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Part of the book series: Exil-Kulturen ((EK,volume 7))

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Zusammenfassung

Bereits seit Mitte der 1990er Jahre lassen sich vor allem in der englischsprachigen Forschung zahlreiche Bemühungen verzeichnen, einen sogenannten Neuen Kosmopolitismus als Paradigma für den Umgang mit kultureller Differenz zu etablieren. In Abgrenzung zu älteren Definitionen des Kosmopolitismus orientieren sich neokosmopolitische Ansätze nicht länger an vermeintlich universalen Kategorien von Vernunft, Menschheit oder Welt, sondern stellen vielmehr die Diversität individueller Lebenswirklichkeiten sowie die gegenseitige Durchdringung partikularer und universeller Erfahrungen in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang wurde wiederholt die besondere Bedeutung betont, die der Erfahrung des Exils in Bezug auf die Etablierung kosmopolitischer Perspektiven zukommt. Obwohl zahlreiche deutschsprachige Exiltexte bereits in den 1930er und 1940er Jahren ein deutliches Interesse an kosmopolitischen Identitäts- und Gemeinschaftsentwürfen artikulieren und damit die Annahme von einem spezifischen Zusammenhang zwischen dem Exil und der Idee des Kosmopolitismus stützen, gibt es bisher kaum Bemühungen, diese Texte mit den gegenwärtigen Auseinandersetzungen zum Begriff des Kosmopolitismus in Verbindung zu bringen. Diese Forschungslücke zu schließen ist Anliegen dieser Arbeit.

Ich bin weit gegangen, zu weit, als daß an Rückkehr noch zu denken wäre. […] Die alte Heimat findest du nicht mehr, auch eine neue ist dir nicht beschieden. Die Welt ist deine Heimat: eine andre hast du nicht. Die ganze Welt wird meine Heimat sein: gesetzt, es gibt noch eine ganze Welt nach diesem Kriege…

Klaus Mann: Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht (1952). Reinbek b. Hamburg 2006, 594.

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Notes

  1. 1.

    David Harvey: Cosmopolitanism and the Banality of Geographical Evils. In: Public Culture 12/2 (2000), 529–564; hier: 529.

  2. 2.

    Vgl. Benedikt Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus. Wiesbaden 2006, 14.

  3. 3.

    Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, 101.

  4. 4.

    Ulrich Beck: Der kosmopolitische Blick oder Krieg ist Frieden. Frankfurt/M. 2004, 13.

  5. 5.

    Im vorliegenden Text wird im Sinne einer geschlechtergerechten Sprache bewusst auf das generische Maskulinum verzichtet. Um auch andere Geschlechter neben Mann und Frau zu berücksichtigen, wird im Folgenden das Gender-Sternchen verwendet. Wenn im Verlauf der Untersuchung dennoch in einigen Passagen ausschließlich von Autoren die Rede ist, so ist dies dem besonderen Umstand geschuldet, dass sich einige der hier gemachten Überlegungen tatsächlich nur auf konkrete Beispiele männlicher Autoren beziehen können. (Vgl. zu diesem Aspekt auch die Seiten 15–16 dieser Arbeit). Um über das Fehlen nicht-männlicher Perspektiven an diesen Stellen nicht hinwegzugehen, wird daher im Einzelfall entsprechend auf den Einsatz des Gender-Sternchens verzichtet.

  6. 6.

    Dass diese in den letzten Jahren auch in der deutschsprachigen Exilforschung vermehrt in den Blick geraten sind, ist nicht zuletzt auf Impulse aus der kulturwissenschaftlichen Forschung und postkolonialen Theorie zurückzuführen, die den Blick auf das Verhältnis von ‚Heimat‘ und ‚Exil‘ nachhaltig verändert haben. Betrachtete eine frühe Exilforschung die Begriffe in erster Linie noch als Gegensatzpaar, gehen gegenwärtige Auseinandersetzungen inzwischen insgesamt von einem komplexeren Zusammenhang aus. Vgl. dazu ausführlicher auch: Doerte Bischoff: Exil und Interkulturalität. In: Handbuch der deutschsprachigen Exilliteratur. Von Heinrich Heine bis Herta Müller. Hg. v. Bettina Bannasch u. Gerhild Rochus. Berlin 2013, 97–119.

  7. 7.

