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FormalPara Kernaussagen

Zwischen November 2020 und April 2021 wurde im Rahmen der bundesweit repräsentativen Studie „Hohes Alter in Deutschland“ eine schriftliche Befragung von mehr als 10.000 Personen ab 80 Jahren zu deren Lebenssituation und Lebensqualität durchgeführt. Hiervon beantworteten 3233 Personen bis Dezember 2021 in einem zusätzlichen telefonischen Interview detaillierte Fragen zu ihrer Internet- und Techniknutzung. Auf dieser Grundlage stellt der vorliegende Kurzbericht dar, wie hochaltrige Menschen in Deutschland moderner Technik wie dem Internet und digitalen Geräten gegenüber eingestellt sind und ob, wie häufig und wofür sie diese nutzen.

Hochaltrige sind digital abgehängt. Nur gut jede dritte hochaltrige Person (37 %) in Deutschland nutzt das Internet. In der deutschen Gesamtbevölkerung hingegen sind es 88 %.

Die Internetnutzung in der Hochaltrigkeit ist sozial ungleich verteilt. Die Internetnutzung der Ab-80-Jährigen hängt stark von Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Wohnsituation und kognitiver Gesundheit ab – zu Ungunsten von älteren Gruppen, Frauen, Niedrigergebildeten, Einkommensschwächeren, kognitiv Beeinträchtigteren und Personen in Heimen. Während manche hochaltrige Gruppen schon mehrheitlich online sind, sind es in anderen Gruppen nur wenige.

Wenn schon, denn schon: Hochaltrige Onliner nutzen das Internet häufig. Hochaltrige, die das Internet nutzen, sind mehrheitlich (57 %) täglich online. Dies gilt weitgehend unabhängig von soziodemografischen oder gesundheitlichen Merkmalen.

Hochaltrige nutzen das Internet primär für Kommunikation und Informationssuche. Die E-Mail-Kommunikation ist die bei Hochaltrigen beliebteste Anwendung des Internets (82 %), gefolgt von der Suche nach Gesundheitsinformationen (60 %). Soziale Netzwerke hingegen werden nur von wenigen hochaltrigen Personen verwendet (13 %).

Das Mobiltelefon ist das von Hochaltrigen meistgenutzte digitale Gerät. Etwa zwei Drittel (65 %) der Hochaltrigen verwenden ein Mobiltelefon. Darauf folgen Computer/Laptop (37 %) und Smartphone (34 %). Nur wenige nutzen Tablets (17 %) oder Fitnessarmbänder (6 %). Ähnlich wie beim Internet gilt: Nutzt eine hochaltrige Person ein digitales Gerät, so tut sie dies zumeist täglich.

Hochaltrige sind moderner Technik gegenüber nicht grundsätzlich ablehnend eingestellt. Zwar vertritt etwa jede:r Dritte (eher) negative Einstellungen gegenüber moderner Technik – vergleichbar viele interessieren sich jedoch durchaus für moderne Technik und sehen Vorteile in ihr.

Jede vierte hochaltrige Person (26 %) berichtet eine Veränderung ihrer Internetnutzung durch die Coronapandemie. Hiervon begrüßt etwa jede:r Sechste (18 %) diese Entwicklung, ähnlich viele (15 %) empfinden sie jedoch als negativ.

Einleitung

Für viele Menschen in Deutschland ist ein Tag ohne Smartphone oder Laptop kaum mehr vorstellbar. Informations- und Kommunikationstechnologien haben längst Einzug in nahezu alle Bereiche unseres Lebens gehalten. Immer öfter werden Informationen und Dienstleistungen digital angeboten, verfügen Haushalts- und Unterhaltungsgeräte über digitale Schnittstellen, oder wird auf digitale Assistenzsysteme und telemedizinische Dienste zurückgegriffen (Ehlers et al. 2020). Gleichzeitig sind analoge Alternativen in vielen Bereichen immer seltener zu finden. Digitale Kompetenz wird somit zunehmend zur Voraussetzung für alltägliche Aktivitäten, behördliche Erledigungen oder den Zugang zu ärztlichen Leistungen. Darüber hinaus bestimmt sie Möglichkeiten der Information und Mitwirkung in Bereichen wie Wirtschaft (z. B. Online-Banking und -Käufe, Selbstbedienungskassen), Politik (z. B. Information über Parteiprogramme, Teilnahme an Petitionen) oder Kultur (z. B. digitale Unterhaltungselektronik, Online-Kartenkauf) (Ehlers et al. 2020).

Insofern bedeutet die Teilhabe an digitaler Technik auch gesellschaftliche Teilhabe. Werden Menschen mit eingeschränktem oder fehlendem Zugang zu digitalen Technologien aus bestimmten Handlungs- und Möglichkeitsräumen ausgeschlossen (Suden 2020), so sind fehlende digitale Kompetenzen auch Auslöser von sozialer Ungleichheit (Ehlers et al. 2020). Während der Coronapandemie wurden viele Aktivitäten und Angebote noch stärker ins Digitale verschoben, um trotz der nötigen Kontaktbeschränkung gesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen (Initiative D21 2021; Kortmann et al. 2021). Die Gefahr der Exklusion derer, die über wenige oder keine Möglichkeiten der digitalen Teilhabe verfügen, ist dadurch weiter angestiegen (Kemptner und Marcus 2020; Seifert et al. 2021). Insbesondere ältere Personen, die nicht im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind, verfügen dabei seltener über einen Internetzugang oder müssen sich entsprechende Kompetenzen erst erarbeiten (Doh 2020).

Potenziale der Internetnutzung im Alter

Gleichwohl bieten digitale Technologien gerade auch für ältere Personen viele Potenziale. Insbesondere die Nutzung von Angeboten im Internet kann helfen, soziale Kontakte zu pflegen, Wissen zu generieren, Fähigkeitsverluste und Immobilität zu kompensieren, Aktivität zu fördern und insgesamt mehr Selbstständigkeit aufrechtzuerhalten (Czaja und Lee 2007; Schmidt 2017; Suden 2020). Internetnutzung im Alter ist somit positiv mit Selbstvertrauen, Kontrollüberzeugung, sozialer Unterstützung, Autonomie und Lebenszufriedenheit, sowie negativ mit depressiven Symptomen und Einsamkeit verbunden (Cotten et al. 2014; Erickson und Johnson 2011; Heo et al. 2015; Schlomann et al. 2020b; Shapira et al. 2007; Szabo et al. 2019; Yu et al. 2016). Auch angesichts der höheren Gefahr des SARS-CoV-2-Virus für ältere Menschen bieten digitale Wege der Kommunikation, Information etc. gerade für diese Gruppe große Potenziale (Endter et al. 2020). Daten des Deutschen Alterssurveys konnten zeigen, dass die Internetnutzung zur Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten während der Pandemie mit geringerer Einsamkeit, höherer Lebenszufriedenheit und weniger depressiven Symptomen bei Menschen zwischen 46 und 98 Jahren zusammenhing (Hajek und König 2021).

Der Deutsche Alterssurvey zeigt außerdem, welche Angebote im Internet die ältere Bevölkerung im Jahr 2020 am häufigsten nutzte: 90 % der Personen mit Internetzugang zwischen 76 und 90 Jahren nutzten das Internet mindestens gelegentlich zur Suche nach Informationen, 91 % von ihnen nutzten das Internet, um bestehende Kontakte zu pflegen, und 76 % nutzten es für Unterhaltung und Kultur. Alle diese Werte haben sich zwischen 2017 und 2020 (zum Teil sehr deutlich) erhöht (Kortmann et al. 2021). Darüber hinaus zeigen qualitative Studien, dass ältere Menschen das Internet nutzen, um Aktivitäten des täglichen Lebens ausführen zu können (z. B. Management von Finanzen) und somit auch altersbezogene Einschränkungen (z. B. eingeschränkte Mobilität) zu kompensieren (Nimrod 2020; Wangler und Jansky 2021). Während 78 % der deutschen Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren soziale Medien nutzen, bleiben die Nutzungsraten bei den Ab-70-Jährigen für die meisten sozialen Medien jedoch im einstelligen Prozentbereich – mit Ausnahme des Messaging-Dienstes „WhatsApp“ (29 %) und des Videoportals „YouTube“ (13 %) (Initiative D21 2021).

