1 Wissenschaftliche Grundlagen, Methoden und Unsicherheiten der hydrologischen Klimafolgenanalyse

Aussagen über die zu erwartenden Auswirkungen des globalen Klimawandels auf die regionale Hydrologie werden in der Regel auf der Basis von drei hierarchisch angeordneten Modellsystemen gewonnen. Das erste Modellsystem ist ein globales Klimamodell, das die klimatischen Folgen eines angenommenen Emissionsszenarios abschätzt. Seine Ergebnisse bilden den Antrieb für dynamische oder statistische regionale Klimamodellsysteme (Kap. 4), die das regionale Klima auf Skalen bis zu einigen Kilometern beschreiben. Diese Resultate, also die so generierten meteorologischen Felder, z. B. von Niederschlag, Temperatur, aber auch Strahlung, Luftfeuchte und Wind, werden anschließend in hydrologische Modellsysteme unterschiedlicher Komplexität eingegeben, die nun die einzelnen Prozesse des hydrologischen Kreislaufs auf Skalen bis hin zu einigen zehn bis hundert Metern Auflösung simulieren. Auf dieser Basis werden dann lokale hydrologische Klimafolgenanalysen möglich.

Derzeit wird die Modellhierarchie insofern verändert, als regionale Wetter-/Klima- und Hydrologiemodelle zunehmend auf Programmcodeebene (Fersch et al. 2020) oder mithilfe von dynamischen Kopplern verbunden werden (Shrestha et al. 2014).

Die Unsicherheiten in den so abgeleiteten hydrologischen Aussagen können gegenwärtig jedoch weiterhin beträchtlich sein (Blöschl und Montanari 2010). Neben den inhärenten Unsicherheiten der beteiligten Modelle führen vor allem Mittelungen und Glättungen an den Modellrändern im Skalenübergang sowie eine fehlende Rückkopplung zwischen den drei hierarchisch angeordneten Modellen zu zusätzlichen Unsicherheiten.

Für die meisten in der hydrologischen Klimafolgenanalyse eingesetzten hydrologischen Modelle sind Temperatur und Niederschlag die wichtigsten antreibenden Klimavariablen. Die möglichst genaue Abbildung ihrer raumzeitlichen Dynamik ist eine zentrale Anforderung an die regionale Klimamodellierung. Gegenwärtige regionale Klimasimulationen haben in der Regel Schwierigkeiten, die beobachteten statistischen Kenngrößen in den sogenannten Kontrollsimulationen befriedigend zu reproduzieren. Die Evaluierung zahlreicher regionaler Modelle mit Beobachtungen der Jahre 1989 bis 2008 offenbart in Mitteleuropa Bandbreiten in der Reproduktion der gemessenen Werte in der Größenordnung von 1,5 °C für die Temperatur und (±) 40 % im Niederschlag (z. B. Kotlarski et al. 2014). Tab. 16.1 zeigt Bandbreiten der Abweichungen von simulierter Temperatur und Niederschlag für verschiedene Regionen. Abweichungen in den saisonalen Gebietsmittelwerten für den meteorologischen Winter (Dezember−Februar) und Sommer (Juni−August) von −1,7 bis 0,8 °C für die Temperatur und −50 bis 60 % im Niederschlag zeigen beispielhaft, dass regionale Klimamodelle für den Raum Deutschland noch Defizite aufweisen.

Tab. 16.1 Bandbreiten der Abweichungen von simulierten und beobachteten Temperaturwerten T und Niederschlagswerten N in verschiedenen Gebieten (Differenz zwischen den simulierten und den beobachteten Werten)

Die Anforderungen der hydrologischen Klimafolgenanalyse und der hydrologischen Modelle gehen aber weit über die saisonalen Mittelwerte hinaus. Saisonalität, Frequenz und Intensität des simulierten Niederschlags sind ebenso wichtig wie die korrekte räumliche Verteilung. Regionale Untersuchungen zeigen, dass die Fehlerbandbreiten in der Reproduktion von spezifischen Größen der lokalen, kleinräumigen Klimavariabilität noch größer sind. CPM-Modelle (convection-permitting models), die mit extrem hoher Auflösung von unter 4 km betrieben werden, weisen regional geringere Fehler auf. Eine grundsätzliche Überlegenheit dieser Modelle konnte jedoch noch nicht nachgewiesen werden (Berthou et al. 2020). Weitere Reduktion der Unsicherheiten wird ferner auch von regionalen Simulationen mit Antrieben aus hochaufgelösten globalen Simulationen erwartet, die im Rahmen der CMIP6 Aktivitäten (Gutowski et al. 2016) durchgeführt werden (Haarsma et al. 2016).

Auch wenn gewisse Unsicherheiten in den meteorologischen Beobachtungen unterstellt werden können, sind diese Unsicherheitsspannen und Fehler aufgrund ihrer Größenordnung nicht zu vernachlässigen. Klimaantriebe für hydrologische Modellsysteme werden deshalb in gewissen Grenzen mithilfe von statistischen Verfahren nachträglich korrigiert (Laux et al. 2011). In einer solchen statistischen Korrektur wird aus dem Vergleich der simulierten und der beobachteten Größen z. B. der gerichtete Fehler (bias) berechnet und zur Ermittlung einer korrigierenden Transferfunktion eingesetzt, die wiederum auf die mit dem regionalen Klimamodell simulierten Daten angewandt wird (Kap. 4).

