FormalPara Zusammenfassung

Wie in vielen anderen Länder kam es Ende Februar 2020 auch in Israel zu den ersten flächendeckenden Covid-19-Ausbrüchen. Die Pandemie, die inzwischen seit mehr als 18 Monaten andauert, wies mehrere aufeinanderfolgende Wellen auf, die meist mit dem Auftreten neuer Varianten des SARS-CoV-2-Virus zusammenhingen. Die Verantwortlichen in allen Bereichen des Gesundheitswesens mussten sich an die Situation anpassen, mit großen Unsicherheiten umgehen und tagtäglich Lösungen finden, um trotz Personalknappheit und mangelnder Schutzausrüstung die gesamte Bevölkerung – mit oder ohne Covid-19 – zu versorgen.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die stationäre Versorgung und die Patientensteuerung in Israel während der Covid-19-Pandemie. Angesichts der Erkenntnis, dass das Krankenhausmanagement in der Lage sein muss, auf ständige Veränderungen rasch zu reagieren und sich an die weiterhin vorliegenden pandemischen Bedingungen anzupassen, um allen Patientinnen und Patienten die bestmögliche medizinische Versorgung zu bieten, schlagen die Autoren einen vierstufigen Aktionsplan vor, den das Krankenhaussystem in Erwägung ziehen sollte, um der anhaltenden Covid-19-Pandemie besser begegnen zu können.

As many other countries, Israel experienced the first widespread outbreaks of Covid-19 in late February 2020. The pandemic experienced several consecutive outbreaks, mostly related to the appearance of new variants of the SARS-CoV-2 virus. Health care managers at all levels, with high level of uncertainty, had to adapt and find day to day solutions for scarcity of medical personal and medical equipment while caring for the entire population, those with and without Covid-19.

In this chapter, we have summarized the Israeli inpatient care and management during the Covid-19 pandemic in Israel. Given the important insight that management must be able to be open for continuous changes and the need to adapt to the ongoing conditions of the pandemic in order to provide the best medical care to all patients, we suggest a four steps action plan that the hospitalization system should consider to better face the continued Covid-19 pandemic.

1 Einführung

Wie in vielen anderen Ländern kam es Ende Februar 2020 auch in Israel zu den ersten flächendeckenden Covid-19-Ausbrüchen. Die Pandemie, die inzwischen seit mehr als 18 Monaten andauert, wies mehrere aufeinanderfolgende Wellen auf, was zumeist mit dem Auftauchen neuer Varianten des SARS-CoV-2-Virus zusammenhing. Abb. 13.1 beschreibt die kumulative Entwicklung der Pandemie in Israel im Zeitverlauf (März 2020 bis Juli 2021).

Abb. 13.1
figure 1

Gesamtzahl der Covid-19-Fälle in Israel im Zeitverlauf (kumuliert) (Quelle: https://data.gov.il/dataset/covid-19)

Die Pandemie hat dem Gesundheitswesen und den Verantwortlichen auf allen Ebenen viele Restriktionen auferlegt: der Regierung, den Krankenversicherungen, den Krankenhäusern und anderen Gesundheitsdienstleistern. Konfrontiert mit großen Unsicherheiten, mussten sie alle sich an die Entwicklung anpassen und tagtäglich Lösungen finden, um mit dem Mangel an Personal und medizinischer Schutzausrüstung umzugehen und dennoch die gesamte Bevölkerung zu versorgen – diejenigen, die von Covid-19 betroffen waren und die, die es nicht waren.

Dieser Beitrag befasst sich speziell mit dem Krankenhaussystem in Israel; die Autoren beschreiben im Rahmen einer Fallstudie das Pandemiemanagement im Hadassah Medical Center, einem Krankenhaus der Tertiärversorgung in Jerusalem.

2 Das Gesundheitssystem in Israel

Im Jahr 1995 wurde in Israel ein wettbewerbsfähiges gesetzliches Krankenversicherungssystem (National Health Insurance, NHI) eingeführt. Alle Staatsangehörigen oder Personen mit ständigem Wohnsitz in Israel müssen sich für eine der vier konkurrierenden, nicht gewinnorientierten Krankenversicherungen (health plans, HPs) entscheiden. Die vier Krankenkassen, die in Form von Managed-Care-Organisationen operieren, konkurrieren in Bezug auf die Versorgungsqualität und ihre Erfahrung mit einem einheitlichen Leistungspaket. Wie in anderen Ländern mit entsprechenden Gesundheitsreformen hat Israel zur Finanzierung der Krankenversicherung eine prospektive, risikoadjustierte Kopfpauschale eingeführt; d. h. die NHI-Mittel werden vor allem nach Alter, Geschlecht und Wohnort der Mitglieder auf die HPs verteilt, ergänzt durch spezifische Vergütungen für fünf schwere Erkrankungen (Brammli-Greenberg et al. 2018).

