7.1 Impuls

Diesen Ausdruck gibt es mit vielen Erweiterungen: Work, Read, Love, aber die zugrundeliegende Struktur bleibt dieselbe. Der circadiane Rhythmus steuert uns alle, ob Fitnessliebhaber oder Couchpotatoe, ob Cyanobakterium oder Säugetier (Bhadra et al., 2017).

Unsere moderne Lebensweise nimmt massiven Einfluss auf diese globale Steuerung unseres Organismus (Sato et al., 2017). Wir sind umgeben von Bildschirmen, deren (blaues) Licht indirekt die Expression verschiedener Gene beeinflusst (Bhadra et al., 2017; Koronowski & Sassone-Corsi, 2021).

Dabei war die Anpassung an den Tagesrhythmus (Licht) und im Weiteren die Entwicklung molekularer Mechanismen, um diese Anpassung zu gewährleisten, fundamental in allen Lebewesen (Bhadra et al., 2017). Die Aufklärung dieser Mechanismen ist immer noch Bestandteil der aktuellen Forschung (Northeast et al., 2020). Seien Sie mit Ihren Schüler*innen dabei, wenn es darum geht, den molekularen Mechanismen auf die Spur zu kommen (◘ Abb. 7.1). Inwieweit weicht Ihr Genotyp von ihrem Phänotyp ab? Unter ► Abschn. 7.6.3 wird Ihnen noch ein alternatives Unterrichtskonzept mit Bezug zu einer digitalen Umsetzung vorgestellt.

Abb. 7.1
figure 1

Ausschnitt eines thematisch passenden Zeitungsartikels. Dieser Zeitungsartikel ist eines von mehreren Elementen, die Ihnen als didaktisches Begleitmaterial online zu den Versuchen zur Verfügung gestellt werden

7.2 Durchführung

Es empfiehlt sich, den Versuch in zwei getrennten Stunden durchzuführen. Da bereits die PCR etwa 90 Minuten in Anspruch nimmt, ist es nicht möglich, diesen Versuch in einer Doppelstunde durchzuführen. Im Idealfall kann die PCR durch die Schüler*innen gestartet werden und in der Sammlung oder anderen Vorbereitungsräumen der Biologie bzw. über die Mittagspause ablaufen. Die Durchführung kann nach der PCR unterbrochen werden, weil die PCR-Proben im Kühlschrank lagerbar sind. Sofern die Durchführung als Blockveranstaltung stattfindet, sollten mindestens drei Stunden dafür veranschlagt werden.

In ◘ Abb. 7.2 ist die Versuchsübersicht unter Angabe der relevanten Methoden gezeigt. Damit Sie als Lehrkraft einen ersten Eindruck darüber bekommen, wie viel Zeit die praktische Durchführung der einzelnen Teilschritte in Anspruch nimmt, haben wir entsprechende Zeitangaben in die Abbildung integriert. Bitte beachten Sie, dass unsere Einschätzungen je nach Jahrgangsstufe und praktischem Erfahrungsbereich Ihrer Schüler*innen abweichen können.

Abb. 7.2
figure 2

Versuchsübersicht zur Identifizierung des Längenpolymorphismus im PER3-Gen. In einem ersten Schritt wird genomische DNA aus Mundschleimhautzellen gewonnen. Das DNA-Extrakt dient in der folgenden PCR als Template zur Amplifikation des PER3-Gens. Die Primer flankieren dabei die Start- und Endposition des PER3-Gens. Die Identifizierung des Lerchen- oder Eulen-Allels erfolgt abschließend mittels Agarose-Gelelektrophorese. Die wesentlichen Arbeitsschritte sind in blau hervorgehobenen Blöcken dargestellt. Die VNTRs sind durch orangene Bereiche markiert

Die verschiedene Anzahl an variable number of tandem repeats (VNTRs) im PER3-Gen wird mit einem unterschiedlichen Schlaf-Wach-Rhythmus assoziiert (► Abschn. 7.5.5). Die Analyse des eigenen DNA-Materials soll aufzeigen, ob Sie genotypisch dem Lerchen- oder dem Eulen-Allel zuzuordnen sind ◘ Abb. 7.2. Dabei wird das Lerchen-Allel dem längeren DNA-Fragment mit 284 bp und das Eulen-Allel dem kürzeren DNA-Fragment mit 230 bp zugeordnet.

Durch Analyse des Agarose-Gels können Sie ihren Genotyp bestimmen und dadurch Ihren Phänotyp ableiten. Allerdings kann sich der phänotypische Chronotyp von dem genotypischen unterscheiden. Die unterschiedlichen Einflüsse auf den phänotypischen Chronotyp werden in ► Abschn. 7.5.2 genauer besprochen. Im Folgenden werden die Durchführungsschritte der einzelnen Methoden im Detail beschrieben.

Tipp

In diesem Versuch kann jede*r Schüler*in seine eigene DNA-Probe analysieren. Es empfiehlt sich, ein einheitliches Beschriftungssystem festzulegen, z. B. die Initialen. Das erleichtert den Schüler*innen, ihre eigenen Ansätze aus den Geräten zu holen.

Wichtig

Achten Sie bei der Durchführung auf die allgemeingültigen Prinzipien des sicheren Arbeitens im Labor, um Schüler*innen frühzeitig für diese zu sensibilisieren. Es empfiehlt sich, während des gesamten Versuchs Handschuhe zu tragen.

7.2.1 DNA-Extraktion

Zunächst extrahieren Sie ihre eigene genomische DNA aus Ihren Mundschleimhautzellen (◘ Abb. 7.3).

Abb. 7.3
figure 3

DNA-Extraktion aus Mundschleimhautzellen. Durch Verwendung des DNA-Extraktionspuffers ist eine Isolation der eigenen genomischen DNA aus Mundschleimhautzellen möglich. Nach Aufschluss der Mundschleimhautzellen und Zentrifugation kann im letzten Schritt der Überstand, welcher die isolierte DNA beinhaltet, vom Pellet getrennt werden

Wichtig

Vermeiden Sie 20 min vor der DNA-Extraktion das Kauen von Kaugummi oder ähnlichen Menthol/Mint-Süßigkeiten, da das Ergebnis dadurch negativ beeinflusst werden kann. Achten Sie darauf, dass Ihr Mundinnenraum sauber ist und keinerlei Essensreste vorhanden sind.

Für die Extraktion stehen Ihnen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Einerseits die Extraktion über eine Mundspülung mit einer 0,9 %-igen Natriumchlorid-Lösung (NaCl) und zweitens die mechanische Extraktion mit einem Zahnstocher. Hier wird der Vorgang mit der Mundspülung vorgestellt, die Anleitung zur mechanischen Extraktion finden Sie in ► Abschn. 8.2.1.

Pro Person wird Folgendes vorbereitet:

Eppendorf-Reaktionsgefäß:

1,5 mL

Zwei PCR-Gefäße:

0,2 mL

Zwei Becher

 

Geben Sie 10 mL 0,9 %-ige NaCl-Lösung in den Becher und spülen Sie damit für 30 sec den Mund (Lench, 1988).

Wichtig

Nicht schlucken!

Spucken Sie die Lösung in einen frischen Becher aus und überführen Sie davon 1 mL in das 1,5 mL Reaktionsgefäß. Zentrifugieren Sie für 1 min.

Wichtig

Achten Sie beim Zentrifugieren darauf, dass die Proben ausbalanciert sind (Abb. ► 5.2).

Der Überstand wird verworfen.

Wichtig

Pipettieren Sie den Überstand (klare Lösung) vorsichtig ab und achten Sie darauf, dass Zellpellet mit Ihrer Pipettenspitze nicht zu berühren und nichts von dem Zellpellet abzusaugen.

Wichtig

Das Pellet ist als weißer Feststoff am Boden des Reaktionsgefäßes erkennbar. Es enthält die Mundschleimhautzellen und damit die genomische DNA.

Geben Sie nochmals 1 mL der Mundspülung mit Mundschleimhaut in das gleiche Reaktionsgefäß und zentrifugieren Sie erneut für 1 min. Pipettieren Sie den Überstand vorsichtig ab.

