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FormalPara Kernaussagen

Zwischen November 2020 und April 2021 wurde aufbauend auf der NRW80+ Studie die bundesweite Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (D80+) durchgeführt. Die Erhebung der Daten erfolgte im Rahmen einer bundesweiten, repräsentativen schriftlichen Befragung von mehr als 10.000 Personen ab 80 Jahren zu deren Lebenssituation und Lebensqualität. Mit diesen Daten ist die Einkommenssituation und Einkommensungleichheit dieser hochaltrigen Personen repräsentativ, aktuell erfasst und kann differenziert analysiert werden. Wir berichten nachfolgend – bis auf wenige Ausnahmen – das Nettoeinkommen der Hochaltrigen, genauer deren Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen, das ein auf die Haushaltsmitglieder bezogenes Pro-Kopf-Einkommen darstellt. Einkommensarmut wurde anhand der gängigen Armutsriskoschwelle von 60 % des mittleren Einkommens (Median) definiert, welches bei Unterschreitung eines Nettobetrages von 1176,- € monatlich vorliegt. Aussagen über Vermögen, Schulden und Einkommensquellen können in diesem Bericht nicht getroffen werden.

Armut im hohen Alter ist weit verbreitet. 22,4 % der Bevölkerung im Alter von 80 Jahren und älter sind von Einkommensarmut betroffen. Diese Armutsquote liegt über derjenigen der Gesamtbevölkerung (14,8 %).

Der Zusammenhang zwischen Bildung und Einkommen und Bildung und Armut ist auch im hohen Alter hoch. So haben hochgebildete im Vergleich zu niedriggebildeten hochaltrigen Personen im Durchschnitt ein fast um 1150,- € höheres Nettoeinkommen im Monat. Zudem ist die Armutsquote für niedriggebildete im Vergleich zu hochgebildeten Hochaltrigen um knapp 35 %-Punkte höher.

Frauen ab 80 Jahren haben in Deutschland ein deutlich niedrigeres Einkommen als Männer und sind öfter von Armut betroffen. Das durchschnittliche monatliche Nettoäquivalenzeinkommen von hochaltrigen Frauen liegt bei 1765,- €, das von hochaltrigen Männern bei 2068,- €. Damit liegt das Einkommen der Frauen ca. 300,- € unter dem Einkommen von Männern. Zudem ist die Armutsquote der ab 80-Jährigen Frauen um über 9 %-Punkte höher als bei Männern. Besonders hoch ist die Armutsquote bei Frauen, die nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind (51,8 %). Diese Gruppe hat im Durchschnitt ein monatliches Nettoäquivalenzeinkommen von 1369,- €.

Das Einkommen der Hochaltrigen in Ostdeutschland (1758,- €) liegt unter dem Einkommen der Hochaltrigen in Westdeutschland (1923,- €), allerdings ist dieser Unterschied statistisch nicht überzufällig. Die Armutsquote der Ab- 80-Jährigen ist in Ostdeutschland deutlich niedriger als in Westdeutschland (18,2 % vs. 23,7 %). Die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sind in Ostdeutschland deutlich geringer als in Westdeutschland.

Die Einkommensungleichheit in der Bevölkerungsgruppe der Hochaltrigen ist geringer als in der Gesamtbevölkerung. Der Gini-Koeffizient für die Bevölkerung im Alter 80 Jahren und älter beträgt 22,5, für die Gesamtbevölkerung 29,7. In Ostdeutschland (Gini = 18,2) ist die Einkommensungleichheit geringer als in Westdeutschland (Gini = 24,2).

In der Bevölkerungsgruppe der ab 80-Jährigen gelten 2,8 % als einkommensreich. Das monatliche Nettoäquivalenzeinkommen pro Kopf übersteigt hier den Wert von 3940,- €.

Einleitung

Öffentliche Debatten um die Altersarmut oder die Grundrente zeigen, dass es auch mit Blick auf die hochaltrige Bevölkerung sozialpolitischen Handlungsbedarf gibt, zumal das Armutsrisiko im (hohen) Alter wahrscheinlich zukünftig steigen wird (Simonson und Vogel 2019). Dennoch wird die Lebenssituation von Menschen im hohen Alter in der Gesellschaft vielfach auch anders wahrgenommen: Renter*innen, die die wirtschaftlich goldenen Jahre der Bundesrepublik erlebt haben, seien ökonomisch gut ausgestattet und verfügen über eine sichere Rente (Engels 2020).

Einkommen als eine zentrale Dimension sozialer Ungleichheit ist ein gesellschaftspolitisch aufgeladenes Thema. Dabei hat die Einkommensungleichheit konkrete Auswirkungen auf die Lebenschancen und Lebensrisiken der Gesellschaftsmitglieder. Die materielle Lage einer Person beeinflusst den Wohnort, Freizeitaktivitäten, Konsum, sowie die Struktur des sozialen Umfeldes und Inanspruchnahme gesundheitlicher und pflegerischer Angebote (Simonson und Vogel 2019). So sind Gesundheits- und Sterberisiken in Deutschland mit der finanziellen Lage einer Person assoziiert (Hradil 2009).

