Das Kapitel führt in das Thema Ressourceneffizienz und deren Bedeutung für die betriebliche Praxis ein. Mithilfe von Planspielen kann das Thema Ressourceneffizienz spielerisch in der betrieblichen Weiterbildung verankert werden. Die Planspielreihe RE:PLAN greift die Planspiel-Methode auf und vermittelt im Rahmen von sechs Planspielen verschiedene Methoden zur Steigerung der Energie- und Materialeffizienz im Unternehmen. Dadurch kann nicht nur ein Beitrag zur ökonomischen Effizienz in Unternehmen geleistet werden, sondern durch die Reduktion von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) auch zum Klimaschutz beigetragen werden.

1 Problemstellung – Relevanz in der betrieblichen Praxis

Unsere Konsumgesellschaft ist heute überwiegend geprägt durch eine Wegwerfmentalität, die einen hohen Ressourcenverbrauch nach sich zieht. Durch die zunehmende Verfügbarkeit von billigen Rohstoffen im Zuge der industriellen Entwicklung ist die Bedeutung einer Kreislaufwirtschaft, die in früheren Zeiten eine Selbstverständlichkeit war, immer stärker in den Hintergrund geraten. Die technischen Prozesse sind zwar deutlich effizienter geworden, aber im Gegenzug ist der Ressourcenverbrauch durch das weltweite Bevölkerungswachstum und das steigende Wohlstandsniveau stark angestiegen. Dies führt zu einem Anstieg an Abfällen und Emissionen, was oft mit großen Umweltschäden verbunden ist. Erst durch die Studie „Die Grenzen des Wachstums“ im Jahr 1972 von Dennis Meadow wurden die Knappheit der natürlichen Ressourcen und die begrenzte Fähigkeit der Erde, die zunehmende Umweltverschmutzung zu bewältigen, stärker diskutiert. Durch steigende Rohstoffpreise und ein zunehmendes Versorgungsrisiko, insbesondere bei Seltenen Erden, zu Beginn des 21. Jahrhunderts gewannen der sparsamere Ressourcenverbrauch und die Ressourceneffizienz im betrieblichen und politischen Umfeld an Bedeutung. Hier bot sich plötzlich eine Win-Win-Situation, in der sowohl Kosteneinsparungen als auch der sparsame Umgang mit endlichen Ressourcen erreicht werden können. Mit der VDI-Richtlinie 4800 wurde der Begriff der Ressourceneffizienz näher definiert und eine Orientierungshilfe für die Anwendung im betrieblichen Umfeld gegeben. Dabei wird neben den mit der Ressourceneffizienz verbundenen ökonomischen Vorteilen auch ein klarer Bezug zur Nachhaltigkeit hergestellt. Ein wesentliches Ziel der Ressourceneffizienz ist der Beitrag zur Erhaltung der Lebensgrundlagen jetziger und zukünftiger Generationen durch den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen (VDI 4800 Blatt 1 2016, S. 3).

Für Unternehmen stehen meist die ökonomischen Vorteile, wie Kosteneinsparungen und Versorgungssicherheit, bei der Umsetzung von Ressourceneffizienz im Vordergrund. Bedingt durch den im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland hohen Materialkostenanteil (im Durchschnitt ca. 42 % der Bruttowertschöpfung, siehe Abb. 1.1) liegt in der Ressourceneffizienz ein enormes Einsparpotenzial.

Abb. 1.1
figure 1

(Quelle: Statistisches Bundesamt 2020)

Durchschnittliche Kostenanteile im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland 2018.

Verschiedene Praxisprojekte und Potenzialstudien haben ergeben, dass in produzierenden Unternehmen durch Materialeinsparung mit 2–7 % (bezogen auf den Umsatz) ein relativ hohes Einsparpotenzial zu erwarten ist (Schmidt et al. 2017, S. 16).

Ressourceneffizientes Handeln bringt für ein Unternehmen mehrere Vorteile mit sich: (Schmidt 2011)

  • Ineffizienzen können durch eine genaue Analyse des Materialeinsatzes aufgedeckt und Kosten gesenkt werden.

  • Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen.

  • Minimierung des Versorgungsrisikos durch effizienteren Ressourceneinsatz.

