Zusammenfassung
Ich danke Ihnen sehr für die große Ehre, die Sie mir zugedacht haben, indem Sie mir den Ehrendoktor Ihrer Universität verleihen, der ältesten Universität Europas, berühmt durch so viele bedeutende Gelehrte. Wir alle wissen zwar, daß Europa nicht nur alt geworden ist, sondern auch seine ehemalige Rolle ausgespielt hat und daß Alter nicht mehr gleichbedeutend ist mit der Autorität einer altehrwürdigen Tradition. Die junge Generation, die von der Vergangenheit nichts mehr hält und mit der Gegenwart zerfallen ist und darum ausschließlich an die Zukunft denkt, stellt heute alle Tradition und Autorität in Frage -zum Teil mit guten und zum Teil mit schlechten Gründen. Aber man könnte schwerlich den Titel eines »Philosophen« in Anspruch nehmen, wenn man sich durch solche geschichtlichen Krisen und Veränderungen — es sei zum Besseren oder auch zum Schlechteren — an der Einsicht in die konstante Natur des Menschen und aller menschlichen Dinge beirren lassen würde. Zu dieser sich gleichbleibenden Natur des Menschen gehört, daß er niemals mit dem Bestehenden zufrieden ist und immer neue Entwürfe macht, daß er herrschsüchtig und habsüchtig ist und nur selten wohlwollend, geduldig und mit sich selbst im Einklang.
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Löwith, K., von Stichweh, K., de Launay, M.B. (2022). Ansprache zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Bologna. In: Stichweh, K., de Launay, M.B. (eds) Sämtliche Schriften. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-65912-0_17
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Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg
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Online ISBN: 978-3-662-65912-0
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