Die finanzielle Lage der Hochaltrigen wird nur selten differenziert betrachtet. So informiert beispielsweise der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) über soziale Ungleichheiten von Personen ab 65 Jahren als höchste Altersgruppe (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b). Die Studie „Hohes Alter in Deutschland (D80+)“ bietet nun erstmals die Gelegenheit, repräsentativ für Deutschland die Einkommenslage der Ab-80-Jährigen genauer zu beleuchten. Dieser Beitrag soll dabei die finanzielle Einkommenslage dieser Personengruppe, die Verteilung der Einkommen und den Zusammenhang des Einkommens mit den soziodemografischen Merkmalen Geschlecht, Alter, Ost-/Westdeutschland sowie dem Bildungsniveau prüfen. Diese Merkmale gehören in der einschlägigen Forschung zu den zentralen potenziellen Determinanten von Armutsrisiken. Die Hochaltrigen gehören Geburtsjahrgängen an, deren Bildungs- und Erwerbsverläufe häufig unterbrochen wurden, insbesondere Frauen in Westdeutschland folgten traditionellen Geschlechterrollen, die ihnen Hausarbeit und Kindererziehung nahelegten, nicht aber Erwerbsarbeit. All das könnte die finanzielle Einkommenslage der Hochaltrigen beeinflussen.

Zunächst sollen die Daten und die Methoden vorgestellt werden, es folgen deskriptive Analysen, wobei die Befunde der D80+-Studie mit Statistiken der Gesamtbevölkerung verglichen werden, um herauszufinden, ob Menschen im hohen Alter finanziell besser oder schlechter gestellt sind im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Zuletzt werden die Ergebnisse in einem Fazit zusammengefasst, wobei auch mögliche Limitierungen sowie politische Implikationen zur Sprache kommen.

Daten und Methoden

Aufgrund der Coronapandemie wurde die Befragung in zwei Schritten durchgeführt. Für den vorliegenden Bericht werden die Daten der ersten schriftlichen Erhebung ausgewertet. Hierbei wurden sozioökonomische Angaben zum Einkommen und zur Bildung erhoben. Aus dem Variablenset zum sozioökonomischen Status wurden in der anschließenden zweiten telefonisch durchgeführten Befragung Angaben zu Vermögen, Schulden, Ausgaben, ehemaligem beruflichen Status und die detaillierte Zusammensetzung von Einkommen erhoben. Diese Daten waren bei der Erstellung dieses Berichts noch nicht vollständig verfügbar.

Um Alters- und Geschlechtsunterschiede sichtbar zu machen, wurden die befragten Personen für die Analysen in sechs Gruppen aufgeteilt: Frauen und Männer jeweils im Alter von 80–84, 85–89 und über 90 Jahren. Ebenfalls wurde nach Bildungsniveau differenziert und Unterschiede zwischen Ost und West analysiert, da hier nach wie vor Einkommensunterschiede zu beobachten sind (BMWi 2018). Berlin wird Ostdeutschland zugerechnet. Die Angabe in den vorliegenden Daten bzgl. Ostdeutschland oder Westdeutschland beziehen sich auf den aktuellen Wohnort. In stationären Einrichtungen lebende Personen unterscheiden sich in ihrer Einkommenssituation von privat lebenden Personen, was den direkten Vergleich mit Personen in Privathaushalten erschwert. Ihre ökonomische Autonomie ist oftmals eingeschränkt und sie sind in institutionelle Hilfesysteme eingebunden, was die Messung und die Interpretation der Daten erschwert (Motel und Wagner 1993). Die Einkommenslage der Heimbewohner*innen wird daher separat dargestellt.

Einkommen

Das Haushaltseinkommen wurde in der Erhebung als kategoriale Variable erfragt. Die befragten Personen wurden gebeten, eine EinkommenskategorieFootnote 1 auszuwählen.Footnote 2 Diese Kategorien wurden eng gewählt, um gut einschätzen zu können, wo der genaue Einkommenswert liegt. Unter der Annahme der Gleichverteilung der Werte in den Kategorien wurden diese durch ihren Mittelwert ersetzt um einen tatsächlichen Einkommenswert und keine -gruppe zu haben (gesis 2021). Aus diesen Werten wird das Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen berechnet.Footnote 3 Dabei wird die erste Person im Haushalt mit dem Gewicht 1,0, jede weitere Person mit dem Gewicht 0,5 berücksichtigt.

