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Einleitung: Über Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten

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Menschliche Überreste in Sammlungen

Part of the book series: essentials ((ESSENT))

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Zusammenfassung

Der Deutsche Museumsbund hat mit seinen „Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen“ (2013)gedankenreich den Zwiespalt zwischen rechtlichen und ethischen Grundsätzen erörtert, die für die Sammlung menschlicher Überreste bedeutsam sind (Seiten 42–47).

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Notes

  1. 1.

    Hinweis nach Manuskriptabschluss: Der Deutsche Museumsbund hat mit Datum vom Juni 2021 eine aktualisierte Version als „Leitfaden“ vorgelegt, den eine neu zusammengesetzte Arbeitsgruppe erarbeitet hat (https://s.gwdg.de/JwD6XJ). Das Publikationsdatum kollidierte mit dem Redaktionsschluss der hier vorgelegten Publikation, weshalb etwaige inhaltliche Änderungen oder Akzentverschiebungen gegenüber der Erstfassung von 2013 nicht berücksichtigt werden konnten. Bedauerlicherweise wird im neuen „Leitfaden“ nicht auf etwaige Unterschiede oder Akzentverschiebungen gegenüber den „Empfehlungen“ ausdrücklich hingewiesen. Auffallend ist, dass die fachliche Breite und Anzahl vertretener Einrichtungen in der Arbeitsgruppe, welche den „Leitfaden“ verantwortet, augenscheinlich reduziert wurde.

  2. 2.

    „Die Menschheit selbst ist eine Würde; denn der Mensch kann von keinem Menschen (weder von Anderen noch sogar von sich selbst) bloß als Mittel, sondern muss jederzeit zugleich als Zweck gebraucht werden und darin besteht eben seine Würde (die Persönlichkeit), dadurch er sich über alle anderen Weltwesen, die nicht Menschen sind, und doch gebraucht werden können, mithin über alle Sachen erhebt.“ (Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre, Ethische Elementarlehre, § 38) (Hervorh. BH).

  3. 3.

    Der Utilitarismus ist letztlich eine Philosophie der Nutzenmaximierung. Besser scheint mir eine Berufung auf den Pragmatismus sensu William James (1842–1910). – Z.B. ist die Ausgrabung zahlreicher Skelette und ihre Magazinierung mit dem utilitaristischen Prinzip nur schwer zu rechtfertigen, weil der Wissenszuwachs durch sie selbst unter Berücksichtigung künftigen Wissenschaftsfortschritts auch dem Prinzip des Grenznutzens unterliegt. In einem solchen Fall sollte besser auf den (pragmatischen) Hilfsgedanken zurückgegriffen werden, den die Annales-Schule mit der Idee der histoire serielle formulierte.

  4. 4.

    Eine Einsicht, die im Opus magnum von Philippe Descola (2013) ausführlich dargestellt ist.

  5. 5.

    Man folgt hier also der pragmatischen Position des deutschen Rechts, wonach Mord zwar nicht verjähre, die Bemühung zur Tataufklärung aber nicht über 100 Jahre hinaus betrieben wird. Dabei sollten doch nach der vertretenen Logik die Persönlichkeitsrechte, die an den physischen Erhalt eines Überreste geknüpft werden, mit dem Untergang des kulturellen Herkunftsraums nicht ebenfalls untergegangen sein. Erst die physische Auflösung des Überrests selbst löst doch das Persönlichkeitsrecht (die Würde) auf. Es erscheint widersprüchlich, die an einen Überrest geknüpften Persönlichkeitsrechte im Falle der Herkunft aus einer nicht mehr existenten Kultur (vorgeschichtliche und historische europäische wie außereuropäische) für Überreste in Sammlungen und Museen – zumindest teilweise – außer Kraft zu setzen. Viele Museen behaupten ja gerade, sich für den Erhalt des Erbes untergegangener Kulturen einzusetzen.

  6. 6.

    Hier wird das Problem der akademisch geführten Argumentation offenkundig, weil für klinisch abgesetzte Körperteile eine analoge Würde-Diskussion und daraus folgende Verhaltensweisen nicht existiert.

  7. 7.

    Diese Praxis einer Leichenbeseitigung ist bis auf den heutigen Tag in vielen totalitären Staaten üblich. In nämlicher Tradition ist die Tatsache zu sehen, dass zu Zeiten der Todesstrafe auch in Europa die Leichen Hingerichteter zur Weiterverwendung in die Anatomien überführt wurden. Sie hatten nach der Rechtsauffassung ihr Persönlichkeitsrecht (ihre Würde) verloren.

  8. 8.

    GG Art.2,1.

  9. 9.

    Die Idee einer zunächst kirchlich fundierten ‚Totenehrung‘ entsteht mittelalterlich und ist als indirekter Ideengeber auch für die weltliche Gerichtsbarkeit anzunehmen. Ich sehe die spätere Rechtskonstruktion zuerst als Folge des „Erzwingungsmittels im Interesse der Wahrung kirchlicher Rechte und kirchlichen Besitzes“ [gefolgert aus Ausführungen von Dieter Scheler (2006) und Walter Eder (2006: VIII)]. Ursprünglich war theologisch im Christentum kein Gräberschutz und keine ausdrückliche Totenverehrung vorgesehen.

  10. 10.

    Als kritikferne, bloße Feststellung. Dass eine Klärung der unsicheren Rechtssituation und ihrer Begrifflichkeiten an dieser Stelle unterbleibt, erklärt sich aus der unmittelbaren Zwecksetzung der „Empfehlung“.

  11. 11.

    Gesetz zur Ausführung des UNESCO-Übereinkommens vom 14. November 1970 über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut und zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern (Kulturgüterrückgabegesetz – KultGüRückG).

  12. 12.

    Der Leitfaden „Deakzession – Entsammeln. Leitfaden zur Sammlungsqualifizierung durch Entsammeln“ des Österreichischen Museumsbundes, Wien 2016 (https://s.gwdg.de/m9Nllj) erörtert nur Restitutionsansprüche.

  13. 13.

    Alle Abbildungen, wenn nicht anders vermerkt, vom Verfasser.

  14. 14.

    Das Präparat befand sich in den Medizinischen Sammlungen der Universität Göttingen. Seine Einäscherung erfolgte 2014.

  15. 15.

    Empfehlungen S. 9.

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Herrmann, B. (2021). Einleitung: Über Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten. In: Menschliche Überreste in Sammlungen. essentials. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64172-9_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-64172-9_1

  • Published:

  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-64171-2

  • Online ISBN: 978-3-662-64172-9

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