    Während sich innerhalb dieses Diskurses einerseits Positionen finden lassen, die an „traditionell wirkmächtige[n] Vorstellungen von sprachlicher Verwurzelung und einer zwingenden Verbindung von Sprache und Heimat“ ausdrücklich festhalten, hat insbesondere die jüngere Forschung die Aufmerksamkeit verstärkt darauf gelenkt, dass die Rede von der ‚Sprache als Heimat‘ andererseits gerade im Exilkontext auch im Widerspruch zu „ethnonationalen Einheits- und Verwurzelungsphantasmen“ formuliert wird und in vielen Fällen „die ausgrenzende Logik national(sprachlich)er Besitzansprüche“ in besonderer Weise bezeugt. Doerte Bischoff, Christoph Gabriel u. Esther Kilchmann: Sprache(n) im Exil. Einleitung. In: Exilforschung 32 (2014): Sprache(n) im Exil. Hg. v. Dies., 9–25; hier: 8–9, 17, 18. Vgl. zum Topos der ‚Sprache als Heimat‘ auch das Kapitel zu Hilde Domin in Anne Benteler: Sprache im Exil. Mehrsprachigkeit und Übersetzung als literarische Verfahren bei Hilde Domin, Mascha Kaléko und Werner Lansburgh. Stuttgart 2019, 177–236.

  8. 8.

    Dass die ‚Ganzheitlichkeit‘ dieser Welt aus der Perspektive des Exils zugleich in vielen Texten grundsätzlich zur Disposition gestellt wird, deutet bereits das Eingangszitat von Klaus Mann an. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird dieser Aspekt noch mehrfach ausführlicher thematisiert, insbesondere im Abschn. 3.1, der sich mit autobiografischen Verhandlungen des Exils befasst.

  9. 9.

    Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, 102.

  10. 10.

    Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, 102.

  11. 11.

    Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, 102.

  12. 12.

    Die Untersuchung fokussiert sich neben essayistischen Texten auf Erzählungen und Romane, was in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass die literarische Auseinandersetzung mit kosmopolitischen Ideen im gewählten Untersuchungszeitraum vorwiegend in diesen Genres erfolgt. Die vorliegende Arbeit geht zudem ganz grundsätzlich davon aus, dass erzählenden Texten in Bezug auf die Formulierung kosmopolitischer Gemeinschafts- und Raumentwürfe insofern ein besonderes Potenzial zukommt, als dass diese immer schon wesentlich mit der Erschaffung alternativer Welten befasst sind.

  13. 13.

    Vgl. hierzu auch Doerte Bischoff u. Susanne Komfort-Hein: Einleitung: Literatur und Exil. Neue Perspektiven auf eine (historische und aktuelle) Konstellation. In: Literatur und Exil. Neue Perspektiven. Hg. v. Dies. Berlin, Boston 2013, 1–19.

  14. 14.

    Vgl. Steven Vertovec u. Robin Cohen: Introduction: Conceiving Cosmopolitanism. In: Conceiving Cosmopolitanism. Theory, Context and Practice. Hg. v. Dies. Oxford 2002, 1–22.

  15. 15.

    Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, 38.

  16. 16.

    Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, 38.

  17. 17.

    Vgl. z. B. Kwame Anthony Appiah: Cosmopolitan Patriots. In: Critical Inquiry 23/3 (1997), 617–639; Bruce Robbins: Introduction Part I: Actually Existing Cosmopolitanism. In: Cosmopolitics. Thinking and Feeling beyond the Nation. Hg. v. Bruce Robbins u. Pheng Cheah. Minneapolis, MN 1998, 1–19; Kok-Chor Tan: Nationalism and Cosmopolitanism. In: The cosmopolitanism reader. Hg. v. Garrett Wallace Brown u. David Held. Cambridge 2010, 176–190.

  18. 18.

    Für Albrecht ergibt sich bereits „für den relativ schmalen Zeitraum um 1800 […] ein komplexes Bild unterschiedlicher kosmopolitischer Konzeptionen, die sich zwar auf gemeinsame Traditionen berufen, […] gleichwohl aber explizit wie implizit unter der gleichen Bezeichnung stark differierende diskursive Funktionen wahrnehmen.“ Ausdrücklich widerspricht Albrecht damit der von neokosmopolitischen Ansätzen zuweilen propagierten Vorstellung, dass ein traditioneller Kosmopolitismusbegriff letztlich einem – von der Antike bis ins 20. Jahrhundert – singulären und „gleichbleibende[n] Argumentationsmuster grenzüberschreitender Universalisierung“ gefolgt sei. Vgl. Andrea Albrecht: Kosmopolitismus. Weltbürgerdiskurse in Literatur, Philosophie und Publizistik um 1800. Berlin, Göttingen 2005, 9–10. Appiah weist zudem darauf hin, dass viele der kulturellen Phänomene, die heute in unmittelbaren Zusammenhang mit der Globalisierung gebracht werden – etwa die Ver- bzw. Durchmischung von Kulturen – keine neuen Erscheinungen des 20. Jahrhunderts sind, sondern auch in früheren Epochen auftraten. Vgl. Kwame Anthony Appiah: Der Kosmopolit. Philosophie des Weltbürgertums. München 2007, 19.