Die vier HPs sind landesweit tätig und erbringen ihre Leistungen in eigenen Einrichtungen oder über vertraglich gebundene Leistungserbringer (die im NHI-Leistungspaket gelistet sind). Die Krankenkassen kaufen in der Regel stationäre und einige ambulante Leistungen von den Krankenhäusern ein (etwa 80 % der Einnahmen der Krankenhäuser werden aus den von den Kassen abgedeckten Leistungen generiert).

Im Jahr 2018 gab es in Israel 45 allgemeine (Akut-)Krankenhäuser mit etwa 15.960 Betten; 12 psychiatrische Krankenhäuser mit etwa 3.590 Betten; 28 spezialisierte Krankenhäuser (einschließlich Rehabilitations- und geriatrische Kliniken) sowie 241 stationäre Langzeitpflegeeinrichtungen mit etwa 26.000 Betten. Fast die Hälfte aller Akutbetten (47 %) in Israel befinden sich in staatlichen Krankenhäusern, weitere 30 % in Krankenhäusern, die im Besitz der größten Krankenkasse (Clalit) sind und von ihr betrieben werden. Etwa 3 % der Akutbetten finden sich in privaten, gewinnorientierten Krankenhäusern, die übrigen Akutbetten gehören zu kirchlichen und anderen freigemeinnützigen Organisationen (MoH 2020).

Ende 2018 gab es in allgemeinen Krankenhäusern 1,78 Akutbetten pro 1.000 Einwohner. Etwa ein Drittel (36 %) der Betten befanden sich in Abteilungen für Innere Medizin, 34 % in chirurgischen Abteilungen, 15 % in pädiatrischen Abteilungen, 10 % in der Geburtshilfe und nur 5 % in Intensivstationen (siehe Tab. 13.1). Die durchschnittliche Verweildauer von Akutpatientinnen und -patienten betrug im Jahr 2018 4,0 Tage, die Bettenauslastung der Akutkrankenhäuser lag bei 92 % (MoH 2020).

Tab. 13.1 Anzahl Akutbetten – landesweit im Vergleich zum Hadassah Medical Center (2019) (Quelle: MoH 2020)

Die überwiegende Mehrheit der Krankenhausbetten des Landes befindet sich in allgemeinen Krankenhäusern. Fast alle Krankenhäuser in Israel sind an Universitäten angegliedert und fungieren als Ausbildungsstätten für Medizinstudenten, Praktikanten und Assistenzärzte. Umfang und Intensität dieser Anbindung an Hochschulen sind dabei unterschiedlich. Von den 45 Allgemeinkrankenhäusern Israels sind sechs als Tertiärkrankenhäuser anerkannt, zu diesen gehört auch das Hadassah Medical Center. Diese medizinischen Zentren weisen in der Regel die größte Konzentration an Forschungs- und Ausbildungsaktivitäten auf und sind auch Zentren für komplexe und hochpreisige Behandlungen (Rosen et al. 2015).

In den internistischen Abteilungen wird über Tagessätze und für die chirurgische Versorgung über eine Kombination aus Tagessätzen und procedure-related groups (PRG) abgerechnet. Alle Preise, einschließlich der Tagessätze und PRGs, sind staatlich reguliert. Darüber hinaus unterliegen öffentliche und staatliche Krankenhäuser einem gesetzlich geregelten gedeckelten Globalbudget, das sowohl eine Untergrenze („lower cap“) als auch eine Obergrenze („upper cap“) aufweist; die darüber hinausgehenden Kosten fallen in die Grenzkosten.