Tipp

Sofern kein Pellet zu sehen ist, wiederholen Sie den Schritt der Zentrifugation oder den des Spülens.

Folgendes Reagenz wird in das Reaktionsgefäß mit dem Zellpellet ohne Überstand pipettiert:

  • DNA-Extraktionspuffer: 50 μL

Resuspendieren Sie das Pellet durch vorsichtiges Auf- und Abpipettieren und überführen Sie die Suspension in das vorbereitete PCR-Gefäß.

Wichtig

Achten Sie darauf, dass das Zellpellet vollständig suspendiert ist.

Achten Sie darauf, dass PCR-Gefäß richtig zu verschließen, da es sonst im Thermozykler zu einer Verdunstung der Reaktionsflüssigkeit kommen kann. Die vorbereiteten Proben werden dann kurz zentrifugiert, ca. eine Sekunden.

Wichtig

Achten Sie darauf, dass die Zentrifugen von den Schüler*innen korrekt beladen werden. Nur dann kann eine sichere Benutzung gewährleistet werden. (► Abschn. 5.5)

Abschließend werden die Proben in den Thermozykler gestellt und der Deckel verschlossen. Überprüfen Sie, dass das Gerät ausgeschaltet ist.

Wichtig

Zum Arretieren des Deckels ist ein zusätzlicher Drehknauf vorhanden. Dieser ist sehr empfindlich. Drehen Sie nicht weiter, sobald Sie einen kleinen Widerstand spüren, sonst bricht der Drehknauf ab.

Die Proben werden dann für 10 min bei 95 °C im PCR-Gerät inkubiert. Führen Sie den Hitze-Inkubationsschritt mit dem Programm heat block durch. Nach Auswahl des Programms klicken Sie auf upload. Der Name Ihres Thermozyklers erscheint in einem Pop-Up Fenster.

Da Ihr Gerät noch ausgeschaltet ist, wird oben links in Ihrem Versuchsfenster no power angezeigt. Schalten Sie Ihr Gerät jetzt ein. Die Inkubation kann am Monitor jetzt in Echtzeit verfolgt werden.

Entnehmen Sie die PCR-Gefäße und kühlen Sie diese bei Raumtemperatur kurz ab, ca. 1 min.

Tipp

Um die Wartezeit optimal auszunutzen, können Sie bereits während des Inkubationsschritts mit der Vorbereitung der PCR-Reaktionen beginnen.

Zentrifugieren Sie dann Ihr PCR-Gefäß mit dem enthaltenen DNA-Extrakt für 90 sec. Überführen Sie den Überstand in ein frisches PCR-Gefäß.

Wichtig

Die genomische DNA liegt nach diesem Schritt im Überstand vor. Das Pellet besteht nur aus den Zelltrümmern. Dieses Mal muss der Überstand weiterverwendet werden und das Zellpellet wird verworfen!

Wichtig

Vermeiden Sie das Berühren des Zellpellets mit der Pipettenspitze!

Wichtig

Eine Lagerung des DNA-Extrakts ist nicht möglich, daher muss die Probe sofort weiterverwendet werden.

Wichtig

Die sorgfältige Durchführung des Extraktionsschritts beeinflusst wesentlich die anschließenden Methoden und den Gesamterfolg des Versuchs. Lassen Sie sich daher für diesen Schritt am meisten Zeit, um ein möglichst aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten.

7.2.2 PCR

Mit dem genomischen DNA-Extrakt wird im Anschluss eine PCR durchgeführt (◘ Abb. 7.4).

Abb. 7.4
figure 4

Durchführung der PCR mit eigenem DNA-Extrakt. Pro Ansatz werden 20 μL Sleep Lab Primer Mix™ und 5 μL EZ PCR Master Mix™ in ein PCR-Gefäß pipettiert. Zuletzt werden 3 μL des isolierten eigenen DNA-Extrakts zugegeben. Nach kurzer Zentrifugation der Proben wird die PCR durch Auswahl des Eat, Sleep, Repeat-Protokolls gestartet. Die PCR-Produkte können weiterverwendet oder im Kühlschrank gelagert werden

Jede*r Schüler*in bereitet ein weiteres PCR-Gefäß vor.

Folgende Reagenzien werden in das frische PCR-Gefäß pipettiert:

Sleep Lab Primer Mix

20 μL

EZ PCR Master Mix

5 μL

DNA-Extrakt

3 μL

Gesamt

28 μL

Wichtig

Sorgfältiges Pipettieren beeinflusst den Erfolg des Versuchsergebnisses.

Wichtig

Sobald ein neues Reagenz pipettiert wird, muss die Pipettenspitze gewechselt werden.

Tipp

Werden mehrere Reagenzien in einen Ansatz pipettiert, empfiehlt sich mit dem größten Volumen zu beginnen. Pipettieren Sie DNA-Proben immer zum Schluss.

Das Gesamtvolumen jedes Ansatzes beträgt 28 μL. Mischen Sie die Reagenzien durch vorsichtiges Auf- und Abpipettieren. Achten Sie darauf, die PCR-Gefäße richtig zu verschließen, da es sonst im Thermozykler zu einer Verdunstung der Reaktionsflüssigkeit kommen kann. Die vorbereiteten PCR-Proben werden dann kurz zentrifugiert, ca. drei Sekunden.

Wichtig

Achten Sie darauf, dass die Zentrifugen von den Schülern*innen korrekt beladen werden. Nur dann kann eine sichere Benutzung gewährleistet werden. (► Abb. 5.2)

Abschließend werden die PCR-Proben in den Thermozykler gestellt und der Deckel verschlossen. Überprüfen Sie, dass das Gerät ausgeschaltet ist.

Wichtig

Zum Arretieren des Deckels ist ein zusätzlicher Drehknauf vorhanden. Dieser ist sehr empfindlich. Drehen Sie nicht weiter, sobald Sie einen kleinen Widerstand spüren, sonst bricht der Drehknauf ab.

Für die PCR wird das bereits gespeicherte Eat, Sleep, Repeat-Protokoll verwendet (► Abschn. 5.3). Nach Auswahl des Programms klicken Sie auf upload. Der Name Ihres PCR-Geräts erscheint in einem Pop-Up Fenster.

Die Parameter des PCR-Programms sind in ◘ Tab. 7.1 gezeigt, diese können Sie vorab speichern (► Abschn. 5.3).

Tab. 7.1 Einstellungen des PCR-Programms für Eat, Sleep, Repeat. Die mit * markierten Schritte geben einen PCR-Zyklus an. Die Gesamtzahl der Zyklen ist unter number of cycles angegeben

Da Ihr Gerät ausgeschaltet ist, wird oben links in Ihrem Versuchsfenster no power angezeigt. Schalten Sie Ihr Gerät jetzt ein. Die Thermozykler merken sich das zuletzt genutzte Programm. Durch das Anschalten des Geräts nach upload des Programms stellen Sie sicher, dass der Thermozykler kein anderes Programm startet.

Die PCR-Reaktion kann am Monitor in Echtzeit verfolgt werden.

Tipp

Während die PCR-Reaktion läuft, können die Agarose-Gele vorbereitet werden.

Die Dauer der 30 Zyklen beträgt 30 min (60 sec pro Zyklus, ◘ Tab. 7.1). Unter Berücksichtigung der initial denaturation, den Temperaturänderungen zwischen den Schritten sowie der final extension ist die PCR nach etwa 90 min abgeschlossen. Dies wird durch einen Klingelton angezeigt, auf dem Display erscheint status completed. Die PCR-Gefäße können jetzt aus dem Gerät entfernt werden.

Vorsicht:

Der Metalldeckel kann noch heiß sein.

Die Proben können nun direkt weiterverwendet oder im Kühlschrank gelagert werden.

7.2.3 Agarose-Gel-Herstellung

Als nächstes erfolgt die Herstellung eines 2,0 %-igen Agarose-Gels (◘ Abb. 7.5).