Allgemein sind Personen in Befragungen weniger bereit oder in der Lage, ihr Haushaltseinkommen anzugeben. Im Hinblick auf die Gruppe der Hochaltrigen haben Wagner und Motel (1996) dies ausführlich untersucht. Im vorliegenden Fall fehlt bei 865 Personen (8,3 %) die Angabe zum Einkommen. Frauen weisen signifikant mehr fehlende Werte auf als Männer (9,7 % vs. 6,1 %). Die Altersgruppen unterscheiden sich im Hinblick auf den Anteil fehlender Einkommensangaben nicht signifikant voneinander. Die Ausfälle sind bei einem hohen Bildungsniveau (3,8 %) im Vergleich zu einer niedrigen Bildung (10,4 %) und einer mittleren Bildung (8,4 %) signifikant niedriger. Ebenso liegt bei Hochaltrigen in Ostdeutschland häufiger eine Einkommensangabe vor als es in Westdeutschland der Fall ist (6,4 % vs. 8,9 %). Bei Heimbewohner*innen liegen signifikant mehr fehlende Angaben vor als bei privat lebenden Personen (14,3 % vs. 7,5 %). Zudem werden Personen, die vollstationär versorgt werden bzw. institutionell wohnen, aus der Analyse zum Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen ausgeschlossen, da dieses nicht plausibel berechnet werden kann. So steht Heimbewohner*innen mitunter nur ein Taschengeld zur Verfügung, auch die Haushaltsgröße lässt sich häufig nicht zuverlässig ermitteln. Insgesamt werden 1048 hochaltrige Heimbewohner*innen aus den Analysen zum Äquivalenzeinkommen ausgeschlossen (10,1 %). Personen, die zwölf Haushaltsmitglieder und mehr angegeben haben, wurden ausgeschlossen, da diese Werte unplausibel sind. Insgesamt fehlen zu 2044 Personen (19,7 %) Angaben zu ihrer Haushaltsgröße, sei es, weil sie aufgrund ihrer Wohnsituation hierzu nicht befragt wurden, weil sie keine Angaben machen wollten (5,5 %), diese unleserlich war oder die Angabe über 12 Personen lag (0,1 %). Damit konnte für 7743 Fälle ein Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen berechnet werden (74,7 %). Für die Heimbewohner*innen werden die angegebenen Einkommen als nicht nach Haushaltsgröße gewichtete Einkommen dargestellt und mit den ungewichteten Einkommen der privat Lebenden verglichen.

Bildung

Zur Klassifizierung von Bildung wurde die „International Standard Classification of Education“ (ISCED) herangezogen (UNESCO 2012). Hierbei wird anhand des „Bildungslevels“ (Höhe des Abschluss) und des „Bildungsfelds“ (schulisch oder betrieblich) eine Kategorisierung vorgenommen (UNESCO 2012). Die Unterscheidung basiert auf acht Ebenen: 1. Primarbereich, 2. Sekundarbereich I, 3. Sekundarbereich II, 4. postsekundärer, nicht tertiärer Bereich, 5. kurzes tertiäres Bildungsprogramm, 6. Bachelor- bzw. gleichwertiges Bildungsprogramm, 7. Master- bzw. gleichwertiges Bildungsprogramm, 8. Promotion (KANTAR Public 2018). Zusätzlich wird eine Gruppe 0 gebildet, deren Bildungsniveau weniger als Grundschule beträgt. 354 Personen (3,4 %) konnten einer solchen Einteilung nicht zugeordnet werden. Die ISCED-Skala wurde in drei Kategorien aufgeteilt: 1. Niedrig (ISCED 0–2; weniger als Grundschule bis einschließlich Sekundarstufe I; 24,0 %), 2. Mittel (ISCED 3–4; Sekundarstufe II bis einschließlich nicht-tertiärer, postsekundärer Bereich; 59,2 %) und 3. Hoch (ISCED 5–8; Tertiärbereich; 16,8 %) (Engstler et al. 2019; KANTAR Public 2018). Das Bildungsniveau der hochaltrigen Männer ist höher als dasjenige der hochaltrigen Frauen, ebenso ist es höher in der Altersgruppe 80–84 als bei den Über-90-Jährigen. Auch in Ostdeutschland ist es bei den Hochaltrigen signifikant höher als in Westdeutschland (ohne Tabelle).

Einkommensarmut

Bei der Messung von Armut können mehrere Konzepte in den Blick genommen werden. So wird zwischen absoluter und relativer Armut unterschieden (Hagenaars und Vos 1988). Absolute Armut beschreibt dabei eine Gefährdung des physischen Überlebens, während relative Armut sich auf den Lebensstandard im Vergleich zur Gesellschaft bezieht. Einkommens- und Vermögensarmut (Rank et al. 2014) oder auch Aspekte materieller EntbehrungFootnote 4 (Guggisberg et al. 2013) nehmen einzelne Aspekte der Armut in den Blick.

In diesem Bericht wird die relative Einkommensarmut betrachtet. In Wohlstandsgesellschaften ist absolute Armut ein Randphänomen (Hradil 2014). Relative Armut bedeutet im Vergleich zum allgemeinen Lebensstandard der Gesellschaft, wenig zu besitzen oder zu verdienen. Sie informiert dabei mehr über die Ungleichheit in einer Gesellschaft und weniger über die tatsächliche materielle Lebenssituation der Personen (Klein und Stauder 2019). In der Debatte um Armut hat sich ein Schwellenwert von 60 % des mittleren Einkommens (Median) etabliert, um Armut oder ein Armutsrisiko zu definieren. Aus dem vorliegenden Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen kann somit eine Armutsrisikoquote berechnet werden, die aufzeigt, wie viele und wer unter der genannten Armutsschwelle liegt.Footnote 5 Personen bzw. Haushalte mit einem Einkommen unter diesem Schwellenwert gelten als armutsgefährdet. Man spricht von Armutsgefährdung oder Armutsrisiko, da Faktoren wie Lebenshaltungskosten, Wohnform oder die familiale Situation beeinflussen, ob die betroffene Person tatsächlich in Armut lebt (Vogel und Künemund 2014). Der aktuelle amtlich verfügbare bundesweite Schwellenwert für Armut, der in diesem Bericht verwendet wird, ist für das Jahr 2018 verfügbar und beläuft sich auf einen Nettobetrag von 1176,- € monatlich (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b).Footnote 6 Er wird europaweit für jedes Land ermittelt und stammt aus der „Statistics on Income and Living Conditions“ (EU-SILC), die als hauptsächliche Datenquelle für Armutsquoten in Deutschland fungiert (DESTATIS 2019a).

