Landnutzung wird immer mehr zum Hoffnungsträger der internationalen Klimapolitik. Die Erwartungen sind enorm: Bis zu 37 % der notwendigen Emissionseinsparungen, um die Zwei-Grad-Marke nicht zu überschreiten, könnten Schätzungen zu Folge auf globaler Ebene aus sogenannten natural climate solutions, wie verringerter Entwaldung, Aufforstung, Landwirtschaft oder dem Schutz kohlenstoffreicher Böden, kommen (FDCL 2020).

Zwar hat schon der Konflikt um „Teller oder Tank“ als Folge der Biospritproduktion die Zielkonflikte landbasierter Klimaschutzmaßnahmen deutlich gemacht. Inzwischen kommen aber neue Dimensionen hinzu, die Landnutzung in noch stärkerem Maße in den Fokus der globalen Klimapolitik rücken. Klimaneutralität ist zum neuen Ziel im Kampf gegen die Erderwärmung in vielen Staaten, Städten oder Regionen geworden. Die einzelnen Staaten wollen dabei nur noch so viel an Treibhausgasen emittieren, wie der Atmosphäre an anderer Stelle wieder entzogen werden kann. Für dieses Entziehen von Treibhausgasen sind landbasierte Lösungen wie die zusätzliche Speicherung von Kohlenstoff in Wäldern oder im Boden momentan der einzige praktizierte Ansatz, was ohne die Entwicklung neuer technischer Verfahren auch erst einmal so bleiben wird. Naturbasierte Lösungen sind damit unmittelbar mit der Perspektive globaler Mechanismen zur Kompensation von Treibhausgasen verknüpft, und Klimapolitik gerät immer stärker in den Fokus bestehender Konflikte um Land und seine Nutzung. Ernährungssicherheit, Erhaltung von Ökosystemen und Biodiversität – all dies muss gewährleistet werden, was leicht zu Konflikten um Landnutzung führen kann.

Landbasierte Klimapolitik spielt auch in Deutschland eine zunehmend wichtige Rolle. Sie bezieht sich zunächst auf die Möglichkeiten, mithilfe der Bioenergie (Energiepflanzen, energetische Holznutzung), aber auch wegen verstärkter stofflicher (Holz-)Nutzung z. B. in der Bauwirtschaft, einen Ersatz für fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas bereitzustellen (Kap. 33). Sie bezieht sich darüber hinaus aber auch auf die Möglichkeit, in der Landwirtschaft, die ja auch selbst Emittent von Treibhausgasemissionen ist, Maßnahmen zu Emissionsreduktionen umzusetzen sowie in der Waldbewirtschaftung zu einer hohen Speicherung von Kohlenstoff zu gelangen. Hinzu kommt als besondere Form der Landnutzung die Erhaltung bzw. klimaneutrale Nutzung von kohlenstoffreichen Böden (Mooren). Landbasierte Klimapolitik in Deutschland wird dabei jedoch durch die Entwicklung der Flächennutzung für Siedlungs- und Verkehrsfläche erschwert. Denn obwohl der sog. „Flächenverbrauch“ im Vergleich zu den 1990er- und 2000er-Jahren geringer geworden ist, gehen täglich immer noch rund 56 Hektar Fläche (gleitender Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2018) verloren (LABO 2020) bzw. werden von landwirtschaftlich genutzter Fläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt.

Wie hoch sind die landwirtschaftlichen Emissionen in Deutschland und wie können sie verringert werden? Wie kann Moorschutz effektiv zum Klimaschutz beitragen? Und wie sind die Möglichkeiten in der Forst- und Holzwirtschaft einzuschätzen?

1 Landwirtschaft und landwirtschaftliche Landnutzung

Unsere Nahrungsmittelproduktion steht im Klimawandel nicht nur im Fokus, weil die Folgen des Klimawandels Ertrags- und Produktionsausfälle verursachen können, sondern auch weil die Landwirtschaft Mitverursacher des Klimawandels ist. Hier spielen neben Kohlendioxid (CO2) auch die klimawirksamen Treibhausgase (THG) wie Distickstoffoxid (N2O) und Methan (CH4) eine entscheidende Rolle, da sie direkt mit der Produktion von tierischen und pflanzlichen Produkten verbunden sind. Die weltweiten Auswirkungen, Einflüsse und Zusammenhänge wurden dazu umfänglich im IPCC Special Report on Land dargestellt (IPCC 2019). Nahezu ein Viertel der weltweiten anthropogenen Treibhausgasemissionen in den Jahren 2007 bis 2016 stehen danach in direktem Bezug zu Land- und Forstwirtschaft, das sind 4,8 Mrd. t CO2 (überwiegend durch Entwaldung für Landwirtschaft), 4,0 Mrd. t CO2-Äquivalente für CH4 und 2,2 Mrd. t CO2-Äquivalente für N2O. Um einen Beitrag zum Klimaschutz seitens der Landwirtschaft zu leisten, muss eine Transformation in eine nachhaltigere und klimafreundliche Produktionsweise auf den Weg gebracht werden. Auch können Möglichkeiten von Land- und Forstwirtschaft zur langfristigen Festlegung von atmosphärischem Kohlenstoff im Boden und in organischer Masse ausgebaut werden.