  19. 19.

    Lion Feuchtwanger: Der historische Prozeß der Juden (1930). In: Ders.: Ein Buch nur für meine Freunde. Frankfurt/M. 1984, 460–466; hier: 464.

  20. 20.

    Feuchtwanger: Der historische Prozeß der Juden, 464.

  21. 21.

    Mann: Der Wendepunkt, 594.

  22. 22.

    So hält Erich Maria Remarque in einem Interview im Jahr 1962 rückblickend fest, er sei „damals zum Weltbürger gemacht worden – gegen meinen Willen.“ Zugleich betont er jedoch auch, dass das Ende des Zweiten Weltkriegs für ihn keine Rückkehr zu einem nationalen Selbstverständnis bedeutete: „Jetzt bin ich ein Weltbürger – mit Willen. […] Heute sehe ich Deutschland nicht nur als Deutscher, sondern als Schweizer und als Amerikaner.“ Heinz Liepmann: Remarque und die Deutschen. Ein Gespräch mit Erich Maria Remarque. In: Erich Maria Remarque: Ein militanter Pazifist. Texte und Interviews 1929–1966. Hg. v. Thomas F. Schneider. Köln 1994, 110–117; hier: 113. Auch in seinen Romanen bringt Remarque den Begriff des Weltbürgertums immer wieder in Verbindung mit der Exilerfahrung. So beschreibt er etwa in seinem Roman Liebe deinen Nächsten (1941) – der davon handelt, wie drei Menschen auf ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten quer durch Europa getrieben werden – die Exilierten wiederholt als Kosmopoliten bzw. „Pionier[e] des Weltbürgertums“. Erich Maria Remarque: Liebe deinen Nächsten (1941). München, Wien, Basel 1958, 190, 215. In seinem Roman Die Nacht von Lissabon (1962), der ebenfalls das Schicksal eines deutschen Emigranten schildert, konstatiert der Icherzähler in Erinnerung an sein Leben vor dem Exil: „Mein Vaterland hat mich wider Willen zum Weltbürger gemacht. Nun muß ich es bleiben. Zurück kann man nie.“ Erich Maria Remarque: Die Nacht von Lissabon (1962). Köln 2008, 82.

  23. 23.

    Vgl. die entsprechenden Leerstellen zur Geschichte und Tradition eines jüdischen Kosmopolitismus in folgenden Darstellungen: Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus; Peter Coulmas: Weltbürger. Geschichte einer Menschheitssehnsucht. Reinbek b. Hamburg 1990; Axel Horstmann: „Kosmopolit, Kosmopolitismus“. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4. Hg. v. Joachim Ritter u. Karlfried Gründer. Basel, Stuttgart 1976, Sp. 1155–1167.

  24. 24.

    Vgl. hierzu etwa Cathy S. Gelbin u. Sander L. Gilman (Hg.): Jews on the Move. Modern Cosmopolitanist Thought and its Others. London 2018; Natan Sznaider: Gedächtnisraum Europa. Die Visionen eines europäischen Kosmopolitismus. Eine jüdische Perspektive. Bielefeld 2008.

  25. 25.

    Gudrun Müller: Der Geschichtsroman deutscher Autoren im Exil. In: Lion Feuchtwanger. Werk und Wirkung. Hg. v. Rudolf Wolff. Bonn 1984, 121–144; hier: 122.

  26. 26.

    Sigrid Thielking: Weltbürgertum. Kosmopolitische Ideen in Literatur und politischer Publizistik seit dem achtzehnten Jahrhundert. München 2000, 11.

  27. 27.

    Pheng Cheah: What is a world? On world literature as world-making acitivity. In: Routledge Handbook of Cosmopolitanism Studies. Hg. v. Gerard Delanty. London, New York 2012, 138–149; hier: 138.