Einkommensreichtum

Um Einkommensreichtum zu definieren, existieren im Armuts- und Reichtumsbericht zwei Schwellenwerte als Indikatoren: 200 % des Medians des Nettoäquivalenzeinkommens und 300 % (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b). Der aktuelle 200 %-Schwellenwert für das Jahr 2018 beträgt 3940,- € pro Monat (EU-SILC). Für den 300 %-Schwellenwert beträgt er 5910,- € pro Monat (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b).

Ergebnisse

Die Ergebnisse dieses Berichtes basieren auf folgenden Fallzahlen für die dargestellten Subgruppen hochaltriger Menschen in Deutschland: Männer (n = 3932, 37,9 %), Frauen (n = 6440, 62,1 %); 80–84 Jahre (n = 6123, 59,0 %), 85–89 Jahre (n = 2793, 26,9 %), 90 Jahre und älter (n = 1456, 14,0 %); Bildung hoch (n = 1682, 16,8 %), mittel (n = 5935, 59,2 %), niedrig (n = 2402, 24,0 %); Privathaushalt (n = 9324, 89,9 %), Heim (n = 1048, 10,1 %); West (n = 8095, 78 %), Ost (n = 2277, 22,0 %).

Das Nettoeinkommen der Hochaltrigen ist wesentlich niedriger als dasjenige der Gesamtbevölkerung (Abb. 1). Allerdings ist der hier angestellte Vergleich problematisch, da hier nicht die Haushaltsstruktur in der Gesamtbevölkerung berücksichtigt wird (DESTATIS 2019b). Die Haushaltsstruktur der Hochaltrigen unterscheidet sich von derjenigen in der Gesamtbevölkerung.

Abb. 1
figure 1

Monatliche Haushaltsnettoeinkommen der Hochaltrigen und in der Gesamtbevölkerung. (Quellen: Gesamtbevölkerung „Laufenden Wirtschaftsrechnungen“ (LWR; n = 7497), D80+ (n = 9507); gewichtete Mittelwerte; keine Äquivalenzeinkommen)

Heimbevölkerung

Eine besondere Gruppe stellt die hochaltrige Heimbevölkerung dar. Für diese kann mit den vorliegenden Daten kein plausibles Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen berechnet werden. Daher ist hier nur der Vergleich mit den nicht-bedarfsgewichteten Einkommen möglich (Abb. 2). Es ist nicht auszuschließen, dass auch Personen in Heimen mit anderen Personen, z. B. Ehepartner*in, gemeinsam wirtschaften.

Abb. 2
figure 2

Monatliche Haushaltsnettoeinkommen der Hochaltrigen nach Wohnform. (Quelle: D80+ (Heim: n = 893; Privathaushalt: n = 8614); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle; keine Äquivalenzeinkommen)

Es zeigt sich, dass die Werte nach oben hin deutlich begrenzter sind als bei privat Wohnenden (Abb. 2). Nur eine Person in der Heimbevölkerung gab einen monatlichen Nettobetrag von über 5000,- € an (0,1 %). Bei Personen in privaten Wohnverhältnissen gaben 4,0 % der Befragten einen solchen Wert oder höher an, wobei die hohen Werte noch einmal deutlich über 5000,- € liegen. Es ist wahrscheinlich, dass in privaten Kontexten öfter mehrere Personen zum Haushaltseinkommen beitragen. Daher ist ein Vergleich der nicht an die Haushaltsgröße angepassten Einkommen zwischen beiden Gruppen schwierig. Dennoch lassen sich auch die sehr niedrigen Einkommen (650,- € und weniger) bei Heimbewohner*innen häufiger finden (8,8 %) als bei privatwohnenden Personen (4,0 %; in Abb. 2 aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht dargestellt). Im Folgenden soll die Einkommenssituation von Personen in Heimen genauer nach den soziodemografischen Merkmalen Geschlecht, Alter und Bildung untersucht werden. Die Einkommenskategorien wurden in der Darstellung hierfür angepasst, da die höchste Kategorie (über 5000,- €) nur von eine*r Heimbewohner*in angegeben wurde.

Die Unterscheidung der Haushaltseinkommen der Heimbevölkerung nach Geschlecht (Abb. 3) zeigt, dass Frauen in der niedrigeren Einkommenskategorie (unter 1300,- €) häufiger vertreten sind als Männer (29,1 % vs. 16,6 %). Umgekehrt sind Männer in der oberen Einkommenskategorie (über 2600,- €) häufiger vertreten als Frauen (25,6 % vs. 17,4 %).

Abb. 3
figure 3

Monatliche Haushaltsnettoeinkommen der Heimbevölkerung nach Geschlecht. (Quelle: D80+ (Heim: n = 893); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle; keine Äquivalenzeinkommen)

Bei der Betrachtung der Haushaltseinkommen der Heimbevölkerung differenziert nach Altersgruppen in Abb. 4 stechen die Hochaltrigen im Alter zwischen 80 und 84 Jahren heraus. Im Vergleich zu den beiden höheren Altersgruppen (13,8 % und 16,2 %) ist diese in der oberen Kategorie mit einem Einkommen über 2600,- € deutlich überrepräsentiert (32,1 %).