Innerhalb der Versichertengemeinschaft stehen den Patientinnen und Patienten eine beträchtliche Auswahl an Haus- und Fachärztinnen und -ärzten zur Verfügung, mit denen ihre Krankenversicherung Verträge abschließt. Sie können auch zwischen verschiedenen Krankenhäusern, die einen Vertrag mit ihrer HP haben, wählen. Die Leistungen der Krankenhausambulanzen sind im NHI-Leistungspaket enthalten und werden daher in der Regel von den HPs übernommen. Nicht vertragsgebundene Leistungen sind nicht abgedeckt. In der stationären Versorgung sind alle Ärzte und das medizinische Personal Angestellte der Krankenhäuser. Wenn ein Patient ins Krankenhaus eingeliefert wird oder eine Ambulanz aufsucht, wählt das Krankenhaus den Arzt oder Chirurgen des Patienten aus.

Zwar ist die öffentliche Finanzierung nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle des Gesundheitssystems, der Anteil der privaten Finanzierung an den nationalen Gesundheitsausgaben hat jedoch zugenommen und lag in den letzten Jahren bei 40 %.

3 Strategien und Ansätze zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie in Israel

Der erste Covid-19-Patient in Israel wurde am 27. Februar 2020 diagnostiziert, sechzehn Tage später kam es zum ersten Ausbruch in einer israelischen Langzeitpflegeeinrichtung (Tsadok-Rosenbluth et al. 2021).

Bis zum 16. März gab es mehr als 1.100 Covid-19-Patientinnen und -Patienten, von denen die meisten hospitalisiert wurden (siehe Abb. 13.2). Israel reagierte in der Präventionsphase der Pandemie rasch: Es schloss seine Grenzen relativ bald nach dem Ausbruch in China und schickte Reisende, die aus Risikogebieten kamen, in Quarantäne. In der Eindämmungsphase wurden diagnostizierte Personen unter Quarantäne gestellt, aber es dauerte eine Weile, bis die Kapazitäten für die Testung von Verdachtsfällen (die unter Quarantäne zu stellen waren) aufgebaut waren. In der Eindämmungsphase wurden wiederum rasch – fast täglich – Maßnahmen eingeführt, unter anderem Social Distancing und ein Lockdown (Waitzberg et al. 2021a).

Abb. 13.2
figure 2

Krankenhaus-Neuaufnahmen in Israel aufgrund von Covid-19 und Anteil der Krankenhausfälle an der Gesamtzahl der Covid-19-Fälle, Anteil in % (Quelle: https://data.gov.il/dataset/covid-19)

Zu Beginn des Ausbruchs (Phase 1; Abb. 13.2) war das israelische Gesundheitssystem noch nicht auf den Umgang mit der Pandemie vorbereitet; diese Phase war durch die Ungewissheit über die Krankheit gekennzeichnet, was zu einer hohen Hospitalisierungsrate von Covid-Patienten (etwa 90 %) führte. In der 2. Phase der Pandemie sank die Einweisungsrate auf etwa 50 % und die Krankenhäuser konnten sich auf die mittelschwer bis schwer Erkrankten und diejenigen, die eine Intensivbehandlung benötigten, konzentrieren. Während dieses Zeitraums (Phase 1 und 2) übernahm das Gesundheitsministerium (Ministry of Health, MoH) die führende Rolle und war für alle Entscheidungen und die Weitergabe von Informationen im Zusammenhang mit Verhaltensregeln, Probenentnahme und Diagnose von SARS-CoV-2 verantwortlich.