  28. 28.

    So geht beispielsweise Elke Sturm-Trigonakis ganz grundsätzlich davon aus, dass sich das mit Blick auf „transnationale[] Menschen-, Waren-, Finanz- und Informationsströme“ konstatierte Versagen der „traditionellen nationalen Steuerungssysteme“ – das den Ausgangspunkt etwa von Becks Konzept des ‚kosmopolitischen Blicks‘ bildet – auch auf den Bereich der Literaturwissenschaft übertragen lässt. Sie betont, dass auf „eine durchaus vergleichbare Weise und aus vergleichbaren Gründen […] auch die nationalen Philologien nicht mehr in der Lage [sind], mit ihrem herkömmlichen Instrumentarium jegliche in einem beliebigen Land produzierte Literatur als kulturelle Praxis zu analysieren und in den größeren kulturellen Kontext einzuschreiben“. Mit ihrem Begriff einer ‚Neuen Weltliteratur‘ plädiert Sturm-Trigonakis daher dafür, „hybride Literaturformen als anschlussfähiges, eigenständiges künstlerisches Funktionssystem“ zu betrachten, das keine „Teilmenge einer Nationalliteratur“ darstellt, sondern dem „eigenständigen Funktionssystem Nationalliteratur […] nebengeordnet“ ist. Elke Sturm-Trigonakis: Global Playing in der Literatur. Ein Versuch über die Neue Weltliteratur. Würzburg 2007, 101–102, 103, 102.

  29. 29.

    Andreas B. Kilcher: Interpretationen eines kulturellen Zwischenraums. Die Debatte um die deutsch-jüdische Literatur 1900 bis 1933. In: Menora 2002, 289–312; hier: 308. Die jüdisch-diasporische Literatur stellt dabei für Kilcher im Grunde die ‚Radikalisierung‘ eines bürgerlich-humanistischen Weltliteraturmodells dar, ist sie doch „nicht so sehr Form oder Repräsentation eines aufgeklärten, humanistischen und kosmopolitischen Universalismus, sondern vielmehr Medium der Diaspora.“ Andreas B. Kilcher: ‚Jüdische Literatur‘ und ‚Weltliteratur‘. Zum Literaturbegriff der Wissenschaft des Judentums. In: Aschkenas 18/19 (2008/2009) H. 2, 465–493; hier: 476.

  30. 30.

    Lion Feuchtwanger: Die Verjudung der abendländischen Literatur (1920). In: Ders.: Ein Buch nur für meine Freunde, 431–436; hier: 435.

  31. 31.

    Erich Auerbach: Philologie der Weltliteratur. In: Ders.: Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie. Hg. v. Gustav Konrad. Bern 1967, 301–310; hier: 310.

  32. 32.

    Galin Tihanov: Kosmopolitismus in der Diskurslandschaft der Postmoderne. In: Kulturen in Bewegung. Beiträge zur Theorie und Praxis der Transkulturalität. Hg. v. Dorothee Kimmich u. Schamma Schahadat. Bielefeld 2012, 69–108; hier: 98.

  33. 33.

    Als ein besonders prägnantes – von der Forschung bisher allerdings noch kaum untersuchtes – Beispiel für diasporische bzw. durch das Exil geprägte Weltliteraturkonzepte können auch die Schriften des Hamburger Germanisten Walter A. Berendsohn gelten, der „sein Verständnis von Weltliteratur nicht nur als Antwort auf Exilerfahrungen“ sondern vor allem auch mit „Bezug auf sein Judentum und eine jüdische, transnationale Tradition“ entwickelte. Doerte Bischoff: Die jüdische Emigration und der Beginn einer (trans-)nationalen Exilforschung: Walter A. Berendsohn. In: Auch an der Universität – Über den Beginn von Entrechtung und Vertreibung vor 80 Jahren. Reden der Zentralen Gedenkveranstaltung der Universität Hamburg im Rahmen der Reihe ‚Hamburg erinnert sich 2013‘ am 8. April 2013. Hg. v. Rainer Nicolaysen. Hamburg 2014, 53–76; hier: 62. Mit seiner im Exil entstandenen programmatischen Schrift Die humanistische Front sucht Berendsohn insbesondere nachzuweisen, dass die in vielen Sprachen übersetzte Literatur der Exilierten „Deutschland in der Weltliteratur“ repräsentiert, während es sich bei der nationalsozialistischen Literatur um eine „innderdeutsche Angelegenheit“ handelt, die „vom Standpunkt der Weltliteratur eine provinzielle Erscheinung“ darstellt. Walter A. Berendsohn: Die humanistische Front. Einführung in die deutsche Emigranten-Literatur. Erster Teil: Von 1933 bis zum Kriegsausbruch 1939. Zürich 1946, 159. Vgl. zu Berendsohns Weltliteraturbegriff im Kontext seiner Auseinandersetzung mit der Übersetzung von Exiltexten auch Benteler: Sprache im Exil, 17–28.

