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Bildung, Lebenswelt und die technische Semantik des Digitalen

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Part of the Kindheit – Bildung – Erziehung. Philosophische Perspektiven book series (KBEPP)

Zusammenfassung

Die bildungstheoretische Position des vorliegenden Beitrags besteht darin, Bildung als subjektive Bestimmung von Unbestimmtheit zu verstehen. Ausgehend von diesem Verständnis fungiert die Lebenswelt als Organisationsprinzip des alltäglichen Erlebens und Handelns; sie ist es, die subjektives Erleben und Handeln regulieren und weiterentwickeln lässt. Das Digitale greift auf die Lebenswelt als technisches Organisationsprinzip zu, indem sie für den Versuch, die Unbestimmtheiten der Welt zu bestimmen, eine eigene Logik auf Basis zutreffender Wahrscheinlichkeitsbeziehungen, problemlösungsorientierter Funktionalitäten und standardisierten Berechnungsschemata bereithält. Die daraus resultierenden Konsequenzen werden mit Blick auf die technische Semantik des Digitalen diskutiert.

Schlüsselwörter

  • Bildungstheorie
  • Gesellschafstheorie
  • Komplexität
  • Digitalisierung
  • Semantik

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Notes

  1. 1.

    Der Nährboden dieser Schwierigkeit ist demnach dadurch angelegt, dass den Analysen der luhmannschen Systemtheorie das „Subjekt abhanden gekommen ist“ (Luhmann, 2009, 225). Implizites Ziel der vorliegenden Betrachtungen ist daher zunächst eine Sensibilisierung dafür, dass Luhmanns Analysen durchaus Anschlussmöglichkeiten bereitstellen und Perspektiven öffnen, die ebenfalls für eine Theoretisierung des (sich bildenden) Subjekts von Bedeutung sind. Dafür ist es notwendig, nach Phänomenbereichen und Begriffen zu suchen, die eine Brücke zwischen Bildungs- und Systemtheorie bzw. pädagogischer Subjekttheorie und luhmannscher Gesellschaftstheorie schlagen.

  2. 2.

    Die hier zusammengetragenen Formulierungen zur Gegenüberstellung von Systemtheorie und Bildungstheorie sind in Anlehnung an Dieter Baackes Formulierungen zur Gegenüberstellung von Systemtheorie und Pädagogik gebildet (vgl. Baacke, 1973, 236).

  3. 3.

    Hinsichtlich eines detaillierten (und über die Referenz auf Husserl hinausgehenden) Brückenschlags zwischen Bildungs- und Systemtheorie siehe bereits ausführlich: Leineweber, 2020, 123-182. Daran anknüpfend, aber auch darüber hinaus führt eine Eingrenzung der Komplexitätsreduktion mithilfe der Begriffe Sinn, Selektion, Kontingenz und Negation auf den Philosophen Lothar Eley zurück, der in seiner Monographie „Transzendentale Phänomenologie und Systemtheorie“ aus dem Jahr 1972 den Vorschlag ausgearbeitet hat, Luhmanns Begriff der Komplexität im Rekurs auf Theoriefiguren des deutschen Idealismus nach Kant und Hegel und der transzendentalen Phänomenologie Husserls als Erscheinung zu denken (vgl. Eley, 1972, 80–101). Anschlussfähig an die vorliegenden Betrachtungen ist dies vor allem deshalb, weil Erscheinung mit Komplexität und Welt korrespondiert: „Komplexität ist Welt als Erscheinung“ (Eley, 1972, 81). Ergänzend sei in diesem Kontext zuletzt angemerkt, dass Eley (1972, 93) anstelle von Selektion von einer „Überwindung der Datenpsychologie“ spricht. Allerdings bleibt unklar, was der Anlass zu dieser Umformulierung ist, zumal Eley mit ihr exakt das adressiert, was Luhmann als Selektion bezeichnet hat.

  4. 4.

    Ganz ähnlich und aktuell schreibt Andreas Reckwitz (2021, 72; Hervorh. im Orig.): „Die Entstehung der Moderne geht […] einher mit einem elementaren Kontingenzbewusstsein“.

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Leineweber, C. (2023). Bildung, Lebenswelt und die technische Semantik des Digitalen. In: Buck, M.F., Zulaica y Mugica, M. (eds) Digitalisierte Lebenswelten. Kindheit – Bildung – Erziehung. Philosophische Perspektiven. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66123-9_4

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