Mitte Juli 2020 wurde jedoch klar, dass die Pandemie nicht mehr aufzuhalten war, sodass die Verantwortung für Probenentnahme, Tests, Diagnosen und Versorgung von Covid-Patienten den vier israelischen HPs übertragen wurde. Damit übernahmen die HPs die Führungsrolle bei der Überwachung, Testung und Betreuung von Covid-Patienten und später auch bei der Impfung der israelischen Bevölkerung. Durch die Maßnahmen der HPs wurden die Behandlung und die Triage in den Gemeinden erheblich verbessert und die häusliche Versorgung von mittelschwer erkrankten sauerstoffpflichtigen Covid-Patienten ermöglicht. Durch diese Maßnahmen wurden weniger Krankenhausaufenthalte erforderlich, sodass die Krankenhäuser nur noch eine geringe Zahl von Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf aufnehmen mussten. Unter anderem nehmen die medizinischen Dienste der HPs regelmäßig Kontakt zu Covid-19-Patienten und ihren Familien auf, um sie über korrektes Verhalten zu informieren und ihnen Monitoring-Sets nach Hause zu schicken, die ein Fieberthermometer und ein Sauerstoffsättigungsmessgerät (Pulsoximeter) enthalten. Die Patienten sind verpflichtet, ihre Vitalparameter zu messen und diese einer Koordinationsstelle mitzuteilen. Jedem Patienten/jeder Familie wird eine ambulante Pflegekraft zugewiesen, die im Bedarfsfall zu kontaktieren ist. Die vierte Phase der Pandemie war durch die Impfkampagne gekennzeichnet, wodurch die Zahl der Krankenhauseinweisungen weiter gesenkt werden konnte. Dank dieser kommunalen Infrastruktur für die Versorgung von Covid-19-Patienten konnten sich die Akutkrankenhäuser auf die Schwerstkranken und diejenigen, die eine Intensivbehandlung benötigten, konzentrieren und gleichzeitig die Versorgung von Nicht-Covid-Patienten aufrechterhalten. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und den Krankenhäusern sorgte dafür, dass das israelische Gesundheitssystem die Pandemie recht gut bewältigt hat.

Während der Pandemiezeit stand das Krankenhaussystem vor großen Herausforderungen. Erstens war die Zahl der hospitalisierten Covid-Patienten hoch und stieg weiter an, während gleichzeitig die Nicht-Covid-Patienten zurückkehrten, um sich in medizinische Behandlung zu begeben, die in den ersten Monaten der Pandemie unterbrochen worden war.

Zweitens wiesen die meisten Krankenhauspatienten mit Covid-19 schwere Symptome auf oder befanden sich in einem kritischen Zustand, der eine mechanische Beatmung oder extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) erforderte. In den ersten beiden Wellen der Pandemie gehörten die meisten dieser Patienten zu den höheren Altersgruppen, während in der dritten Welle ein gewisser Rückgang des Durchschnittsalters der Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf zu beobachten war (wahrscheinlich aufgrund des hohen Anteils Geimpfter bei älteren Menschen) (Abb. 13.3).

Abb. 13.3
figure 3

Krankenhausfälle in Israel aufgrund von Covid-19 insgesamt und nach Durchschnittsalter (Quelle: https://data.gov.il/dataset/covid-19)

Zur Unterstützung der Akutkrankenhäuser verabschiedete die Regierung ein Covid-19-Hilfsprogramm (in Höhe von 1,8 Mrd. Neuen Israelischen Schekel (ILS), ca. 464 Mio. €), das es den Krankenhäusern ermöglichte, die steigende Zahl der Krankenhauspatienten während der Pandemie zu bewältigen. Auch öffentliche Krankenhäuser wurden vor den finanziellen Auswirkungen von Covid-19 geschützt, indem den Krankenhäusern 93 % der Vorjahreseinnahmen garantiert wurden. Darüber hinaus wurde ein neuer Tagessatz für bestimmte Covid-Stationen eingeführt, um den Krankenhäusern alle Covid-bedingten Zusatzkosten zu vergüten. Diese Schutzmaßnahmen galten jedoch nicht für private Krankenhäuser, die einen Rückgang von privaten (elektiven) Behandlungen verzeichneten und zudem auch keine Covid-Patienten behandelten (Waitzberg et al. 2021b).

3.1 Strategien und Ansätze der Krankenhäuser zur Bewältigung der Pandemie

Das Hauptziel des Krankenhausmanagements bestand darin, den Zusammenbruch der Krankenhausinfrastruktur und eine Überlastung des Personals aufgrund des plötzlichen Anstiegs der Zahl der Patientinnen und Patienten, die medizinische Versorgung und Intensivpflege benötigten, zu vermeiden. Mit dem Fortschreiten der Pandemie konzentrierten sich die Bemühungen der Krankenhäuser in der ersten Phase darauf, zusätzliches medizinisches und pflegerisches Personal für die Behandlung von Covid-19-Patienten in eigens errichteten Covid-19-Stationen zu aquirieren und vor allem Intensivpflegegeräte (Überwachungs- und mechanische Beatmungsgeräte, Spritzenpumpen usw.), Arzneimittel und Schutzausrüstung zu beschaffen.

In der zweiten Phase lag der Fokus darauf, die Unterbrechung der stationären Patientenversorgung insgesamt abzumildern. Dies geschah beispielsweise durch Investitionen in die Infrastruktur und in die Ressourcen der Intensivstationen.