  34. 34.

    Peter Gossens: ‚Neue Weltliteratur‘? Goethes Weltliteratur-Begriff im Kontext der Globalisierung. In: Goethe Jahrbuch 134 (2017), 39–46; hier: 40.

  35. 35.

    Gossens: ‚Neue Weltliteratur‘?, 42.

  36. 36.

    Gossens: ‚Neue Weltliteratur‘?, 42.

  37. 37.

    Gossens: ‚Neue Weltliteratur‘?, 44. Für Bachmann-Medick stellt die Grundlage einer solchen Neuen Weltliteratur dabei „mehr denn je die Verarbeitung von wirklich erfahrener Alterität und selbst durchlebten Kulturkonflikten [dar], die weit hinausgeht über eine bloße literarische Imagination fremder Welten, weit hinaus auch über ein imaginäres, museales Welt-‚archiv‘ von Literaturen.“ Doris Bachmann-Medick: Multikultur oder kulturelle Differenzen? Neue Konzepte von Weltliteratur und Übersetzung in postkolonialer Perspektive. In: Dies.: Kultur als Text. Die anthropologische Wende in der Literaturwissenschaft. Frankfurt/M. 1996, 262–296; hier: 273.

  38. 38.

    Hanne Birk u. Birgit Neumann: Go-Between: Postkoloniale Erzähltheorie. In: Neue Ansätze der Erzähltheorie. Hg. v. Ansgar Nünning u. Vera Nünning. Trier 2002, 115–152; hier: 121.

  39. 39.

    Birk u. Neumann: Go-Between, 120.

  40. 40.

    Birk u. Neumann: Go-Between, 121.

  41. 41.

    Den besonderen Stellenwert, den „Grenzkonstrukte bzw. das Phänomen der Grenzüberschreitung“ in postkolonialen Auseinandersetzungen mit Identität und Alterität einnehmen, betonen auch Birk u. Neumann: Go-Between, 136.

  42. 42.

    Vgl. zur Bedeutung des Utopischen in der Exilliteratur ausführlicher auch den Sammelband von Linda Maeding u. Marisa Siguan (Hg.): Utopie im Exil. Literarische Figurationen des Imaginären. Bielefeld 2017.

  43. 43.

    Clemens Peck: Im Labor der Utopie. Theodor Herzl und das ‚Altneuland‘-Projekt. Berlin 2012, 18. Christina Thurner differenziert zwischen einer „literarisch-fiktionalen Utopie“, die „traditionellerweise die Idealvorstellung als Wunsch gestaltet“ und einer nicht-fiktionalen, „philosophisch-expositorischen“ bzw. „politischen Utopie“ von programmatischem Charakter, in der es eher „um ein Müssen oder zumindest um ein Sollen“ geht. Beiden Konzepten liegt für Thurner „eine gesellschaftskritische Intention zugrunde, die sich in einem Spannungsverhältnis zwischen erfahrbarer Wirklichkeit und Ideal ausdrückt. Im ersten wird in der Regel vorausgesetzt, dass die zwei Pole weit auseinander liegen, im zweiten wird eine Zusammenführung der beiden aktiv in Angriff genommen.“ Christina Thurner: Der andere Ort des Erzählens. Exil und Utopie in der Literatur deutscher Emigrantinnen und Emigranten 1933–1945. Köln 2003, 15.

  44. 44.

    Hiltrud Gnüg: Der utopische Roman. Eine Einführung. München, Zürich 1983, 8. Während sich die Frühformen der Utopie allerdings noch maßgeblich durch ihre „Realisierungstendenz“ auszeichnen, nimmt im späten 19. Jahrhundert „der Utopiebegriff […] immer stärker die Bedeutung der bloßen Schimäre“ an. Gnüg spricht hier auch von einem „Bedeutungswandel zum bloß Imaginativen, nicht Realisierbaren“. Gnüg: Der utopische Roman, 9, 11.

  45. 45.