Die so korrigierten meteorologischen Antriebsdaten können die Reproduktion hydrologischer Kenngrößen in hydrologischen Klimafolgensimulationen verbessern. Grundsätzlich problematisch ist dabei jedoch, dass die unterschiedlichen Zustandsgrößen (z. B. Temperatur und Niederschlag) in der Regel unabhängig voneinander bias-korrigiert werden und dadurch mögliche physikalische Abhängigkeiten der Variablen untereinander verlorengehen. Zudem wird davon ausgegangen, dass eine Stationarität der Modellfehler gegeben ist, dass sich die Modellfehler also mit der Zeit bzw. über die Simulationszeiträume hinweg und damit für die Zukunft nicht ändern. Zudem sind nicht alle Bias-Korrekturverfahren trenderhaltend, sodass unterschiedliche Klimafolgenstudien zu gegensätzlichen Ergebnissen gelangen können (Marx et al. 2018). Gegenwärtig wird in der Anwendung korrigierter Datenensembles die optimale Lösung für den Antrieb in hydrologischen Simulationen gesehen.

Der Einsatz von großen Modellensembles ermöglicht die Quantifizierung der Modellunsicherheiten (Smiatek und Kunstmann 2019). Dabei hat sich gezeigt, dass die Unsicherheiten durch die Auswahl des hydrologischen Modells durchaus genauso groß sein kann wie die Unsicherheiten im Klimaantrieb. Daher sollten Modellensembles sowohl mehrere Klimamodelle als auch mehrere hydrologische Modelle enthalten (Marx et al. 2018).

In Untersuchungen zur Auswirkung der Klimaänderung auf den Wasserhaushalt müssen die hier genannten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit regionaler Klimaprojektionen in jedem Fall berücksichtigt und in jeder Untersuchung transparent dargelegt werden.

2 Auswirkungen der Klimaänderung auf ausgewählte Aspekte des Wasserhaushalts

2.1 Beobachtungen

Deutschland ist grundsätzlich ein wasserreiches Land. Pro Einwohner und Jahr stehen etwa 2300 m3 Wasser zur Verfügung, was deutlich über dem Grenzwert von 1700 m3 pro Jahr und Einwohner liegt, den die Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization, WMO) als Grenzwert für Gebiete mit Wasserknappheit definiert hat (z. B. Falkenmark und Lindh 1976). Regional gibt es jedoch deutliche Unterschiede. Das obere Einzugsgebiet der Donau liegt mit 4000 m3 pro Einwohner und Jahr weit über der WMO-Marke, das deutsche Einzugsgebiet des Rheins aufgrund der großen Bevölkerungsdichte mit 1450 m3 pro Einwohner und Jahr aber darunter. Im kontinental geprägten Einzugsgebiet der Elbe beträgt der Wert sogar nur etwa 1000 m3 pro Einwohner und Jahr.

Der Wasserkreislauf ist an das Klima gekoppelt. Durchschnittlich fallen in Deutschland ca. 770 mm Niederschlag pro Jahr; davon gelangen etwa 280 mm in die Oberflächengewässer und letztlich zum Meer. Der Rest wird durch Pflanzen aufgenommen oder verdunstet direkt vom Boden oder aus den Gewässern. Trends in der Temperatur und der Strahlung können als wichtigste Einflussgrößen für die Verdunstung ähnlich starke Auswirkungen auf den Landschaftswasserhaushalt haben wie Änderungen im Niederschlag.

Die jährlichen Niederschlagsmengen sind nicht gleichmäßig über Deutschland verteilt, und insbesondere im Osten gibt es Regionen, in denen die maximal mögliche Verdunstung den Niederschlag übersteigt. Dazu kommt, dass der Wasserbedarf der Landschaft im Sommer durch den Wasserverbrauch der Pflanzen wesentlich höher ist als im Winter. Deshalb kann es auch in Deutschland in bestimmten Regionen oder Jahreszeiten zu Wassermangelsituationen kommen.

Werden nun langjährige Veränderungen in den Wasserhaushaltsgrößen einer Region oder eines Einzugsgebiets untersucht, so muss berücksichtigt werden, dass neben dem Klima der Mensch nicht nur indirekt, sondern durch seine Aktivitäten in der Landschaft und durch Infrastrukturmaßnahmen (z. B. dem Bau von Talsperren und Rückhaltebecken) direkt in den Wasserhaushalt eingegriffen hat.

So zeigen beispielsweise Koch et al. (2010) für die Niedrigwasserabflüsse der Elbe, dass sich diese seit der Errichtung der Speicherkaskade in der Moldau durch Speicherabgaben im Oberlauf während längerer Trockenperioden erhöht haben, obwohl die durchschnittlichen Abflüsse keinen deutlichen Trend aufweisen. Für das Abflussregime des alpinen Teils des Rheins zeigen Maurer et al. (2011) auf, dass der Rückgang der Abflüsse im Sommer und die Zunahme im Winter zwar einerseits durch die Temperaturerhöhung und eine damit einhergehende Häufung von Regenniederschlägen und Tauperioden bereits im Winter erklärt werden könnte. Andererseits kann aber auch die Bewirtschaftung von Talsperren im Alpenraum einen ähnlich starken Umverteilungseffekt haben.