  • Reduktion der Umweltbelastungen des Unternehmens.

  • Positiver Beitrag zum Klimaschutz.

Ressourceneffizienz ist ein Querschnittsthema, das viele Funktionsbereiche in einem Unternehmen betrifft. Daher ist es wichtig, die verantwortlichen Personen aller Bereiche bei der Umsetzung von Ressourceneffizienzprojekten miteinzubeziehen und deren Potenziale zu nutzen. Durch Schulungen im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung kann eine Heranführung an das Thema erfolgen.

2 Planspiele als Methode zur Vermittlung ressourceneffizienter Themenstellungen

Mithilfe welcher Methoden kann das Thema Ressourceneffizienz in den Unternehmen vorangetrieben und stärker verankert werden? Allein durch Fachkompetenz können die in Unternehmen bestehenden Hemmnisse – wie Personal- und Zeitmangel oder begrenzte finanzielle Ressourcen – zur Umsetzung von ressourceneffizientem Handeln in der Regel nicht gelöst werden. Durch die in Unternehmen vorherrschenden Zielkonflikte, die häufig auf ökonomischer und sogar zwischenmenschlicher Ebene angesiedelt sind, sind vielfältige soziale Kompetenzen, wie Problemlösungs-, Entscheidungs-, Handlungs- und Kommunikationskompetenzen, erforderlich. Plan- und Rollenspiele sind eine Lehr- bzw. Lernmethode, um zum einen Kommunikations- und Handlungsprozesse und zum anderen aber auch komplexe technische und wirtschaftliche Sachverhalte zu simulieren und das dafür benötigte Wissen zu vermitteln (Kriz und Nöbauer 2015, S. 1). Ein Planspiel greift dazu in der Regel intransparente oder komplexe Situationen auf, die in der Realität nur schwer dargestellt werden können und nicht einfach zu lösen sind (Blötz 2015, S. 14). Dabei muss die Komplexität jedoch so weit reduziert werden, dass die Spieler sich schnell in die Spielsituation versetzen und Lösungsstrategien entwickeln können. In der betrieblichen Weiterbildung werden Planspiele häufig in der Ausbildung von Managern eingesetzt, um betriebswirtschaftliche Zusammenhänge spielerisch zu verdeutlichen und zu trainieren (Blötz 2015, S. 15). Auch für den Bereich Klimaschutz/Klimawandel gibt es zahlreiche Planspiele, die das Thema beleuchten und Handlungsoptionen zum Umgang mit der Thematik aufzeigen (Eisenack und Reckien 2013).

Planspiele bieten somit eine Alternative zu den üblichen didaktischen Frontalkonzepten, um das Thema Ressourceneffizienz problemlösungs- und handlungsorientiert in der Weiterbildung zu etablieren. Im Rahmen der Planspiele werden realitätsnahe Problemstellungen an einem konkreten Beispiel aufgegriffen und in Unternehmen bestehende Ziel- und Rollenkonflikte abgebildet, sodass spezifisches Wissen im Bereich Ressourceneffizienz direkt an der Schnittstelle zwischen Management und Produktion vermittelt werden kann. Die Spieler müssen sich aktiv mit den Problemstellungen auseinandersetzen und können den Umgang mit bestehenden Hemmnissen „erlernen“ und Lösungsstrategien für ressourceneffizientes und klimaschonendes Handeln entwickeln. Das mit den Planspielen verbundene sogenannte „Action Learning“, also handlungsorientiertes Lernen, erfordert von allen Teilnehmern ein aktives Mitarbeiten, indem das im Spiel vermittelte Wissen direkt im „Learning by Doing“ angewendet wird. Dadurch erfolgt in der Regel eine hohe Identifikation der Spieler mit dem Thema. Dies wirkt sich positiv auf das Spielengagement und die Handlungsdynamik und damit auf den Lernerfolg aus. Die haptische Spielerfahrung sowie die erlebnishaften Lernvorgänge tragen damit zu einem langfristigen Kompetenzaufbau bei (Cron und Langner 2011, S. 22 f.). Die Spieler müssen im Spielverlauf eigenständig Entscheidungen treffen, können Fehler machen und aus den Fehlern lernen. Das Testen unterschiedlicher Entscheidungsoptionen in einem Planspiel hat den Vorteil, dass die Spieler in einem geschützten Raum ausprobieren können, welche Auswirkungen bestimmte Entscheidungen haben, ohne in der Realität negative Konsequenzen fürchten zu müssen (Mendler de Suarez et al. 2012). Veränderungsprozesse können damit spielerisch durchgeführt und erfahren werden. Die Spieler bringen dabei zusätzlich zu dem neu vermittelten Wissen ihre bisherige Fachkompetenz und ihre Erfahrungen ein. Dadurch kann das bereits bestehende Wissen angewendet und weiterentwickelt werden. Die mit Planspielen vermittelten Lerninhalte können dabei so gesteuert werden, dass bestimmte Sachverhalte besonders hervorgehoben werden und somit eine hohe Lenkungswirkung der Lerninhalte erzielt werden kann.