Abb. 7.5
figure 5

Herstellung von Agarose-Gelen für die Gelelektrophorese. Für Eat, Sleep, Repeat werden 2,0 %-ige Agarose-Gele benötigt. Dafür werden 30,00 mL 1x TBE-Puffer mit 0,6 g Agarose versetzt. Durch kurzes Aufkochen entsteht eine homogene, klare Lösung, welche nach Abkühlen auf Handtemperatur mit 3 μL gel staining dye versetzt wird. Die Agarose-Lösung wird in die Gel-Gießapparatur überführt und der Probenkamm in die Halterung gesteckt. Die Auspolymerisierung dauert etwa 15 Minuten

Es bietet sich an, die Agarose-Gele während der Durchführung der PCR zu gießen, um die Zeit optimal auszunutzen (s.o.). In diesem Versuch kann auch die mögliche Lagerung der Gele relevant werden, da sich die gesuchten Banden nur um etwa 50 bp unterscheiden, dauert die Gelelektrophorese länger als in den vorherigen Versuchen.

Tipp

Agarose-Gele können bis zu einem Tag im Kühlschrank gelagert werden. Wickeln Sie diese dafür erst in Frischhaltefolie und dann in Alufolie ein. Damit schützen Sie die Gele vor dem Austrocknen und den enthaltenen Farbstoff vor Schädigung durch Lichtstrahlung.

Tipp

In diesem Versuch können acht Schüler*innen ihre Proben auf ein Gel aufgetragen. Zusätzlich wird pro Agarose-Gel ein DNA-Größenstandard aufgetragen.

Bereiten Sie eine saubere und trockene Gel-Gießapparatur vor und legen Sie einen Probenkamm bereit (► Abschn. 5.4).

Agarose

0,6 g

1x TBE-Puffer

30 mL

gel staining dye

3,0 μL

Wichtig

gel staining dye erst nach dem Abkühlen hinzugeben.

Pro 10,0 mL Agarose-Lösung werden 1,00 μL gel staining dye benötigt.

Die Mischung wird zum Lösen der Agarose kurz in der Mikrowelle aufgekocht. Eine klare Lösung zeigt ein vollständiges Lösen der Agarose an. Um einen Siedeverzug zu vermeiden, kann der Vorgang in der Mikrowelle unterbrochen und der Erlenmeyerkolben mehrmals geschwenkt werden. Kühlen Sie die homogene Mischung unter fließendem Wasser bis zur Handwärme ab. Die Lösung wird dann in die Gel-Gießapparatur überführt. Stecken Sie den Probenkamm in die vorgesehene Halterung.

Tipp

Kleine Luftblasen im Gel können mit einer Pipettenspitze entfernt werden.

Nach 15–20 min ist das Gel verfestigt. Entfernen Sie den Probenkamm vorsichtig. Die Agarose-Gele können direkt für die Elektrophorese verwendet werden.

Tipp

Agarose-Gele können bis zu einem Tag im Kühlschrank gelagert werden. Wickeln Sie diese dafür erst in Frischhaltefolie und dann in Alufolie ein. Damit schützen Sie die Gele vor dem Austrocknen und den enthaltenen Farbstoff vor Schädigung durch Lichtstrahlung.

7.2.4 Agarose-Gelelektrophorese

Der letzte Schritt des Versuchs ist die Analyse der PCR-Proben mittels Agarose-Gelelektrophorese (◘ Abb. 7.6).

Abb. 7.6
figure 6

Durchführung der Agarose-Gelelektrophorese. Die Agarose-Gele werden in die Elektrophoresekammern überführt und dort mit 1x TBE-Puffer überschichtet, bevor die PCR-Proben aufgetragen werden. Die Auswertung erfolgt mit Hilfe eines DNA-Größenstandards. Bp = DNA-Größenstandard 100 bp, L = Lerche (Per5/5), MT = Mischtyp (Per4/5), E = Eule (Per4/4)

Die Agarose-Gele können im Schlitten in die Elektrophoresekammern überführt werden.

1x TBE-Puffer zum Überschichten

35 mL

Pro DNA-Probe

12 μL

DNA-Größenstandard

12 μL

Wichtig

Vor dem Auftragen der Proben werden die Agarose-Gele jeweils mit 30 mL 1x TBE-Puffer überschichtet. Nutzen Sie nie mehr als 35 mL 1x TBE-Puffer zum Überschichten der Gele in der Elektrophoresekammer, da der Puffer sonst überläuft.

Wichtig

Pro Agarose-Gel können acht PCR-Proben und ein DNA-Größenstandard aufgetragen werden. Es empfiehlt sich, den DNA-Größenstandard mittig auf das Agarose-Gel aufzutragen.

Wichtig

Berühren Sie mit Ihrer Pipettenspitze dabei nicht den Boden der Probenkammer, da diese sonst beschädigt wird (► Abschn. 5.4.2.).

Wichtig

Notieren Sie sich die Reihenfolge, in der Sie die Proben aufgetragen haben.

Verschließen Sie die Elektrophoresekammer. Drücken Sie den run-Knopf und führen Sie die Elektrophorese für 30–45 min durch. Achten Sie darauf, dass die Banden des DNA-Größenstandards im Bereich 100–400 bp gut aufgelöst, d. h. gut voneinander getrennt sind. Nach ca. 30–45 min ist die Gelelektrophorese abgeschlossen. Das Gerät kann jetzt ausgeschaltet werden.

Tipp

Die Auftrennung der DNA Proben kann durch Betätigung des illuminator-Knopfs auf dem Gerät in Ist-Zeit verfolgt werden. Wird das Licht zu häufig während der Auftrennung angeschaltet oder dauerhaft angelassen, kann das zum Ausbleichen der Proben führen.

Drücken Sie nach Beendigung der Elektrophorese den illuminator-Knopf und dokumentieren Sie Ihr Ergebnis. Die Agarose-Gele können direkt mit dem Smartphone fotografiert werden.

7.3 Ergebnisinterpretation

In diesem letzten Schritt können die DNA-Banden im Agarose-Gel analysiert werden. Je kleiner die DNA-Fragmente sind, desto schneller wandern sie im Agarose-Gel nach unten. Große DNA-Fragmente werden durch die Agarose-Matrix stärker zurückgehalten und sind nach der Gelelektrophorese demnach weiter oben im Agarose-Gel zu finden (Abschn. ► 3.2). Durch den Vergleich der DNA-Fragmente mit den jeweiligen definierten Banden des DNA-Größenstandards ist eine Abschätzung der Basenpaarlänge dieser Fragmente möglich. Die unterschiedliche Laufweite der PCR-Proben ermöglicht eine Interpretation des Ergebnisses.

Das Lerchen-Allel liefert aufgrund der 5 VNTRs ein längeres DNA-Fragment bei ca. 280 bp, während das Eulen-Allel aufgrund der 4 VNTRs ein kürzeres DNA-Fragment bei ca. 230 bp liefert. Mischtypen haben beide Allele (◘ Abb. 7.7). An diesem Beispiel können die Vererbungsmechanismen und die Allelzusammensetzung des genetischen Materials wiederholt oder neu erarbeitet werden (► Abschn. 7.6.1 streichen). Berücksichtigen Sie in diesem Versuch die strikte Trennung von Genotyp und Phänotyp. Das PER3-Gen ist lediglich eine Komponente der molekularen Uhr und der Phänotyp wird maßgeblich von Umwelteinflüssen sowie dem Lebensstil mitbestimmt (► Abschn. 7.5).

Abb. 7.7
figure 7

Schematische Darstellung des 2 %-igen Agarose-Gels. Der Vergleich der DNA-Fragmente des Eulen- und Lerchen-Allels, sowie deren Mischtyps ist gezeigt. Bp = DNA-Größenstandard 100 bp, L = Lerche (Per5/5), MT = Mischtyp (Per4/5), E = Eule (Per4/4)

◘ Tab. 7.2 zeigt alle Varianten, die aus den Versuchsergebnissen für den Genotyp und Phänotyp abgeleitet werden können.

