Die Anzahl der Datenbestände wächst weltweit exponentiell. Grund dafür sind neben der fortschreitenden Digitalisierung das Aufkommen immer neuer Informations- und Kommunikationstechnologien sowie eine Industrie, die sich unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ immer stärker vernetzt. Um aus den vorhandenen Daten Wert zu schöpfen, müssen sie zunächst zugänglich und nutzbar gemacht werden. Dafür ist es notwendig, dass diverse Akteure, wie Produktionsunternehmen, Forschende und Infrastrukturanbieter, in digitalen Ökosystemen kollaborieren (Europäische Kommission 2017). So lassen sich beispielsweise datenbasiert Produktionsprozesse optimieren, Zahlungen mit Hilfe von Smart Contracts abwickeln oder eine telemedizinische Versorgung umsetzen. Dies alles führt dazu, dass Daten mehr und mehr als Wirtschaftsgut angesehen und in eigenen Geschäftsmodellen monetarisiert werden. Tradierte Geschäftsmodelle werden dagegen zunehmend infrage und ganze Branchen auf den Kopf gestellt. Der Begriff der Datenökonomie trägt dieser Entwicklung Rechnung.

In einer Untersuchung zur digitalen Transformation der Industrie beziffern Roland Berger Strategy Consultants das zusätzliche Wertschöpfungspotenzial der Digitalisierung für die deutsche Wirtschaft im Zeitraum zwischen den Jahren 2015 und 2025 auf 425 Milliarden Euro. Als einen wichtigen Treiber der digitalen Transformation benennen die Autorinnen und Autoren dabei die Nutzung digitalisierter Massendaten (Bloching et al. 2015). Dementsprechend schätzte die britische Beratungsgesellschaft Development Economics die jährliche Wertschöpfung durch Datenhaltung, Datenabfrage und Datenanalyse im Jahr 2016 in Deutschland bereits auf mehr als 108 Milliarden Euro. Dabei gehen sie davon aus, dass damit nur etwa die Hälfte (rund 55 Prozent) des vorhandenen Datenwertschöpfungspotenzials von 196 Milliarden Euro ausgeschöpft wurde (Development Economics Ltd. 2018). Auch eine gemeinsame Analyse des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik (ISST) und des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zum Stand der Teilhabe der deutschen Industrie an der Datenökonomie kommt zu dem Schluss, dass bisher lediglich 2,2 Prozent der Unternehmen als sogenannte digitale Pioniere gelten können – also Unternehmen, die Daten als Kernressource ihres Geschäftsmodells sehen und eigene Ansätze zur ökonomischen Bewertung von Daten entwickeln. Immerhin verfügen fast 14 Prozent der Unternehmen über stärker digitalisierte interne Prozesse, legen einen besonderen Fokus darauf, digitale Geschäftsmodelle einzuführen und sind damit als Fortgeschrittene im Bereich der Datenökonomie einzuschätzen. Demgegenüber stehen rund 84 Prozent der deutschen Unternehmen, die als „digitale Einsteiger“ anzusehen sind (Demary et al. 2019).

Da Deutschlands wirtschaftliche Stärke nicht zuletzt aus der Innovationskraft seiner vorwiegend mittelständisch geprägten Wirtschaft resultiert, wird es zukünftig darauf ankommen, die Potenziale der Datenwirtschaft für mittelständische Unternehmen nutzbar zu machen und es ihnen zu ermöglichen, datenbasierte Wertschöpfungsmodelle zu etablieren.

Als größte Hemmnisse für ein stärkeres Engagement deutscher Unternehmen in der Datenwirtschaft gelten ungelöste Fragestellungen hinsichtlich Dateneigentum und -schutz sowie andere rechtliche Unsicherheiten (Demary et al. 2019). Zusätzlich hindert der oft noch nicht quantifizierbare wirtschaftliche Nutzen des Datenaustauschs viele Unternehmen an einer größeren Teilhabe an der Datenökonomie. Auch zögern viele Unternehmen, wettbewerbsrelevante Informationen an Externe weiterzugeben. Fehlende Standards erschweren es zudem, wirtschaftlichen Mehrwert aus bereits zur Verfügung stehenden Daten zu generieren (Demary et al. 2019). Das vorliegende Buch befasst sich mit genau diesen Herausforderungen bei der Entwicklung und Vermarktung datenbasierter Produkte und Dienstleistungen. Es konzentriert sich bewusst auf grundlegende Komponenten der Datenwirtschaft wie die Datenhaltung, das Datenteilen und die Datenverarbeitung. Diese stellen eine Voraussetzung für weitere Aspekte der Datenökonomie wie Künstliche Intelligenz oder die Herausforderungen mehrseitiger Märkte in Plattformökonomien dar. Die zuletzt genannten Themengebiete wurden jedoch bewusst ausgeklammert, da sie durch besondere Herausforderungen charakterisiert sind, die den Umfang einer eigenen Abhandlung erfordern.