1.1 Landwirtschaftliche Emissionen und Berichterstattung

In der deutschen Landwirtschaft haben die Emissionen aus der Verdauung der Nutztiere (Methan aus Fermentation bei Wiederkäuern wie Rinder und Schafe), dem Wirtschaftsdüngermanagement (Methan und Lachgas) und den landwirtschaftlichen Böden den größten Anteil. In den Bereich „Landwirtschaftliche Böden“ fallen direkte Lachgasemissionen aus Stickstoffdüngung, der Umsetzung von Ernteresten, Ausscheidungen von Weidetieren und aus entwässerten Moorböden, und indirekte Lachgasemissionen aus gasförmigen und gelösten Austrägen von reaktiven Stickstoffverbindungen. Diese werden in Quellgruppe 3 (Landwirtschaft) der Klimaberichterstattung abgebildet (UBA 2020). Die zur Landwirtschaft gerechneten, direkten energiebedingten Emissionen aus Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei werden in der Quellgruppe 1 (Energie, Teil-Quellgruppe 1.A.4.c) berichtet und stammen aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Kraftstoffe. Im Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ (Quellgruppe 4 – LULUCF) werden Emissionen aus und Kohlenstoffeinbindungen in Wäldern, Ackerland, Grünland, Feuchtgebieten, Siedlungen und Holzprodukten erfasst. Bei den Emissionen handelt es sich zum weit überwiegenden Teil um Kohlendioxid, das in erster Linie aus entwässerten Moorböden oder bei Umwandlung von Grünland freigesetzt wird (Osterburg et al. 2019). Die Quellgruppen und ihre Emissionen werden in Tab. 34.1 dargestellt.

Tab. 34.1 Kategorien (nach UNFCCC 1992) und Emissionen (UBA 2021) im Bereich Landwirtschaft und Landnutzung/Forstwirtschaft (LULUCF) in Deutschland

Die Emissionen der Quellgruppe 3 (Landwirtschaft) sind von 1990 bis 2018 von 79 auf 63 Mio. t Kohlendioxid und -Äquivalente (CO2e) gesunken (Abb. 34.1). Dies entspricht einem Rückgang von rund 20 % gegenüber 1990. Tab. 34.1 zeigt, dass sich der Rückgang auch 2019 fortgesetzt hat. Der Emissionsrückgang ist in erster Linie auf

  • den Tierbestandsabbau in den östlichen Bundesländern nach 1990,

  • den bis 2012 anhaltenden Abbau der Rinderbestände im Zusammenhang mit der agrarpolitischen Begrenzung der Milchproduktion durch die Milchquote und steigende Milchleistungen pro Kuh und Jahr sowie

  • auf technische Fortschritte in der Stickstoffdüngung

Abb. 34.1
figure 1

(Quelle: UBA 2020; Rösemann et al. 2019)

Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft seit 1990.

zurückzuführen

Nach 2010 sind die Emissionen wieder leicht angestiegen, vor allem aufgrund des Ausbaus der Biogasproduktion und der leichten Erhöhung des Milchkuhbestands im Vorfeld der Aufhebung der Milchquote im Jahr 2015 (Rösemann et al. 2019; Osterburg et al. 2019). Im Zeitraum 2015 bis 2018 sind die Emissionen um etwa 4 Mio. t zurückgegangen. Dies ist auf leicht rückläufige Tierbestände und reduzierte N-Mineraldüngermengen u. a. aufgrund der Trockenheit 2018 zurückzuführen.