Sogenannte geschlossene und trainergeführte Planspiele, wie sie im Rahmen der Planspielreihe RE:PLAN vorliegen, sind dabei so angelegt, dass die Spieler zwar eigenständig Ideen und Lösungsansätze entwickeln können, aber der grobe Verlauf und das Ergebnis des Planspiels letztendlich vorgegeben sind, ohne die Spieler zu stark steuern zu müssen. Die Trainer übernehmen dabei als Spielleiter eine wichtige Funktion – zum einen als Moderator und zum anderen als (Unternehmens-)Berater, sodass sie über eine ausgeprägte didaktische und auch fachliche Kompetenz verfügen müssen. Neben der eigenständigen thematischen Einarbeitung durch die Spieler führt der Spielleiter inhaltlich ins Spiel ein und vermittelt das dafür erforderliche Fachwissen. Die Spieler erhalten so das Wissen, das sie für die Umsetzung des Spiels benötigen und das sie zum eigenständigen Spielen befähigt. Wesentlich bei der Spieldurchführung sind auch die Reflexion und die Übertragbarkeit der erlernten Inhalte im Rahmen der Spiele (Anstätt et al. 2018, S. 131), idealerweise zwischen einzelnen Spielrunden und am Ende des Planspiels. Die im Spiel eingesetzten Methoden müssen direkt auf das eigene Unternehmen übertragbar sein, um den gewünschten Lerneffekt zu erzielen.

Dieser Transfer, oder auch das Debriefing, muss vom Trainer angeleitet werden. Durch den Transfer werden die Spieler befähigt, das Erlernte auf ihre eigene Arbeitswelt zu übertragen und im Nachgang im Unternehmen anzuwenden (Kriz und Nöbauer 2015, S. 5).

Planspiele tragen nach Mendler de Suarez et al. (2012, S. 37) somit auf unterschiedlichen Ebenen zur Wissensvermittlung bei. So wird neben der Vermittlung des Fachwissens zusätzlich ein kollegialer Austausch zwischen den Spielern ermöglicht (peer-to-peer learning), bei dem jeder Spieler gleichberechtigt sein Wissen, seine Ideen und Erfahrungen einbringen und gleichzeitig auch eine gegenseitige Beratung erfolgen kann. Dadurch können auch neue strategische Partnerschaften im Unternehmen entstehen, die sich positiv auf die Entwicklung neuer Lösungsstrategien auswirken. Außerdem können unterschiedliche Akteure im Rahmen der Planspieldurchführung, und idealerweise auch danach, im Berufsalltag zu mehr Engagement und Eigeninitiative motiviert werden. Dies führt in der Regel insgesamt zu einer stärkeren Mitarbeitereinbindung und -motivation, die Unternehmen für sich nutzen und Innovationsprozesse anstoßen können. Da es sich bei Ressourceneffizienz um ein Querschnittsthema handelt, kann mithilfe der Planspiele gerade auch die Kommunikation und Beratung untereinander vorangetrieben und verbessert werden. Die Planspielreihe RE:PLAN greift das didaktische Konzept auf und gibt dabei einen vertieften Einblick in innerbetriebliche Zusammenhänge und Prozesse im Bereich Energie und Material und ermöglicht den Spielern, ressourceneffizientes Denken und Handeln spielerisch, interaktiv und praxisnah zu verstehen und anzuwenden.