Hattermann et al. (2012) zeigen, dass die von Petrow et al. (2009) diskutierten Trends in den jährlichen Hochwasserabflüssen für den Zeitraum 1951 bis 2002 ihre Ursache wahrscheinlich nicht im Wassermanagement oder Landschaftswandel haben, sondern auf Änderungen in den klimatischen Eingangsgrößen zurückgehen (Kap. 10).

Mittlere Abflüsse und Abflussregime

Abb. 16.1 zeigt die beobachteten Veränderungen von Klima und Abfluss für die Einzugsgebiete von Rhein, Donau und Elbe (Kap. 10). Es ist zu sehen, dass im Einzugsgebiet des Rheins, der mit seinen Zuflüssen einen wesentlichen Teil Westdeutschlands umfasst, der Niederschlag im Winter und teilweise im Frühjahr in den vergangenen 50 Jahren leicht zugenommen und im Sommer abgenommen hat, wobei insgesamt weiterhin die meisten Niederschläge im Sommer fallen. Ebenfalls leicht zugenommen hat die Verdunstung, allerdings nicht so stark wie die Niederschläge, sodass im Rheineinzugsgebiet die Abflüsse im Winter relativ stark zugenommen haben. Dies ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten besonders ausgeprägt. Im Sommer dagegen haben die Abflüsse etwas abgenommen. Die Tendenz einer Zunahme der winterlichen und einer Abnahme der sommerlichen Abflüsse ist, ebenfalls für die vergangenen zwei Jahrzehnte, noch stärker an der Elbe ausgeprägt. Das potenzielle Wasserdargebot, also die Differenz zwischen den langjährigen Mittelwerten von Niederschlag und Verdunstung, ist ebenfalls dargestellt. Für die meisten untersuchten Gebirgspegel in den Alpen finden Kormann et al. (2015) Trends in den Abflüssen besonders im Frühjahr und Frühsommer, was sie mit dem Klimawandel in Verbindung bringen. Für die Donau bei Achleiten, die aufgrund der Schneeschmelze in den Alpen ihre Abflussspitze in den Sommermonaten hat, lassen sich noch keine starken Trends erkennen. Gletscher- und Schneeschmelzanteile im Donau- bzw. Rheinabfluss werden ausführlich in den nationalen Berichten zum Klimawandel in Österreich (APCC 2014) und in der Schweiz (CCHydro 2012) erörtert.

Abb. 16.1
figure 1

Änderungen von flächengewichtetem Niederschlag N, der aktuellen Verdunstung V, der Differenz von Niederschlag und Verdunstung NV (links) und dem beobachteten Abfluss (rechts) für die Einzugsgebiete von Rhein a, b, Donau c, d und Elbe e, f. (Klimadaten: Deutscher Wetterdienst, Abflussdaten: Global Runoff Data Centre)

Bodenfeuchte

Der Boden ist der wichtigste Umsatzraum für den Landschaftswasserhaushalt (Kap. 20). Er bildet die Schnittstelle zwischen atmosphärischen und terrestrischen Prozessen und ist außerdem das Substrat für die ihn bedeckende Vegetation. Für die Wasserflüsse und Speicherung von Wasser entscheidend sind seine hydrologischen Eigenschaften, so z. B. für die Bildung von Oberflächenabfluss und damit für die Entstehung von Hochwasser (Kap. 10). Zusammen mit der Vegetationsbedeckung steuert der Boden die Verdunstung und Abflussbildung in einem Flusseinzugsgebiet. Für die meteorologischen Prozesse ist er das „Gedächtnis des Niederschlags“, da er Niederschlagswasser speichert und über die Verdunstung zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgibt. Die Bodenfeuchte steuert insbesondere die Aufteilung der solaren Nettostrahlung in die Flüsse fühlbarer und latenter Wärme sowie den Bodenwärmestrom. Für Deutschland ist kein einheitlicher Trend in der Veränderung der mittleren jährlichen Bodenfeuchte feststellbar. Während im Süden und Südwesten der Boden tendenziell feuchter wird, wird er im Osten und Nordosten eher trockener. Die Größenordnung bewegt sich in beiden Fällen bei ±1 mm/Jahr.

Grundwasserneubildung und Grundwasserspiegel

Stark anthropogen überprägt sind in Deutschland Trends in den Grundwasserständen. Durch Eindeichung von Auengebieten und Marschen zum Schutz der hier siedelnden Menschen und Entwässerung von landwirtschaftlichen Flächen zur Überführung von Weideland in Ackerland hat der Mensch großflächig in den Grundwasserhaushalt eingegriffen und reguliert seitdem künstlich den flurnahen Wasserstand. Für die weniger regulierten Grundwasserstände in den aus dem Pleistozän stammenden Hochlagen Nordostdeutschlands gibt Lischeid (2010) maximale Absenkungen um bis zu 100 mm pro Jahr an. In Grundwassererneuerungsgebieten liegt die Abnahme des Grundwasserspiegels zwischen 10 und 30 mm pro Jahr. Etwa 75 % der Gesamtfläche Brandenburgs weisen eine Abnahme der Grundwasserstände auf (Lischeid 2010; Germer et al. 2011). Die Grundwasserneubildung liegt wegen der klimatischen und naturräumlichen Unterschiede regional in der Spanne von weniger als 25 mm/a bis hin zu mehr als 500 mm/a (Abb. 16.2). Für Deutschland insgesamt ergibt sich aus Daten des Deutschen Dürremonitors (Zink et al. 2016) in der Grundwasserneubildung kein einheitlicher Trend, während die Gebiete mit abnehmender Neubildung dominieren. Im Zeitraum von 1951 bis 2020 sind vor allem im Frühjahr und im Sommer großflächig Abnahmen zu beobachten, während sich in Herbst und Winter ein uneinheitliches Bild zeigt.

