1.1 Einleitung

Die Digitalisierung ermöglicht, den Umgang mit Informationen technisch zu unterstützen. Dies betrifft alle Stufen eines Informationsflusses [5]: von der (1) Informationserfassung mit bspw. digitaler Sensorik über die (2) Weiterleitung durch digitale Netzwerke und die (3) computergestützte Verarbeitung bzw. Aufbereitung bis hin zur (4) Bereitstellung über digitale Anzeigesysteme oder digitale Schnittstellen und zur (5) Nutzung durch Mensch oder Maschine. Die technische Unterstützung führt meist zu einer hohen Verfügbarkeit aktueller Informationen und eröffnet große Potenziale zur Verbesserung und Optimierung ihrer Nutzung. Dazu lassen sich in Unternehmen drei grundlegende Ansatzpunkte unterscheiden, die sich gegenseitig beeinflussen [1]: Die digitale Unterstützung und Weiterentwicklung von Produkten und Dienstleistungen, von Produktions- und Dienstleistungsprozessen sowie von Geschäftsmodellen.

Die gegenseitige Beeinflussung der drei Ansatzpunkte zur Digitalisierung wird u. a. anhand der hybriden Wertschöpfung deutlich. Hierbei werden digitale Leistungen mit physischen Produkten verknüpft [3], sodass diese fest miteinander verbunden sind. Dies geschieht meist durch Integration von Sensorik und Kommunikationstechnologie in das Produkt, sodass entstehende Daten bzw. die darauf aufbauenden Informationen verfügbar werden und die Grundlage für digitale Leistungen bilden. Passend dazu sind auch Geschäftsmodelle digital bzw. hybrid weiterzuentwickeln. Hybride Wertschöpfung erfordert folglich meist sowohl Änderungen bzw. technische Erweiterungen von Produkten und Leistungen als auch Anpassungen am Geschäftsmodell. Damit verbunden sind sowohl Entwicklungsarbeiten an Produkten und Geschäftsmodellen als auch Änderungen an der Arbeitsgestaltung. Dies kann die Arbeitsorganisation und die Kompetenzentwicklung ebenso betreffen wie geeignete Arbeitsmittel. Ein Beispiel dafür ist der Vertrieb, wenn dieser aufgrund der Hybridisierung befähigt werden muss, hybride datenbasierte Zusatzleistungen kundenspezifisch zusammenzustellen und den damit verbundenen Mehrwert zu kommunizieren.

Vor diesem Hintergrund erfolgte die Förderung des Projekts „AnGeWaNt – Arbeit an geeichten Waagen für hybride Wiegeleistungen an Nutzfahrzeugen“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF). Im Rahmen des Projekts wurden sowohl die Hybridisierung von Geschäftsmodellen als auch die dazu passende Arbeitsgestaltung erforscht. Dabei wurde auch das Zusammenwirken von privaten Geschäftsmodellen und hoheitlichen Prozessen am Beispiel des gesetzlichen Mess- und Eichwesens (Metrologie) einbezogen und weiterentwickelt. Die grundlegenden Zusammenhänge sind in Abb. 1.1 dargestellt. Aus dem privatwirtschaftlichen Bereich beteiligten sich drei Unternehmen: ein Hersteller geeichter Waagen (PFREUNDT), ein Hersteller von Nutzfahrzeugen (PAUS Maschinenfabrik) und ein Hersteller von Anbauteilen (Kinshofer). Zur Betrachtung hoheitlicher Anteile im Zusammenhang mit dem Eichen von Waagen und zur Weiterentwicklung der damit verbundenen metrologischen Prozesse beteiligte sich die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). Die Entwicklung hybrider Geschäftsmodelle übernahm das Zentrum für Innovation und Technik (ZENIT) und die arbeitswissenschaftlichen Entwicklungen rund um die sozio-technische Gestaltung von Veränderungen in Unternehmen erfolgten durch das ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft.

Abb. 1.1
figure 1

Grundlegende Zusammenhänge im Projekt AnGeWaNt [4]

1.2 Überblick zum Buch

Das vorliegende Buch ist nach der Vorgehensweise im Forschungsprojekt strukturiert und dient dazu, die interessierte Öffentlichkeit und die betriebliche Praxis über die entstandenen Forschungsergebnisse zu informieren und sie bei der Gestaltung hybrider Wertschöpfung handlungsleitend zu unterstützen. Ausgehend von verschiedenen Vorgehensweisen zur Entwicklung hybrider Geschäftsmodelle (Kap. 2) erfolgt die Analyse der damit verbundenen Informationsflüsse, sodass sich entsprechende Arbeits- und Organisationsstrukturen ableiten lassen (Kap. 3). Darauf aufbauend werden die Zusammenarbeit zwischen und innerhalb von Unternehmen untersucht und weiterentwickelt – dabei werden auch Führungsthemen adressiert (Kap. 4). Anschließend werden Veränderungen an Kompetenzbedarfen ermittelt, die sich aus den veränderten Geschäftsmodellen ergeben, und entsprechende Lehr- und Lernkonzepte entworfen (Kap. 5). Abschließend wird am Beispiel des gesetzlichen Mess- und Eichwesens (Metrologie) dargestellt, wie sich hoheitliche Prozesse weiterentwickeln und digital unterstützen lassen. Die einzelnen Kapitel im Buch orientieren sich an der nachfolgenden Struktur:

  • Ausgangssituation

    Einordnung des Beitrags in den Projektzusammenhang und Erläuterung des jeweiligen Anwendungsbeispiels mit Rahmenbedingen und Zielsetzungen

  • Vorgehensweise

    Erläuterung der einzelnen Schritte zum Erreichen der verschiedenen Ziele anhand des jeweiligen Anwendungsbeispiels und Bereitstellung von Handlungshilfen

  • Ergebnisse

    Beschreibung der erzielten Ergebnisse anhand des jeweiligen betrieblichen bzw. hoheitlichen Anwendungsbeispiels

  • Lessons learned

    Zusammenfassung von Erfahrungen aus der Nutzung der jeweiligen Vorgehensweisen im Rahmen des Projekts anhand der einzelnen Anwendungsbeispiele