Zusammenfassung
Der Beitrag diskutiert die Frage nach der politischen Dimension von Lyrik, wie sie in den Sprechpositionen von Monika Rincks Gedichten etabliert wird. Rincks Lyrik und ihre poetologischen Texte treten an, das Persönliche der Lyrik mit Mitteln der Grammatik ins Politische zu transformieren – auf dem Wege der Pronomen. Zwischen Ich und Du und Wir, zwischen Lyrischem Ich, Artikuliertem Subjekt und Autorin erarbeitet Rinck eine Poetik des (Miss-)Verstehens, die über die anthropozentrische Subjektivität klassischer lyrischer Sprechpositionen hinausweist.
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Notes
- 1.
Johann Lippet: Wenn ich abends spazieren gehe. In: Ernest Wichner (Hg.): Ein Pronomen ist verhaftet worden. Die frühen Jahre in Rumänien – Texte der Aktionsgruppe Banat. Frankfurt a. M. 1992, 15. Die folgenden Nachweise erscheinen in Klammern im Text.
- 2.
Monika Rinck: „Idiotien“. In: Risiko und Idiotie. Streitschriften. Berlin 22016, 9–56, hier 11.
- 3.
Monika Rinck: mein lyrisches ich. In: zum fernbleiben der umarmung. Berlin 2007, 22. Nachweise im Folgenden in Klammern im Text.
- 4.
Margarete Susman: „Von der Selbstwerdung des lyrischen Ich“. In: Vom Geheimnis der Freiheit. Gesammelte Aufsätze 1914–1964. Berlin 1965, 181–251.
- 5.
G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik III. In: Werke, Hg. von Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel, Frankfurt a. M. 1986, Bd. 15, 418.
- 6.
Vgl. Elisabeth Katharina Paefgen: „Was macht das Ich in lyrischen Texten der Gegenwart? Gedichte von Monika Rinck und Barbara Köhler“. In: Literatur in Wissenschaft und Unterricht 49/4 (2016), 287–301.
- 7.
Vgl. Dieter Burdorf: Einführung in die Gedichtanalyse. Stuttgart 32015, 194 f.; Rainer Nägele: „Der Diskurs des anderen. Hölderlins Ode Stimme des Volks und die Dialektik der Aufklärung“. In: Le pauvre Holterling 4/5 (1980), 61–76, hier 62, Anm. 2.
- 8.
Über die Beschreibungsmöglichkeiten lyrischer Adressanten und Adressaten wird derzeit auf dem Feld der Lyriktheorie und der jungen Lyrikologie intensiv diskutiert und dabei die komplexen ontologischen, epistemischen und performativen Implikationen lyrischer Äußerungsinstanzen wesentlich kenntnisreicher beleuchtet, als ich es hier darzustellen in der Lage bin. Die Höhe der Diskussion zeigt sich in den Beiträgen zu Claudia Hillebrandt u. a. (Hg.): Grundfragen der Lyrikologie 1: Lyrisches Ich, Textsubjekt, Sprecher? Berlin, Boston 2019.
- 9.
Monika Rinck: „Das Versprechen der poetischen Sprache“. In: Texte zur Kunst 103, 2016, 82–87, hier 83.
- 10.
Rinck: „Idiotien“ (wie Anm. 2), 12.
- 11.
Ebd., 16.
- 12.
Ebd.
- 13.
Vgl. ebd.
- 14.
Vgl. ebd., 23.
- 15.
Ebd., 24.
- 16.
Vgl. ebd., 12.
- 17.
Rinck: „Das Versprechen der poetischen Sprache“ (wie Anm. 9), 83.
- 18.
Monika Rinck: Wir. Phänomene im Plural. Berlin 2015, 19.
- 19.
Ebd.
- 20.
Ebd., 20.
- 21.
Ebd., 10.
- 22.
Ebd., 11.
- 23.
Ebd.
- 24.
Ebd., 12.
- 25.
Vgl. Jean-Luc Nancy: singular plural sein. Aus dem Französischen v. Ulrich Müller-Schöll. Zürich 2004.
- 26.
Monika Rinck: Ah, das Love-Ding! Ein Essay. Idstein 22008, 9.
- 27.
Rinck: Wir (wie Anm. 18), 12.
- 28.
Wilhelm Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften. In: Gesammelte Schriften. Hg. von Bernhard Groethuysen. Stuttgart u. a. 41965, Bd. VII, 191.
- 29.
Rinck: „Idiotien“ (wie Anm. 2), 25. Vgl. Alexander Pschera: Vom Schweben. Berlin 2013, 16.
- 30.