In der dritten Stufe beteiligten sich die Kliniken an den landesweiten Bemühungen, die israelische Bevölkerung so schnell wie möglich zu impfen. Die Regierung Israels betrachtete die Covid-Impfaktion als eine entscheidende, dringende Reaktion auf eine das Land bedrohende Notfallsituation (Glied 2021). Die Regierung führte einen „grünen Pass“ ein, der es in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens nur geimpften Personen ermöglicht, Zutritt zu erlangen und an sozialen Aktivitäten und Veranstaltungen teilzunehmen. Auch die HPs förderten das Impfprojekt, indem sie bei ihren Mitgliedern für die Impfung warben und die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit für diejenigen, die sich impfen lassen wollen, verbesserten. Die Krankenhäuser schlossen sich dem an, indem sie das gesamte medizinische und administrative Personal sowie die stationären Patienten und ihre Familien aktiv zur Impfung aufriefen, um die Bemühungen der HPs zur Impfung der Bevölkerung zu unterstützen.

4 Das Hadassah Medical Center: eine Fallstudie

Das Hadassah Medical Center ist ein Universitätskrankenhaus in Jerusalem mit Außenstellen und Kliniken in der Region Tel Aviv und einem Ableger in Moskau. Als Tertiärzentrum behandelt es Patientinnen und Patienten mit komplexen Tumorerkrankungen, angeborenen Fehlbildungen und schweren hämatologischen Erkrankungen sowie Schwerverletzte, die an ihrem Wohnort keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung haben. In Jerusalem hat das Hadassah Medical Center zwei Standorte, wovon einer in Ein Kerem am südlichen Stadtrand und ein weiterer auf Mount Scopus am nördlichen Stadtrand verortet ist.

Im Jahr 2018 wurden mehr als 100.000 Patienten in die beiden Hadassah-Kliniken aufgenommen. Das Hadassah Medical Center verfügt über insgesamt 1.448 Betten (einschließlich Akutbetten, Psychiatrie, Rehabilitation und Geburtshilfe), wovon 926 Betten auf die Akutversorgung entfallen (das entspricht 5,8 % der gesamten Akutbetten im Land). Auf dem Campus Ein Kerem wurden während der Pandemie weitere 120 Betten aufgestellt, um Covid-Patienten zu versorgen. Die Verteilung der Betten auf die einzelnen Fachabteilungen (d. h. Innere Medizin, Chirurgie, Intensivstation und Pädiatrie) entspricht etwa derjenigen in anderen tertiären Versorgungszentren des Landes (Tab. 13.1).

Im Jahr 2018 lag die durchschnittliche Verweildauer in der Akutversorgung im Hadassah Medical Center bei 4,5 Tagen und die Bettenauslastung in der Akutversorgung bei 101 % (am Jahresende lagen 1.023 Patienten in den beiden Krankenhäusern).

5 Strategie des Hadassah Medical Center zur Bewältigung von Covid-19

Mit dem Ziel, zuvorderst die Sicherheit der Patientinnen und Patienten und des Personals zu gewährleisten, das Vertrauen der medizinischen Teams aufrechtzuerhalten und allen Patienten (Covid- und Nicht-Covid-Patienten) die beste medizinische Versorgung zukommen zu lassen, entwickelte die Krankenhausleitung einen vierstufigen Aktionsplan (Weiss et al. 2020). Dieser klare Aktionsplan hat sich in der zweiten und dritten Welle der Epidemie bewährt. Dieser Abschnitt ist in der Vergangenheitsform geschrieben, dennoch wird der Plan auch im Hinblick auf die vierte, mit der Delta-Variante zusammenhängende Welle der Pandemie in Israel umgesetzt (Stand: 14. Juli 2021).

Die vier Schritte sind:

  1. 1.

    Kontinuierliche Überwachung der Prävalenz von Covid-19 im Einzugsbereich des Krankenhauses

  2. 2.

    Management des Krankenhauses in dem Bewusstsein, dass Covid-19 auf unbestimmte Zeit bleiben wird

  3. 3.

    Kluger Einsatz der verfügbaren Technologien und Entwicklung neuer Systeme

  4. 4.

