Zusammenfassung
Ethische Grundhaltungen unterliegen ebenso wie Rechtsnormen dem Wertewandel innerhalb von Gesellschaften und dem Austausch von Auffassungen über die temporären Gültigkeitsgrenzen von Normen, Sittengesetzen und Systemen sogenannter Selbstverständlichkeiten hinweg.
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Notes
- 1.
Als Beispiele sei auf die in Australien tätige Sammlerin Amalie Dietrich (1821–1891) und den von 1904–1910 als Kurator am Völkerkundlichen Museum Berlin tätigen Felix von Luschan (1854–1924) als einen Empfänger menschlicher Überreste aus überseeischen Gebieten verwiesen.
- 2.
Die Anerkennung etwaiger Restitutionsansprüche geht in vielen Einzelfällen über den Zeitraum des behaupteten Duchschnittsgedenkens hinaus. In diesen Fällen wird dann für allochthone Kulturen der Gedanke einer fortdauernden (kollektiven, nicht individuellen) Erinnerungskultur, die an den Überrest gebunden ist, akzeptiert. Dieselbe Denkfigur taucht erstaunlicherweise im Räsonnement über die hiesige Erinnerungskultur nicht auf.
- 3.
Eine solche Schlussfolgerung fällt einem naturwissenschaftlich sozialisierten Autor besonders schwer, dessen wissenschaftliche Position diejenige ist, wonach Menschen nichts als Wirbeltiere ohne spirituelle Sonderstellung sind. Er anerkennt aber die Fähigkeit zu Selbstzuschreibungen der Menschen als aus dem evolutiven Prozess der naturalen Prozesse begründet. Die Inhalte der Selbstzuschreibungen unterliegen zwar mit dem faktischen Wettbewerb der kulturellen Prozesse den evolutiven Mechanismen (Herrmann 2019), sind aber, zusammen mit dem Zufall, nicht nur von rationalen Gedanken abhängig. Selbst irrationale Gedanken gehören zu den Möglichkeiten des evolutiv entstandenen Denkorgans. Alles endet in dem verzweifelten Versuch von Menschen, der eigenen Existenz ‚Sinn und Bedeutung im endlichen Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens‘ (nach Max Weber) zu geben.
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Herrmann, B. (2021). Eine ethische Position. In: Menschliche Überreste in Sammlungen. essentials. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64172-9_10
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-64172-9_10
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