Tab. 7.2 Interpretation des Versuchsergebnisses auf der Ebene des Genotyps und Phänotyps

Wie gut ihr ermittelter Genotyp mit ihrer phänotypischen Ausprägung übereinstimmt, können Sie zusätzlich mit einem von Horne & Östberg (1976) entwickelten Fragebogen zur Analyse der Morgen-Abend-Präferenz untersuchen. Dieser Fragebogen soll dabei helfen, Ihren Chronotyp zu bestimmen (◘ Abb. 7.8). Er kann gut während der PCR oder Agarose-Gelelektrophorese beantwortet werden und ist auf eine direkte Verwendung im Klassenzimmer ausgelegt. Wählen Sie für jede Frage diejenige Antwort aus, die sie am besten beschreibt. Umkreisen Sie dafür die jeweiligen Punkte, sie sind später zur Auswertung wichtig. Sie finden den Fragebogen bei dem online verfügbaren Zusatzmaterial (sn.pub/rEt5bJ).

Abb. 7.8
figure 8

Auszug aus dem Fragebogen zur Analyse der eigenen phänotypischen Aktivität

Der Erfolg des Versuchs kann maßgeblich durch Vermeiden einiger Fehler gesteigert werden. Diese werden bei der Vorstellung der einzelnen Methoden spezifisch erläutert (► Kap. 5).

7.4 Checkliste

Im Folgenden finden Sie eine Auflistung aller notwendiger Reagenzien und Lösungen, sowie Hinweise zu deren Herstellung. Für einen reibungsfreien Ablauf der praktischen Einheit in Ihrem Unterricht, können Sie mehrere Vorbereitungen vornehmen. Genauere Informationen dazu entnehmen Sie bitte ► Kap. 5. Diese sind für ► Kap. 6, 7, 8, und 9 identisch. Die Angaben und Empfehlungen in diesem Kapitel werden häufig in Gruppen angegeben. Dabei entspricht eine Gruppe zwei Schüler*innen. Sie sind darauf ausgerichtet, den Versuch pro Person einmal vollständig durchzuführen. Sie können individuell entscheiden, mit welcher Gruppenstärke Sie die Versuche durchführen wollen. Obwohl alle Schüler*innen mit ihrer eigenen Probe arbeiten, empfiehlt es sich, mindestens Zweier-Gruppen einzuteilen. Dadurch kann an Geräten gespart werden und eventuell verringern Teams die Fehlerrate.

7.4.1 Reagenzien

  • DPX™ DNA extraction buffer (miniPCR™, USA)

  • EZ PCR Master Mix™ (5x), Load Ready™ (miniPCR™, USA): PCR-Puffer, Mg2+ Ionen, Taq-DNA-Polymerase, dNTPs (Deoxynukleosidtriphosphate), DNA-Auftragspuffer, 5x konzentriert

  • Sleep Lab Primer Mix, Load Ready™ (miniPCR™, USA): Primervorwärts, Primerrückwärts

  • NaCl-Lösung (0,9 %)

In ◘ Tab. 7.3 finden Sie Angaben, wie Sie die Reagenzien an eine Gruppe ausgeben können.

Tab. 7.3 Angabe über Volumina der Reagenzien zur Ausgabe an eine Gruppe

7.4.2 TBE-Puffer

Für die Agarose-Gel-Herstellung und die Agarose-Gelelektrophorese müssen Sie 1x TBE-Puffer herstellen. ◘ Tab. 7.4 zeigt, wie Sie abhängig von dem Konzentrat 1x TBE-Puffer herstellen. Bei der Herstellung wird destilliertes Wasser verwendet.

Tab. 7.4 Herstellung von 1x TBE-Puffer unterschiedlicher Volumina

Wichtig

Pro Agarose-Gel werden 30 mL 1x TBE-Puffer benötigt. Für die Agarose-Gelelektrophorese werden weitere 30 mL 1x TBE als Laufpuffer verwendet. Hierzu wird jedes Agarose-Gel vor dem Auftragen der Proben mit 30 mL 1x TBE-Puffer überschichtet.

Entsprechend ist die benötigte Menge an 1x TBE-Puffer direkt von der Menge benötigter Gele abhängig. Wie Sie bei der Berechnung vorgehen und nähere Informationen zur individuell benötigten Menge an 1x TBE-Puffer finden Sie unter ► Abschn. 7.4.3.

Wichtig

Der 1x TBE-Puffer kann bei Raumtemperatur gelagert werden. Eine Verwendung ist so lange möglich, wie keine Flocken in der Lösung erkennbar sind.

7.4.3 Agarose-Gel-Herstellung

Für die Herstellung der Agarose-Gele können Sie sich an ◘ Tab. 7.5 orientieren.

Tab. 7.5 Angaben zur Herstellung eines 2,0 %-igen Agarose-Gels
  • Agarose für DNA-Elektrophorese (SERVA, Deutschland)

  • TBE-Puffer (SERVA, Deutschland): Tris, EDTA-Na2- Salz, Borsäure

  • DNA-Stain GelGreen® nucleic acid gel stain (miniPCR™, USA): 10,000x in Wasser

  • DNA-Größenstandard (miniPCR™, USA): 12 Banden im Bereich von 100–3000 bp

Alternativ kann TAE-Puffer (Tris, EDTA-Na2- Salz, Essigsäure; SERVA, Deutschland) verwendet werden.

Tipp

Für den schulischen Gebrauch empfiehlt sich TBE-Puffer zu verwenden:

  • Die vollständige Verfestigung des Agarose-Gels verläuft im Vergleich zur Verwendung von TAE-Puffer schneller.

  • Agarose-Gele mit TBE-Puffer sind bei der Handhabung weniger empfindlich.

Wichtig

Achten Sie darauf, dass sich die Agarose für die DNA-Analyse mittels Elektrophorese eignet.

Wichtig

Tragen Sie Handschuhe bei der Herstellung und Beladung der Agarose-Gele.

Bei diesem Versuch können pro Gel acht Proben und ein DNA-Größenstandard aufgetragen werden. Entsprechend können sich acht Personen ein Gel teilen. Es empfiehlt sich, den DNA-Größenstandard mittig auf das Agarose-Gel aufzutragen.

Die Anzahl der benötigten Agarose-Gele berechnet sich wie folgt:

$$ Anzahl\kern0.5em Gele\kern0.5em =\kern0.5em \frac{Gesamtanzahl\kern0.5em Proben}{8} $$
(7.1)

Beispielrechnung:

Bei einer Klasse mit 24 Schüler*innen werden demnach 3 Gele benötigt.

Die nötige Menge an TBE-Puffer (1x konzentriert) in mL lässt sich wie folgt berechnen:

$$ {TBE}_{Puffer}\kern0.5em =\kern0.5em \left( Anzahl\kern0.5em Gele\kern0.5em x\kern0.5em 60\kern0.5em mL\right)\kern0.5em +\kern0.5em 60\kern0.5em mL $$
(7.2)

Bei drei Gelen benötigen Sie demnach 240 mL einer einfach konzentrierten TBE-Puffer Lösung. In dieser Angabe ist die Menge an TBE-Puffer für das Gießen der sechs Agarose-Gele sowie für die Verwendung als Laufpuffer in der Agarose-Gelelektrophorese einkalkuliert. Zudem werden bei dieser Berechnung zwei Fehlversuche bei der Agarose-Gel Herstellung mitberücksichtigt. Anhand der Beispielrechnung würden Sie sich 300 mL 1x TBE-Puffer herstellen. Ausgehend von einem 10x TBE-Konzentrat würden Sie für die Herstellung 30 mL 10x TBE-Konzentrat mit 270 mL destilliertem Wasser versetzten, um so Ihren 1x TBE-Puffer zu erhalten. Der Rechenweg ist nachfolgend dargestellt.