Im Bereich der gesamten Landnutzung fungierte der LULUCF-Sektor lange Zeit als Senke für Treibhausgasemissionen. Die Kohlenstoffspeicherung insbesondere in der Kategorie „Wald“ – und dabei sowohl (überwiegend) die oberirdische Biomassespeicherung als auch (zum kleineren Teil) die Kohlenstoffspeicherung in Waldböden – spielen hier eine Rolle. Diese Senke ist teils auf Änderung der Bewirtschaftung zurückzuführen, aber auch auf nicht direkt mit Landnutzungsmaßnahmen in Verbindung stehenden C-Senken, wie erhöhte Fotosyntheseleistung der Wälder durch die höhere atmosphärische CO2-Konzentration und erhöhte Stickstoffeinträge auf stickstoffungesättigten Standorten, die sich die Länder dennoch im LULUCF-Sektor anrechnen lassen können (Schulte-Uebbing und de Vries 2017). Die C-Senke auf Waldflächen wird zum Teil aufgezehrt durch Emissionen aus der landwirtschaftlichen Landnutzung von Acker- und Grünland. Hier sind in den letzten Jahren konstant hohe Emissionen berichtet worden, die überwiegend aus entwässerten landwirtschaftlich genutzten organischen Böden stammen (Abschn. 34.3). Dazu kommen noch Emissionen aus Humusverlusten durch Umwandlung von Grünland in Ackerland sowie durch Gewinnung von Torf als Pflanzsubstrat und zur Bodenverbesserung (Gensior et al. 2019).

1.2 Landwirtschaftliche Minderungsziele und Klimaschutzmaßnahmen

Im Klimaschutzplan 2050 (BMUB 2016) hat sich die Bundesregierung erstmals auf Sektorziele für den Abbau von Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 auch für den Sektor Landwirtschaft verständigt. Darin wird eine Reduzierung der direkten THG-Emissionen aus der Landwirtschaft (Emissionsquellgruppe 3 Landwirtschaft) zuzüglich der direkten energiebedingten Emissionen aus Land- und Forstwirtschaft und Fischerei bis 2030 um 31–34 % gegenüber 1990 festgelegt (BMUB 2016). Nach dem Klimaschutzgesetz 2019 (BGBl. I, S. 2513) werden für den Transformationspfad von 2020 bis 2030 58 Mio. t CO2e als maximale Emission des Landwirtschaftssektors (Emissionen der Landwirtschaft aus Quellgruppen 1 und 3) im Jahr 2030 festgeschrieben. Die am 18. August 2021 beschlossene Novelle zum Klimaschutzgesetz (BGBl. I, S. 3905) gibt eine Emissionsobergrenze von 56 Mio. t CO2e vor und setzt feste Mindestziele für den Beitrag des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (-25 Mio. t CO2e pro Jahr bis 2030, -35 Mio. t CO2e bis 2040 und -40 Mio. t CO2e bis 2045). Im Sommer 2023 wurde ein neuer Gesetzesentwurf entwickelt, der die verbindlichen Ziele für die Sektoren aufhebt, für den Bereich LULUCF sollen sie jedoch erhalten bleiben. Im Bereich Forstwirtschaft bestehen im Hinblick auf Trockenjahre und Kalamitäten jedoch große Unsicherheiten zur künftigen Entwicklung der Senke. Die Emissionen der anderen LULUCF-Kategorien werden sich dagegen ohne Maßnahmen nur wenig verändern. Unsicherheiten bestehen auch bezüglich des möglichen Umsetzungsgrades im Moorbodenschutz. Ob eine Reduzierung der Torfnutzung als Kultursubstrat auch einen entsprechend verringerten Torfabbau in Deutschland zur Folge hat, ist nicht sicher. Auch im Hinblick auf die Entwicklung des Bodenkohlenstoffs in mineralischen Ackerböden und deren Abbildung in der Berichterstattung gibt es noch offene Fragen. Nach Ergebnissen der Bodenzustandserhebung Landwirtschaft (Poeplau et al. 2020) speichern die landwirtschaftlich genutzten Böden in Deutschland in der Bodentiefe von bis zu einem Meter etwa 2,5 Mrd. t Kohlenstoff. Dies ist das 10,7-Fache der gesamten jährlichen anthropogenen Kohlendioxidemissionen in Deutschland (UBA 2019) und macht landwirtschaftliche Böden zum größten organischen Kohlenstoffpool in terrestrischen Ökosystemen Deutschlands. Es ist aber nicht sicher, wie viel Bodenkohlenstoff langfristig zusätzlich gespeichert werden kann oder wie viel Bodenkohlenstoff verloren geht. Hier sind u. a. die Ergebnisse einer Wiederholung der Bodenzustandserhebung Landwirtschaft abzuwarten. Der Erhalt und der Aufbau von Humus sind daher nicht nur von Bedeutung für Bodenfruchtbarkeit und Ertragssicherheit, sondern auch für den Klimaschutz. Nach Osterburg et al. (2019) wird erwartet, dass die Netto-Emission im LULUCF-Bereich, die für 2018 mit -26,9 Mio. t CO2e angegeben wurde (UBA 2022), aufgrund der stark abnehmenden Kohlenstofffestlegung im Wald kurzfristig (bis etwa 2030) Größenordnungen von 10 bis 30 Mio. t CO2e erreicht, der Sektor LULUCF insgesamt also zur Quelle wird. Wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, kann das von der Bundesregierung im Klimaschutzplan 2050 festgelegte Netto-Senkenziel mit den vorgesehenen Maßnahmen nicht erreicht werden (BMU 2019a). Eine Erreichung der Ziele aus der Novelle des Klimaschutzgesetzes ist nur durch massive Eingriffe in die Landnutzung möglich, die ihrerseits zu Verlagerungseffekten in andere Staaten, Mehremissionen in anderen Sektoren (insbesondere „Energie“) und möglichen Wohlfahrtseinbußen für die Bevölkerung führen.

