufgaben zur vertraglichen Gestaltung, um die medizinische und pflegerische Versorgung in den Krankenhäusern anhand der aktuellen Anforderungen weiterzuentwickeln. Die „Krankenhauspolitische Chronik“ liefert eine Übersicht über alle wesentlichen Entscheidungen der Akteure der deutschen Gesundheits- und Krankenhauspolitik und informiert über die Aktivitäten in den vergangenen zwölf Monaten.

Each year, the Bundestag, its members in the Committee on Health, the Federal Ministry of Health, the state health ministers and the Bundesrat set the framework of health policy as well as hospital policy. Appointed expert advisory boards of the federal government, the health experts of the political parties, various associations, the (social) judiciary and federal authorities as well as policy″​=related and scientific institutes shape the public discussion about these regulations. The self″​=governing partners at the federal level use the tasks assigned to them for contractual design to further develop medical and nursing care in hospitals on the basis of current requirements. The “Hospital Policy Chronicle” provides an overview of all the key decisions made by the players in German healthcare and hospital policy and provides information on activities over the past twelve months.

Das erste Jahr der Koalition aus SPD, Grünen und FDP verlief auf Bundesebene anders als von allen erwartet. Anstatt die Arbeiten gegen die Corona-Pandemie fortzusetzen und die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ beherzt umzusetzen, mussten sich Bundesregierung und Parlament auf völlig neue Herausforderungen einstellen. Denn mit dem am 24. Februar 2022 begonnenen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, den dadurch ausgelösten Fluchtbewegungen der ukrainischen Zivilbevölkerung nach Europa und Deutschland und den dramatisch steigenden Energie- und sonstigen Preisen stehen sowohl das deutsche Gesundheitswesen als auch die Gesundheitspolitik vor vielfältigen Herausforderungen. Zu diesen Herausforderungen gehört unter anderem auch der starke Preisanstieg bei Energie, Lebensmitteln und Sachkosten. Zusätzlich zur Gas- und Strompreisbremse, die neben privaten Haushalten auch alle Einrichtungen im Gesundheitswesen entlasten soll, stellte die Bundesregierung im Dezember 2022 für die Krankenhäuser weitere sechs Milliarden Euro zur Verfügung, die aus Mitteln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) finanziert werden. Diese Hilfszahlungen sollen rückwirkend vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. April 2024 ausgezahlt werden. Die hohe Preisentwicklung des ersten Halbjahrs spiegelt sich aber auch im Orientierungswert für das Jahr 2023 wider: Dieser wird am 30. September 2022 erstmals in einer Höhe von 6,07 % ermittelt. Der daraus abzuleitende Preisanstieg für die Krankenhausvergütung (Veränderungswert nach § 9 Abs. 1b Satz 1 KHEntgG) für das Jahr 2023 beträgt somit 4,32 %, während die Einnahmen (Grundlohnrate) der Krankenkassen nur um 3,45 % ansteigen werden.

Darüber hinaus beschäftigten die Gesundheitspolitik als große Themen die Krankenhaus- und Pflegereform. So wurde im Mai 2022 die im Koalitionsvertrag vereinbarte „kurzfristig einzusetzende Regierungskommission“ durch den Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach berufen. Diese mit 15 Expertinnen und Experten aus Medizin, Pflege, Ökonomie und Rechtswissenschaften prominent besetzte Kommission soll „Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ sowie Empfehlungen zur Krankenhausplanung und zur Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung vorlegen. Ein Novum dabei ist die hauptamtliche Koordination der Regierungskommission durch eine externe Person. Denn diese Aufgabe übernimmt Prof. Bschor, langjähriger Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie der Schlosspark-Klinik Berlin. Insgesamt drei Stellungnahmen entwickelte die Expertenkommission im Jahr 2022. Am 11. Juli wurde die erste Stellungnahme zur „Reform der stationären Vergütung für Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe“ vorgelegt. Am 27. September legten die Expertinnen und Experten ihre zweite Stellungnahme „zur Tagesbehandlung im Krankenhaus“ und am 6. Dezember 2022 die dritte Stellungnahme zur „grundlegenden Reform der Krankenhausvergütung“ vor. Die beiden ersten Empfehlungen der Expertenkommission wurden mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) bereits teilweise umgesetzt. Die Vorschläge der Expertenkommission vom 6. Dezember – zur grundlegenden Reform der Krankenhausvergütung – sollen zunächst zwischen Bundesländern, Ampelfraktionen und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) abgestimmt und dann parlamentarisch umgesetzt werden. Dieses Vorgehen stellt ein weiteres Novum dar, denn bislang erstellte das BMG die Gesetzentwürfe eigenverantwortlich und die Bundesländer wurden anschließend im Rahmen der Ressortabstimmung angehört und konnten in diesem Rahmen ihre Änderungswünsche vortragen.

Mit zwölf Gesetzen (z. B. Gesetz zur Errichtung einer Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland, Covid-19-Schutzgesetz, Gesetz zur Neufassung der Strafbarkeit der Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der freiverantwortlichen Selbsttötungsentscheidung, Pflegebonusgesetz etc.), 48 Rechtsverordnungen (z. B. DRG-Entgeltkatalogverordnung, Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung, Verordnung zur Krankenhauskapazitätssurveillance, 4. Verordnung zur Regelung weiterer Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser etc.), diversen Videokonferenzen im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenzen oder des Corona-Expertenrats war auch das Jahr 2022 ein arbeitsintensives Jahr – dies sowohl für den Bundesgesundheitsminister und die Mitarbeitenden im BMG als auch für alle anderen Beteiligten aus Parlament, Bundesrat und Selbstverwaltung. Auch das Jahr 2023 verspricht arbeitsintensiv zu werden. Neben der Umsetzung der dritten Stellungnahme der Expertenkommission zur Reform der Krankenhausvergütung bis zur parlamentarischen Sommerpause 2023 ist zu erwarten, dass die Expertinnen und Experten weitergehende Vorschläge für die Bereiche Notfallversorgung und Krankenhausinvestitionen vorlegen werden. Darüber hinaus sind Vorgaben aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) zur zukünftigen Finanzierung der GKV sowie die Gesetze zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen und Pflegereform umzusetzen.

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