Zur Herstellung des 1x TBE-Puffers lässt sich die benötige Menge an TBE-Konzentrat in mL wie folgt berechnen:

$$ Menge\kern0.5em {TBE}_{Konzentrat}\kern0.5em mL\kern0.5em =\kern0.5em \frac{Gesamtvolumen\kern0.5em 1x\kern0.5em TBE\kern0.5em -\kern0.5em Puffer\kern0.5em mL}{Faktor\kern0.5em des\kern0.5em Konzentrats} $$
(7.3)

Für unser Beispiel ergeben sich so:

$$ Menge\kern0.5em 10x\kern0.5em {TBE}_{Konzentrat}\kern0.5em mL\kern0.5em =\kern0.5em \frac{300\kern0.5em mL}{10}\kern0.5em =\kern0.5em 30\kern0.5em mL $$
(7.4)

Die Menge an destilliertem Wasser in mL ergibt sich dann wie folgt:

$$ Menge\kern0.5em H2{O}_{dest.}\kern0.5em mL\kern0.5em =\kern0.5em Gesamtvolumen\kern0.5em 1x\kern0.5em TBE\kern0.5em -\kern0.5em Puffer\kern0.5em mL\kern0.5em -\kern0.5em Menge\kern0.5em {TBE}_{Konzentrat}\kern0.5em mL $$
(7.5)

Bezogen auf unser Beispiel ergibt sich:

$$ Menge\kern0.5em H2{O}_{dest.}\kern0.5em mL\kern0.5em =\kern0.5em 300\kern0.5em mL\kern0.5em -\kern0.5em 30\kern0.5em mL\kern0.5em =\kern0.5em 270\kern0.5em mL $$
(7.6)

7.5 Fachwissenschaftliche Information für Lehrkräfte

Als circadianen Rhythmus bezeichnet man die Fähigkeit eines Organismus, seine physiologischen Vorgänge sowie sein Verhalten mit dem 24-Stunden-Rhythmus der Erdumdrehung zu synchronisieren. Um die innere Uhr an die Umweltbedingungen anzupassen, nutzen Organismen sogenannte Zeitgeber als Informationsquelle, z. B. Licht, Temperatur und Nahrungsaufnahme. Werden diese Zeitgeber entzogen, z. B. Haltung in vollständiger Dunkelheit, bleiben sowohl die physiologischen Vorgänge als auch das Verhalten rhythmisch, gleichen aber nicht zwangsläufig einem 24-Stunden-Rhythmus (Panda et al., 2002). Daraus lässt sich die Begriffsbildung ableiten, denn „circadian“ kommt aus dem Lateinischen von „circa diam“ und bedeutet „ungefähr ein Tag“ (Dyar & Eckel-Mahan, 2017).

Seit sich Leben auf der Erde entwickelt hat, war es Tagesrhythmen ausgesetzt. Diese ergeben sich natürlicherweise aus der Erdrotation und haben sich im Laufe der Erdgeschichte verändert. Es gibt Annahmen, dass vor ca. 4 Milliarden Jahren eine Erdumdrehung innerhalb von 4 Stunden geschah und sich erst durch eine Veränderung der Distanz zum Mond auf 24 Stunden verlängerte (Bhadra et al., 2017).

Organismen, die über eine innere Uhr verfügen, können sich besser den gegebenen Umweltbedingungen anpassen und haben entsprechend einen Selektionsvorteil. Dafür spricht, dass die Anpassung des Verhaltens und der Physiologie in Abhängigkeit von Licht und Temperatur durch eine innere Uhr konserviert ist und in fast allen Organismen, von Cyanobakterien über Pflanzen bis hin zu Säugetieren, nachgewiesen werden konnte (Koronowski & Sassone-Corsi, 2021).

7.5.1 Genetische Komponenten des circadianen Rhythmus

Die Oszillationsphasen der inneren Uhr müssen täglich angepasst werden, wobei Licht als primäres Steuerelement fungiert. In der Evolution größerer Lebewesen wurde die Entwicklung einer photonen-unabhängigen Steuerung nötig. Nur so konnte eine Synchronisation des gesamten Organismus gewährleistet werden. Bei Menschen ist das der Suprachiasmatische Kern (SCN) (Hastings et al., 2020). Dieser sitzt im Hypothalamus und fungiert als „Master“-Zeitgeber, indem er visuelle Reize in alle Bereiche des Körpers weiterleitet (Bhadra et al., 2017; Ono et al., 2021; Sato et al., 2017). Eine schematische Darstellung der Reizweiterleitung des Lichteinfalls über das Auge ist in ◘ Abb. 7.9 zu sehen.

Abb. 7.9
figure 9

Schematische Darstellung der Reizweiterleitung des Lichteinfalls über das Auge. Licht fungiert bei Säugetieren als Zeitgeber vor allem über das Auge. Die Reizweiterleitung erfolgt an der Retina zum Suprachiasmatischen Kern (SCN), dieser wandelt das Signal in eine molekulare Antwort um. Diese Reize dienen der circadianen Homöostase im Körper

Betrachtet man beispielsweise das Gen Crypotochrom-1 (CRY1), kommt dieses in Pflanzen, Fliegen, Mäusen und Menschen vor. In den Organismen übernimmt es allerdings unterschiedliche Funktionen. Bei Pflanzen steuert CRY1 direkt eine molekulare Antwort auf blaues Licht und wird sowohl mit dem circadianen, als auch dem circannualen Rhythmus in Verbindung gebracht (Yu et al., 2010). Auch in Drosophila-Fliegen steuert CRY1 die molekulare Antwort auf Licht (Emery et al., 1998; Krishnan et al., 2001). Bei Säugetieren ist CRY1 nur noch ein Transkriptionsrepressor und in unterschiedlicher Weise an Feedback-Schleifen beteiligt (Griffin et al., 1999).

7.5.2 Bedeutung für die Gesundheit

Eine Reihe genetischer Variationen der circadianen Gene sind statistisch mit verschiedenen Krankheitsbildern assoziiert worden, beispielsweise mit Winterdepression. Abhängig vom Breitengrad leiden weltweit 2–9 % der Menschen an Winterdepression. Der Schweregrad der Depression korreliert mit dem Ausmaß an Desynchronisation der inneren Uhr (Zhang et al., 2016).

Licht hat einen entscheidenden Einfluss auf die menschliche Physiologie sowie die Psyche und wird bereits erfolgreich zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Unter anderem können die Stimmung und das Sozialverhalten von Menschen mit saisonbedingter Depression verbessert und ein verschobener Schlaf-Wach-Rhythmus normalisiert werden. Auf den Schlaf-Wach-Rhythmus hat Licht nur im Zusammenhang mit der Kerntemperatur des Körpers einen Effekt: Lichtexposition vor der minimalen Körpertemperatur führt zu einer Verschiebung der Phase nach hinten, während die Lichtexposition nach der minimalen Körpertemperatur den gegenteiligen Effekt zur Folge hat (Akashi et al., 2010; Sato et al., 2017).

Bis heute konnte für viele Körperkompartimente eine 24-stündige Periodizität nachgewiesen werden, u. a. im Blutserum, Urin, Speichel und in verschiedenen Gewebetypen (Dyar & Eckel-Mahan, 2017). Auch die Körpertemperatur oszilliert im Tagesverlauf und scheint einen Einfluss auf den circadianen Rhythmus zu haben. So haben Frühaufsteher ein frühes Maximum der Körpertemperatur und Langschläfer ein spätes (Horne & Östberg, 1976).

Unterschiedliche Zelltypen reagieren auf verschiedene Zeitgeber; eine gute Kommunikation zwischen ihnen ist Voraussetzung für circadiane Homöostase und körperweite Synchronisation. Für peripheres Gewebe ist der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme der stärkste Zeitgeber (Asher & Sassone-Corsi, 2015).

Erkenntnisse über Unterschiede im Metaboliten-Fluss und der Stoffwechselaktivität in Abhängigkeit des Tageszeitpunkts eröffnen neue Möglichkeiten in der personalisierten Medizin. Die Wirkeffizienz von Medikamenten könnte durch individuelle Anpassung an den eigenen Stoffwechsel verbessert werden (Dyar & Eckel-Mahan, 2017).

7.5.3 Die Komponenten der peripheren Uhr

In Säugetieren unterscheidet man zwei Systeme zur Regulation des circadianen Rhythmus. Zum einen die zentrale Uhr, die über den SCN im Hypothalamus Reize der Retina verarbeitet und diese neuronal oder hormonell an den gesamten Körper weiterleitet. Zum anderen die periphere Uhr, die in jedem Gewebe auf molekularer Ebene agiert und eine Oszillation aufrechterhält (Bhadra et al., 2017; Sato et al., 2017; Wang et al., 2013).