Abb. 4
figure 4

Monatliche Haushaltsnettoeinkommen der Heimbevölkerung nach Altersgruppen. (Quelle: D80+ (Heim: n = 893); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle; keine Äquivalenzeinkommen)

In Abb. 5 wird das Haushaltseinkommen der Heimbevölkerung nach dem Bildungsniveau dargestellt. Höhergebildete Hochaltrige in Heimen sind deutlich häufiger in der höheren Einkommenskategorien vertreten (61,6 %) als die Mittel- (21,2 %) oder Niedriggebildeten (4,0 %).

Abb. 5
figure 5

Monatliche Haushaltsnettoeinkommen der Heimbevölkerung nach Bildungsklassen. (Quelle: D80+ (Heim: n = 864); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle; keine Äquivalenzeinkommen)

Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen

Das durchschnittlicheFootnote 7 Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen der deutschen Bevölkerung in privaten Haushalten im Alter ab 80 Jahren beträgt nach den D80+ Daten 1885,- € pro Monat. Das durchschnittliche monatliche Äquivalenzeinkommen aller Menschen in Deutschland nach EU-SILC beträgt für 2019 2175,- € und der Median 1960,- € (DESTATIS 2021). Das monatliche Medianäquivalenzeinkommen der Ruheständler*innen (Altersgruppe ab 65+) aus dem aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht liegt bei 1800,- € (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b).

Abb. 6 lässt einen deutlichen Geschlechterunterschied bei den Einkommen feststellen. Hochaltrige Frauen haben ein signifikant geringeres Einkommen als hochaltrige Männer, nämlich ca. 300,- € weniger pro Monat.

Abb. 6
figure 6

Nettoäquivalenzeinkommen der Hochaltrigen in privaten Haushalten in € nach Geschlecht. (Quelle: D80+ (n = 7743); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

Abb. 7 zeigt, dass sich keine signifikanten Unterschiede beim Einkommen zwischen den einzelnen Altersgruppen der Hochaltrigen feststellen lassen.

Abb. 7
figure 7

Nettoäquivalenzeinkommen der Hochaltrigen in privaten Haushalten in € nach Altersgruppen. (Quelle: D80+ (n = 7743); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

Die Hochaltrigen in Ostdeutschland verfügen über ein um durchschnittlich 165,- € (8,6 %) geringeres Nettoäquivalenzeinkommen als die Hochaltrigen in Westdeutschland (Abb. 8). Allerdings ist dieser Unterschied statistisch nicht signifikant.

Abb. 8
figure 8

Nettoäquivalenzeinkommen der Hochaltrigen in privaten Haushalten in € in Ost- und Westdeutschland. (Quelle: D80+ (n = 7743); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

In Abb. 9 zeigt sich, dass insbesondere in den zwei jüngeren Altersgruppen die Geschlechterunterschiede bezüglich des Einkommens in Ostdeutschland geringer sind als in Westdeutschland. In Ostdeutschland liegt das mittlere Einkommen von hochaltrigen Frauen 82,-€ unter dem von Männern, in Westdeutschland ist es um 371,-€ niedriger. Auch zeigt sich, dass bei Frauen kein signifikanter Einkommensunterschied zwischen Ost- und Westdeutschland besteht. Bei Männern ist dieser Unterschied signifikant und liegt bei 340,-€ im Monat.

Abb. 9
figure 9

Nettoäquivalenzeinkommen der Hochaltrigen in privaten Haushalten in € nach Ost/West und Alters- und Geschlechtsgruppen. (Quelle: D80+ (n = 7743); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

Der Vergleich der Mittelwerte in Abb. 10 zeigt einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen Bildung und Einkommen. Je höher der Bildungsgrad, desto höher das Einkommen. Insbesondere die höchste Bildungskategorie, die Personen mit einem tertiären ((Fach-)Hochschule) Bildungsabschluss abbildet, hat ein deutlich höheres Einkommen als die anderen Bildungskategorien und der Durchschnitt der Bevölkerung.

Abb. 10
figure 10

Nettoäquivalenzeinkommen der Hochaltrigen in privaten Haushalten in € nach Bildungsklassen. (Quelle: D80+ (n = 7509); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

Interessant ist, wie in Abb. 11 zu sehen, dass sich in den Bildungskategorien die Geschlechtereffekte nahezu aufheben. Ausgenommen ist die höchste Bildungskategorie. In der niedrigen Bildungskategorie dreht sich der Effekt sogar zugunsten der Frauen um.