    Berücksichtigung finanzieller Aspekte

Schritt 1: Kontinuierliche Überwachung der Prävalenz von Covid-19 im Einzugsbereich des Krankenhauses

Die kontinuierliche Beobachtung und Überwachung der PCR-Testergebnisse auf SARS-CoV-2 ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das Krankenhaus auf die Pandemie gut vorbereitet ist: Auf diese Weise erhielt die Krankenhausleitung früh Hinweise für einen möglichen Patientenandrang innerhalb der nächsten 6 bis 14 Tage.

Patienten: Die meisten Covid-Patienten werden ambulant versorgt, einige werden jedoch auf den Covid-19-Stationen der Krankenhäuser oder auf der speziellen Covid-Intensivstation behandelt. Im Mittel verblieben schwer erkrankte Covid-19-Patienten mehr als zwei Wochen im Krankenhaus.

Personal: Um für einen möglichen Arbeitskräftemangel gerüstet zu sein, veranlasste die Krankenhausleitung ein Monitoring der Mitarbeitenden, die in Gebieten mit endemischer oder höherer Prävalenz von Covid-19-Infektionen in der Allgemeinbevölkerung leben. Bis April 2021 waren etwa 4 % der Hadassah-Mitarbeitenden entweder selbst an Covid erkrankt oder mussten isoliert werden.

Schritt 2: Management des Krankenhauses in dem Bewusstsein, dass Covid-19 auf unbestimmte Zeit bleiben wird

Angesichts der Erkenntnis, dass die Covid-19-Pandemie auf unbestimmte Zeit andauern wird, führte die Krankenhausleitung ein strategisch-taktisches Covid-Managementprotokoll ein. Zunächst wurde beschlossen, dass die Krankenhausleitung für alle Mitarbeitenden uneingeschränkt erreichbar sein muss, da es während eines Ausbruchs zu massiven Störungen der regulären Abläufe, Verfahren und Infrastruktur kommt. Darüber hinaus stand die Krankenhausleitung täglich in regelmäßigem Kontakt mit den wichtigsten Personen in allen Abteilungen, die Patienten behandeln oder andere Leistungen im Zusammenhang mit Covid-19 erbringen. Abgesehen davon, dass das Management so in die tägliche Organisation auf Ebene der Leistungserbringung praktisch eingebunden war, wurde die regelmäßige Präsenz des Topmanagements in allen Bereichen des Krankenhauses als wichtig für die Arbeitsmoral erachtet.

Außerdem wurden täglich, auch an Wochenenden und Feiertagen, Videokonferenzen abgehalten, in denen Strategie und Taktik des Umgangs mit Covid-19 besprochen wurden. An den Sitzungen nahmen alle wichtigen Akteure teil, die zum Krankenhausbetrieb beitragen, darunter die ärztliche und pflegerische Leitung des Krankenhauses, die Leitung der Abteilungen Innere Medizin, Infektionskrankheiten und Infektionsschutz, Zentrale Dienste und Haustechnik, Beschaffung, Apotheke und die Koordinatoren der Notfalldienste des Krankenhauses. Bei Bedarf wurden auch andere Teilnehmende eingeladen, etwa die Leitung der Abteilungen Anästhesie und Intensivpflege, der Notaufnahme, Medizintechnik und Sicherheit.

Die Konferenzen hatten eine strukturierte Tagesordnung mit Schlüsselthemen, die nach und nach abgearbeitet wurden:

Zunächst wurden die epidemiologische Lage und die Prävalenz der Krankheit erörtert (siehe Schritt 1). Anschließend wurden Fragen der Patienten- und Mitarbeitersicherheit einschließlich Qualitäts- und Sicherheitskontrollen diskutiert. Zwei Arbeitsgruppen, die zur Unterstützung der Patientenversorgung eingerichtet worden waren, berichteten regelmäßig in den Meetings: der Ausschuss zur Festlegung eines Therapiestandards bei Covid-Patienten und der Ethikausschuss.

Der Therapieausschuss wurde eingerichtet, um die einschlägige Studienlage kontinuierlich zu verfolgen und einen aktuellen Behandlungsstandard für hospitalisierte Covid-19-Patienten zu veröffentlichen. Der Ethikausschuss diente der Unterstützung des Behandlungsteams bei der Zuteilung zu Therapiestufen für den Fall einer Verknappung verfügbarer medizinischer Leistungen oder Medizinprodukte.