Abb. 16.2
figure 2

a Langjährige durchschnittliche jährliche Grundwasserneubildung, be Trend der jahreszeitlichen Grundwasserneubildung, f Trend der jährlichen Grundwasserneubildung, abgeleitet aus dem Deutschen Dürremonitor (Zink et al. 2016) 1951–2020. Schraffierte Flächen in b–f zeigen Regionen mit einem signifikanten Trend

In Abb. 16.3 sind die Auswirkungen der zunehmenden Trockenheit in Ostdeutschland anhand von Messdaten des Deutschen Wetterdienstes und des Landesumweltamtes Brandenburg deutlich nachzuverfolgen. Dies ist z. B. an dem abnehmenden Grundwasserstand in Seddin zu sehen. Die Daten der Klimastation Potsdam, die als repräsentativ für die Klimaentwicklung in Brandenburg gelten können, zeigen, dass es immer schon große Schwankungen in den jährlichen Niederschlägen gegeben hat. Im langjährigen Mittel gehen die Niederschläge in den letzten Jahrzehnten nur langsam und statistisch nicht signifikant zurück. Neu indes ist die starke Zunahme der Temperatur seit den 1980er-Jahren (nicht in der Grafik dargestellt) und die damit verbundene deutliche Zunahme der durch die Vegetation aufgenommenen und von der Bodenoberfläche verdunsteten Wassermenge. Insgesamt bleibt zur Speisung von Grundwasser und Oberflächengewässern, und damit auch für die menschliche Nutzung, nur die Differenz aus Niederschlag und Verdunstung übrig. Besorgniserregend ist, dass sich die Trendgeraden des Niederschlages und der Verdunstung immer mehr annähern, sich also der dazwischenliegende Korridor des Wassers, welches nicht wieder verdunstet, deutlich verengt. Das heißt, die verfügbare Wassermenge nimmt ab und damit auch die Bandbreite der Anpassungsoptionen an den Klimawandel.

Abb. 16.3
figure 3

a Langjährige Entwicklung der Niederschläge, der tatsächlichen Verdunstung und der Grundwasserneubildung an der Klimastation des Deutschen Wetterdienstes in Potsdam. b Langjährige Entwicklung der Grundwasserstände in Seddin/Brandenburg (Daten: Deutscher Wetterdienst und Landesamt für Umwelt Brandenburg, Auswertung und Grafik: Fred Hattermann/PIK)

Schnee

Zur Veränderung der Schneedecke liegen insbesondere für einige Mittelgebirge Untersuchungen vor: Abb. 16.4 zeigt verschiedene für die Entwicklung von Schnee wichtige klimatische Kenngrößen für den Feldberg (Baden-Württemberg, 1490 m) und für den Brocken (Sachsen-Anhalt, 1142 m) und die Perioden 1951 bis 1990 und 1991 bis 2012. Beide Beispiele zeigen, dass die mittlere Schneedecke in der zweiten Periode abgenommen und die schneefreie Zeit, bedingt durch die ebenfalls gezeigte Temperaturerhöhung, zugenommen hat, obwohl am Brocken auch der winterliche Niederschlag leicht angestiegen ist. Für die Entwicklung der Schneedecke in den Schweizer Alpen zeigen Scherrer et al. (2013), dass die Summen für den jährlich akkumulierten Neuschnee starke dekadische Schwankungen aufweisen, die ihr Minimum in den späten 1980er- und 1990er-Jahren hatten und seitdem wieder ansteigen, wobei die tiefer gelegenen Messstationen vom Rückgang stärker betroffen sind (Kap. 7).

Abb. 16.4
figure 4

Mittlere monatliche Minimumtemperatur am Boden™, Niederschläge N und Schneedeckenhöhe S der Klimastationen a Feldberg und b Brocken. (Klimadaten: Deutscher Wetterdienst)

Extreme Abflüsse (Kap. 10) entstehen oft, wenn Regen auf eine Schneedecke fällt. Die Anzahl derartiger Ereignisse steigt seit dem Jahr 1990 in den Monaten Januar und Februar in den höher gelegenen Bereichen der Einzugsgebiete von Rhein, Weser und Elbe (Freudiger et al. 2014; Merz et al. 2020).

Seen

Ebenfalls schwierig, da stärker durch menschliche Eingriffe überprägt, ist die Untersuchung von Trends in der Wasserstandsentwicklung in Seen. Hupfer und Nixdorf (2011) berichten, dass seit mehr als 30 Jahren sinkende Seespiegel in Norddeutschland beobachtet werden. Allerdings waren für verschiedene Seen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern die Wasserstände im 20. Jahrhundert mehrfach auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie in den vergangenen Dekaden (Kaiser et al. 2012). Periodische Seespiegelschwankungen mit Amplituden von 1 bis 2 m sind ein Charakteristikum der durch Regen- und Grundwasserzufluss gespeisten Seen in dieser Region (Kaiser et al. 2014). In LUBW (2011) werden die Trends und Ursachen für insgesamt fallende Wasserspiegel im Bodensee im 20. Jahrhundert diskutiert, wobei eine Hauptursache in den Wassernutzungen im Einzugsgebiet gesehen wird. In der nahen Vergangenheit, in der es kaum noch gravierende menschliche Eingriffe gegeben hat, sind die Wasserstände eher konstant geblieben.