Im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung (BMU 2019b) ist vorgesehen, dass die Landwirtschaft durch verschiedene zusätzliche Maßnahmen die oben genannten Minderungsziele erreicht. Beispielsweise sollen die Stickstoffüberschüsse und die Ammoniakemissionen weiter gesenkt, der Ökolandbau ausgeweitet und die Emissionen in der Tierhaltung gesenkt werden, insbesondere durch eine Erhöhung der Vergärung von Wirtschaftsdüngern in Bioreaktoren. Im Bereich LULUCF liegt ein Fokus auf der Wiedervernässung von Moorböden (s. unten), der Erhaltung des Dauergrünlands und dem Erhalt und der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder einschließlich der Holzverwendung. Schlussendlich sollen auch Humusaufbau und weniger Lebensmittelabfälle zum Klimaschutz beitragen.

Zur Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen könnten auch einheitliche, sektorübergreifende Marktinstrumente (z. B. CO2-Bepreisung, Ausweitung des europäischen Emissionshandelssystems) interessant sein (Heidecke et al. 2020; Isermeyer et al. 2019) (Kap. 33). Insgesamt sollten bei der Auswahl von Maßnahmen deren Kosteneffizienz und die Vermeidungskosten in €/t CO2e, aber auch weitere soziale, Umwelt- und Gesundheitsaspekte berücksichtigt werden. Für viele Maßnahmen müssen dafür die Datengrundlagen verbessert werden. Es besteht Forschungsbedarf bezüglich Umsetzbarkeit, Wirkung, politischer Instrumente zur Umsetzung, Vermeidungskosten, Monitoring und Abbildung in der Emissionsberichterstattung. Eine besondere Rolle spielen zudem der Schutz und die nachhaltige Nutzung kohlenstoffreicher Böden (Moore).

2 Kohlenstoffreiche Böden und Moorschutz

Kohlenstoffreiche Böden werden nach ihrem Gehalt an organischer Substanz, ihrer Mächtigkeit und ihrem Wasserhaushalt definiert und international als „organische Böden“ bezeichnet. Dabei handelt es sich vor allem um Nieder- und Hochmoorböden sowie weitere hydromorphe Böden. Organische Böden werden in Deutschland zu ungefähr 80 % landwirtschaftlich (Grünland: 1,07 Mio. ha, Acker: 383.000 ha) und zu etwa 8 % als Wald (148.000 ha) genutzt (UBA 2019). Durch die Entwässerung gelangt Sauerstoff in den Boden, der den Torf zersetzt und Treibhausgase (THG) und Nährstoffe freisetzt. In Deutschland wurden im Jahr 2018 47 Mio. t CO2e emittiert (UBA 2020). Mit einem Anteil von nur 7 % an der landwirtschaftlichen Nutzfläche Deutschlands verursacht die auf Entwässerung basierende landwirtschaftliche Nutzung damit etwa 36 % der THG-Emissionen der gesamten Landwirtschaft (Abel et al. 2019).

Vor dem Hintergrund zunehmender Waldschäden durch den Klimawandel – und damit reduzierter Fähigkeit des Waldes, Kohlenstoff zu speichern – wird deutlich, dass der Handlungsbedarf steigt und erhebliche Anstrengungen für die Erreichung der nationalen Ziele im LULUCF-Sektor erforderlich sind. Da eine weitere Politik des Nichthandelns den Lösungsdruck erhöht und die damit verbundenen Kosten den nachfolgenden Generationen aufbürdet, müssen im LULUCF-Sektor zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, damit das im Pariser Abkommen (UNFCCC 2015) verankerte Ziel von Netto-Null CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 erreicht werden kann. Die Wiedervernässung von landwirtschaftlich genutzten organischen Böden kann dazu einen substanziellen Beitrag erbringen. Dafür müssten bis zum Jahr 2050 rein rechnerisch jährlich etwa 50.000 ha wiedervernässt werden (Abel et al. 2019).