Digitale Spaltung und interindividuelle Unterschiede in der Internetnutzung im Alter

Von den beschriebenen Potenzialen der Techniknutzung profitiert ein großer Teil älterer Menschen jedoch nicht. Während im Zeitraum 2019/2020 nahezu 100 % der Unter-50-Jährigen und bereits 88 % der deutschen Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren online waren, nutzten nur 52 % Prozent der deutschen Bürgerinnen und Bürger ab 70 Jahren das Internet (Initiative D21 2021). Man spricht daher von einer digitalen Spaltung zwischen Jung und Alt. Diese lässt sich auch in anderen europäischen sowie außereuropäischen Ländern finden (Schelling und Seifert 2010). Sie blieb hierzulande auch während der Coronapandemie bestehen – wenngleich ältere Personen mit Internetzugang diesen seit Beginn der Pandemie häufiger nutzten (Kortmann et al. 2021; Seifert 2021). Auch wenn sich Unterschiede zwischen jüngeren Altersgruppen zunehmend abschwächen, gilt dies nur in geringem Ausmaß auch für hochaltrige Menschen (Friemel 2016; Scheerder et al. 2017).

In der Diskussion über die digitale Spaltung gerät oftmals in den Hintergrund, dass ältere Menschen eine sehr heterogene Gruppe sind und somit auch innerhalb dieser Gruppe deutliche Unterschiede hinsichtlich der Digitalisierung bestehen. Folgende Merkmale haben sich als besonders bedeutsam für die Internetnutzung im Alter herausgestellt:

  • Alter: Es finden sich starke Unterschiede zwischen Altersgruppen. Während noch die Mehrheit der 60–69-Jährigen und 70–74-Jährigen das Internet nutzt (85 % bzw. 70 %), kehrt sich dieses Bild in den älteren Kohorten um und der Anteil der Onliner bei den 90–99-Jährigen beträgt nur noch 25 % (Initiative D21 2021). Diese Angabe wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass der Digitalindex nur eine sehr kleine Gruppe von 61 Personen ab 90 Jahren betrachten konnte. Altersunterschiede dürften v. a. Ausdruck von Kohortenunterschieden sein, da jüngere Gruppen bereits mehr Möglichkeiten (beispielsweise im Erwerbsleben) hatten, digitale Techniken kennen zu lernen.

  • Bildung und Einkommen: Entscheidend für die Nutzung digitaler Technik im Alter sind außerdem die Bildung und das Einkommen einer Person. So zeigte sich mit einem Gruppenunterschied von 50 Prozentpunkten eine beachtliche Lücke zwischen Personen ab 60 Jahren mit hoher Bildung (87 % Onliner) und niedriger Bildung (37 % Onliner); ganz ähnlich war es bei älteren Personen mit hohem Einkommen (76 % Onliner) und niedrigem Einkommen (25 % Onliner) (Doh 2020).

  • Geschlecht: Frauen im höheren Alter nutzen seltener das Internet als ältere Männer. Obwohl im Jahr 2019 etwa zwei Drittel der Menschen ab 80 Jahren in Deutschland Frauen waren, machten diese lediglich 39 % der Onliner in dieser Altersgruppe aus (Doh 2020). Studien legen jedoch nahe, dass nicht das Geschlecht selbst, sondern v. a. Unterschiede in soziodemografischen Merkmalen zwischen Frauen und Männern diesen Umstand auslösen (z. B. Friemel 2016; Schmidt 2015). So konnten Frauen in älteren Kohorten beispielsweise weniger Bildung genießen als gleichaltrige Männer, und verfügen somit auch über ein geringeres Einkommen. Verstärkend können eine geschlechtsspezifische Sozialisation sowie Rollenbilder wirken, die bei Frauen im Vergleich zu Männern zu einer negativeren Grundhaltung gegenüber Technik und einer schlechteren Einschätzung der eigenen digitalen Fähigkeiten führten (Ehlers et al. 2020; Schmidt 2015).

  • Kognition: Von besonderer Relevanz in der Gruppe der älteren Menschen sind auch Unterschiede in den kognitiven Fähigkeiten. So belegen einige Studien einen positiven Zusammenhang von besserem kognitiven Status mit der Internetnutzung (Hunsaker und Hargittai 2018). Für Menschen mit alters- oder krankheitsbedingten kognitiven Einschränkungen (z. B. langsamere Aufnahme von neuen Informationen, Konzentrationsschwierigkeiten) ist die Techniknutzung hingegen erschwert (Ehlers et al. 2020). Auch sind ebensolche Aktivitäten, die zunehmend online vollzogen werden (sollen) – etwa Überweisungen, Einkäufe oder soziale Interaktionen – gerade bei einer kognitiven Einschränkung ggf. nicht mehr ohne weiteres möglich.

  • Wohnform: Der Zugang zum Internet in stationären Pflegeeinrichtungen ist im Vergleich zu Privathaushalten stark eingeschränkt (Endter et al. 2020). Heimbewohner:innen sind daher deutlich stärker „digital abgehängt“ (BAGSO 2020). Eine erste Studie zur Digitalisierung von deutschen Pflegeheimen im Jahr 2018 zeigte, dass nur 37 % der 575 befragten Heime ihren Bewohner:innen WLAN zur Verfügung stellten. Lediglich 6 % der Heime boten kostenlosen Netzzugang an (Borchert 2018). Schätzungsweise nutzen nur 20–30 % der Personen in (teil-)stationären Einrichtungen digitale Geräte (Endter et al. 2020). Für die Gruppe der hochaltrigen Menschen in Nordrhein-Westfalen konnte gezeigt werden, dass weniger als 3 % der Heimbewohner:innen mindestens ein digitales Gerät mit einer Internetverbindung nutzen (Schlomann et al. 2020a).

  • Neben den genannten soziodemografischen und gesundheitlichen Merkmalen spielen auch psychologische Einstellungsdimensionen eine empirisch belegte Rolle für die Techniknutzung (Schmidt und Wahl 2019). Eines der etabliertesten theoretischen Modelle zur Techniknutzung (Technology Acceptance Model, Davis 1989) versteht die Intention, eine Technik zu nutzen, als besten Prädiktor für die letztliche Nutzung. Jene Intention wird durch zwei Überzeugungen bestimmt: 1) die empfundene Nützlichkeit und 2) die empfundene Leichtigkeit der Techniknutzung. Tatsächlich nennen Offliner ab 60 Jahren die empfundene Komplexität des Internets und eine fehlende persönliche Nutzenwahrnehmung als größte Hürden der Internetnutzung (DIVSI 2016).

Ziel

Trotz der beschriebenen beachtlichen Unterschiede in der Internetnutzung älterer Menschen gibt es nur wenige Studien, die diese differenzierter analysieren (Doh 2020; Kubicek 2020), etwa mit Blick auf verschiedene Altersgruppen in Kombination mit weiteren relevanten Merkmalen (Ehlers et al. 2020). Auch Daten zu Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen sind rar. Schmidt und Wahl (2019) kritisieren, dass einschlägige Studien oftmals auf „kleinen und selektiven Gelegenheitsstichproben älterer Menschen, die meist im sogenannten ‚Dritten Alter‘, technikinteressiert, [und] hochgebildet (…) sind“ (S. 546) beruhen. Das Ziel, durch Technik möglichst lange selbstbestimmt zu bleiben, ist jedoch gerade für Personen im sehr hohen Alter mit kognitiven oder körperlichen Einschränkungen oder anderen, sozial begründeten Risikofaktoren relevant.