    Gnüg: Der utopische Roman, 18.

  46. 46.

    Wie Gnüg betont, handelt es sich bei „Wunsch und Mangel“ um die beiden zentralen „Impulse utopischen Denkens.“ Gnüg: Der utopische Roman, 12. Dass die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Exiltexte dabei vielfach mehr um die vermeintliche ‚Unmöglichkeit‘ der von den Figuren vertretenen kosmopolitischen Ideale kreisen anstatt ihr Gelingen vorzuführen, hebt ihr kritisches Potenzial keineswegs auf. Vielmehr trifft hier in besonderer Weise zu, was Maeding und Siguan allgemein für den Zusammenhang von Utopie und Exil konstatieren: Sie gehen davon aus, dass „gerade das Exil […] mit totalisierenden Entwürfen vor dem Hintergrund der historischen Erfahrung wenig anfangen“ kann. Sie beobachten stattdessen eine Ablösung der Utopie durch das ‚Utopische‘. Dieses präsentiert sich nicht länger als ganzheitlicher Gesellschaftsentwurf, sondern vielmehr „fragmentarisch, in Form eines Verweises, als Denkfigur – und als Negation des Bestehenden. Es geht dabei um ein Möglichkeitsdenken, das den kritischen Vergleich zwischen dem Bestehenden und dem Erwünschten in Gang setzen soll, um die Erschaffung von narrativen und bildhaften Freiräumen.“ Maeding u. Siguan: Einleitung. In: Utopie im Exil. Literarische Figurationen des Imaginären. Hg. v. Dies. Bielefeld 2017, 7–14; hier: 7–8.

  47. 47.

    In gegenwärtigen Ansätzen ist so etwa von verwurzelten, patriotischen, postkolonialen, feministischen, situierten, bürgerlichen oder wirtschaftlichen Kosmopolitismen die Rede, um nur einige zu nennen. David Harvey spricht in diesem Zusammenhang auch von sogenannten Bindestrich-Kosmopolitismen oder „countercosmopolitanisms“, die darauf abzielen, sich von einem universalistischen Verständnis des Kosmopolitismus abzugrenzen. Vgl. Harvey: Cosmopolitanism and the Banality of Geographical Evils, 530.

  48. 48.

    Vgl. hierzu auch den Kategorisierungsansatz von Vertovec u. Cohen: Introduction, 7. Eine Unterscheidung zwischen kulturellen und politischen Ansätzen findet sich auch bei Gerard Delanty (Hg.): Routledge International Handbook of Cosmopolitanism Studies. London, New York 2018. Köhler wiederum differenziert zwischen einem sozialwissenschaftlichen und einem normativ-philosophischen Kosmopolitismus. Ethische und rechtlich-politische Kosmopolitismen bilden dabei für ihn Unterkategorien des philosophischen Kosmopolitismus. Vgl. Köhler: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, 21–58.

  49. 49.

    Während im Englischen und Französischen der Ausdruck cosmopolite seit dem 16. Jahrhundert Verwendung findet, etablieren sich im deutschsprachigen Bereich zeitgleich die Lehnübersetzungen Weltbürger sowie Weltbürgertum und Weltbürgerschaft. Vgl. Horstmann: „Kosmopolit, Kosmopolitismus“, 1159.

  50. 50.

    Gleiches gilt auch für den englischen Begriff ‚world citizenship‘ bzw. ‚citizen of the world‘ oder den französischen Terminus ‚citoyen du monde‘.

  51. 51.

    Vgl. Michael P. Steinberg: The meaning of the Salzburg Festival. Austria as Theater and Ideology, 1890–1938. Ithaca, London 1990, 90.

  52. 52.

    Eine geradezu ‚provozierende‘ Komponente enthält der Begriff des Weltbürgers bzw. „citizen of the world“ für Glick Schiller. Sie weist daraufhin, dass es sich bei ‚Bürgern‘ per definitionem um Personen mit Rechten und Verpflichtungen gegenüber einem bestimmten Regierungssystem handelt. Da eine solche Regierung auf globaler Ebene gegenwärtig nicht existiert, kann der Begriff des Weltbürgertums für sie letztlich immer nur utopisch gemeint sein. Nina Glick Schiller: Whose Cosmopolitanism? And Whose Humanity? In: Whose Cosmopolitanism? Critical Perspectives, Relationalities and Discontents. Hg. v. Nina Glick Schiller u. Andrew Irving. New York, Oxford 2017, 31–33; hier: 31.