Durch Wiedervernässung von tief entwässerten Standorten können bis zu 25 t CO2e pro Hektar und Jahr reduziert werden (Wilson et al. 2016). Damit liegt die Klimaschutzleistung pro Flächeneinheit um ein Vielfaches über der Senkenleistung von möglichen Maßnahmen im Wald, oder etwa die Neuaufforstung auf vornehmlich ertragsschwachen Ackerflächen, bei der bis zu 10,5 t CO2e pro Hektar und Jahr festgelegt werden können (Paul et al. 2009). Auch in der zeitlichen Dimension ist die Wiedervernässung von Mooren eine wirkungsvollere Option, nicht nur weil der Aufbau von Kohlenstoffsenken durch die Neuaufforstung von Wäldern eine temporäre Zwischenlösung ist, sondern auch deutlich längere Zeiträume beansprucht als die Vermeidung von THG-Emissionen durch die Wiedervernässung von Mooren. Durch die Kultivierung von Standort angepassten Feuchtgebietsarten (Paludikultur) kann die produktive Nutzung fortgeführt werden (Wichtmann et al. 2016).

Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung wiedervernässter Moorflächen bietet neben der Reduktion von THG-Emissionen einen Zusatznutzen für den Klimaschutz. Durch die stoffliche Verwertung der Biomasse (z. B. Dämmplatten aus Rohrkolben und Schilf für Gebäude) können, ähnlich wie bei den Holzprodukten, eine Festlegung von Kohlenstoff im Produktespeicher erfolgen und fossile Rohstoffe substituiert werden. In Deutschland stammen etwa 30 % der THG-Emissionen aus dem Gebäudesektor (UBA 2019). Die Gebäudeisolierung erfolgt derzeit zum überwiegenden Teil immer noch mit Dämmstoffen, die mit hohem Energieaufwand (Glas- und Mineralwolle) oder aus fossilen Rohstoffen (z. B. Polystyrol) hergestellt werden. Das Marktpotenzial für nachwachsende Rohstoffe ist sehr hoch, da bis 2050 Dämmstoffe aus fossilen Rohstoffen vollständig ersetzt sein müssen, um das Übereinkommen von Paris einzuhalten (Staniaszek et al. 2015).

Die Wiedervernässung der organischen Böden und ihre klimafreundliche Nutzung erbringt zudem weitere wohlfahrtsrelevante Ökosystemleistungen (Joosten et al. 2013) und steht im Einklang mit der EU-Biodiversitätsstrategie, da Lebensräume für moortypische Tier- und Pflanzenarten geschaffen werden.

3 Wald und Holzprodukte als Treibhausgassenke

Durch die Fotosynthese nehmen Waldbäume Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf und legen einen Teil davon im Holzzuwachs fest. Waldböden binden bei einer Erhöhung des organischen Bodensubstanzvorrats ebenfalls Kohlenstoff (Grüneberg et al. 2019). Dadurch sind Wälder neben wachsenden Mooren die einzigen natürlichen, langfristigen Kohlenstoffsenken auf dem Land (Abb. 34.2). Dabei kann ihre Senkenfunktion auf Aufwuchs der Bäume nach der Holzernte oder Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen und anschließende Aufforstung zurückzuführen sein, aber auch auf Änderungen in den Umweltbedingungen (erhöhtes atmosphärisches CO2, Stickstoffdeposition, das Wachstum begünstigende Klimaänderungen), die auch in altem Wald weiter eine temporäre Netto-Kohlenstoffsenke schaffen können (Luyssaart et al. 2008). Der jährliche Holzzuwachs und die damit verbundene Kohlenstoffbindung nimmt mit dem Baumalter und der Dimension eines Baumes erst zu, dann wieder ab, da anteilig mehr Fotosyntheseprodukte für eigenen Unterhalt, Fortpflanzung und Feindabwehr benötigt werden (Pretzsch 2010; WBAE/WBV 2016). Die Daten der Bundeswaldinventur zeigen z. B. für 21 bis 40 Jahre alte Wälder einen doppelt so hohen laufenden Zuwachs wie für über 140-jährige (Riedel 2019). Da Bäume beim Wachsen immer mehr Raum benötigen, sterben aus einem Verjüngungsjahrgang viele von ihnen durch Konkurrenzeffekte ab. Der in ihnen enthaltene Kohlenstoff wird dann durch Zersetzung wieder freigesetzt.

Abb. 34.2
figure 2

Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Wäldern in Kilotonnen Kohlendioxid-Äquivalenten (CO2e) (nach UBA 2022, verändert), Erfassung und Anrechnung der Senkenleistung von Wäldern.