Das vorliegende Buch ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil Daten als Wirtschaftsgut widmet sich den ökonomischen Herausforderungen bei der Monetarisierung von Daten. Der erste Beitrag befasst sich mit dem Weg hin zu IoT-basierten Datenmarktplätzen. Der zweite und dritte Beitrag beschreiben jeweils wie Geschäfts- und Preismodelle für datenbasierte Produkte und Dienstleistungen entwickelt werden können. Der vierte Beitrag befasst sich mit der ökonomischen Bewertung von Daten, etwa zu Zwecken der Bilanzierung.

Die vier Beiträge des zweiten Teils Datenrecht stellen den Stand der aktuellen Gesetzeslage vor und zeigen Wege zur rechtssicheren Teilnahme an der Datenwirtschaft auf. Sie bieten der Leserschaft eine Hilfestellung dabei, rechtliche Anforderungen in agiler Produktentwicklung zu berücksichtigen, Data Governance in Plattformökonomien sinnvoll und anforderungsgerecht aufzusetzen, Datenverträge zu gestalten und Smart Contracts rechtssicher einzusetzen.

Der dritte Teil Kontrolle über Daten befasst sich mit der Informationssicherheit und Maßnahmen, um diese im Interesse der Datengebenden sicherzustellen. Der erste Beitrag gibt einem pragmatischen und lösungsorientierten Blick auf den Datenschutz aus Sicht betroffener Personen. Der zweite und dritte Beitrag beschreiben jeweils praktische Ansätzen zur Anonymisierung und Pseudonymisierung von Daten sowie zur Wahrung der Datensouveränität beziehungsweise der Kontrolle der Datennutzung in den sogenannten Datenräumen.

Im vierten Teil Vertrauen in Daten wird die Qualität von Daten und datenbasierten Angeboten behandelt. Außerdem im Blickpunkt sind Ansätze, diese Qualität herzustellen oder nachzuweisen. Der erste Beitrag legt dar, wie Analyseentwickelnde durch gezielte Interaktion mit Kundinnen und Kunden sicherstellen können, dass die Datengrundlage den Anforderungen eines geplanten Projekts entspricht. Der zweite Beitrag beschreibt, wie durch Einsatz verschiedener Technologien Datenqualität nachgewiesen werden kann und wie dies in der Entwicklung eines digitalen Kalibrierzertifikats mündet. Der dritte Beitrag befasst sich mit der Zertifizierung datenbasierter Dienste und geht im Detail auf ein Beispiel aus der Gesundheitswirtschaft ein.

Für viele Begriffe der sich entwickelnden Datenökonomie gibt es noch keine einheitliche Definition. Am Ende des vorliegenden Bandes findet sich daher ein Glossar mit relevanten Schlüsselbegriffen.

Dieser Sammelband basiert auf dem Austausch zwischen Expertinnen und Experten aus Projekten der Technologieprogramme Smarte Datenwirtschaft und KI-Innovationswettbewerb des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und den dazu gehörigen Begleitforschungen.

Den Herausgeberinnen und Herausgebern dieses Buches war die Einhaltung einer geschlechtergerechten Sprache ein besonderes Anliegen. Deshalb wurden in Bezug auf natürliche Personen geschlechterneutrale Beschreibungen gewählt oder sowohl die männliche als auch die weibliche Form verwendet. Bei Organisationen wurden im Rahmen des Möglichen neutrale Formen verwendet. Dort wo eine direkte oder indirekte Referenz zu Texten des geltenden Rechts vorliegt, wurde das generische Maskulinum eingehalten. In manchen Fällen wurde diese Form auch verwendet, wenn unter Akteuren vollautomatisierte Prozesse innerhalb der Datenwertschöpfungskette zu verstehen sind.