Skip to main content

Radikalität oder Banalität des Bösen? Überlegungen zu Kant und Arendt

  • Chapter
  • First Online:
Religionsphilosophie nach Kant

Part of the book series: Neue Horizonte der Religionsphilosophie ((NHREL))

  • 461 Accesses

Zusammenfassung

Das radikal Böse ist ein von Immanuel Kant 1792 zuerst verwendeter Begriff. Er bezeichnet in Kants Autonomie-Ethik, die sich nicht mehr an religiösen Normen und Geboten orientiert, sondern durch die der Mensch sein Handeln vernünftig und moralisch selbst bestimmt, eine fundamentale Verkehrung der Gesinnung und des moralischen Urteilsvermögens. Radikal böse, so Kant, ist nämlich die Haltung, andere Beweggründe als die unbedingte Achtung vor den Prinzipien der Moral und deren Regeln zum Ausgangspunkt des selbstbestimmten moralischen Wollens und Handelns zu machen. Hannah Arendt nimmt ursprünglich Kants Rede vom radikal Bösen auf, um damit den industrialisierten Massenmord in den Vernichtungslagern der Shoah als einzigartiges und unverzeihliches Menschheitsverbrechen zu kennzeichnen. Aber sie etabliert mit ihrem Buch Eichmann in Jerusalem von 1963 auch den Begriff der Banalität des Bösen, mit dem sie die letztlich banale moralische Gedankenlosigkeit, die niederen Motive und die opportunistische Beflissenheit von Schreibtischverbrechern wie Eichmann beschreiben will, die anscheinend nicht von radikaler Bösartigkeit zu ihren Mordtaten getrieben wurden.

Wiederabdruck mit freundlicher Genehmigung durch den Brill | Fink Verlag. Daniel Fulda/Christoph Schmitt-Maaß (Hg.): Vertriebene Vernunft? Aufklärung und Exil nach 1933, S. 17–29. Paderborn 2017.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 54.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Vgl. Schulte (1988), Neiman (2004).

  2. 2.

    Vgl. Schulte (1989), Alt (2010).

  3. 3.

    GMS, 1. Satz. Vgl. Köhl (1990).

  4. 4.

    Immanuel Kant: Über das radikale Böse in der menschlichen Natur. In: RGV 32.

  5. 5.

    Ebd., 51 f.

  6. 6.

    Ebd., 16.

  7. 7.

    Ebd., 12.

  8. 8.

    Ebd., 50.

  9. 9.

    Ebd., 40–43.

  10. 10.

    Schulte (1993).

  11. 11.

    Vgl. Schulte (1989), bes. 33–36.

  12. 12.

    Arendt (1955), 721.

  13. 13.

    Ebd., 722.

  14. 14.

    Ebd.

  15. 15.

    Ebd.

  16. 16.

    In deutscher Übersetzung erschien das Buch unter dem Titel „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen“, München 1965 im Piper Verlag, seit 1986 erscheinen Neuauflagen des Buchs mit einem kritisch-distanzierenden einleitenden Essay von Hans Mommsen mit dem Titel „Hannah Arendt und der Prozeß gegen Adolf Eichmann“.

  17. 17.

    Mommsen (1986).

  18. 18.

    Vgl. Young-Bruehl (2004), 451–518. Besonders gut dokumentiert ist die bleibende Entzweiung mit Scholem; vgl. Arendt/Scholem (2010), 428–464.

  19. 19.

    Stangneth (2011).

  20. 20.

    Dieser These widerspricht David Cesarani mit Hinweis auf die zahlreichen Dienstreisen und Einsätze Eichmanns an den Orten der Deportation und Vernichtung, wo er sich höchstpersönlich um das Funktionieren der Tötungsmaschinerie kümmerte; vgl. Cesarani (2004).

  21. 21.

    Arendt/Scholem (2010), 444.

  22. 22.

    Vorrede von 1964 zur autorisierten deutschen Übersetzung von Brigitte Granzow in Arendt (1986), zit. n. der Lizenzausgabe Leipzig 1990, 57.

  23. 23.

    Arendt (2006), 150.

  24. 24.

    Ebd., 179.

  25. 25.

    Ebd., 28.

  26. 26.

    Zuletzt dazu: Bozzaro (2007).

  27. 27.

    Zu ihren Quellen vgl. Arendt (1990), 49–51.

  28. 28.

    Vgl. Hilberg (1999).

  29. 29.

    Vgl. Cesarani (2004).

Literatur

  • Alt, Peter-André: Die Ästhetik des Bösen München. 2010.

    Google Scholar 

  • Arendt, Hannah: Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft. München 1955.

    Google Scholar 

  • Arendt, Hannah: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen [1965]. München 1986.

    Google Scholar 

  • Arendt, Hannah: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen [1965]. Leipzig 1990.

    Google Scholar 

  • Arendt, Hannah: Über das Böse. Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik. München 2006.

    Google Scholar 

  • Arendt, Hannah/Scholem, Gershom: Der Briefwechsel. Berlin 2010.

    Google Scholar 

  • Bozzaro, Claudia: Hannah Arendt und die Banalität des Bösen. Mit einem Vorwort von Lore Hühn. Freiburg/Br. 2007.

    Google Scholar 

  • Cesarani, David: Adolf Eichmann. Bürokrat und Massenmörder. Berlin 2004.

    Google Scholar 

  • Hilberg, Raul: Eichmann war nicht banal. In: Die Welt v. 28.8.1999.

    Google Scholar 

  • Köhl, Harald: Kants Gesinnungsethik. Berlin 1990.

    Google Scholar 

  • Mommsen, Hans: Hannah Arendt und der Prozeß gegen Adolf Eichmann. In: Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen. München 1986, 5–48.

    Google Scholar 

  • Neiman, Susan: Das Böse denken: Eine andere Geschichte der Philosophie. Frankfurt a. M. 2004.

    Google Scholar 

  • Schulte, Christoph: radikal böse. Die Karriere des Bösen von Kant bis Nietzsche. München 1988.

    Google Scholar 

  • Schulte, Christoph: Die Wiederkehr des Bösen. Über radikale Vorstellungen vom Bösen in der Moderne. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 41 (1989), 33–51.

    Google Scholar 

  • Schulte, Christoph: Unde malum? Notizen zu Herkunftsbestimmungen des Bösen im okzidentalen Menschenbild. In Alexander Schuller/Wolfert von Rahden (Hg.): Die andere Kraft. Zur Renaissance des Bösen. Berlin 1993, 3–10.

    Google Scholar 

  • Stangneth, Bettina: Eichmann vor Jerusalem. Das unbehelligte Leben eines Massenmörders. Hamburg 2011.

    Google Scholar 

  • Young-Bruehl, Elisabeth: Hannah Arendt. Leben, Werk und Zeit. Frankfurt a. M. 2004.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Christoph Schulte .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2023 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Schulte, C. (2023). Radikalität oder Banalität des Bösen? Überlegungen zu Kant und Arendt. In: Kühnlein, M. (eds) Religionsphilosophie nach Kant. Neue Horizonte der Religionsphilosophie. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66142-0_6

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-66142-0_6

  • Published:

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-66141-3

  • Online ISBN: 978-3-662-66142-0

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

Publish with us

Policies and ethics