Die Studie D80+ bietet erstmals die Möglichkeit, repräsentative Daten für die hochaltrige Bevölkerung in Deutschland auszuwerten. Auf dieser Grundlage nimmt der vorliegende Kurzbericht eine eingehende Analyse der Internetnutzung hochaltriger Menschen vor. Für ein differenziertes Bild wird hierbei zwischen verschiedenen Subgruppen hochaltriger Menschen unterschieden. Da die Daten unter den Zeichen der Coronapandemie erhoben wurden, wird zudem der empfundene Einfluss der Pandemie auf die Internetnutzung der Hochaltrigen untersucht.

Methodik

Stichprobe

Aufgrund der Coronapandemie konnte die Befragung im Rahmen von D80+ nicht wie geplant in Form von persönlichen Interviews durchgeführt werden. Stattdessen wurde ein alternatives Studiendesign, bestehend aus zwei Modulen, entwickelt. Ein umfangreiches erstes Modul wurde per FragebogenFootnote 1 erhoben. Insgesamt 10.578 Personen haben hier teilgenommen. Dieses erste Modul konnte allerdings nicht alle Inhalte des vorgesehenen Instrumentariums berücksichtigen, unter anderem weil sich nicht alle Instrumente (z. B. kognitive Tests) für eine schriftliche Befragung eigneten. Daher wurde um die Teilnahme am nachgelagerten Modul 2 gebeten, welches telefonisch erhoben wurde. Hier konnten 3233 Personen aller Teilnehmenden befragt werden.

Die für diesen Kurzbericht relevanten Inhalte wurden größtenteils im zusätzlichen telefonischen Interview erhoben. Daher beziehen sich alle nachfolgend dargestellten Ergebnisse auf die Teilstichprobe, die am Modul 2 teilgenommen hat. Durch eine dezidierte Gewichtung der Daten, die zusätzlich zur Auswahl- und Teilnahmewahrscheinlichkeit an Modul 1 auch die Teilnahmewahrscheinlichkeit am telefonischen Interview berücksichtigt, wird die Repräsentativität dieser Stichprobe für wesentliche Strukturmerkmale (z. B. Alters- und Geschlechtsverteilung) sichergestellt. Mit Blick auf andere Merkmale bleibt die Korrektur in Subgruppen jedoch möglicherweise unvollständig.

Outcome-Variablen

Internetnutzung und -nutzungsfrequenz

Die Internetnutzung wurde mit der Frage „Haben Sie in den letzten 12 Monaten das Internet genutzt?“ operationalisiert. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass nur die aktive Nutzung gemeint ist, nicht etwa die Beauftragung anderer Personen, etwas im Internet nachzuschauen. Personen, die hier mit „ja“ antworteten, wurden nach der Häufigkeit ihrer Internetnutzung gefragt. Diese wurde 5-stufig erhoben (täglich – wöchentlich – monatlich – mehrmals im Jahr – einmal im Jahr).

Anwendungen im Internet

Personen, die angaben, das Internet genutzt zu haben, wurden gefragt, ob sie in den vergangenen 3 Monaten die folgenden Anwendungen genutzt haben oder diese prinzipiell als interessant erachten (Antwortmöglichkeiten: ja – nein, aber interessant – nein, und auch nicht interessant):

  • Schreiben und Empfangen von E-Mails

  • Suche von Informationen über Gesundheitsthemen

  • soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter

  • Kauf oder Verkauf von Waren oder Dienstleistungen z. B. über Amazon oder Ebay

Techniknutzung und -nutzungsfrequenz

Es wurde die Nutzung von fünf digitalen Geräten in den letzten 12 Monaten abgefragt (Computer/Laptop, Smartphone, Mobiltelefon, Tablet-Computer, Fitnessarmband/Schrittzähler). Bei jeder zustimmenden Antwort wurde eine 5-stufige Abfrage der jeweiligen Nutzungsfrequenz angeschlossen (täglich – wöchentlich – monatlich – mehrmals im Jahr – einmal im Jahr).

Technikeinstellungen

Drei Aspekte von Einstellungen gegenüber moderner Technik wurden wie folgt erhoben. Antworten auf diese Fragen wurden auf einer 5-stufigen Skala gegeben (gar nicht – eher nicht – teils/teils – eher – sehr).

  • Allgemeines Interesse an moderner Technik: „Wie sehr interessieren Sie sich für neue technische Dinge?“

  • Empfundene Nützlichkeit der Techniknutzung: „Wie schwierig ist für Sie die Bedienung moderner digitaler Geräte, wie zum Beispiel Mobiltelefon, Computer, Smartphone oder Tablet-Computer?“

  • Empfundene Leichtigkeit der Techniknutzung: „Wie sehr erleichtern moderne digitale Geräte, wie zum Beispiel Mobiltelefon, Computer, Smartphone oder Tablet-Computer, Ihren Alltag?“

Einfluss der Coronapandemie

Teilnehmende wurden gefragt, wie stark die Coronapandemie ihre Internetnutzung beeinflusst hat (überhaupt nicht – ein wenig – mäßig – stark – sehr stark) und wie sie diese Veränderung erlebt haben (überwiegend negativ – insgesamt ausgeglichen – überwiegend positiv).

Differenzierungsvariablen

Die oben genannten Variablen werden in Abhängigkeit von individuellen Merkmalen und Ressourcenlagen hochaltriger Menschen betrachtet. Dabei unterscheiden wir zwischen Personen verschiedener Altersgruppen (80–84 Jahre/85–89 Jahre/90+ Jahre)Footnote 2 und zwischen Geschlechtern (männlich/weiblich). Differenziert wird auch zwischen Personen mit unterschiedlichem Bildungsgrad (niedriger/mittlerer/hoher Bildungsstand)Footnote 3 und verschiedenen Einkommensklassen (einkommensschwach/mittleres Einkommen/einkommensstark).Footnote 4 Es werden zudem Unterschiede zwischen Hochaltrigen in unterschiedlicher Wohnsituation (Privathaushalt/Heim) sowie Unterschiede nach kognitivem Status (altersadäquat/leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI)/Verdacht auf beginnende Demenz) analysiert.

Gruppenunterschiede werden auf statistische Signifikanz geprüft. Alle Analysen beruhen auf gewichteten Daten und berücksichtigen die komplexe Stichprobenstruktur.

Ergebnisse

Die Ergebnisse dieses Berichtes basieren auf den Daten des zusätzlichen telefonischen Interviews mit folgenden Fallzahlen für die dargestellten Subgruppen hochaltriger Menschen in Deutschland: Männer (n = 1226, 37,9 %), Frauen (n = 2007, 62,1 %); 80–84 Jahre (n = 1909, 59,1 %), 85–89 Jahre (n = 870, 26,9 %), 90 Jahre und älter (n = 454, 14,0 %); Bildung hoch (n = 570, 18,2 %), mittel (n = 1840, 58,8 %), niedrig (n = 720, 23,0 %); Privathaushalt (n = 2906, 89,9 %), Heim (n = 327, 10,1 %); einkommensstark (n = 296, 11,2 %), mittleres Einkommen (n = 1779, 67,7 %), einkommensschwach (n = 555, 21,1 %); altersadäquate Kognition (n = 1695, 57,0 %), leichte kognitive Beeinträchtigung (n = 739, 24,9 %), Verdacht auf beginnende Demenz (n = 539, 18,1 %).

Internetnutzung

Hochaltrige sind digital abgehängt: Nur gut jede dritte Person ab 80 Jahren in Deutschland nutzt das Internet. Die Internetnutzung im sehr hohen Alter variiert jedoch stark nach Alter, Geschlecht, Bildung, finanzieller Lage, Wohnsituation und kognitivem Status.