2.2 Projektionen für die Zukunft

Eine Vielzahl von Studien diskutiert die Unsicherheiten für die zukünftige Entwicklung der hydrologischen Prozesse und der Wasserressourcen in Deutschland (z. B. Maurer et al. 2011; Merz et al. 2012). Blöschl und Montanari (2010) sind der kontroversen Meinung, dass viele Studien die Unsicherheit der Modellergebnisse unterschätzen, die Auswirkungen für die Gesellschaft aber überschätzen. Die Formulierung von Emissionsszenarien selbst ist eine Möglichkeit, die Unsicherheit der Projektionen abzubilden, indem z. B. mittlere Szenarien und insbesondere Worst-case-Szenarien gebildet werden. Um außerdem eine gewisse Einschätzung der möglichen Unsicherheit der für jedes Szenario berechneten Modellprojektionen zu erlangen, haben sich Ensemble-Rechnungen etabliert.

Abflüsse und Abflussregime

Die möglichen Folgen des Klimawandels auf den Rhein, die Donau und Teile der Elbe werden für zwei zukünftige Zeitperioden bis zum Ende dieses Jahrhunderts in KLIWAS (2011) umfassend untersucht. Hier wird ein hydrologisches Modell jeweils durch ein Ensemble von über 20 statistischen und dynamischen regionalen Klimamodellen angetrieben, die durch verschiedene nationale und internationale Forschungsinitiativen erstellt wurden. Darauf aufbauend werden Bandbreiten der monatlichen Abflussänderungen ermittelt. Für den Rhein ergeben sich in der nahen Zukunft von 2021 bis 2050 im Mittel der Projektionen keine signifikanten Änderungen im Jahresabfluss, aber höhere Abflüsse im Winter- und niedrigere im Sommerhalbjahr. In der ferneren Zukunft bis 2100 würden die Abflüsse im Szenarienkorridor um 10 bis 25 % fallen, mit einer noch stärkeren Verlagerung der Abflüsse vom Sommer in den Winter (Nilson et al. 2011). Für die Donau zeigen Klein et al. (2011) mit demselben Szenarien- und Modellaufbau und für dieselben Szenarienperioden, dass die sommerlichen Abflüsse am Pegel Achleiten in naher Zukunft leicht fallen und die durchschnittlichen Jahresabflüsse in der fernen Zukunft um bis zu 40 % abnehmen werden, wobei insgesamt das Abflussregime einen stärker pluvialen Charakter annimmt und damit die sommerlichen Abflüsse relativ stark sinken. Kling et al. (2012) bestätigen diese Ergebnisse für die Donau bis Wien in hydrologischen Simulationen, angetrieben mit 21 Klimaprojektionen aus dem ENSEMBLES-Projekt und für das Szenario A1B.

Ebenfalls angetrieben durch ein Ensemble von statistischen und dynamischen regionalen Klimamodellen kommen Hattermann et al. (2014) und Hattermann et al. (2016) unter Nutzung des ökohydrologischen Modells SWIM für den Rhein, die Elbe, die Weser und die Donau zu sehr ähnlichen Ergebnissen (Abb. 16.5), wobei in Hattermann et al. (2016) eine neuere Szenariengeneration genutzt wird (RCP4.5 und RCP8.5). Während die Abflüsse im Einzugsgebiet von Rhein und Donau im Winter zu- und im Sommer abnehmen, besonders ausgeprägt in der zweiten Szenarienperiode zum Ende des Jahrhunderts (2071–2100), zeigt sich für die Elbe kein einheitliches Bild.

Abb. 16.5
figure 5

Änderung der mittleren täglichen Abflüsse unter dem eher warmen Szenario RCP8.5 für a, b den Rhein bei Rees, c, d die Donau bei Achleiten und e, f die Elbe bei Neu Darchau als Differenz zwischen der Referenzperiode 1971–2000 und a, c, e der Simulationsperiode 2041–2070 bzw. b, d, f der Simulationsperiode 2071–2100. Die blassroten Flächen zeigen die Änderung als Bandbreite über elf Simulationen mit nicht bias-korrigierten Klimadaten als Input für das ökohydrologische Modell SWIM, die lilafarbenen Flächen die Bandbreite über vier bias-korrigierte Simulationen. Die dunkelroten Flächen zeigen die Schnittmengen. (Verändert nach Hattermann et al. 2014, 2016)

Huang et al. (2013) treiben ein hydrologisches Modell für die großen Flussgebiete in Deutschland durch Szenarienergebnisse (Szenario A1B) aus drei regionalen Klimamodellen an. Sie folgern, dass sich in der Mehrheit der Ergebnisse im Vergleich der Perioden 1961 bis 2000 und 2061 bis 2100 Niedrigwassersituationen in Zukunft häufen und länger dauern werden. Die Niedrigwasserperiode von Flüssen, die durch ein schnee-regengespeistes Abflussregime geprägt sind, verschiebt sich weiter in den späten Herbst. Die Untersuchung von Sommerniedrigwasserereignissen aus 45 Klima-Hydrologie-Simulationen unter einem 3 °C-Erwärmungsszenario hat insgesamt für Deutschland eine Abnahme der Wasserstände mit zunehmender Temperaturerhöhung gezeigt (Thober et al. 2019). Während bei einer Erderwärmung von 1,5 °C flächendeckend noch eine leichte Zunahme verglichen mit dem Zeitraum von 1971 bis 2000 zu beobachten ist, verschärfen sich die Niedrigwassersituationen unter dem 2 °C-Erwärmungsszenario bereits in Teilen des Rhein-, Elbe- oder Donaueinzugsgebietes. Bei einer Erwärmung von 3 °C zeigt sich flächendeckend eine Abnahme der Wasserstände im Niedrigwasserfall, mit mehr als 10 % am Rhein.