Abb. 11
figure 11

Nettoäquivalenzeinkommen der Hochaltrigen in in privaten Haushalten € nach Bildungsklassen und Geschlecht. (Quelle: D80+ (n = 7509); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

Armut

Die Armutsschwelle von 1176,- € wird von 22,4 % der Über-80-Jährigen in Deutschland unterschritten. Damit liegt die Armutsquote in der Hochaltrigenbevölkerung höher als in der Bevölkerung ab dem Alter von 65 Jahren (EU-SILC: 18 %). Für die zuletzt genannte Altersgruppe unterscheiden sich die Angaben zur Armutsquote teilweise recht deutlich, abhängig von der Datenlage. So lauten die aktuellsten Zahlen, der verschiedenen Studien, neben EU-SILC, die im Armuts- und Reichtumsbericht (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b, S. 489 f.) aufgeführt werden, für Personen ab dem Alter von 65 Jahren: Mikrozensus (2019) 15,7 %, SOEP (Sozio-oekonomisches Panel; 2017) 13,8 % und EVS (Einkommens- und Verbrauchsstichprobe; 2018) 18,4 %. Die Quote der Gesamtbevölkerung beträgt 14,8 % (EU-SILC). Gründe für unterschiedliche Werte sind unterschiedliche Erhebungsinstrumente des Einkommens (offene Einkommensfrage im SOEP, Einkommenskategorien im Mikrozensus und bei EU-SILC) und statistische Unschärfen.

Wie in Abb. 12 zu sehen, schlägt der Geschlechtereffekt bei den Einkommen auch bei der Armutsquote der Hochaltrigen durch. Hochaltrige Frauen weisen signifikant deutlich höhere Werte auf als Männer (26,1 % vs. 16,9 %).

Abb. 12
figure 12

Hochaltrige in privaten Haushalten unter der Armutsgrenze nach Geschlecht. (Quelle: D80+ (n = 7743); gewichtete gültige Prozent und 95 % Konfidenzintervalle)

Der Vergleich der Armutsquoten nach Altersgruppen in Abb. 13 zeigt einen Trend von zunehmender Armut mit höherem Alter. Diese Ergebnisse sind jedoch statistisch nicht signifikant.

Abb. 13
figure 13

Hochaltrige in privaten Haushalten unter der Armutsgrenze nach Altersgruppen. (Quelle: D80+ (n = 7743); gewichtete gültige Prozent und 95 % Konfidenzintervalle)

Abb. 14 zeigt, dass die Armutsquote unter den 80-Jährigen und Älteren in Ostdeutschland signifikant geringer ist als die Quote in Westdeutschland. Dies ist nicht nur auf die bessere Einkommenssituation von Frauen zurückzuführen, die weiter oben schon beobachtet werden konnte, da Frauen in Ostdeutschland öfter erwerbstätig waren als in Westdeutschland, sondern auch bei Männern liegen die Armutsquoten im Westen signifikant höher (4,7 Prozentpunkte) als im Osten.

Abb. 14
figure 14

Hochaltrige in privaten Haushalten unter der Armutsgrenze nach Ost/West. (Quelle: D80+ (n = 7743); gewichtete gültige Prozent und 95 % Konfidenzintervalle)

Der in Abb. 15 dargestellte signifikante Zusammenhang zwischen Bildung und der Bedrohung durch Armut ist eindrücklich. Nur 6,7 % der Befragten mit einer hohen Bildung sind unter der Armutsschwelle, während es unter den Niedriggebildeten 41,5 % sind.

Abb. 15
figure 15

Hochaltrige in privaten Haushalten unter der Armutsgrenze nach Bildung. (Quelle: D80+ (n = 7509); gewichtete gültige Prozent und 95 % Konfidenzintervalle)

Abb. 16 zeigt, dass der Geschlechtereffekt, der sich auch schon beim Einkommen feststellen ließ, sich fortsetzt. Vor allem in der hohen Bildungskategorie sind Geschlechterunterschiede hinsichtlich der Armut zu beobachten. In den niedrigen und mittleren Bildungskategorien gibt es jedoch kaum Geschlechterunterschiede bzgl. der Armut.

Abb. 16
figure 16

Hochaltrige in privaten Haushalten unter der Armutsgrenze nach Bildung und Geschlecht. (Quelle: D80+ (n = 7509); gewichtete gültige Prozent und 95 % Konfidenzintervalle)

Einkommensreichtum

Den Schwellenwert für Einkommensreichtum von 200 % erreichen 2,8 % (n = 214) der Hochaltrigen. Aus Platzgründen soll hier auf eine differenzierte Darstellung verzichtet werden. Wegen niedriger Fallzahlen sind Interpretationen nach soziodemografischen Merkmalen mit Vorsicht zu tätigen. Es zeigt sich jedoch, dass hochaltrige Menschen in Ostdeutschland und Frauen signifikant seltener einkommensreich sind. Außerdem ist Bildung ein signifikanter Faktor. Lediglich 49 Befragte (0,6 %) erreichen den 300 %-Schwellenwert für Einkommensreichtum. Es lassen sich die gleichen berichteten signifikanten Unterschiede wie beim 200 %-Schwellenwert finden (Geschlecht, Bildung, Ost/West).

Beide Indikatoren für Einkommensreichtum sind niedriger als die Quoten in der Gesamtbevölkerung (6,6 % beim 200 %- und 1,7 % beim 300 %-Schwellenwert) und der den ab 80-Jährigen nächsten Altersgruppe im ARB, der ab 65-Jährigen (4,4 % bzw. 1,0 %, Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b).