Die Kernkomponenten der peripheren Uhr sind in ◘ Abb. 7.10 grafisch vereinfacht dargestellt. Der Proteinkomplex aus CLOCK und BMAL1 bildet eine positive Schleife. Diese fungiert als Transkriptions-Aktivator für eine sogenannte enhancer-Box (E-Box). Sobald CLOCK/BMAL1 an die E-Box binden, wird die Transkription des darauffolgenden Gens gestartet. Eine Vielzahl unterschiedlicher Gene, z. B. Gene, die für den Zellzyklus oder den Lipid-Metabolismus zuständig sind, werden durch diesen Expressionsmechanismus gesteuert. Bei ihnen spricht man von clock regulated genes (Oishi et al., 2003).

Abb. 7.10
figure 10

Schematische Darstellung der negativen Feedback-Schleife der peripheren Uhr. Die einzelnen Komponenten der peripheren Uhr und ihre Interaktion sind gezeigt. Der Proteinkomplex CLOCK/BMAL1 aktiviert die enhancer-Box (E-Box), wodurch die Transkription aller circadian gesteuerter Gene startet. Dazu zählen auch die PER- und CRY-Gene. Deren Proteinkomplex hemmt wiederum nach Translokation in den Zellkern die Aktivierung durch CLOCK/BMAL1

Die PER- und CRY-Gene werden selbst durch eine E-Box reguliert und bilden gemeinsam die negative Feedback-Schleife. Akkumulieren PER- und CRY-Proteine im Cytoplasma, bilden sie Heterooligomere und wandern zurück in den Nukleus. Dabei wird das Heterodimer aus PER1/2 von PER3 stabilisiert und bindet in seiner eigentlichen Repressor-Funktion an CLOCK/BMAL1. CRY1/2 erleichtert die Translokation des PER1/2/3-Heterooligomers vom Cytoplasma in den Zellkern (Griffin et al., 1999; Turco et al., 2017; Wang et al., 2013).

Die Periodendauer der Oszillation ist durch die Zeit bedingt, die nötig ist, um so viel PER1/2/3 und CRY1/2 zu produzieren, dass eine effektive Hemmung stattfinden kann. Durch diese Hemmung und den gleichzeitig andauernden Proteinabbau sinkt das Level an PER1/2/3 und CRY1/2 wieder, sodass die Genexpression erneut stattfindet und der Kreislauf von Neuem beginnt.

7.5.4 Genetische Variationen von PER3

PER3 besitzt viele Polymorphismen und einige werden mit unterschiedlichen Schlaf-Wach-Rhythmen und Lichtsensitivität assoziiert (Turco et al., 2017). Polymorphismen sind Variationen desselben Gens innerhalb einer Population und können auf den Genotyp beschränkt sein, sodass sie keine Auswirkungen auf das Genprodukt und dessen Funktion haben. Von einer Assoziation spricht man, wenn es Hinweise für einen Zusammenhang zwischen einer Genvariation und einem Phänotyp, z. B. Krankheitsbild, gibt, aber die Funktionsweise noch nicht abschließend geklärt wurde. Das liegt häufig daran, dass einige Studien einen Zusammenhang beweisen, andere Gruppen allerdings keine reproduzierenden Daten liefern konnten.

Im Fall des PER3-Gens kann das vor allem durch die Vielzahl der Einflussmöglichkeiten auf die innere Uhr begründet werden. So könnten Tageslänge, Temperatur und Klima die Ergebnisse von Studien, abhängig vom Zeitpunkt und Ort, an dem sie erhoben wurden, beeinflussen (Turco et al., 2017).

7.5.5 Variable number of tandem repeats (VNTRs)

Variable number of tandem repeats (VNTRs) gehören zu den genetischen Variationen im menschlichen Genom, die zu einem Längenpolymorphismus führen. VNTRs bestehen aus Wiederholungen des gleichen DNA-Sequenzmotivs. Man unterscheidet Mikrosatelliten-Tandem-Repeats, bei denen das DNA-Sequenzmotiv 1–6 Basenpaare lang ist, Minisatelliten, bei denen das Motiv bis zu 100 Basenpaare lang sein kann, und Makrosatelliten, bei denen das Sequenzmotiv über 100 Basenpaare lang ist (Say, 2017). Diese Unterscheidung ist in ◘ Abb. 7.11 schematisch dargestellt.

Abb. 7.11
figure 11

Unterscheidung von VNTRs in Abhängigkeit der Länge ihres DNA-Sequenzmotivs. Schematische Darstellung von Mikro- (1–6 Bp), Mini- (−100 Bp) und Makrosatelliten (>100 Bp), die sich in der Länge ihres DNA-Sequenzmotivs unterscheiden

VNTRs können eine Reihe verschiedener Funktionen ausüben, z. B. die Regulation der Transkription sowie Translation oder die Modifikation der Proteinstruktur. Da VNTRs sehr polymorph sind, sind sie sehr informativ und dienen als Marker, um genetische Positionen verschiedener Krankheiten zu entdecken (Say, 2017). Ein Beispiel dafür sind drei unterschiedliche Varianten von VNTRs im Insulin-Gen, die zu einer Variation der zugehörigen mRNA führen. Eine Version wird mit Typ 1-Diabetes assoziiert (Say, 2017).

PER3 hat VNTRs mit einem DNA-Sequenzmotiv für 18 Aminosäuren, das entweder viermal oder fünfmal wiederholt wird. Dieses Motiv ist eine mögliche Phosphorylierungsstelle und könnte damit die Funktion des PER3-Gens beeinflussen. Die Forschung geht momentan davon aus, dass vier Repeats zu physiologischer Abendtätigkeit (Langschläfer – Eule) und fünf zu physiologischer Morgentätigkeit (Frühaufsteher – Lerche) führen (Archer et al., 2003; Turco et al., 2017). Auch konnte ein Zusammenhang mit Schlafqualität, Schlafeigenschaften und unterschiedlicher Leistungsfähigkeit bei Schlafmangel nachgewiesen werden (Viola et al., 2007). Die genaue Funktion von PER3 ist noch nicht geklärt. Es gibt die Hypothese, dass PER3 die innere Uhr über die Stabilisierung von PER1/2 beeinflusst und eventuell Teil der nicht-visuellen Reaktion auf Licht ist. Dafür würde sprechen, dass Personen mit dem homologen PER34/4 schwächer als Personen mit PER35/5 auf die Exposition von blauem Licht, während der Nacht reagieren. Allerdings reagieren PER34/4 stärker auf Lichtexposition am Morgen (Turco et al., 2017).

PER35/5 kommt in den meisten ethnischen Gruppen deutlich seltener vor als PER34/4, deshalb wird davon ausgegangen, dass PER34/4 die ursprüngliche Form ist (Turco et al., 2017; Viola et al., 2007).

7.5.6 Fragebogen zur Bestimmung der Morgen-Abend-Präferenz

Der 1976 von Horne & Österberg entwickelte Fragebogen wird am häufigsten verwendet, um Morgen- bzw. Abendaktivität zu ermitteln. Er dient in der Forschung auch dazu, Variationen des Genotyps mit Ausprägungen im Phänotyp zu korrelieren.

Für eine hohe Aussagekraft muss ein Fragebogen validiert werden. Horne & Österberg validierten ihren Fragebogen damals mit einer vergleichsweise jungen Altersgruppe zwischen 18–32 Jahren und kamen zu dem Ergebnis, dass etwa 50 % der Bevölkerung morgens aktiv sind und nur 6 % abends (Horne & Östberg, 1976). Eine neuere Untersuchung hat den Fragebogen angepasst und ermittelte eine Verteilung von etwa 25 % Morgenaktivität und 25 % Abendaktivität. Diese Studie konnte auch einen Unterschied der Präferenzen mit zunehmendem Alter feststellen (Paine et al., 2006).

Bei Fragebögen ist zu beachten, dass es sich um eine Selbsteinschätzung handelt und die Ergebnisse von der gewählten statistischen Methode abhängen können. Die hier verwendete Übersetzung wurde von Griefahn et. al. erstellt und validiert (Griefahn et al., 2001). Sie können auf den Fragebogen online zugreifen (sn.pub/rEt5bJ).