Etwas mehr als jede:r Dritte der Hochaltrigen in Deutschland (37,3 %) hat das Internet in den letzten zwölf Monaten genutzt. Dagegen haben 62,7 % das Internet im vorangehenden Jahr nicht genutzt (vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Internetnutzung in der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung

Diese Werte basieren auf den Angaben der Teilstichprobe, die an dem telefonischen Interview (Modul 2) teilgenommen hat. Der Anteil der hochaltrigen Onliner, die auf Basis der Daten aus Modul 1 (Gesamtstichprobe) berechnet werden kann, weicht hiervon mit 28,4 % merklich ab. Es ist darum naheliegend anzunehmen, dass auch bei bestmöglichem Ausgleich der Teilnahmewahrscheinlichkeit am Telefoninterview ein Teil der Unterschiede in der Internetnutzung auf diese Selektivität zurückzuführen ist. Darüber hinaus kommt diese Abweichung auch durch intra-individuelle Unterschiede in der Beantwortung der Frage nach der Internetnutzung in der schriftlichen und telefonischen Befragung zustande: Einige der Personen, die die Frage nach der Internetnutzung in der schriftlichen Befragung verneint hatten, bejahten diese im späteren telefonischem Interview. Hierfür gibt es viele mögliche Erklärungen. Personen könnten zwischenzeitlich aus verschiedenen Gründen (z. B. wegen der anhaltenden Kontaktbeschränkungen zur Bekämpfung der Coronapandemie) erstmals begonnen haben, das Internet zu nutzen. Auch ein Effekt des Befragungsmodus ist denkbar: Im direkten Austausch mit einem:r Interviewer:in könnten Unsicherheiten dahingehend, was bereits eine Internetnutzung bedeutet (z. B. das Schreiben mit anderen Personen oder bestimmte Spiele auf dem Smartphone), geklärt und so eine präzisere Angabe gemacht worden sein. Da zudem tiefergehende Fragen zur Internetnutzung ausschließlich im telefonischen Interview gestellt wurden, werden im Folgenden Ergebnisse für diese Teilstichprobe berichtet, die auf die hochaltrige Bevölkerung in Deutschland hochgerechnet wurden.

Eine detaillierte Betrachtung der Internetnutzung in verschiedenen Teilgruppen hochaltriger Menschen zeigt, dass diese – wie theoretisch erwartet – stark von verschiedenen Merkmalen und Ressourcen der Befragten abhängt. Abb. 2 zeigt zunächst, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person das Internet nutzt, über die betrachteten Altersgruppen signifikant abfällt (alle p < 0,001): Während noch fast jede:r Zweite in der Gruppe der 80–84-Jährigen das Internet nutzt (46,4 %), sind es bei den 85–89-Jährigen nur noch 26,8 % und bei den Ab-90-Jährigen 18,9 %.

Abb. 2
figure 2

Internetnutzung nach Altersgruppen

Abb. 3 stellt dar, dass über die Hälfte (51,6 %) der hochaltrigen Männer und somit deutlich mehr als hochaltrige Frauen (28,5 %) das Internet nutzen (p < 0,001). Dieser statistisch signifikante Geschlechterunterschied ist in allen Altersgruppen zu beobachten, wenn auch auf mit dem Alter sinkendem Niveau. Ein Interaktionseffekt von Alter und Geschlecht liegt hingegen nicht vor: Unterschiede zwischen hochaltrigen Männern und Frauen sind also vom Alter unabhängig. Durch ein multiples logistisches Vorhersagemodell kann außerdem gezeigt werden, dass das Geschlecht einen statistisch signifikanten Einfluss auf die Internetnutzung behält (Wald-Chi2 = 27,135; df = 1; p < 0,001), auch wenn für Alter, Bildung, Einkommen, Kognition und Technikeinstellungen kontrolliert wird.

Abb. 3
figure 3

Internetnutzung nach Geschlecht und Altersgruppen

Die Internetnutzung unterscheidet sich auch nach dem Bildungsstand der Hochaltrigen (vgl. Abb. 4). Während nur 16,4 % der Niedriggebildeten das Internet nutzen, ist es bei Hochaltrigen mit mittlerer Bildung schon mehr als jede:r Dritte (38,9 %) und bei den Hochgebildeten eine Mehrheit von 59,3 % (p < 0,001). Dieser Unterschied ist in der jüngsten und mittleren Altersgruppe statistisch relevant (beide p < 0,001), in der ältesten Gruppe jedoch nicht mehr. Ein Interaktionseffekt von Alter und Bildung lässt sich dennoch nicht nachweisen.

Abb. 4
figure 4

Internetnutzung nach Bildung und Altersgruppen

Auch das Einkommen ist bedeutsam für die Internetnutzung, wie Abb. 5 zeigt. Zwei Drittel der einkommensstarken Hochaltrigen sind online, Hochaltrige mit mittlerem Einkommen jedoch nur zu 42,1 % und nur 22,3 % der einkommensschwachen Hochaltrigen (p < 0,001). Diese signifikanten Unterschiede sind in allen Altersgruppen nachzuweisen (jüngste und mittlere Altersgruppe: p < 0,001; älteste: p < 0,05). Auch hier liegt kein Interaktionseffekt vor: Das Einkommen hat in allen Altersgruppen einen vergleichbaren Einfluss.

Abb. 5
figure 5

Internetnutzung nach Einkommen und Altersgruppen

In Abb. 6 ist dargestellt, wie sich Hochaltrige in privater bzw. institutioneller Wohnsituation bezüglich ihrer Internetnutzung unterscheiden. So sind zwei Fünftel (39,9 %) der Privatwohnenden Onliner, jedoch nur 14,1 % der Heimbewohner:innen (p < 0,001). Dieser Unterschied ist in der jüngsten und mittleren Altersgruppe auf unterschiedlichen Niveaus zu erkennen, in der ältesten Altersgruppe jedoch nur noch klein und nicht statistisch relevant. Bei den Personen ab 90 Jahren gibt es keinen Unterschied der Internetnutzung nach Wohnform.

Abb. 6
figure 6

Internetnutzung nach Wohnsituation und Altersgruppen

Zuletzt stellt Abb. 7 die Internetnutzung von Hochaltrigen mit unterschiedlichem kognitiven Status dar. Personen mit altersadäquater kognitiver Leistung nutzen fast zur Hälfte (48,5 %) das Internet. Dahingegen sind es bei Personen mit leichter kognitiver Einschränkung (MCI) nur 26,9 %. Hochaltrige, die als vermutlich beginnend dement klassifiziert werden können, nutzen nur zu 15,9 % das Internet (p < 0,001). Auch dieser Unterschied ist nur in der jüngsten und mittleren Altersgruppe nachzuweisen (beide p < 0,001). Hier nutzen sogar mehr Personen mit einer vermutlich beginnenden Demenz das Internet als solche mit leichter kognitiver Einschränkung – möglicherweise bestand dank einer erst späten Erkrankung die Chance, vorher bereits genügend Erfahrungen im Umgang mit dem Internet zu sammeln. Denkbar ist auch, dass insbesondere diese Menschen durch Angehörige mit digitaler Technik versorgt werden, wobei oftmals weniger die Bedürfnisse der dementen Person als jene der Angehörigen (z. B. Lokalisationsfunktion) im Vordergrund stehen (Schneider et al. 2015). Allerdings ist die betrachtete Gruppe hier mit 130 vermutlich beginnend dementen Personen ab 90 Jahren auch vergleichsweise klein. Ein Interaktionseffekt von Alter und Kognition ist nicht nachweisbar.

Abb. 7
figure 7

Internetnutzung nach Kognition und Altersgruppen

Über die festgelegten Differenzierungsvariablen hinaus konnte für das Vorhandensein von Kindern oder Enkeln kein signifikanter Einfluss nachgewiesen werden: Hochaltrige, die kinder- bzw. enkelkinderlos sind, nutzen das Internet also nicht seltener als solche mit Kindern oder Enkeln.

Internetnutzungsfrequenz

„Wenn schon, denn schon!“ – Hochaltrige, die das Internet nutzen, tun dies zumeist täglich.