In einer Studie, in der drei verschiedene hydrologische Modelle durch zwei regionale Klimamodelle angetrieben werden (Wagner et al. 2013), kommen Ott et al. (2013) für die Einzugsgebiete von Ammer, Mulde und Ruhr zu dem Schluss, dass die Unsicherheit der Änderung für die nahe Zukunft bis 2050 groß ist. Die Unterschiede des Klimaantriebs aus den zwei Regionalmodellen sind dabei größer als die der Ergebnisse der hydrologischen Modelle. Auch Vetter et al. (2013) berichten für ein Ensemble aus fünf regionalen Klimamodellen für das Szenario RCP8.5, durch das drei hydrologische Modelle für drei Flussgebiete angetrieben werden, dass die durch den Klimaantrieb generierte Unsicherheit größer ist als die Unsicherheit, die durch die hydrologischen Modelle erzeugt wird.

Diese klimabedingte Änderung der Abflusscharakteristika in den großen Einzugsgebieten Deutschlands hin zu mehr pluvialen Regimen, wie sie schon Bormann (2010) für die beobachteten Abflüsse beschreibt, würde sich also für die Mehrheit der deutschen Einzugsgebiete und in der Mehrheit der Simulationsergebnisse in Zukunft fortsetzen: insgesamt weniger Abfluss im Sommer, teilweise eine Zunahme im Winter, höchster Abfluss früher im Jahr und der niedrigste Abfluss später im Jahr. Eine generelle Aussage zu klimabedingten Änderungen von extremen Hoch- und Niedrigwassersituationen in Deutschland ist dabei aber nicht möglich.

Grundwasser

Besonders sensitiv auf Änderungen im Klima reagiert die Grundwasserneubildung. Das liegt zum einen daran, dass zum Grundwasser nur der Teil des Niederschlags gelangt, der nicht durch die Pflanzen aufgenommen wird, oberflächlich verdunstet oder abgeflossen ist. Zum anderen ist die Jahreszeit mit der höchsten Grundwasserneubildung die vegetationsfreie Zeit, also der Winter. Durch die in vielen Regionen Deutschlands beobachtete Verlagerung von Niederschlag aus dem Sommer in den Winter kann die Grundwasserneubildung insgesamt steigen. Allerdings verringert sich die vegetationsfreie Zeit durch den Anstieg der Temperatur, und die Verdunstung steigt insgesamt. Hattermann et al. (2008) ermitteln für das deutsche Einzugsgebiet der Elbe einen Rückgang der Grundwasserneubildung um ca. 30 %. Barthel et al. (2011) zeigen die Änderung der Grundwasserneubildung für das obere Donaueinzugsgebiet bis zur österreichischen Grenze – hier unter Nutzung des regionalen Klimamodells REMO und des Szenarios A1B. Die Grundwasserneubildung nimmt als Ergebnis im Vergleich der Perioden 1971 bis 2000 und 2011 bis 2060 ab, und der Monat mit der höchsten Grundwasserneubildung verschiebt sich um bis zu zwei Monate in den Winter. Demgegenüber finden Jing et al. (2020) unter 15 Klimaantrieben mit einem Wasserhaushaltsmodell und einem Grundwassermodell sowohl leicht steigende Grundwasserneubildungsraten als auch Grundwasserspiegel im Nägelstedt-Einzugsgebiet an der Unstrut. Die Richtung der Änderung war, abhängig vom Klimaantrieb, uneinheitlich.

Die Grundwasserneubildung findet in Deutschland vorwiegend im Winterhalbjahr statt. Da die hydrologischen Modelle z. B. unterschiedliche Ansätze zur Schneemodellierung oder zum Bodenfrost haben, sind die Ergebnissen mit großen Unsicherheiten behaftet.

Schnee

Modellbasierte Klimaprojektionen zeigen eine Erhöhung der mittleren Temperatur und eine gewisse Steigerung der Winterniederschläge. Daraus wird auf eine weitere Verschiebung von Schneefall zu Regen und auf ein verstärktes Auftreten von Ereignissen geschlossen, in denen Regen auf die vorhandene Schneedecke fällt (Schneider et al. 2013). Für den alpinen Raum zeigen Steger et al. (2013) eine relative Abnahme des Schneewassers bis Mitte des 21. Jahrhunderts in der Größenordnung von 40 bis 80 % bezogen auf die Referenzperiode 1971 bis 2000. Die größten Veränderungen finden in Gebieten bis zu einer Höhe von 1500 m statt. Frei et al. (2018) leiten aus EURO-CORDEX-Simulationen eine Abnahme des Schneefalls um -25 % für das RCP4.5 und um -45 % für das RCP8.5-Szenario ab. Im Alpenvorland kann die Veränderung -85 % erreichen. Schneider et al. (2013) erwarten in der Zukunft keine substanzielle Beeinflussung der Abflüsse durch Schnee, gleichwohl führen geringerer Schneefall und eine frühere Schneeschmelze zu einer Vorverlagerung der Abflüsse im Jahr (Wolf-Schumann und Dumont 2010) und zu einem leicht erhöhten Potenzial für die Wasserkraftnutzung. Regional kann auch Regen, der auf eine vorhandene Schneedecke fällt, den Winterabfluss erhöhen und seine Variabilität verändern (Kap. 7).