Ingeborg Bachmann: Frankfurter Vorlesungen. Probleme zeitgenössischer Dichtung. in: Werke. Hg. von Christine Koschel, Inge von Weidenbaum und Clemens Münster, München 22010, 181–271, Bd. 4, hier 188.
- 31.
Rinck zitiert Bachmanns Vorlesung in „Ansprechen. Münster’sche Poetikdozentur, gehalten am 14. Dezember 2015“. In: Champagner für die Pferde. Ein Lesebuch. Hg. von Monika Rinck und Daniela Seel, Frankfurt a. M. 2019, 29–65, hier 36–37.; ebenso in Rinck: Wir (wie Anm. 18), 9, sowie Rinck: „Idiotien“ (wie Anm. 2), 20–21.
- 32.
Bachmann: „Frankfurter Vorlesungen“ (wie Anm. 30), 188.
- 33.
Rinck: „Idiotien“ (wie Anm. 2), 21.
- 34.
Werner Hamacher: „Prämissen. Zur Einleitung“. In: Entferntes Verstehen. Studien zu Philosophie und Literatur von Kant bis Celan. Frankfurt a. M. 1998, 7–48, hier 28.
- 35.
Ebd., 10.
- 36.
Ebd., 47.
- 37.
Rinck: „Idiotien“ (wie Anm. 2), 11, 22.
- 38.
Ebd., 11.
- 39.
Christian Metz: „Diffraktive Poetologie: Monika Rincks Poetik des Sprungs. Eine Lektüre“. In: Zeitschrift für Germanistik. Neue Folge, 25/2 (2018), 247–260.
- 40.
Ebd., 258.
- 41.
Rinck: „Ansprechen“ (wie Anm. 31), 39.
- 42.
Monika Rinck: Honigprotokolle. Sieben Skizzen zu Gedichten, welche sehr gut sind. Berlin 22014. Zuerst findet sich das Zitat dort auf S. 5, es bildet im Band aber, wie Rinck an anderer Stelle selbst auszählt, den Beginn von insgesamt 48 der 66 Gedichte. Vgl. Rinck: „Ansprechen“ (wie Anm. 31), 29.
- 43.
Ebd., 29.
- 44.
Ebd. Die Endung „-ler“ übernimmt Rinck, wie an anderen Stellen die Endung „-lar“ aus dem Türkischen und macht damit einen Vorschlag für eine genderneutrale Pluralbildung: Anstatt die Endung vom Geschlecht abhängig zu machen, gehorcht die Endung der kleinen Vokalharmonie, nach der hellen Vokalen ein -lar, dunklen Vokalen ein -ler folgt. Vgl. Rincks Ausführungen dazu in einem Interview auf Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunk.de/musik-und-fragen-zur-person-die-lyrikerin-monika-rinck.1782.de.html?dram:article_id=467624 (zuletzt aufgerufen am 17.11.2020).
- 45.
Rinck: „Ansprechen“ (wie Anm. 31), 29.
- 46.
Ebd., 32.
- 47.
Ebd., 33.
- 48.
Ebd., 32.
- 49.
Ebd., 38.
- 50.
Vgl. Gayatri Chakravorty Spivak: Can the Subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Aus dem Englischen von Alexander Joskowicz und Stefan Nowotny, Wien 2020.
- 51.
Rinck: „Ansprechen“ (wie Anm. 31), 32.
- 52.
Ebd., 33.
- 53.
http://www.begriffsstudio.de/ (zuletzt aufgerufen am 17.11.2020).
- 54.
Rinck: „Idiotien“ (wie Anm. 2), 11.
- 55.
Rinck: Wir (wie Anm. 18), 34.
- 56.
Vgl. ebd., 35–36.
- 57.
Den Bezug zu Latours Konzept vom Parlament der Dinge stellt Rinck in ihrer Münsteraner Poetikvorlesung her, vgl. Rinck: „Ansprechen“ (wie Anm. 31), 34; Bruno Latour: Das Parlament der Dinge. Für eine politische Ökologie. Aus dem Französischen von Gustav Roßler, Frankfurt a. M. 2010.
- 58.
So etwa Rüdiger Zymner: Text und literaturwissenschaftlicher Animismus. In: Grundfragen der Lyrikologie 1: Lyrisches Ich, Textsubjekt, Sprecher? Hg. von Claudia Hillebrandt u. a., Berlin, Boston 2019, 209–223.
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Kuberg, M. (2023). Reden im Parlament der Dinge. Monika Rincks Poetik der „Phänomene im Plural“. In: Taylor, N., von Passavant, N. (eds) Monika Rinck. Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, vol 10. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64898-8_11
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