Die Internetnutzungsfrequenz ist unter hochaltrigen Onlinern hoch (vgl. Abb. 8): Sie nutzen das Internet zum größten Teil täglich (57,0 %) oder wöchentlich (31,5 %). Nur gut jede:r zehnte hochaltrige Internetnutzer:in ist seltener online (7,7 % monatlich, 3,2 % mehrmals im Jahr und 0,3 % einmal im Jahr). Die Tendenz, dass das Internet meist täglich genutzt wird, gilt weitgehend unabhängig von den Differenzierungsvariablen. Nur in wenigen Teilgruppen wird das Internet von etwas weniger als der Hälfte täglich genutzt (Ab-90-Jährige, Niedriggebildete, Heimbewohner:innen, vermutlich von beginnender Demenz Betroffene).

Abb. 8
figure 8

Internetnutzungsfrequenz von hochaltrigen Onlinern

Genutzte Anwendungen im Internet

Hochaltrige nutzen das Internet primär für den E-Mail-Verkehr und zur Informationssuche. Nur wenige hochaltrige Personen nutzen soziale Netzwerke.

Eine große Mehrheit (82,2 %) der hochaltrigen Internetnutzer:innen verwendet dieses zum Schreiben und Empfangen von E-Mails. Ebenfalls mehrheitlich (59,5 %) wird das Internet zur Suche nach Informationen zu Gesundheitsthemen genutzt. Immerhin mehr als jede:r Dritte (38,8 %) kauft oder verkauft online Waren oder Dienstleistungen. Den geringsten Zuspruch finden soziale Netzwerke: Diese werden nur von 13,4 % der hochaltrigen Onliner verwendet (vgl. Abb. 9). Personen, die die genannten Anwendungen nicht nutzen, haben auch mehrheitlich kein Interesse an ihnen. Allerdings geben 17,9 % (und damit 44,6 % derjenigen, die diese Anwendung nicht bereits nutzen) ein grundsätzliches Interesse an der Suche nach Informationen zu Gesundheitsthemen im Internet an. Ebenso wäre für 37,1 % derjenigen, die keine E-Mails schreiben oder empfangen, diese Anwendung des Internets interessant. Das Interesse an den anderen beiden Anwendungen (Handel und soziale Netzwerke) ist unter ihren Nichtnutzer:innen dagegen gering.

Abb. 9
figure 9

Nutzung verschiedener Anwendungen im Internet unter hochaltrigen Onlinern

Nutzung von digitalen Geräten

Das Mobiltelefon ist das von Hochaltrigen meistgenutzte digitale Gerät. Das Fitnessarmband hingegen wird von wenigen Personen ab 80 Jahren genutzt. Nutzen Hochaltrige ein digitales Gerät, so tun sie dies zumeist täglich oder wöchentlich.

Von den fünf abgefragten digitalen Geräten (Computer/Laptop, Smartphone, Mobiltelefon, Tablet, Fitnessarmband) nutzen Hochaltrige in Deutschland im Schnitt 1,5 Geräte. Knapp zwei Drittel (64,9 %) der hochaltrigen Menschen in Deutschland nutzen ein Mobiltelefon. Es ist somit das von dieser Gruppe meistgenutzte digitale Gerät, gefolgt von Computer bzw. Laptop (36,8 %), Smartphone (33,9 %), Tablet-Computer (16,7 %) und Fitnessarmband (6,0 %) (vgl. Abb. 10). Diese Rangfolge ist in beinahe allen Subgruppen identisch – lediglich unter den hochaltrigen Frauen und hochaltrigen Personen mit niedriger Bildung nutzen mehr Personen das Smartphone als den Computer oder Laptop. Jede:r fünfte (20,0 %) Hochaltrige nutzt keines der abgefragten Geräte.

Abb. 10
figure 10

Anteil der Nutzer:innen verschiedener digitaler Geräte in der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung in Deutschland

Auch digitale Geräte werden von einem Großteil ihrer hochaltrigen Nutzer:innen täglich benutzt (vgl. Abb. 11): Computer oder Laptop zu 63,7 %, Smartphone zu 79,0 %, Mobiltelefon zu 44,3 %, Tablet-Computer zu 52,9 %, und Fitnessarmband zu 57,0 %. Ist dies nicht der Fall, so nutzen viele Befragte ihr digitales Gerät zumindest wöchentlich. Nur ein geringer Anteil der Hochaltrigen verwendet ein genutztes Gerät nur monatlich oder seltener.

Abb. 11
figure 11

Nutzungshäufigkeit nach digitalen Geräten

Technikeinstellungen

Wider die Klischees: Hochaltrige in Deutschland lehnen moderne Technik nicht überwiegend ab. Zwar gibt etwa jede:r Dritte (eher) negative Einstellungen gegenüber moderner Technik an – vergleichbar viele interessieren sich jedoch durchaus für moderne Technik und sehen Vorteile in ihr.

Innerhalb der Gesamtgruppe der hochaltrigen Menschen in Deutschland werden sehr verschiedene Meinungen zu moderner Technik vertreten (vgl. Abb. 12). Ein gutes Drittel (38,5 %) interessiert sich gar nicht oder eher nicht für neue technische Dinge, jedoch interessiert sich ebenfalls etwa ein Drittel (31,9 %) zumindest teilweise und wiederum ein knappes Drittel (29,6 %) eher oder sogar sehr für neue Technik. Bezüglich der empfundenen Schwierigkeit der Bedienung von moderner Technik verschieben sich die Verhältnisse leicht in die negative Richtung. So schätzt wieder beinahe ein Drittel (30,4 %) der Hochaltrigen die Bedienung technischer Geräte als teilweise schwierig ein, jedoch gut zwei Fünftel (43 %) als eher oder sehr schwierig und ein gutes Viertel (26,5 %) als eher nicht oder gar nicht schwierig. Etwas stärker ist die Verschiebung mit Blick auf die empfundene Alltagserleichterung: 45,9 % sehen in moderner Technik eher keine oder gar keine Möglichkeit der Alltagserleichterung, ein geringerer Anteil (33,0 %) eher oder sehr, und 21,1 % haben hierzu keine eindeutige Meinung.

Abb. 12
figure 12

Technikeinstellungen der hochaltrigen Allgemeinbevölkerung in Deutschland

Eine detailliertere Betrachtung der Technikeinstellungen hochaltriger Menschen nach den Differenzierungsvariablen zeigt signifikante Unterschiede in den durchschnittlichen Werten zwischen verschiedenen Subgruppen. Abb. 13 zeigt jeweils den durchschnittlichen Grad an Zustimmung oder Ablehnung: „Gar nicht“ entspricht dem Wert 1, „Eher nicht“ dem Wert 2, „Teils/teils“ dem Wert 3, „Eher“ dem Wert 4 und „Sehr“ dem Wert 5. Im Einklang mit den oben beschriebenen Prozentwerten liegen dabei viele Gruppenmittelwerte über dem Wert in der Mitte der jeweiligen Skala: Dies zeigt, dass sich viele Gruppen Hochaltriger durchaus für Technik interessieren und diese oft auch eher als Alltagserleichterung wahrnehmen, ihre Bedienung jedoch tendenziell schwierig empfunden wird.

Abb. 13
figure 13

Durchschnittliche Technikeinstellungen im Gruppenvergleich

Hochaltrige Männer haben im Vergleich zu hochaltrigen Frauen signifikant positivere Technikeinstellungen in allen drei Aspekten (alle p < 0,001). Ebenso sind die Technikeinstellungen der Hochaltrigen umso positiver, je höher ihre Bildung (p < 0,05 – p < 0,001), ihr Einkommen (p < 0,01 – p < 0,001), und ihre kognitiven Fähigkeiten (p < 0,05 – p < 0,001) sind. Mit Blick auf Altersunterschiede hat die jüngste Altersgruppe (80–84 Jahre) signifikant positivere Technikeinstellungen in allen drei Aspekten (p < 0,01 – p < 0,001) im Vergleich zur mittleren Altersgruppe (85–89 Jahre). Zwischen der mittleren und ältesten (90+ Jahre) Gruppe zeigt sich jedoch nur ein statistisch bedeutsamer Unterschied in der empfundenen Bedienungsschwierigkeit (p < 0,05). Privat wohnende Hochaltrige interessieren sich signifikant stärker für Technik als Heimbewohner:innen (p < 0,001) und schätzen die technischen Möglichkeiten der Alltagserleichterung signifikant höher ein (p < 0,001). Die beiden Gruppen unterscheiden sich jedoch nicht signifikant in ihrer Einschätzung der Bedienungsschwierigkeit von technischen Geräten.