  53. 53.

    Der im letzten Abschnitt dieser Arbeit untersuchte Roman von Irmgard Keun artikuliert zwar eine ausdrücklich kosmopolitische Perspektive, diese wird jedoch namentlich nicht mit dem Begriff des Weltbürgertums in Verbindung gebracht.

  54. 54.

    Auch Sneja Gunew hebt in ihrer Untersuchung hervor, dass – von wenigen Ausnahmen abgesehen – in den Literatur- und Kulturwissenschaften bisher keine konsistente Auseinandersetzung mit den Debatten des Neo-Kosmopolitismus zu verzeichnen ist. Vgl. Sneja Gunew: Post-Multicultural Writers as Neo-Cosmopolitan Mediators. New York 2017, 4, 8.

  55. 55.

    Vgl. Thielking: Weltbürgertum, 18. Siehe dazu beispielsweise etwa die Monografie von Andrea Albrecht, außerdem: Michael Wirtz: Patriotismus und Weltbürgertum. Eine begriffsgeschichtliche Studie zur deutsch-jüdischen Literatur 1750–1850. Tübingen 2006.

  56. 56.

    Vgl. Thielking: Weltbürgertum, 136–158; 174–189.

  57. 57.

    Thielking: Weltbürgertum, 159.

  58. 58.

    Thielking: Weltbürgertum, 161.

  59. 59.

    Auf die Bedeutung des Kosmopolitismus in den Texten des Exils wurde vor und nach Thielkings Untersuchung überwiegend in Form versprengter Einzelaufsätze verwiesen. Vgl. z. B. David Horrocks: Kosmopolitismus im Vergleich: Joseph Roth und Stefan Zweig. In: Johann Joseph Roth. Europäisch-jüdischer Schriftsteller und österreichischer Universalist. Hg. v. Georg Lughofer u. Mira Miladinovic Zalaznik. Berlin, Boston 2011, 69–77; Katja Garloff: Peter Weiss’s Skeptical Cosmopolitanism. In: Dies.: Words from Abroad. Trauma and Displacement in Postwar German Jewish Writers. Detroit, Mich 2005, 55–93; Eva Reichmann: Übernationale, kosmopolitische Europäer – die jüdischen Romanciers Lion Feuchtwanger, Georg Hermann, Joseph Roth, Jakob Wassermann, Franz Werfel und Stefan Zweig. In: Handbuch zur deutsch-jüdischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Hg. v. Daniel Hoffmann. Paderborn 2002, 185–217; Chaim Shoham: Kosmopolitismus und jüdische Nationalität. Lion Feuchtwangers Josephus-Trilogie. In: Conditio Judaica, Bd. 3: Judentum, Antisemitismus und deutschsprachige Literatur. Hg. v. Hans Otto Horch. Tübingen 1993, 278–306.

  60. 60.

    Thielking: Weltbürgertum, 11.

  61. 61.

    Thielking: Weltbürgertum, 276.

  62. 62.

    Thielking: Weltbürgertum, 277. So deutet Thielking den Rückbezug der Exilierten auf einen „gemeinsamen, kosmopolitisch-weltliterarischen Geisteskosmos“ auch als einen „Rückzug ins Innere, ins Imaginäre, wohin die verlorene deutsche und europäische Kultur gerettet wird und überdauern kann.“ Thielking: Weltbürgertum, 167. In einem früheren Aufsatz beschreibt Thielking die in diesem Kontext entwickelten kosmopolitischen Ideen zudem als „therapeutische[n] Fluchtpunkt in der Krise“. Sigrid Thielking: ‚…dann sind wir als Letzte auf dem Posten gestanden‘. Kosmopolitische Bekenntnisse und Europaprophetien von Exilierten vor und nach der ‚nationalen Revolution‘. In: Deutsch-jüdische Exil- und Emigrationsliteratur im 20. Jahrhundert. Hg. v. Itta Shedletzky und Hans Otto Horch. Tübingen 1993, 63–80; hier: 79.

  63. 63.

    So erscheint es beispielsweise recht bemerkenswert, dass sich keiner der fünfzig Aufsätze im interdisziplinär ausgerichteten Routledge International Handbook of Cosmopolitanism Studies explizit mit dem Zusammenhang von Literatur und Kosmopolitismus bzw. literarischen Verhandlungen des Kosmopolitismus befasst. Vgl.: Delanty (Hg.): Routledge International Handbook of Cosmopolitanism Studies (2018).