Die Senkenleistung des Waldes ergibt sich aus der Summe der Beiträge aller Bäume sowie des Waldbodens auf der Fläche. Sie ist dann am größten, wenn der laufende (jährliche) Zuwachs über die gesamte Fläche möglichst hoch ist. Auf Bestandsebene sind zusätzliche Einflüsse u. a. durch Konkurrenz, Baumartenmischung sowie Bewirtschaftung zu beachten. Das Optimum an Kohlenstoffbindung ist deshalb ein nicht zu dichter, stabiler, wuchskräftiger Wald, der weder zu viele sehr junge noch sehr alte zuwachsschwache Bäume aufweist (Rock 2011). Die Absterbeprozesse in den Wäldern infolge der heißen und trockenen Sommer sowie auftretender Kalamitäten der Jahre 2018 bis 2021 sind vor diesem Hintergrund ebenso negativ für die Senkenleistung zu sehen wie Bestrebungen, Wälder durch Nutzungsextensivierung immer älter werden zu lassen, womit sich bei zunehmender Holznachfrage Verlagerungseffekte und Konflikte zu Biodiversitätszielen ergeben können.

Die Senkenleistungen bzw. Netto-Emissionen werden durch die Größenänderung der Kohlenstoffspeicher (Vorratsänderungsmethode) erfasst (Eggleston et al. 2006). Im Nationalen Inventarbericht sind die lebende Biomasse, tote pflanzliche Biomasse wie Totholz und Streu sowie Bodenkohlenstoff und Holzprodukte separat betrachtete Speicher. Der Begriff „Holzprodukte“ umfasst hier alle holzbasierten Produkte, vom Dachstuhl über Möbel bis zu Papier für die Dauer der Verwendung (UBA 2022). Mehrere internationale Abkommen regeln die Erfassung, das Berichten der absoluten Änderungen (so etwa die Klimarahmenkonvention, UNFCCC 1992) und die Anrechnung des anthropogenen Anteils der Änderungen (beispielsweise das Kyoto-Protokoll, UNFCCC 1997) der Treibhausgasemissionen und -aufnahmen. Für den Wald erfolgt die Anrechnung gegen eine Referenzlinie der Senkenleistung bzgl. der Bewirtschaftung bis 2009. Ende 2020 lief das Kyoto-Protokoll aus und wird u. a. durch das Übereinkommen von Paris (UNFCCC 2015) abgelöst. Eine Besonderheit ist, dass aus Vereinfachungsgründen Emissionen aus Holz beim Einschlag im Wald verbucht und dem Sektor LULUCF angerechnet werden, auch wenn das Holz z. B. zur Energiegewinnung verbrannt wird, was den Sektor „Energie“ entlastet.

Die jährliche Senkenleistung im bestehenden Wald (ohne Holzprodukte) in Deutschland betrug zwischen 2012 und 2017, also vor den aktuellen Waldschäden, ca. 62 Mio. t CO2e (Riedel et al. 2019), das sind ca. 7 % der THG-Emissionen in dem Zeitraum. Die Referenzlinie (FMRL) veranschlagt für den Zeitraum von 2013 bis 2020 bereits eine Senke von gut 17 Mio. t CO2e (UBA 2022), was die anrechenbare Senke auf ca. 45 Mio. t CO2e vermindert. Der Verdopplung der Referenzsenkenleistung für die Periode 2021 bis 2025 auf 34 Mio. t CO2e stehen zu erwartende erhebliche Abschläge in der Senkenleistung der geschädigten Wälder in den nächsten Jahren gegenüber. Daher ist fraglich, ob zukünftig überhaupt eine anrechenbare Senkenleistung der Wälder in Deutschland erzielt werden kann. Es ist ebenfalls fraglich, ob der gesamte LULUCF-Bereich als THG-Senke erhalten werden kann (Abschn. 34.2). Das Setzen absoluter Emissionsminderungsziele für den Sektor LULUCF führt unter diesen Umständen dazu, dass z. B. weniger Holz aus dem Sektor abgegeben werden kann, was andere Sektoren massiv belasten und über Verlagerungseffekte (Holzimporte, Ersatz von Holzprodukten durch emissionsintensivere Materialien) insgesamt deutlich höhere Emissionen als ohne diese Ziele bewirken kann.

Vor diesem Hintergrund wird die Rolle der Holzverwendung wichtiger. Neben dem Aufbau eines Holzproduktepools mit möglichst langer Nutzungsdauer in Höhe von 2 Mio. t CO2e pro Jahr (Zeitraum 2012–2017) ist der Ersatz energieintensiver Werkstoffe wie Stahl, Beton und Kunststoff (stoffliche Substitution) und fossiler Brennstoffe (energetische Substitution) von hoher Bedeutung (Leskinen et al. 2018; Bolte et al. 2021).