Nicht überraschend stehen die Technikeinstellungen auch in Zusammenhang mit der Internetnutzung (vgl. Abb. 14): Je positiver die Technikstellungen von Hochaltrigen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie das Internet nutzen (alle p < 0,001). So sind von denjenigen, die gar nicht an moderner Technik interessiert sind, nur 4,7 % online, während es bei einem sehr großen Interesse 68,8 % sind. Personen, die den Umgang mit moderner Technik als sehr schwierig einstufen, nutzen zu 9,3 % das Internet. Erst ab der Einschätzung, die Bedienung sei nur teilweise schwierig, ist über die Hälfte (58,0 %) der Hochaltrigen online, wobei dieser Anteil mit einer als geringer empfundenen Schwierigkeit nicht mehr steigt, sondern sogar abfällt (auf 48,3 %). Personen, die moderne Technik gar nicht als (mögliche) Alltagserleichterung wahrnehmen, sind zu 3,5 % Onliner; bei einer sehr starken erwarteten bzw. empfundenen Alltagserleichterung sind es hingegen 72,9 %. Der als sehr stark empfundene Nutzen der Technikanwendung geht demnach mit dem größten Anteil an Internetnutzer:innen einher. Die Frage der Richtung des Zusammenhangs – also ob positivere Technikeinstellungen zur Internetnutzung führen oder andersherum – ist mit diesen Daten allerdings nicht zu beantworten.

Abb. 14
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Anteil von hochaltrigen Onlinern nach Technikeinstellungen

Einfluss der Coronapandemie auf die Internetnutzung

Jede:r vierte Hochaltrige gibt an, dass die Coronapandemie einen Einfluss auf seine/ihre Internetnutzung genommen hat. Dies wird von ebenso vielen Hochaltrigen positiv wie negativ empfunden.

Mit 74,5 % gibt ein Großteil der Hochaltrigen an, dass sich ihre Internetnutzung während der Pandemie nicht verändert hat. Doch für jede vierte hochaltrige Person (25,5 %) hatte die Pandemie in diesem Lebensbereich eine Auswirkung. Diese fiel allerdings bei den meisten dieser Personen eher leicht (11,1 %) bis mäßig (8,4 %) aus. Nur 4,0 % berichten von einer starken und 2,0 % von einer sehr starken Beeinflussung ihrer Internetnutzung durch die Coronapandemie (vgl. Abb. 15).

Abb. 15
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Ausmaß des Einflusses der Coronapandemie auf die Internetnutzung bei Hochaltrigen

Diejenigen, die einen Einfluss angegeben hatten (d. h. bei Auswahl einer der Antwortmöglichkeiten „ein wenig“ bis „sehr stark“), wurden weiterhin gefragt, wie sie diese Veränderung subjektiv bewerten. Gut jede sechste hochaltrige Person (17,8 %) mit veränderter Internetnutzung durch die Coronapandemie erlebt diese Veränderung als positiv. Hierfür sind verschiedene Gründe denkbar: So könnten Hochaltrige die Möglichkeiten schätzen, bei gleichzeitigem Gesundheitsschutz digital mit Anderen in Kontakt zu treten, sich jederzeit über geltende Maßnahmen und aktuelle Entwicklungen der Pandemie informieren zu können, oder auch durch die Pandemie den Anstoß dafür bekommen zu haben, sich im Allgemeinen (mehr) mit der digitalen Welt zu befassen.

Allerdings bewertet ein fast ebenso großer Teil (15,3 %) der Hochaltrigen mit veränderter Internetnutzung diese Entwicklung negativ. Dies könnte etwa auf das Gefühl hindeuten, durch die Pandemie (mehr als zuvor) zur Internetnutzung gezwungen zu sein, auf Unsicherheiten im (gesteigerten) Umgang mit dem Internet, oder auf das Bedauern über einen Mangel an alternativen Beschäftigungen bzw. Möglichkeiten des physischen Beisammenseins mit Anderen. Der Großteil (66,9 %) der Hochaltrigen empfindet die veränderte Internetnutzung jedoch als insgesamt weder eindeutig positiv noch negativ (vgl. Abb. 16).

Abb. 16
figure 16

Subjektive Bewertung des Einflusses der Coronapandemie auf die Internetnutzung bei Hochaltrigen mit veränderter Internetnutzung

Unter denjenigen, deren Internetnutzung durch die Pandemie beeinflusst wurde, ist erwartungsgemäß ein signifikant (p < 0,001) größerer Anteil an Onlinern (95,7 %) als in der Gruppe, deren Internetnutzung sich während der Pandemie nicht verändert hat (67,9 %) (vgl. Abb. 17). Die erhobenen Daten bilden die konkrete Art der Veränderung jedoch nicht ab. Naheliegend wäre, dass viele Personen während der Coronapandemie neu begonnen haben, das Internet zu verwenden oder es nun häufiger nutzen. Der angegebene Einfluss der Coronapandemie könnte sich aber auch auf ein verändertes Verhalten im digitalen Raum, andere genutzte Anwendungen o. ä. beziehen. Dass andererseits auch (wenige) Offliner einen Einfluss der Pandemie auf ihre Internetnutzung angegeben haben, könnte möglicherweise dadurch erklärt werden, dass durch Kontaktreduktion oder Verlust des Partners Hilfen bei der Internetnutzung weggefallen sind, oder Kontakte, mit denen online kommuniziert wurde (z. B. wegen Krankheit, Tod oder Kontaktabbruch) nicht mehr bestehen.

Abb. 17
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Anteile von Onlinern und Offlinern bei Personen mit veränderter bzw. nicht veränderter Internetnutzung

Fazit

Der vorliegende Kurzbericht legt Befunde zur digitalen Teilhabe in der Hochaltrigkeit auf Grundlage der Studie „Hohes Alter in Deutschland (D80+)“ vor. Er bietet einen differenzierten Einblick in die Internetnutzung von Menschen ab 80 Jahren in Deutschland. Die Ergebnisse tragen dazu bei, die bislang unzureichenden Kenntnisse zur digitalen Teilhabe von hochaltrigen Menschen mit repräsentativen Aussagen anhand einer großen und wenig selektiven Stichprobe zu erweitern.

Etwas mehr als jede:r Dritte (37,3 %) der Menschen ab 80 Jahren in Deutschland nutzt das Internet. Dieser Wert liegt deutlich unter dem der deutschen Allgemeinbevölkerung (88 %; vgl. Initiative D21 2021), noch deutlicher unter dem der Personen unter 50 Jahren (98 %; vgl. Initiative D21 2021), und veranschaulicht somit die vielbenannte digitale Spaltung zwischen Jung und Alt. Auch in Gruppen „jüngerer Älterer“ ist der Anteil der Internetnutzer:innen bereits deutlich höher (86 % bei 60–69-Jährigen, 52 % bei Ab-70-Jährigen; Initiative D21 2021). Altersunterschiede, auch innerhalb der Gruppe der Hochaltrigen, stellen sicher auch Kohortenunterschiede dar, da nachrückende Kohorten bereits früher in ihrem Leben lernen konnten, mit digitaler Technik umzugehen, während ältere auch etwa im Erwerbsleben nicht mit digitaler Technik in Berührung kamen. Im Vergleich zu repräsentativen Daten für Hochaltrige in Nordrhein-Westfalen aus den Jahren 2017/18 (Studie NRW80+; Wagner et al. 2018) ist der Anteil hochaltriger Internetnutzer:innen jedoch bereits deutlich gestiegen: Dort war nur etwa jede:r Fünfte (19,3 %) online. In der Gruppe der Ab-70-Jährigen stieg die Internetdiffusion in ähnlichem Zeitraum um 10,0 Prozentpunkte von 42,0 % auf 52,0 % (vgl. Initiative D21 2021; Initiative D21 e. V. 2018). Dies unterstützt insgesamt die Erwartung, dass sich das Internet in bislang wenig digital teilhabenden Gruppen zunehmend verbreitet und die Internetdiffusion prozentual oft dort am stärksten wächst, wo sie noch am niedrigsten ist.