7.6 Didaktische Überlegungen für Ihren Unterricht

7.6.1 Lehrplanbezug und Kompetenzförderung

Bereits in der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass eine Betrachtung der Genetik im Kontext der Evolution sehr sinnvoll ist, um vielen Präkonzepten vorzubeugen (Abschn. ► 4.2). Allerdings verknüpft kein Modul in diesem Buch die beiden Aspekte auf so fundamentale Weise wie der circadiane Rhythmus. Zum einen ist er Reich-übergreifend und nicht auf Säugetiere und insbesondere den Menschen beschränkt. Gene und Mechanismen zur Regulierung des circadianen Rhythmus, d. h. die Anpassung an die variierenden Lichtverhältnisse aufgrund der Erdrotation, finden sich in vielen Organismen auch aus anderen Reichen (► Abschn. 7.5.1). Dieser Kontext ermöglicht deshalb neben der Struktur-Funktions-Beziehung Gen – Protein – Funktion eine weitere Perspektive auf verschiedenen Systemebenen. So erfolgt die Annahme über einen gemeinsamen Vorfahren über die Ähnlichkeitslehre, da Komponenten des circadianen Rhythmus auch in Einzellern konserviert sind. Damit stimmen sie mit unseren Komponenten überein, können als Beispiel für solche Ähnlichkeiten herangezogen werden und ermöglichen es Ihnen, im Rahmen der Artenlehre die Begründungen zu reflektieren, weshalb die Wissenschaft von einem ursprünglichen gemeinsamen Vorfahren ausgeht. Ein weiteres bekanntes Beispiel sind die hochkonservierten Heat-Shock-Proteine (Ehrnsperger et al., 1997; Mühlhofer et al., 2021; Richter et al., 2010) die gleichermaßen in Bakterien, Pflanzen und tierischen Organismen zu finden sind.

Einen weiteren Zugang bieten die Verhaltensbiologie und die abiotischen Einflussfaktoren, insbesondere die Verfügbarkeit von Licht in Abhängigkeit des circadianen Rhythmus mit Verknüpfung zu unserem modernen Leben, z. B. Bildschirmzeit, Jetlag. ► Tab. 4.1 zeigt, wie Sie alle Basiskonzepte der Biologie, d. h. System, Struktur & Funktion sowie Entwicklung adressieren können.

In der Genetik nimmt dieses Modul eine Sonderstellung ein, da der zugrundeliegende Mechanismus auf VNTRs ( ► Abschn. 7.5.5) basiert. Wie in ► Kap. 6 erläutert, werden diese Formen der Mutation häufig zur Personenidentifizierung genutzt, weil sie eben nicht direkt auf Personenmerkmale zurückzuführen sind. Im Falle des PER3 (► Abschn. 7.5.4) sind sie es allerdings, denn dadurch verändert sich die Struktur des Proteins, wodurch eine ansonsten schwer zugängliche Struktur-Funktions-Beziehung der Mutation lebensnah erfahrbar wird.

Eine Übersicht zu möglichen Lernbereichen und deren Kompetenzerwartungen ist in ◘ Tab. 7.6 zusammengefasst.

Tab. 7.6 Lernbereiche und Kompetenzerwartungen zum Modul Eat, Sleap, Repeat

7.6.2 Schülerorientierung

Schüler*innen fehlt oftmals das Verständnis der Gene als chemische Stoffe, deren Auswirkungen innerhalb des Systems biochemischer Natur sind (Kattmann, 2005) (► Kap. 4). Die molekularen Mechanismen des circadianen Rhythmus eignen sich besonders gut, um an diese Vorstellung anzuknüpfen, denn die Auswirkungen der genetischen Variation sind nicht auf einen Faktor beschränkt und werden auch nicht nur von einem Faktor beeinflusst. Entsprechend kann die notwendige Trennung von Genotyp und Phänotyp direkt diskutiert werden (Schwanewedel, 2006; Schwanewedel et al., 2008). Das kann beispielsweise über den Wechsel der Systemebenen geschehen (Hammann, 2019; Kattmann, 2005, 2015): Erstens die Gene und ihre Aktivierung durch die enhancer-Box (Genotyp, ► Abschn. 7.5.3 und ◘ Abb. 7.10); zweitens die Proteine, deren Stabilität (Phänotyp) die Aktivierung auf Gen-Ebene beeinflusst. Ferner führt diese unterschiedliche Stabilität der circadianen Proteine zu einer unterschiedlichen Aktivierung vieler weiterer Gene. Das Zusammenspiel dieser clock regulated genes ergibt dann den chronotypischen Phänotyp, welcher als dritte Ebene betrachtet werden kann. ◘ Abb. 7.12 verdeutlicht diese komplexen Zusammenhänge von Genotyp und Phänotyp und deren Verknüpfung über die drei verschiedenen Analyseschritte DNA-Extraktion, PCR und Agarose-Gelelektrophorese.

Abb. 7.12
figure 12

Darstellung der Zusammenhänge zwischen genetischen und phänotypischen Grundlagen sowie deren Verknüpfung mit molekularbiologischen Methoden. Am Beispiel Eat, Sleep, Repeat wird der Ebenenwechsel (Genotyp – Analyse – Phänotyp) grafisch verdeutlicht

Da die Thematik komplex ist, kann man den Phänotyp auf submikroskopischer und makroskopischer Ebene adressieren. Einerseits ist der Phänotyp des Proteinkomplexes relevant, dessen Struktur nicht direkt beobachtbar ist, jedoch das Protein als Merkmal des entsprechenden Gens exprimiert wird. Für Fortgeschrittene kann an dieser Stelle der Querverweis zur bitteren Geschmackswahrnehmung auf der makroskopischen Ebene gezogen werden, bei dem die exprimierten Proteine maßgeblich den Phänotyp des bitteren Geschmackserlebens beeinflussen (► Abschn. 8.5). In diesem Modul werden die Auswirkungen eines Proteinkomplexes auf die Aktivierung anderer Gene und nachfolgend auf den beobachtbaren Schlafrhythmus und das Verhalten sichtbar. Mit Blick auf den alltäglichen Kontext der Nutzung von Bildschirmen, Tablets und Smartphones in den (dunklen) Abendstunden – damit für die Schüler relevant und von besonderem Interesse – kann der Einfluss von blauem Licht direkt auf die Genexpression diskutiert werden.

7.6.3 Umsetzung Eat, Sleep, Repeat im Rahmen des Digitalen Kooperierens

Kooperatives Lernen ist eine beliebte Unterrichtsmethode im naturwissenschaftlichen Unterricht, um die Motivation und Lernergebnisse der Schüler*innen sowie die Selbstregulation beim Lernen zu unterstützen und zu fördern. Die Entwicklungs- und Sozialpsychologie sowie die Bildungsforschung haben in zahlreichen Studien gezeigt, dass Schüler*innen zu zweit oder in Kleingruppen bessere Lernergebnisse als alleine erzielen (Hmelo-Silver & Jeong, 2020; Jeong et al., 2019), insbesondere für naturwissenschaftlichen Unterricht können für digital unterstütztes kooperatives Lernen Effekte mittlerer Größe nachgewiesen werden (Hmelo-Silver & Jeong, 2020). Die Überlegenheit der gemeinsamen Lernprozesse ist unabhängig davon, ob digitale Medien bei der Zusammenarbeit zum Einsatz kommen oder nicht. Jedoch ist zu beachten, dass kollaboratives Lernen nicht per se effektiv ist, weil produktive soziale Interaktionen häufig nicht spontan stattfinden. Daher müssen kooperative Lernumgebungen (optional mit digitalen Medien) klug gestaltet werden, damit sie lernförderliche Interaktionen auslösen und zu positiven Lernergebnissen führen (Dillenbourg & Fischer, 2007). Dies kann z. B. durch Lernmaterial und Aufgabenstellungen geschehen, in der gemeinsames Verständnis einer bestimmten Problemlösung explizit gefordert ist, auch durch die direkte Aufforderung zu bestimmten Äußerungen über Prompts in digitalen Lernumgebungen oder durch Strukturierung der Zusammenarbeit mithilfe von Kooperationsskripts, die eine Handlungsabfolge und spezifische Rollen mit bestimmten Aufgaben vorgeben und somit als Drehbuch für die Zusammenarbeit fungieren (Kiemer et al., 2018).