Neben diesen drei Punkten wurden in den Konferenzen Fragen der Krankenhausbestände und der Logistik, der Infrastruktur sowie der Aufnahme und Entlassung von Patienten erörtert.

Infrastruktur- und Logistikfragen standen vor allem zu Beginn der Pandemie im Fokus, da das Krankenhaus sich umorganisieren musste, um gleichzeitig Covid-19- und Nicht-Covid-19-Patienten zu versorgen. Ein interessantes Beispiel ist die Herausforderung hinsichtlich der Klimatisierung: Es war klar, dass eine vollständige Trennung der Klimaanlagen zwischen den Bereichen mit Covid-Patienten zu anderen Bereichen nicht möglich war.

Zur laufenden Routine im Krankenhaus gehörte es, die Vorgaben des Gesundheitsministeriums einzuhalten. So wurden etwa bei Covid-19-Ausbrüchen allen Patienten und zugelassenen Besuchern, die das Krankenhaus betraten, Masken, Handschuhe, Händedesinfektionsmittel und Sicherheitsanweisungen ausgehändigt, nachdem sie einen Fragebogen ausgefüllt hatten und ihre Körpertemperatur gemessen worden war. Hadassah war das erste Krankenhaus, das routinemäßige RT-PCR-Tests für das Personal einführte – insbesondere für diejenigen, die sich um schwerkranke und immungeschwächte Patienten kümmern –, um eine SARS-CoV-2-Infektion auszuschließen. Das Personal erhielt grüne Anstecknadeln mit der Aufschrift „Ich bin Corona-frei“. Später wurden dem Personal weiße Anstecknadeln mit der Aufschrift „Ich bin gegen Corona geimpft“ ausgehändigt.

In den Krankenhausabteilungen wurde während der Ausbrüche in festen Arbeitsgruppen gearbeitet. Die Schutzmaßnahmen wurden entsprechend den Vorschriften eingesetzt.

Wie in vielen anderen Ländern ist auch im Hadassah Medical Center die Zahl der Intensivbetten stark gestiegen. Ab einem bestimmten Punkt können den Krankenhäusern jedoch die Ressourcen für die Intensivpflege ausgehen; dies hängt in hohem Maße von der Kapazität an geschultem Personal, insbesondere Intensivmedizinern und -pflegekräften ab, von Just-in-Time-Lieferketten für klinische Verbrauchsmaterialien und Arzneimittel sowie von modernen technischen Geräten (Flaatten et al. 2020). Das Hadassah Medical Center begegnete dieser Herausforderung, indem Ärzte und Pflegepersonal aus anderen Abteilungen, vor allem aus den Inneren Abteilungen, auf der Intensivstation eingesetzt wurden. Pro Schicht gab es immer eine Person mit Erfahrung in der Intensivmedizin, die die Schicht leitete und mit Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeitete, die ursprünglich nicht von einer Intensivstation kamen. Jede Intensivpflegekraft übernahm die Betreuung von vier Patienten und arbeitete mit ein oder zwei Pflegekräften aus anderen Abteilungen zusammen. Diese Lösung brachte zwar eine kurzfristige Entlastung, belastete aber das medizinische Personal des Krankenhauses zusätzlich.

Das Krankenhaus befasst sich nun damit, die Herausforderungen durch ausgebranntes Personal zu bewältigen. Die Mitarbeitenden, die seit fast 13 Monaten ununterbrochen im Dienst sind, müssen auch von Psychologen unterstützt werden, die das Krankenhaus zur Verfügung stellt. Eine weitere Maßnahme der Krankenhausleitung ist der Aufbau eines Bestandes an Freiwilligen in den Covid-19-Stationen, die über eine angemessene Ausbildung verfügen, um bei den täglich anfallenden Aufgaben und bei der Pflege zu unterstützen.

Schritt 3: Kluger Einsatz der verfügbaren Technologien und Entwicklung neuer Systeme

Der dritte Schritt des strategischen Plans bestand darin, eine Reihe von Telemedizin-Plattformen in die medizinische Versorgung im Krankenhaus einzubinden. Einige dieser Plattformen wurden in aller Eile eingeführt, da das medizinische Personal, das die Covid-Patienten betreut, dringend geschützt werden musste. Die Suche nach weiteren Informationstechnologien (IT) liegt in der Verantwortung eines Unternehmensentwicklungsteams, das während der Pandemie zusammengestellt wurde. Zudem hat das Krankenhaus zu Beginn der Pandemie die Kapazität seines RT-PCR-Labors erhöht und betreibt nun eines der wichtigsten Labore in Israel mit Roboterfunktionen. Das Krankenhaus war auch das erste in Israel und weltweit, das zur Steigerung der Produktivität das Pooling-Verfahren bei PCR-Proben einführte.