3 Die Planspielreihe RE:PLAN

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde das Weiterbildungsangebot RE:PLAN mit insgesamt sechs Planspielen entwickelt, erprobt und umgesetzt. Die Spiele arbeiten den Energie- und Materialeinsatz in Unternehmen spielerisch auf und geben einfache Methoden zur Analyse und Verbesserung von Unternehmensprozessen an die Hand. Dabei wurden folgende Spiele entwickelt und stehen als Weiterbildungsangebot zur Verfügung:

  • RE:MATERIAL – das Planspiel zum Thema Energie- und Stoffstrommanagement

  • RE:MFKR – das Planspiel zum Thema Materialflusskostenrechnung

  • RE:LEAN – das Planspiel zum Thema Lean Production

  • RE:GEBÄUDE – das Planspiel zum Thema Energierelevanz von Verwaltungsgebäuden

  • RE:PRODUKTION – das Planspiel zum Thema Relevanz energiebetriebener Querschnittstechnologien

  • RE:DESIGN – das Planspiel zum Thema Produktentwicklung mit Ecodesign

Mithilfe der in den Spielen vermittelten Kenntnisse und Methoden wird eine Qualifizierung der Mitarbeiter erreicht, die zum einen ein Hinterfragen bestehender Strukturen und Einstellungen in den Unternehmen und zum anderen auch eine Verhaltensänderung hin zu einem ressourcenschonenderen und damit auch klimafreundlicheren Handeln anstößt. Langfristiges Ziel der Planspiele ist es, Klimaschutz- und Ressourceneffizienz-Maßnahmen dauerhaft in den Unternehmensprozessen zu verankern.

Die Teilnehmer werden in allen Spielen aktiv dazu aufgefordert, ihre praktischen Erfahrungen miteinzubringen und neue Ideen zur Lösung bestehender Probleme im Spiel zu entwickeln. Die Spieler lernen somit, bestehende Hemmnisse im Unternehmen zu überwinden und ressourceneffizientes und klimaschonendes Handeln umzusetzen.

3.1 Zielgruppe der Spiele

Zu Projektbeginn wurden Unternehmensmitarbeiter als Zielgruppe für die Planspiele festgelegt, um auf diese Weise die Ressourceneffizienz- und Klimaschutzthematik in die Unternehmen zu bringen. Die genaue Zielgruppe unterscheidet sich dabei geringfügig von Spiel zu Spiel. Bei allen Spielen werden jedoch vor allem operative Entscheidungsträger in der Produktion angesprochen. In den Planspielen werden die Analysefähigkeit, die Fähigkeiten zur Entwicklung von Maßnahmen, deren Kommunikation, die Entscheidung und die Durchsetzung anhand von praktischen Beispielen vermittelt und trainiert. Auf diese Weise werden dauerhafte Lerneffekte erzielt. Die Mitarbeiter erwerben Fähigkeiten, die ihnen im eigenen Unternehmen Vorteile bei der Aufdeckung von Effizienz- und THG-Minderungspotenzialen verschaffen. Die Unternehmen profitieren durch die engagierten Mitarbeiter, die realisierten Minderungspotenziale und häufig sogar durch konkrete Kosteneinsparungen (durch geringeren Ressourceneinsatz).

Im Projektverlauf konnte die Zielgruppe der Unternehmensmitarbeiter um die Zielgruppe der Multiplikatoren, z. B. Berater, Fachverbände und Netzwerke, erweitert werden, welche sich durch ihre Fachkompetenz und ihre Wirkung als Multiplikatoren auszeichnen. Insbesondere Berater zeigten ein sehr großes Interesse an den Spielen und begünstigen damit die weitere Verbreitung der Spiele über deren Netzwerke. Auch bei Hochschulen bestand großes Interesse, die Spiele im Rahmen der Ausbildung der Studierenden zu verwenden, sodass sowohl Lehrende als auch Studierende als eine weitere wichtige Zielgruppe mit hoher Breitenwirkung angesehen und während der Projektlaufzeit miteinbezogen wurden.