Für die nahe Zukunft besteht die Herausforderung in Deutschland darin, bestehende Wälder so zu behandeln, dass sie einerseits stabil und resilient sind (Bolte et al. 2009), gleichzeitig aber eine möglichst hohe THG-Senkenleistung aufweisen, inklusive der Holzverwendung. Ein adaptives Waldmanagement mit flexibler Waldbehandlung sowie Waldanpassung unter Einbeziehung trockenheitstoleranter heimischer und z. B. in Anbauversuchen getesteter eingeführter Baumarten und Herkünfte (assisted migration, Spathelf et al. 2018) bietet hierfür eine geeignete Grundlage. Zudem müssen aus Klimaschutzsicht mögliche Konflikte mit einem Biodiversitätsschutz, der auf alte Mischwälder mit hohem Totholzanteil abzielt, ausbalanciert werden. Ähnlich müssen Klimaeffekte jenseits der TGH-Bilanz berücksichtigt werden, die sich aus veränderten Wasser- und Energieflüssen ergeben. Über diese biogeophysikalischen Effekte können Aufforstung oder Forstwirtschaft das globale Klima maßgeblich verändern, wenn sie großräumig stattfinden. Kleinräumige Landnutzungsänderungen können vor allem aber auch das Lokalklima durch ihre biogeophysikalischen Effekte deutlich stärker verändern als über ihre Funktion als Kohlenstoffsenke (Winckler et al. 2018).

4 Andere terrestrische Maßnahmen

Mit der (Wieder-)Aufforstung und mit Biomasseplantagen, die gegebenenfalls auch mit CO2-Abscheidung und Verwendung (carbon capture and utilization) und CO2-Speicherung (carbon capture and storage) gekoppelt werden können, sowie der Anreicherung von Bodenkohlenstoff durch landwirtschaftliche Maßnahmen und der Wiedervernässung von Mooren sind die wichtigsten zur konkreten Umsetzung diskutierten Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen oder Schaffung von CO2-Speichern durch ökosystembasierte Maßnahmen in Deutschland genannt. Weitere ökosystembasierte Maßnahmen umfassen Biokohle und beschleunigte Verwitterung und sollen kurz angedeutet werden.

Biokohle wird durch Pyrolyse aus Pflanzenmaterial (land- und forstwirtschaftliche Abfälle oder dedizierter Anbau) gewonnen. Jahrhundertealte Terra-Preta-Funde belegen ihre Langlebigkeit und mögliche positive Nebeneffekte auf die Bodenfruchtbarkeit. 30 bis 50 % der trockenen Biomasse wird typisch in Biokohle überführt, wobei die Pyrolysenebenprodukte (Öle, Gase) teilweise energetisch genutzt werden können. Interessant für den Klimaschutz wird es, wenn die Biokohle im industriellen Maßstab hergestellt wird. Für Deutschland wurden technologische Potenziale von 3 bis 11 Mio. t CO2e pro Jahr für 2050 abgeschätzt (Teichmann 2014), global 0,3 bis 2 Mrd. t CO2 pro Jahr (Fuss et al. 2018) unter plausiblen Annahmen zur verfügbaren Biomasse bei derzeitigen Bedingungen (die global bis zu 12 Mrd. t CO2 pro Jahr umfassen), wenn große Teile aller geernteten Biomasse in Biokohle gehen (Lee et al. 2010). Es könnten global 1 bis 5 Mrd. t CO2e pro Jahr unter Verwendung aller land- und forstwirtschaftlichen Abfallprodukte sein (Tisserant und Cherubini 2019).

Verwitterung von Gestein (enhanced weathering) ist der relevanteste Prozess für die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre auf geologischen Zeitskalen (auf denen sie also dem Ausgasen von CO2 durch Vulkanismus entgegenwirkt). Beschleunigt etwa durch Vervielfachung der verwitternden Oberfläche durch Mahlen von Gestein kann Verwitterung auf Zeitskalen zur Reduktion menschgemachter Emissionen relevant werden (Kap. 35). Abschätzungen sind für Deutschland nicht vorhanden und divergieren global stark, insbesondere je nach Grad der Einbeziehung des Energieverbrauchs (und der damit verbundenen Emissionen) für die Zerkleinerung des Materials, aber auch nach Annahmen zur Flächenverfügbarkeit zum Ausbringen des Materials; global liegen die Schätzungen zur Reduktionsleistung durch enhanced weathering oft höher als für Biokohle.