Aussagen über die Internetnutzung in der hochaltrigen Bevölkerung sollten allerdings gut kontextualisiert werden. Denn die Ergebnisse machen sehr deutlich, dass starke Unterschiede in der Internetnutzung zwischen verschiedenen Teilgruppen hochaltriger Menschen bestehen. Während manche Gruppen beinahe oder schon mehr als zur Hälfte online sind (z. B. Männer, Hochgebildete, Einkommensstarke), sind andere besonders digital abgehängt (z. B. Frauen ab 85 Jahren, Niedrigergebildete, Einkommensschwächere, Heimbewohner:innen). Dies unterstreicht, was bereits für jüngere Altersgruppen gefunden wurde (z. B. Kortmann et al. 2021): Auf die Nutzung des Internets im Alter wirkt v. a. auch soziale Ungleichheit. Gleichzeitig kann soziale Ungleichheit durch den gesellschaftlichen Ausschluss ebenjener Personen, die das Internet nicht oder nur wenig nutzen, verstärkt werden (Ehlers et al. 2020). In der Diskussion um die digitale Spaltung muss daher im Blick behalten werden, dass die Internetnichtnutzung älterer Menschen nicht allein durch ihr Alter erklärt wird. Dies zeigt wiederum, dass Hochaltrige entgegen pauschaler Vorstellungen keine homogene Gruppe sind.

Zu Unterschieden in der Internetnutzung zwischen verschiedenen soziodemografischen Gruppen bietet die Literatur bereits viele Erklärungsansätze. Dazu zählt beispielsweise bei Geschlechtsunterschieden, dass ältere Frauen in der Regel formal geringer gebildet sind und infolgedessen einerseits über weniger Erfahrungen im Umgang mit Technik aus ihrem Berufsleben und andererseits über geringere finanzielle Mittel verfügen als Männer. Auch wird vermutet, dass ältere Frauen sozialisationsbedingt eine geringere Technikaffinität als gleichaltrige Männer aufweisen (Ehlers et al. 2020). In der hier untersuchten hochaltrigen Stichprobe behielt das Geschlecht auch unabhängig von Bildung, Einkommen und Technikeinstellungen einen signifikanten Einfluss auf die Internetnutzung. Dieser könnte jedoch durch weitere psychologische Aspekte (z. B. geringe computerbezogene Selbstwirksamkeit, Ängstlichkeit gegenüber Technik, internalisierte Rollenbilder; Schmidt und Wahl 2019), die hier nicht berücksichtigt werden konnten, weiter aufgeklärt werden.

Gering ist, wie erwartet, insbesondere der Anteil von Onlinern in der Gruppe der Heimbewohner:innen (14,1 %). Dieser Wert liegt sogar deutlich unter der Schätzung von 20–30 % (Endter et al. 2020), wobei sich die hier betrachtete Gruppe auf die Ab-80-jährigen Heimbewohner:innen beschränkt. Nichtsdestotrotz unterstreicht dieses Ergebnis den dringenden Handlungsbedarf mit Blick auf die noch unzureichende Ausstattung von Alten- und Pflegeheimen mit entsprechender Technik (Borchert 2018; Endter et al. 2020) sowie die nötige Begleitung der Bewohner:innen bei der Techniknutzung durch Gruppenangebote und individuelle Technikbegleitung (Initiative D21 2021). Gerade in Zeiten der Coronapandemie, die Heimbewohner:innen mit Kontaktbeschränkungen und Besuchsverboten besonders getroffen hat, hätte das Internet eine wichtige ausgleichende Ressource sein können – aufgrund ihrer geringen Ausschöpfung von digitalen Möglichkeiten konnten Heimbewohner:innen solche Einbußen jedoch schlechter kompensieren (Kemptner und Marcus 2020). Für eine kleine Gruppe von Personen, die ihre Internetnutzung während der Pandemie zum eigenen Vorteil anpassen konnten, kann die Coronapandemie jedoch zumindest in diesem Lebensbereich durchaus als Quelle von Zugewinnen verstanden werden. Demgegenüber steht allerdings eine ebenso große Gruppe, die diese nötige Reaktion auf die Coronapandemie negativ erlebt – und ein Großteil der Hochaltrigen, der auf die Coronapandemie nicht mit einem veränderten Internetnutzungsverhalten reagieren konnte oder wollte.

Weitgehend unabhängig von Gruppenmerkmalen gilt, dass hochaltrige Personen, die das Internet nutzen, dies in der Regel täglich (57,0 %) oder wöchentlich (31,5 %) tun. In diesem Trend unterscheiden sie sich nicht von jüngeren Altersgruppen, die ebenfalls mehrheitlich täglich online sind (Statistisches Bundesamt 2021b). Die beliebteste Online-Anwendung in allen untersuchten Gruppen und mit 82,2 % Nutzer:innen unter den hochaltrigen Onlinern ist die E-Mail-Kommunikation. Dies gilt auch für die deutsche Allgemeinbevölkerung, die diese Anwendung zu 90 % nutzt (Statistisches Bundesamt 2021b). Mit Blick auf die Nutzung von sozialen Netzwerken (13,8 %) fallen die Hochaltrigen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung (55 % soziale Netzwerke und 82 % Instant Messaging; Statistisches Bundesamt 2021b) jedoch deutlich ab. Diese Anwendungen erscheinen den Hochaltrigen auch kaum interessant. Dies steht im Einklang mit Ergebnissen für die Gruppe der Ab-70-Jährigen, die soziale Medien ebenfalls nur selten nutzen (Initiative D21 2021).

Auch digitale Geräte werden von ihren hochaltrigen Nutzer:innen täglich oder wöchentlich genutzt. Im Durchschnitt nutzen hochaltrige Menschen in Deutschland 1,5 von 5 abgefragten digitalen Geräten. Am häufigsten nutzen sie das Mobiltelefon; in der Gesamtbevölkerung Deutschlands wird dieses nur noch von vergleichsweise wenigen Personen (17 %) verwendet (Initiative D21 2021). Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz bietet die Diffusionstheorie, laut der ältere Menschen (neben weiteren Gruppen) technische Innovationen als letzte Personen in einer Gesellschaft annehmen (Rogers 2003). Das Mobiltelefon gehört zu den weniger neuen digitalen Geräten und ist bereits länger in der Gesellschaft diffundiert sowie einfacher zu bedienen als etwa das Smartphone – dasselbe gilt für den Computer, der von Hochaltrigen häufiger genutzt wird als ein Tablet-Computer. Allerdings wurde bereits gezeigt, dass ältere Personen auch neuere Technik nutzen, wenn sie diese als nützlich, sinnvoll und bedienungsfreundlich ansehen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2010). Am seltensten nutzen Hochaltrige in Deutschland ein Fitnessarmband; in der Gesamtbevölkerung ist die Nutzung mit 10 % vergleichbar gering (Initiative D21 2021).