Risikogruppe nicht-erwerbstätige Frauen

Aus der Literatur ist bekannt, dass die Gruppe der Frauen häufig als Risikogruppe für Einkommensarmut identifiziert wird (Götz 2019). Die vorliegenden Daten bestätigen dies. Besonders die hier untersuchten Kohorten haben in jüngeren Jahren in einer Gesellschaft der „rigide[n] Familienpolitik der Nachkriegsjahre“ (Götz 2019, S. 205) mit einem traditionellen Frauenbild gelebt. Das führt letztlich zu ökonomischen Benachteiligungen vieler älterer und sehr alter Frauen. Daher soll hier der Risikofaktor der fehlenden Erwerbstätigkeit untersucht werden.

In den D80+ Daten sind 358 Frauen (4,8 %),Footnote 8 die die Frage zum Äquivalenzeinkommen beantwortet haben, nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen.Footnote 9 Dem gegenüber stehen nur 55 Männer (0,7 %) die nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Frauen machen damit 86,7 % aller Personen aus, die angegeben haben nie erwerbstätig gewesen zu sein. Wie in Abb. 17 zu sehen ist, haben diese hochaltrigen Frauen ein Durchschnittseinkommen von 1369,- € pro Monat, welches deutlich unter dem von Frauen liegt, die erwerbstätig waren oder noch sind (1813,- €). Nicht nur das Durchschnittseinkommen liegt deutlich unter dem anderer Gruppen, Frauen ab 80 Jahren, die nie erwerbstätig waren, leben auch deutlich häufiger in Armut. Abb. 18 zeigt, dass 51,8 % der Befragten dieser Gruppe mit ihrem Einkommen unter dem Armutsschwellenwert liegen.

Abb. 17
figure 17

Nettoäquivalenzeinkommen in € der Frauen in den Kategorien „Nie erwerbstätig“ und „erwerbstätig (gewesen)“. (Quelle: D80+ „Nie erwerbstätig“ (n = 358) „erwerbstätig (gewesen)“ (n = 4165); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

Abb. 18
figure 18

Hochaltrige Frauen unter der Armutsgrenze in den Kategorien „Nie erwerbstätig“ und „erwerbstätig (gewesen)“. (Quelle: D80+ „Nie erwerbstätig“ (n = 358) „erwerbstätig (gewesen)“ (n = 4165); gewichtete Mittelwerte und 95 % Konfidenzintervalle)

Einkommensungleichheit

Ein etabliertes Maß, um die Einkommensungleichheit zu messen, ist der Gini-Koeffizient. Dieser kann Werte zwischen 0 und 100 annehmen, wobei 0 absolute Gleichverteilung bedeutet und 100 absolute Ungleichheitsverteilung. Dieser Wert lag für das Jahr 2019 für die Gesamtbevölkerung in Deutschland bei 29,7 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021b). Der Gini-Koeffizient der Über-80-Jährigen aus den D80+ Daten (22,5) weist eine geringere Einkommensungleichheit auf als der der Gesamtbevölkerung. Wie in Tab. 1 zu sehen, ist die Ungleichheit bei Männern (28,2) höher als bei Frauen (17,9) und in Westdeutschland (24,2) höher als in Ostdeutschland (18,2). Auffällig ist die höhere Einkommensungleichheit bei den Über-90-Jährigen (26,2).

Tab. 1 Einkommensungleichheit (Gini-Koeffizient) des Nettoäquivalenzeinkommens nach soziodemografischen Merkmalen Quelle: D80+ (n = 7743)

Fazit

Die Ergebnisse der Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (D80+) zur Einkommenssituation und Einkommensungleichheit schließen Daten- und Erkenntnislücken, die häufig in statistischen Erhebungen für die hochaltrige Bevölkerungsgruppe bestehen. So zeigt sich, dass Armut unter Hochaltrigen weiterhin ein wichtiges Thema bleibt. Mehr als ein Fünftel der Hochaltrigen liegen mit ihrem Einkommen unter der Armutsschwelle. Insbesondere Frauen sind häufiger von niedrigen Einkommen und Armut betroffen. Insbesondere wenn sie nie erwerbstätig waren, sind sie ökonomisch besonders vulnerabel. Gründe hierfür sind vermutlich traditionelle Rollenmuster und Erwerbs- und Bildungsbiografien (Götz und Lehnert 2016; Möhring und Weiland 2018). Neben dem Geschlecht ist Bildung ein wichtiger Prädiktor. Hier unterscheiden sich Einkommenswerte und Armutsquote zugunsten von höhergebildeten Hochaltrigen gravierend voneinander. Dieser Bildungseffekt auf das Einkommen ist sehr eindrücklich, doch wenig überraschend und in fast allen Erhebungen in verschiedenen Altersklassen zu finden.

Altersunterschiede beim Einkommen konnten nicht gefunden werden. Die Ergebnisse stehen damit in Kontrast zu einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die eine leichte Steigerung der Einkommen über die Alterskategorien 65 bis unter 75 Jahre, 75 bis unter 85 Jahre und 85 Jahre und älter zeigt, sowohl bei Männern als auch bei Frauen und sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland. Dies führen die Autor*innen auf zusätzliche Hinterbliebeneneinkommen sowie Zins- und Mieteinkommen zurück, die den befragten Personen in voller Höhe zugerechnet werden, nachdem der oder die Partner*in verstorben ist (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021a). Gefunden werden konnte eine leichte Zunahme der Armutsquote mit zunehmender Altersgruppe. Diese Ergebnisse sind jedoch statistisch nicht signifikant.