Neben der Einführung und Beschaffung zahlreicher Informations- und Telemedizintechnologien implementierte das Krankenhaus eine Business-Intelligence (BI)-Plattform für das Management der Covid-Pandemie. Hierfür wurde ein Daten-Dashboard entwickelt, um Covid-19-bezogene Daten online präsentieren zu können (siehe Abb. 13.4).

Abb. 13.4
figure 4

Covid-19-Krankenhausmanagement-Dashboard (Quelle: Business-Intelligence-Plattform, Hadassah Medical Center)

Das BI-System zeigt außerdem täglich die Anzahl der bei den Patienten durchgeführten RT-PCR-Tests, die Patienten nach Schweregrad (leicht, mittel, schwer, kritisch) und nach Alter, Wiederaufnahmen, die Anzahl der Krankenhausmitarbeitenden im Krankenstand oder in Quarantäne und den Entlassungsort der Patienten an.

Schritt 4: Berücksichtigung finanzieller Aspekte

Ähnlich wie andere medizinische Einrichtungen weltweit musste auch das Hadassah Medical Center während der ersten Welle der Covid-19-Pandemie einen großen Teil der elektiven Eingriffe verschieben und verzeichnete einen deutlichen Anstieg der Ausgaben für medizintechnische Geräte und Arzneimittel. Dies führte zu einem starken Rückgang der Einnahmen des Krankenhauses. Bevor die israelische Regierung das Covid-19-Hilfsprogramm zur Unterstützung der Krankenhäuser verabschiedete, beschloss die Krankenhausleitung daher, Ausgaben, die wichtig sind, um auf die Versorgung von Covid-19-Patienten gut vorbereitet zu sein, zu priorisieren und andere Ausgaben zu kürzen oder zu verschieben (Weiss et al. 2020).

Dieser Ansatz ließ sich jedoch nicht lange aufrechterhalten; zudem erhöhte sich auch der Bedarf an medizinischem Personal und die Preise für medizinische und Laborausstattung sowie Arzneimittel stiegen erheblich. Daher entschied das Krankenhaus, langfristige Projekte zu stoppen und seine Investitionen auf die Covid-19-Versorgung und andere, nicht Covid-19 bezogene Leistungen zu konzentrieren.

6 Schlussfolgerungen und zukünftige Herausforderungen

Im Juli 2021 waren in Israel die meisten Erwachsenen (über 80 %) und mehr als 90 % des Krankenhauspersonals gegen SARS-CoV-2 geimpft. Im Spätsommer des Jahres 2021 zeigte sich mit dem Auftreten der Covid-19-Delta-Variante jedoch, dass auf das Land ein weiterer Ausbruch der Pandemie zukommt. Dadurch waren die Krankenhäuser gezwungen, sich auf die Folgen einer vierten Covid-Welle vorzubereiten, einschließlich der indirekten Auswirkungen auf Nicht-Covid-Patienten, während das Gesundheitssystem weiterhin mit den Auswirkungen früherer Ausbrüche umgehen musste. Einige Patienten mit durch eine akute Covid-19-Infektion ausgelösten schweren chronischen Beschwerden lagen noch immer in Akutkrankenhäusern oder Langzeitpflegeeinrichtungen, während andere wegen anhaltender chronischer Beschwerden eine Versorgung in Post-Covid-19-Kliniken benötigten.

In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die stationäre Versorgung und die Patientensteuerung in Israel während der Covid-19-Pandemie. Angesichts der Erkenntnis, dass das Krankenhausmanagement für ständige Veränderungen gewappnet sein und sich an die weiterhin vorliegende Pandemie-Situation anpassen muss, um allen Patientinnen und Patienten die bestmögliche medizinische Versorgung zukommen zu lassen, schlagen wir einen vierstufigen Aktionsplan vor, den das Krankenhaussystem erwägen sollte, um der anhaltenden Covid-19-Pandemie besser begegnen zu können.