Die Ergebnisse zeigen abschließend, dass hochaltrige Menschen in Deutschland sehr unterschiedliche Haltungen zu moderner Technik haben. So vertreten sie zu ähnlich großen Anteilen positive und negative Meinungen zu moderner Technik. Ein großer Teil vertritt weder entschieden positive noch entschieden negative Technikeinstellungen. Landläufige Stereotype, dass sehr alte Menschen der modernen Technik gegenüber grundsätzlich negativ eingestellt seien, werden der Realität demnach keineswegs gerecht. Zudem zeigen sich auch hier Unterschiede zwischen verschiedenen Teilgruppen Hochaltriger: Jüngere, männliche, höher gebildete, einkommensstärkere, privat wohnende und kognitiv gesündere Hochaltrige vertreten tendenziell positivere Einstellungen zu moderner Technik. In anderen Gruppen könnten Vorbehalte gegenüber moderner Technik angesichts der voranschreitenden Digitalisierung zunehmend problematisch werden. Empirisch wurde gezeigt, dass insbesondere Schwierigkeiten im Umgang mit technischen Geräten negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden und Autonomieempfinden älterer Menschen haben (Doh et al. 2015) und zu negativer Selbst-Stereotypisierung führen können (Schmidt und Wahl 2019). Zudem kann die dynamische Technisierung des Alltags Gefühle von sozialer Ausgrenzung und Geringschätzung (Obsoleszenz) auslösen (Doh 2020). Die Technikeinstellungen sind außerdem insofern relevant, als dass der vorliegende Bericht zeigen konnte, dass sie stark mit der Nutzung des Internets verbunden sind. Dies unterstützt die Annahme des „Technology Acceptance Model“ (Davis 1989), dass einstellungsbezogene Aspekte die Techniknutzung gut vorhersagen können. Stärker noch als die empfundene Bedienungsschwierigkeit zeigt sich dabei die individuelle Nutzenerwartung als bedeutsam für die Internetnutzung. Möglich ist auch die umgekehrte Wirkrichtung, nämlich dass (gute) Erfahrungen im Umgang mit dem Internet zu positiveren Technikeinstellungen führen. Empirisch belegt ist außerdem die Bedeutung weiterer psychologischer Faktoren für die Techniknutzung im Alter, insbesondere die Überzeugung von der eigenen Internetkompetenz (internet self-efficacy) (Jokisch et al. 2021). Nicht unerhebliche Anteile derer, die sogar sehr an moderner Technik interessiert sind, die Bedienungsschwierigkeit als sehr gering einschätzen oder eine sehr hohe Nutzenerwartung haben, nutzen das Internet dennoch nicht. Offensichtlich bleiben hier Potenziale ungenutzt, durch den Abbau anderer Nutzungshürden weitere interessierte Hochaltrige an die Technik anzubinden.

Politische Implikationen

Obwohl der Anteil von Hochaltrigen, die das Internet nutzen, seit vergleichbarer Datenerhebung im Jahr 2017/2018 bereits gestiegen ist, ist diese Bevölkerungsgruppe weiterhin digital abgehängt. Insbesondere ältere Menschen könnten von der Internetnutzung im Sinne der Kompensation altersbedingter Verluste z. B. in der Mobilität jedoch besonders profitieren. Zimmermann et al. (2022) zeigen in einem weiteren D80+ Kurzbericht, dass hochaltrige Frauen und Niedriggebildete besonders stark von Pflegebedürftigkeit betroffen sind. Wie hier berichtet, sind ebendiese Gruppen zugleich von der digitalen Welt in hohem Maße ausgeschlossen und haben somit ein besonders hohes Risiko für den Verlust von Autonomie.

Die reine Internetnutzung ist zudem nicht gleichbedeutend mit einem kompetenten und zielführenden Verhalten im digitalen Raum. So wird darauf hingewiesen, dass mit der wachsenden Zahl von Internetnutzer:innen durch stärkere Internetdiffusion in bislang noch wenig digital teilhabenden Gruppen auch die Anzahl derjenigen steigt, die (u. a. aufgrund geringer Internetkompetenz) das Internet nur auf wenige Anwendungen beschränkt nutzen und keinen nennenswerten Mehrwert aus diesem ziehen (van Eimeren und Frees 2014). Während sich die digitale Spaltung (digital gap) langsam schließt, tut sich also möglicherweise ein sogenannter usage gap (van Deursen und van Dijk 2014) auf. Gerade Anwendungen, die echte Vorteile für die Alltagsbewältigung bieten könnten (z. B. Online-Banking oder Online-Shopping), bedürfen jedoch hoher digitaler Kompetenz. Steigende Zahlen der Internetnutzer:innen machen Qualifizierungsangebote mit Blick auf digitale Kompetenz daher nicht überflüssig. Es wird zudem davor gewarnt zu glauben, der digitale Graben werde sich mit der Zeit bzw. mit nachrückenden Generationen automatisch schließen. Denn die technologische Entwicklung wird rasant voranschreiten, während altersbedingte (z. B. kognitive) Verluste und motivationale Verschiebungen weiterhin auftreten werden (Schmidt und Wahl 2019). So bleiben digitale Kompetenzen ein Thema des lebenslangen Lernens (Pelizäus-Hoffmeister 2013) und Maßnahmen zur digitalen Teilhabe aller Gesellschaftsgruppen auch zukünftig notwendig.

Für Maßnahmen zur Schließung des digitalen Grabens wurden bereits zahlreiche Vorschläge gemacht. Dazu gehört der Ausbau von niederschwelligen Bildungs- und Beratungsangeboten, die vor allem im Nahraum stattfinden und möglichst an biografischen Übergangssituationen anknüpfen sollten, sowie die Motivation zur Techniknutzung in vertrauten Kontexten wie Vereinen, Gemeinden etc. (z. B. Ehlers et al. 2020). Zur Förderung der Internetkompetenz von älteren Menschen haben sich verschiedene Lernstrategien als nützlich erwiesen, insbesondere die Form des begleitenden Lernens mit persönlicher Unterstützung, allerdings bevorzugen viele auch ein eigenständiges Lernen mit Erklärvideos (Schlomann et al. 2022). Im Mittelpunkt sollten immer auch die Vorteile von Technik für den eigenen Alltag stehen, da – wie auch in diesem Bericht deutlich geworden – negative Technikeinstellungen und insbesondere eine fehlende Nutzenerwartung stark mit der Nichtnutzung zusammenhängen. Der vorliegende Bericht konnte zudem zeigen, dass die digitale Nichtteilhabe nicht allein durch das Alter einer Person erklärt wird, sondern dass soziale Ungleichheiten auch in diesem Lebensbereich sehr deutlich werden. Offliner sind in ihren Merkmalen und Zugangsbarrieren daher sehr heterogen. Während für manche aufgrund finanzieller Hürden v. a. kostengünstige Angebote und Leihgeräte wichtig wären, geht es bei anderen beispielsweise eher um die Stärkung der eigenen Kompetenzerwartung, z. B. aufgrund traditioneller Rollenbilder. Folglich können Angebote nur erfolgreich sein, wenn sie an die jeweilige Zielgruppe angepasst gestaltet werden. Auch Investitionen in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur zur allgemeinen Reduktion von Ungleichheiten sind für die Verringerung der digitalen Spaltung nützlich (Ehlers et al. 2020). Wichtig wäre darüber hinaus der Abbau unzutreffender gesellschaftlicher Stereotype, die Hochaltrigen die Techniknutzung pauschal nicht zutrauen und sich auch in Form von internalisierter Selbst-Stereotypisierung negativ auswirken.

Bei allen Bemühungen um eine zunehmende Internetdiffusion und digitale Kompetenz in noch digital abgehängten Gruppen sollten neben den möglichen positiven Effekten für gesellschaftliche Teilhabe und ein selbstständiges Altern jedoch auch die Risiken von zunehmend vorausgesetzter digitaler Kompetenz nicht außer Acht gelassen werden. Einzelne Gruppen (z. B. Menschen mit geistiger Behinderung, starker kognitiver Einschränkung) werden wohl auch in Zukunft wenig online sein, andere sich bewusst gegen die Internetnutzung entscheiden. Die Internetnichtnutzung sollte nicht mit spürbaren Nachteilen einhergehen und die Internetnutzung nicht zum Zwang werden.