Beide Maßnahmen bergen eine Vielzahl von positiven und negativen Nebeneffekten, beide erbringen etwa verbesserte Nährstoffverfügbarkeit, führen aber auch zum Eintrag von Schwermetallen in die Umwelt, etwa bei enhanced weathering (Fuss et al. 2018). Das deutet darauf hin, dass die Möglichkeiten nicht nur von ihrem Potenzial her betrachtet werden dürfen, sondern auch rechtliche, ökonomische, infrastrukturelle und gesellschaftliche Faktoren eine Rolle spielen (Kap. 31).

5 Konflikte vermindern und Synergien befördern

Möglichkeiten einer ökosystembasierten Klimapolitik, die gezielt die Landnutzung für den Klimaschutz verändern, haben nicht nur auf globaler Ebene große Potenziale, wenn man etwa an die Rolle der großen Waldökosysteme der Erde denkt und an die Effekte, die durch die Abholzung von Regenwald in Indonesien oder im Amazonas auftreten. Auch in Deutschland sind die Effekte der Landnutzung auf den Klimawandel erheblich. Zusammengenommen machen die Emissionen aus der Landwirtschaft und aus der Trockenlegung kohlenstoffreicher Böden immerhin rund ein Achtel der Treibhausgasemissionen Deutschlands aus. Andererseits entlasten die weit überwiegend bewirtschafteten Wälder in Deutschland und deren Holzprodukte die Atmosphäre deutlich.

Für eine ökosystembasierte Klimaschutzpolitik ist entscheidend, die positiven Synergieeffekte zwischen Klimaschutz und anderen Umweltzielen, wie etwa dem Biodiversitäts- und Naturschutz (Kap. 15), auszuschöpfen und die gegenläufigen negativen Effekte zu vermeiden. Maßnahmen, die zu Verlagerungseffekten führen (weil etwa in Deutschland weniger erzeugte Güter aus dem Ausland importiert oder durch energieintensiv hergestellte Materialien ersetzt werden), bewirken letztlich höhere totale Emissionen, die aber nicht in der Bilanz der deutschen Landwirtschaft oder LULUCF erscheinen. Diese Verlagerungen müssen vermieden werden, was letztlich oft nur durch eine Änderung der Verbrauchs- und Konsummuster erreicht werden kann. Für den Moorschutz und etwa auch für den Schutz von Auenflächen, die ebenfalls viel Kohlenstoff speichern, lässt sich diese Forderung durchaus in Einklang bringen. Im Bereich der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft ist dies hingegen schwieriger. In der Landwirtschaft müssen neben dem Klimaschutz zahlreiche weitere Zielsetzungen berücksichtigt werden, wie z. B. die Sicherstellung einer gesunden und ausreichenden Ernährung, die Einkommenssicherung für die Landwirte, die Entwicklung ländlicher Regionen usw. In der Forstwirtschaft stehen sich der Klimaschutz und die Holzproduktion auf der einen Seite und der Biodiversitäts- und Naturschutz auf der anderen Seite tendenziell gegenüber. Die extrem heißen und trockenen Sommer in Deutschland seit 2018 haben gezeigt, dass zugleich Anpassungen an den Klimawandel schon jetzt vorgenommen werden müssen. Es besteht daher erheblicher Forschungsbedarf, wie zukunftsorientierter Klimaschutz unter diesen Bedingungen aussehen kann und welche Einsparpotenziale langfristig möglich sind.

6 Kurz gesagt

Ökosystembasierte Klimapolitik beinhaltet Änderungen der bestehenden Landnutzung. Emissionen aus der Landwirtschaft und aus der Trockenlegung kohlenstoffreicher Böden machen rund ein Achtel der Treibhausgasemissionen Deutschlands aus. Wälder und deren Holzprodukte hingegen entlasteten die Atmosphäre von Treibhausgasemissionen. Moorwiedervernässung, Aufforstungen, geänderte Viehhaltung und andere Maßnahmen besitzen hohe Emissionsminderungspotenziale. Ihre Wechselwirkungen mit anderen Landnutzungsmaßnahmen und die Auswirkungen auf andere Sektoren können aber zu Verlagerungseffekten, wie Güterimporte und damit Emissionsexporte, und zu Mehremissionen führen. Die aktuellen Klimaschutzziele machen daher umfangreiche Maßnahmen und eine Transformation der Landnutzung (Sektor LULUCF) notwendig, Maßnahmenvorschläge und Politiken dürfen jedoch nie isoliert betrachtet werden und Wechselwirkungen innerhalb des Sektors und mit anderen Sektoren sind zu berücksichtigen.