Küstengewässer

Der Anstieg des mittleren Meeresspiegels wird seit Jahrzehnten für die Weltmeere, aber auch für die deutsche Nord- und Ostsee beobachtet und beschrieben. Seit den 1950er-Jahren wurde für küstenwasserbauliche Fragestellungen von einem sogenannten säkularen Meeresspiegelanstieg von 25 cm/Jahrhundert in der Nordsee und von rund 15 cm/Jahrhundert in der Ostsee ausgegangen. Aktuelle Untersuchungen gehen für die Zukunft von einem beschleunigten Meeresspiegelanstieg auch in der Nord- und Ostsee aus (IPCC 2013; IPCC 2019; BACC II 2015). Die meisten Angaben für den Meeresspiegelanstieg bis Ende des 21. Jahrhunderts liegen in einer Größenordnung von bis zu einem Meter oder leicht darüber, bezogen auf den mittleren Meeresspiegel Anfang des 21. Jahrhunderts. Einzelne Autoren geben teilweise deutlich höhere Werte für den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg an (vgl. auch Kap. 9).

Zusätzlich zu den Änderungen des mittleren Wasserstands sind zukünftig auch Veränderungen des Seegangsklimas zu erwarten (z. B. Dreier et al. 2021), die im Wesentlichen aus den Veränderungen der Windgeschwindigkeiten und der Windrichtungen resultieren. Für die deutsche Nordsee und für die deutsche Ostsee wurden auf der Grundlage von Ergebnissen des Modells COSMO-CLM mittlere Anstiege der signifikanten Wellenhöhen in einer Größenordnung von 5 bis 10 % abgeschätzt.

3 Wissenschaftliche Basis und Optionen von Anpassungsmaßnahmen

Anpassungsmaßnahmen sind in Deutschland auf den Schutz vor Hochwasser, auf die Wasserqualität, den Umgang mit Niedrigwassersituationen und den Küstenschutz fokussiert. Diese reichen hier von der Erarbeitung von Handlungsstrategien über verändertes Management bis hin zu technischer Anpassung. In der Bundesrepublik Deutschland liegen für Gewässer Zuständigkeiten von der Bundes- über die Landesebene bis hin zu den Kommunen vor. Daher kommt der vertikalen Integration – oder multilevel governance, also dem Zusammenspiel der zuständigen Ebenen – eine besondere Bedeutung zu (Beck et al. 2011). Tab. 16.2 gibt einen grundsätzlichen Überblick über mögliche Anpassungsoptionen, technische Maßnahmen und Managementstrategien.

Tab. 16.2 Anpassungsoptionen, technische Maßnahmen und Managementstrategien. (Verändert nach Hattermann et al. 2011)

Auf Bundesebene wurde mit der Deutschen Anpassungsstrategie (Bundesregierung 2008) der Rahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels gesetzt, und mit dem Aktionsplan Anpassung (2011) wurden die in der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel genannten Ziele und Handlungsoptionen mit konkreten Aktivitäten unterlegt. In direkter Bundesverantwortung im Projekt KLIWAS wurden z. B. wissenschaftliche Grundlagen erarbeitet, um die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die schiffbaren Gewässer und die Wasserstraßeninfrastruktur in Deutschland abzuschätzen. Hieraus wird schließlich der konkrete Anpassungsbedarf abgeleitet, und es werden Anpassungsoptionen erarbeitet. Die Integration von Anpassungserfordernissen in Normen und technische Regelwerke wird durch die neue Technische Regel Anlagensicherheit (TRAS) „Vorkehrungen und Maßnahmen wegen der Gefahrenquellen Niederschläge und Hochwasser“ angestrebt. Damit werden Betreiberpflichten hinsichtlich der Berücksichtigung der Gefahrenquellen durch Niederschläge und Hochwasser durch einen grundsätzlich anzuwendenden Aufschlag für Neuanlagen und eine Nachrüstungspflicht bis 2050 konkretisiert (Aktionsplan Anpassung 2011).

Die Länder Baden-Württemberg und Bayern sowie der Deutsche Wetterdienst kamen im Dezember 1998 zum Kooperationsvorhaben „Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft (KLIWA)“ zusammen, dem sich 2007 auch Rheinland-Pfalz angeschlossen hat. Dieses hat zu einer Fokussierung auf die Erhöhung der Resilienz geführt, indem beispielsweise der „Lastfall Klimaänderung“ in die Festlegung des Bemessungshochwassers für Anlagen des technischen Hochwasserschutzes eingegangen ist. So wird in Bayern z. B. auf den Scheitelabfluss eines hundertjährlichen Hochwassers ein Klimafaktor von 15 % aufgeschlagen. Die Infobox zeigt konkret die bereits erfolgten und die zukünftig geplanten Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel im Wasserbereich am Beispiel Bayerns auf.