3.2 Verwendung und Schutz der Spiele

Alle Planspiele wurden so entwickelt, dass diese mithilfe von PDF-Vorlagen selbst erstellt und verwendet werden können. Die Spielmaterialien stehen für alle Spiele kostenfrei zum Download zur Verfügung. Dieses Buch soll den Trainer bei der eigenständigen Durchführung der Spiele unterstützen.

Um die Projektergebnisse zu schützen und auch langfristig die Qualität der Spiele zu gewährleisten, wurden die Spiele mit der Lizenz Creative Commons Namensbenennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International (CC BY-ND 4.0 international) geschützt. Nutzung und Ausübung der Spiele unterliegen daher den Bedingungen der Lizenz. Bei der Weitergabe der Spiele ist die Creative-Commons-Lizenz zu beachten. Bei der Nutzung ist sicherzustellen, dass die Hochschule Pforzheim im Quellenvermerk enthalten ist. Veränderungen, Bearbeitungen, neue Gestaltungen oder sonstige Abwandlungen sind im Quellenvermerk mit dem Hinweis zu versehen, dass die Daten geändert wurden.

Ebenso wurde die Wort-/Bildmarke RE:PLAN beim Deutschen Patent- und Markenamt für die Klassen 28, 41 und 42 in das Markenregister eingetragen.

4 Ressourceneffizienz und Klimaschutz

Gemäß der VDI-Richtlinie 4800 ist, wie bereits dargestellt, ein wesentliches Ziel der Ressourceneffizienz, einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Ressourceneffizientes Handeln im Unternehmen trägt dazu bei, dass unnötiger Material- und Energieeinsatz vermieden wird. Dadurch können neben den eigentlichen Rohstoffen auch Emissionen reduziert werden. Denn die Bereitstellung von Energieträgern und Material verursacht immer auch Umweltbelastungen. Diese können beispielsweise bei der Förderung oder Veredelung von Rohstoffen entstehen. Wenn ein Unternehmen weniger Energie oder Material verbraucht, werden damit gleichzeitig Treibhausgas (THG)-Emissionen und weitere Umweltwirkungen reduziert. Der Beitrag zum Klimaschutz durch Materialeinsparung ist abhängig von der Art des Materials. So hat z. B. die Herstellung von Aluminium eine höhere Treibhauswirkung als die Herstellung von Kunststoff. Zusätzlich ist insbesondere auch die Reduktion des Einsatzes fossiler Energieträger von hoher Relevanz für den Klimaschutz, denn durch einen geringeren Einsatz bei Verbrennungsprozessen werden automatisch CO2-EmissionenFootnote 1 vermieden.

Das in Baden-Württemberg durchgeführte Projekt „100 Betriebe für Ressourceneffizienz“ hat beispielsweise aufgezeigt, dass durch die Umsetzung von unterschiedlichen Material- und Energieeffizienzmaßnahmen CO2-Einsparungen in Höhe von ca. 350.000 t pro Jahr erreicht werden können. Dabei wurden Beispiele ausgewertet, durch die sowohl energetische als auch nicht-energetische Ressourcen eingespart wurden (Schmidt et al. 2019). Dadurch wird deutlich, dass Ressourceneffizienz einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Abb. 1.2 zeigt die im Rahmen des Projekts erreichten Material- und Energieeinsparungen sowie die Reduktion des fossilen Brennstoffes Steinkohle zur Minderung der CO2-Emissionen durch das „100 Betriebe“-Projekt.

Abb. 1.2
figure 2

(Quelle: Schmidt et al. 2019)

Beiträge zur Minderung der CO2-Emissionen durch das „100 Betriebe“-Projekt.

Durch eine transparente Erfassung der Energie- und Materialströme über die gesamte Wertschöpfungskette bzw. über den gesamten Lebensweg hinweg kann auch eine Bewertung der THG-Emissionen erfolgen. Dadurch können Unternehmen Energie- und Materialverschwendungen und auch THG-intensive Prozesse aufdecken und gezielt an einer Optimierung der Prozesse arbeiten. Vor dem Hintergrund einer Bepreisung der THG-Emissionen werden gerade auch Einsparungen in diesem Bereich für Unternehmen zukünftig relevanter. Selbst wenn Ressourcen vorrangig aus ökonomischen Gründen eingespart werden, wird indirekt ein Beitrag für den Umweltschutz geleistet (Schmidt 2011, S. 1).