  64. 64.

    Vgl. Jessica Berman: Modernist Fiction, Cosmopolitanism, and the politics of Community. Cambridge 2001, 2–3.

  65. 65.

    Walkowitz fokussiert sich dabei auf verschiedene literarische Techniken moderner und postmoderner bzw. postkolonialer Autor*innen, die darauf abzielen, nationale Prämissen zu destabilisieren. Vgl. Rebecca Walkowitz: Cosmopolitan Style. Modernism Beyond the Nation. New York 2006.

  66. 66.

    Vgl. Berthold Schoene: The Cosmopolitan Novel. Edinburgh 2009, 11–12.

  67. 67.

    Vgl. Schoene: The Cosmopolitan Novel, 13.

  68. 68.

    Schoene: The Cosmopolitan Novel, 12.

  69. 69.

    Vgl. Schoene: The Cosmopolitan Novel, 14.

  70. 70.

    In diesem Aspekt unterscheidet sich für Schoene kosmopolitisches von postkolonialem Schreiben. Vgl. Schoene: The Cosmopolitan Novel, 25.

  71. 71.

    „Cosmopolitan narration assembles as many as possible of the countless segments of our being-in-common into a momentarily composite picture of the world […] Most significantly, the cosmopolitan novel has abandoned the vertebrate structures of the traditional novel’s tour d’horizon and begun instead to experiment with what are more cellular modes of representation.“ Schoene: The Cosmopolitan Novel, 27.

  72. 72.

    Schoene: The Cosmopolitan Novel, 92.

  73. 73.

    Vgl. hierzu auch die Rezension von Janice Ho, die in Bezug auf Schoenes Studie treffend zu dem Schluss kommt: „The Cosmopolitan Novel, one might say, tends to be better on cosmopolitanism than it is on the novel.“ Janice Ho: Review of Berhold Schoene’s ‚The Cosmopolitan Novel‘. In: Modern Fiction Studies 57/2 (2011), 358–360; hier: 360.

  74. 74.

    Robert Spencer: Cosmopolitan Criticism and Postcolonial Literature. London 2011, 7.

  75. 75.

    Spencer hält hierzu fest: „I am interested less in cosmopolitan texts than in cosmopolitan readings.“ Spencer: Cosmopolitan Criticism and Postcolonial Literature, 7.

  76. 76.

    Vgl. Spencer: Cosmopolitan Criticism and Postcolonial Literature, 3, 40. Spencers Blick richtet sich dabei ausdrücklich auf den Bereich postkolonialer Literatur, die für ihn über ihre Auseinandersetzung mit den Mechanismen kolonialer Gewalt die Erwünschtheit bzw. Notwendigkeit kosmopolitischer Alternativen in besonderer Weise herausstellt. Spencer: Cosmopolitan Criticism and Postcolonial Literature, 7.

  77. 77.

    Spencer: Cosmopolitan Criticism and Postcolonial Literature, 7.

  78. 78.

    Vgl. Spencer: Cosmopolitan Criticism and Postcolonial Literature, 12. Spencer geht es somit vor allem um die Frage, wie literarische Texte am Entstehen kosmopolitischer Einstellungen teilhaben – und weniger darum, wie Texte von einem bereits existierenden kosmopolitischen Standpunkt her analysiert werden. Spencer: Cosmopolitan Criticism and Postcolonial Literature, 51.

  79. 79.

    Cathy S. Gelbin u. Sander L. Gilman: Cosmopolitanisms and the Jews. Ann Arbor 2017, 5.

  80. 80.

    Vgl. hierzu etwa Mirjam Thulin: Zwischen Selbstverständnis und Stigma: zur ambivalenten Beziehungsgeschichte von Kosmopolitismus und Judentum. In: Bessere Welten. Kosmopolitismus in den Geschichtswissenschaften. Hg. v. Isabella Löhr u. Bernhard Gißibl. Frankfurt/M. 2017, 47–70; Harriet Murav: „Kosmopoliten.“ In: Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur. Hg. v. Dan Diner. Bd. 3: He-Lu, 424–427.

  81. 81.

    Sznaider: Gedächtnisraum Europa, 7.

  82. 82.

    Vgl. Sznaider: Gedächtnisraum Europa, 10.

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Narloch, S. (2022). Einleitung. In: Zwischen Weltbürgertum und Neuem Kosmopolitismus. Exil-Kulturen, vol 7. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64966-4_1

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