Im Projekt RAdOst werden auf Gebietsebene konkrete Anpassungsoptionen für Hochwasser- und Küstenschutzanlagen an der deutschen Ostseeküste gegeben (Fröhle 2012), die zudem Anforderungen aus der touristischen Nutzung sowie aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes einbeziehen. Auf administrativer Ebene wird derzeit von den Küstenschutzbehörden der Küstenländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig–Holstein und Mecklenburg-Vorpommern für die Bemessung von Deichen, Hochwasserschutzdünen sowie anderen Hochwasserschutzanlagen erstmals einheitlich ein sogenannter Klimazuschlag für den Bemessungshochwasserstand von 0,5 m angenommen und in den General- und Fachplänen festgelegt. Angesichts der Projektionen des mittleren globalen Meeresspiegelanstiegs im 21. Jahrhundert von bis zu 1 m (IPCC 2013; IPCC 2019) ist dieser Wert als sehr niedrig einzuschätzen. Die aktuellen Planungen für die Fortschreibung der General- und Fachpläne sieht entsprechend vor, den Wert auf einen Meter zu erhöhen.

Bayern: Trockenheit bedrohlicher als Hochwasser

Nach dem Niedrigwasserbericht für 2018, 2019 und 2020 hatten Flüsse, Seen und Grundwasser in Bayern wieder deutlich zu wenig Wasser. 2018 lag etwa der Wasserspiegel des Starnberger Sees rd. 40 cm niedriger – der tiefste Wasserstand seit 110 Jahren. Auch das Grundwasser sinkt regional stark ab. Jede zweite Messstelle zeigt zeitweise die geringsten Grundwasserstände seit der Jahrtausendwende. Als Reaktion darauf hat Bayern das Programm „Wasserzukunft Bayern 2050“ vorgestellt. Dies ist ein gesamtgesellschaftliches und interministerielles Programm für eine sichere Wasserversorgung und einen intakten Wasserhaushalt. Es schließt den Bedarf der Landwirtschaft, Landschaften, Gewässer und Wälder sowie das Leben in den Städten ein:

  • Wasserspeicherfähigkeit der Böden und Landschaft wiederherstellen, Management von Entwässerungsgräben und Drainagen, Moore und Feuchtgebiete erhalten/vernässen, Flächenversiegelung minimieren, Versickerungsstrukturen schaffen.

  • Empfehlungen für wassersensible Siedlungsentwicklung und Planung von zehn Pilotprojekten „Klimaanpassung beim Wohnungsbau“. Die Ziele sind: Schutz vor Starkregen durch Speicherung von Wasser für Dürre- und Hitzephasen um Bewässerung von Stadtgrün, Verdunstung, Kühlung und Schatten zu ermöglichen.

  • Niedrigwassermanagement für oberirdische Gewässer durch zusätzliche staatliche Speicher und überregionalen Wasserausgleich (Donau – Main) verbessern.

  • Gewinnungsanlagen zur Wasserversorgung erhalten und durch wirksame Wasserschutzgebiete sichern, Anlagen regional weiter vernetzen, Redundanzen herstellen, Wasserversorgungsbilanzen für Prognosehorizont 2035/2050 erstellen, Fernwassersysteme überprüfen sowie Ausfallsicherheit und Dargebot absichern, vierte Reinigungsstufe bei ca. 90 Kläranlagen nachrüsten.

  • Bewässerung übergreifend planen, 17 Landschaftswasserhaushaltmodelle etablieren, Grundwasser schonen und oberirdisches Wasser aus abflussreichen Zeiten nutzen, staatliche Förderung von 17 nachhaltigen Bewässerungskonzepten und drei großräumigen Bewässerungsinfrastrukturprojekten.

4 Kurz gesagt

Mit der globalen Erwärmung verändert sich der Wasserhaushalt. Dies ist regional sehr unterschiedlich. Regionale Klimamodelle zeigen für Deutschland weiterhin große gerichtete Fehler in der Reproduktion des Jetztzeitklimas. Während für die Temperaturen Fehler von bis zu 1 °C ausgemacht werden können, werden saisonale Niederschläge um bis zu 60 % von den Modellen über- oder unterschätzt. Rhein und Elbe zeigen wie die meisten Flüsse in Deutschland eine Zunahme der mittleren winterlichen Abflüsse und einen Rückgang im Sommer. Gebirgspegel in den Alpen zeigen Zunahmen mittlerer Abflüsse eher im Frühjahr. Insgesamt sind Änderungen im Abflussregime aber noch nicht stark ausgeprägt. Für einige Pegel kann kein statistisch signifikanter Trend abgeleitet werden. Regionale Klimaprojektionen und Ensembleauswertungen auf der Basis unterschiedlicher Klimaszenarien und Modellsysteme zeigen, dass die mittleren Abflüsse z. B. an Rhein und Donau im Winter zu- und im Sommer weiter abnehmen werden. Bei starker regionaler Differenzierung wird insgesamt eine Entwicklung hin zu mehr pluvialen Regimen erwartet, und die höchsten mittleren Abflüsse werden früher im Jahr auftreten. Für Küstengewässer wird neben dem steigenden Meeresspiegel ein verändertes Seegangsklima erwartet, u. a. ein mittlerer Anstieg der Wellenhöhen um bis zu 10 %.