In der internationalen Forschungsliteratur wird zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen unterschieden (Weinberger et al., 2020). Unter kooperativem Lernen werden solche Lernszenarien zusammengefasst, bei denen die Schüler*innen arbeitsteilig Aufgaben erfüllen, d. h. die individuellen Ergebnisse ihrer Bearbeitung sammeln und gemeinsam weiterverwerten, ohne dabei intensiv miteinander zu interagieren. Dagegen zeichnen sich kollaborative Lernarrangements dadurch aus, dass Schüler*innen komplexe Aufgaben gleichzeitig und gemeinsam in enger Abstimmung bearbeiten und diskutieren, sodass die individuellen Beiträge nicht mehr eindeutig bestimmbar sind (Vogel & Fischer, 2020; Weinberger et al., 2020). Die Übergänge zwischen diesen beiden Formen der Zusammenarbeit sind fließend und können sowohl miteinander als auch mit individuellem Lernen und Klassenunterricht nach den Zielsetzungen und inhaltlichen Erfordernissen des Biologieunterrichts abwechseln (Dillenbourg & Fischer, 2007).

Die Einteilung kooperativ vs. kollaborativ gilt auch unabhängig von der Nutzung digitaler Medien; beide Formen können jedoch durch diese zusätzlich unterstützt werden. Damit können digitale Medien sowohl beim gemeinsamen Lernen in Präsenz im Biologieunterricht Anwendung finden oder die Zusammenarbeit in Computer-vermittelten Szenarien erst ermöglichen (◘ Tab. 7.7). Aus der Forschungssicht sind in diesem Zusammenhang diejenigen Fragestellungen von besonderem Interesse, wie Technologien kollaborative Funktionen unterstützen können, die in Face-to-Face-Situationen nicht verfügbar sind (Dillenbourg & Fischer, 2007), z. B. durch dauerhaft verfügbare gemeinsam erstellte Arbeitsergebnisse, Notizen und Visualisierungen, augmentierte Informationen in der (realen) Lernumgebung oder Virtual Reality.

Tab. 7.7 Unterschiedliche kooperative bzw. kollaborative (computermediierte) Lernszenarien mit und ohne Unterstützung digitaler Medien am Beispiel des circadianen Rhythmus

Bei gemeinsamer Präsenz im Biologieunterricht befinden sich die Schüler*innen zusammen an einem Lernort, z. B. Klassen- oder Fachraum, einem außerschulischen Lernort oder auf Exkursion etc., und sie können unmittelbar miteinander sowie mit einer oder mehreren digitalen Technologien interagieren (Weinberger et al., 2020). Die soziale Situation kann sich positiv auf die Motivation und Kommunikation der Lernenden auswirken und das gemeinsame Lernen unterstützen. Unter anderem kommen als digitale Medien Computer oder mobile Geräte wie Laptops oder Tablets und Smartphones zum Einsatz. Auf diese Weise kann die Schülerkooperation auch digital unterstützt werden, sollten nicht genügend Endgeräte für jede*n Schüler*in im Biologieunterricht vorhanden sein. Als Beispiel für den naturwissenschaftlichen Bereich ist u. a. die kollaborative Bearbeitung von Simulationen im EU-Projekt CoLab untersucht worden, die forschendes Lernen mit digitalen Endgeräten unterstützt (Ehmke & Wünscher, 2003). Tablets können darüber hinaus als kleine Table Tops eingesetzt werden, an dem kleine Gruppen von Lernenden gemeinsam Lernaufgaben bearbeiten. Als sonstige digitale Technologien spielen automatisierte Messwerterfassung und deren Datenverarbeitung für den naturwissenschaftlichen Unterricht eine Rolle. Auch beim Einsatz dieser digitalen Medien müssen sich Schüler*innen im Rahmen einer experimentellen Planung darüber verständigen, welche Variablen kontrolliert, welche Messwerte erfasst und wie die resultierenden Daten ausgewertet und interpretiert werden sollen.

Die computermediierten Lernszenarien sind dadurch gekennzeichnet, dass alle Arten von gemeinsamem Lernen räumlich verteilt sind, d. h. sie können entweder synchron (zeitgleich) oder asynchron (zeitlich versetzt) stattfinden (◘ Tab. 7.8). Synchron wird zusammengearbeitet, wenn Schüler*innen beispielsweise in Chats oder Videokonferenzen gemeinsam komplexe biologische Fragestellungen untersuchen oder Probleme lösen (Weinberger et al., 2020). Des Weiteren kommen zur Unterstützung dieser Form geteilte Dokumente (Crypt Pad) oder auch kollaborative Whiteboards zum Einsatz. Zum asynchronen Lernen bieten sich Diskussionsforen an, die die wechselseitige Bezugnahme in verschiedenen Themensträngen ermöglichen. Bei dieser Variante können die Schüler*innen individuell ihre Beiträge vorbereiten, was sich positiv auf deren Qualität auswirken kann.

Tab. 7.8 Vorschläge für kooperative und kollaborative Unterrichtsbausteine in gemeinsamer Präsenz bzw. in computermediierten Lernszenarien; die Zusammenarbeit der Schüler*innen wird über unterschiedlich offene Zielsetzungen initiiert. Die Beispiele beziehen sich auf dieses Modul und auf die Kontexte in diesem Buch

Die Art der Zusammenarbeit der Schüler*innen sollte durch die Zielsetzungen im Unterricht und die Komplexität der damit einhergehenden Aufgabenstellungen bestimmt werden. Mit Blick auf Erwerb komplexer molekularbiologischer Konzepte und naturwissenschaftlicher Arbeitsweisen werden daher in Anlehnung an Weinberger et al. (2020) Vorschläge konkretisiert, die die Zielsetzung und Aufgabengestaltung für die Einbindung der hier besprochenen molekularbiologischen Themen berücksichtigen (◘ Tab. 7.8).

7.7 Online-Material

Zur weiteren Vertiefung steht Ihnen zusätzliches Material online zur Verfügung (sn.pub/rEt5bJ). Unter anderem finden Sie dort die Flussdiagramme zu den Abläufen des praktischen Vorgehens in detaillierter Ausführung. Diese eignen sich als Arbeitsanweisungen für Schüler*innen für die praktische Umsetzung und können direkt ausgedruckt werden. Entsprechend stehen Ihnen auch die Bild- und Videodateien zur Nutzung im Unterricht zur Verfügung.

Des Weiteren finden Sie dort verschiedene Aufgabenformate zu versuchsspezifischen Fragen. Die Musterlösungen werden Ihnen dort ebenfalls zur Verfügung gestellt.

Auszug eines Arbeitsblatts für Eat, Sleep, Repeat

Das Licht von Smartphones, Tablets und Laptops beeinflusst unseren Hormonhaushalt negativ. Wir leiden daher häufig an Schlafstörungen. Erklären Sie diesen Zusammenhang.

Das hier vorgestellte Versuchskonzept kann ohne weitere Sicherheitsregularien an Schulen durchgeführt werden. Trotzdem können Sie online die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter abrufen (sn.pub/rEt5bJ).

7. Zusammenfassung

Eat, Sleep, Repeat – Der circadiane Rhythmus beeinflusst uns alle und wir nehmen durch Technologien, z. B. blaues Bildschirmlicht, auf ihn Einfluss. Dieser Versuch gibt Einblicke, wie unser Körper genetisch flexibel auf äußere Einflüsse reagieren kann. Dazu wird ein beteiligtes Gen der inneren Uhr auf wiederholende Einheiten (repeats, VNTRs) untersucht, welche genotypisch Aufschluss über Frühaufsteher und Langschläfer gibt. Damit ermöglicht dieses Kapitel, eine gängige Mutationsform der DNA in einem persönlichen Kontext erfahrbar zu machen.

Dieses Kapitel enthält eine detaillierte Anleitung zur Durchführung mit wichtigen Hinweisen, wie Sie typische Fehler adressieren können.

Diese praktische Einheit kann an die individuellen Bedürfnisse Ihres Unterrichts angepasst werden, dazu werden Hilfestellungen gegeben.