In der Gruppe der Heimbewohner*innen fanden sich ähnliche Einkommensunterschiede wie bei den Privatwohnenden zwischen Männern und Frauen sowie beim Bildungsniveau. Auffällig ist das deutlich höhere Einkommen von 80–84-jährigen Heimbewohner*innen, das nur im Rahmen einer genaueren Untersuchung erklärt werden könnte.

Einkommensungleichheit wurde anhand des Gini-Koeffizienten ermittelt. Er weist für die Gruppe ab dem Alter von 80 Jahren eine leicht geringere Ungleichheit als in der Gesamtbevölkerung auf. Ferner ist die Einkommensungleichheit bei Männern größer als bei Frauen und in Ostdeutschland geringer als in Westdeutschland.

Signifikante Unterschiede zwischen den Einkommen der Hochaltrigen in Ost- und Westdeutschland konnten nicht festgestellt werden. Daten der Deutschen Rentenversicherung zeigen, dass die gesetzlichen Renten in Ostdeutschland im Durchschnitt sogar höher sind, da Frauen dort deutlich höhere Renten als Frauen in Westdeutschland beziehen (Deutsche Rentenversicherung 2021). Die bessere Einkommenssituation von Frauen und die relativ hohen Einkommen von älteren Menschen in Ostdeutschland führen dort zu einer geringeren Armutsquote als in Westdeutschland (Bäcker und Kistler 2020a). Zu diesem Ergebnis kommt auch der Datenreport 2021: „Die ältere ostdeutsche Rentnergeneration profitierte dabei noch von systembedingten Unterschieden in der Arbeitsmarktbeteiligung mit durchgehenden Beschäftigungsverhältnissen bei Männern und Frauen aus der Zeit vor der deutschen Vereinigung.“ (Statistisches Bundesamt [Destatis] 2021, S. 249). Dies könnte sich in jüngeren Kohorten verändern, da es nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland zu massiven Arbeitsmarktproblemen kam (Bäcker und Kistler 2020b).

Vermutlich ist das effektivste Mittel, um die Einkommenssituation von hochaltrigen Menschen zu verbessern und somit auch die Armut zu senken, die (gesetzliche) Rentenversicherung. Bezogen auf den Anteil am Einkommen ist die gesetzliche Rente immer noch die größte Einkommensquelle von älteren Menschen (Fachinger 2019). Die Renten scheinen somit die beste Stellschraube zu sein, um an der materiellen Situation von heutigen und zukünftigen alten Menschen etwas zu ändern. Hierbei sind betriebliche und private Altersversorgung wichtige und ergänzende Systeme, die jedoch gerade von Personen mit einem geringen Einkommen vergleichsweise selten genutzt werden (Fachinger 2019). Um die Armut von Rentner*innen zu verringern, wurde die Grundrente eingeführt, deren Wirkung jedoch nicht unumstritten ist (Börsch-Supan und Goll 2021).

Dieser Bericht weist einige Limitationen auf. Der Indikator für Armut kann leicht Personen übersehen, die sich in prekären Lebenssituationen befinden, aber trotzdem ein Einkommen über dem Schwellenwert beziehen. Er kann aber auch Personen einschließen, die beispielsweise durch andere Vermögenswerte finanziell gut versorgt sind. Insgesamt kann man jedoch davon ausgehen, dass die Unschärfe solcher statistischen Kennzahlen in beide Richtungen weisen, wodurch mögliche Verzerrungen wieder ausgeglichen werden können (Becker 2017). Leider konnten in dem vorliegenden Bericht keine Daten zur Zusammensetzung des Haushaltseinkommens und keine Informationen zu Vermögen, Schulden und Ausgaben hinzugezogen werden.

Die hier gewählte Definition von Armut besticht durch ihre Einfachheit, verdeckt aber durch die Dichotomie (arm vs. nicht arm) Abstufungen von Armut und ist nur eine Momentaufnahme (Goebel und Grabka 2018). Zwar wird die Bevölkerungsgruppe ab dem Alter von 65 Jahren als gewissenhaft in Bezug auf die Selbsteinstufungen ihrer Einkommen beurteilt (Stauder und Hüning 2004), ob dies auch für die Hochaltrigen zutrifft, bleibt jedoch ungeklärt. Immerhin ist die Quote der Hochaltrigen, die keine Angabe zum Einkommen gemacht haben, im Vergleich zu anderen Studien keineswegs hoch (8,3 %).

Mit einem kurzen Blick auf Antworten, die die Befragten auf die Frage nach einem Wunsch an die Politik gegeben haben, soll dieser Bericht abgeschlossen werden. Es sind keine repräsentativen Aussagen, doch wurden einige Themen häufig angesprochen. So wurde eine Erhöhung der Rente und von Pflegeleistungen gewünscht („[…] ich überlebe nur[,] weil ich Geld von Freunden bekomme.“), die Abschaffung oder Erleichterung von Bürokratie bei Hilfemaßnahmen, die Angleichung der Rente von „alten“ und „neuen“ Bundesländern („Die Rentenanpassung ist mehr als überfällig. Ich möchte es noch erleben, dass mir als ‚Ossi‘ die gerechte Rente gezahlt wird.“). Gewünscht wurden auch weniger Steuern auf Renten, die Erleichterung von Steuererklärungen sowie die Bekämpfung der sozialen Ungerechtigkeit.