Ein wesentliches Ziel der Planspiele ist es, die Spielteilnehmer in Bezug auf die in der produzierenden Industrie anfallenden THG-Emissionen aufmerksam zu machen, die damit verbundene Problematik aufzuzeigen und Einsparmöglichkeiten offenzulegen. Daher erfolgt in diesem Kapitel zum besseren Verständnis eine kurze Einführung in die Grundlagenbegriffe sowie in die Bilanzierung der Klimawirksamkeit von Unternehmen und deren Produkten.

Treibhausgase und ihr Beitrag zum Treibhauseffekt

In den letzten Jahrzehnten haben die THG-Emissionen im Zuge der Industrialisierung stark zugenommen und tragen entscheidend zum Klimawandel bei. Das bekannteste Treibhausgas ist Kohlendioxid (CO2). Zahlreiche weitere Gase, wie Methan (CH4), Lachgas (N2O) oder chlorierte Kohlenwasserstoffe, haben ebenfalls eine Treibhauswirkung, die noch stärker ist als die von CO2. Um diese Treibhauswirkung bewerten zu können, wird der Strahlungsantrieb der Gase in Bezug zu dem von Kohlenstoffdioxid gesetzt. Daraus ergibt sich das sogenannte Treibhauspotenzial (Global Warming Potential, GWP), das auf Kohlenstoffdioxid normiert ist. Die Treibhauswirkung von Gasen wird daher in CO2-Äquivalenten (CO2eq) angegeben. Ein Kilogramm Kohlenstoffdioxid erhält dabei das THG-Potenzial von 1 kg CO2eq. Die Treibhauswirkung anderer Gase wird regelmäßig vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) neu bewertet. Nach letztem Stand (2013) hat z. B. Methan ein Treibhauspotenzial (kumulativ über 100 Jahre) von 28 kg CO2eq pro Kilogramm, was bedeutet, dass 1 kg Methan zur gleichen Treibhauswirkung führt wie die Emission von 28 kg CO2 (Myhre et al. 2013, S. 714).

Für Unternehmen stellt sich die Frage, wie hoch die Treibhauswirkung ihrer Produkte, Dienstleistungen oder des ganzen Unternehmens ist. Für eine solche Bestimmung haben sich verschiedene Ansätze etabliert.

Die Lebenszyklusanalyse

Um die ökologischen Wirkungen eines Produkts vollständig abschätzen und verstehen zu können, ist es erforderlich, seinen gesamten Lebenszyklus zu betrachten. Denn über alle Lebenswegstufen hinweg entstehen Umweltwirkungen, z. B. in Form von zugeführter Energie oder auch durch die Emission von klimaschädlichen Gasen, die einem Produkt zuzurechnen sind. Der Lebenszyklus eines Produkts beginnt mit dem Rohstoffabbau, geht über die Weiterverarbeitung zu Vorprodukten bis hin zur Herstellung des Produkts. Damit endet der Lebensweg eines Produkts jedoch nicht. Denn dann folgt die sogenannte Nutzungsphase des Produkts durch den Endverbraucher, die ebenso wie die Entsorgung am Lebensende des Produkts in die Lebenszyklusanalyse einfließt. Man spricht dabei auch von einer Betrachtung „Von der Wiege bis zur Bahre“ (engl. cradle to grave).

Der gesamte Cradle-to-grave-Lebensweg kann in drei Teilbereiche unterteilt werden, wie in Abb. 1.3 veranschaulicht:

Abb. 1.3
figure 3

Lebenszyklusanalyse für Produkte: Cradle-to-grave-Lebensweg

  1. 1.

    Cradle-to-gate: Bei der Cradle-to-gate-Betrachtung fließen alle ökologischen Wirkungen vom Rohstoffabbau bis zum Verlassen des Werkstors, also bis zum Werksausgang, ein.

  2. 2.

    Gate-to-gate: Bei der Gate-to-gate-Betrachtung werden lediglich Emissionen, die innerhalb der Unternehmensgrenze, die jeweils festzulegen ist, anfallen, bilanziert.

  3. 3.

    Gate-to-grave: bei der Gate-to-grave-Betrachtung wird alles vom Werksausgang, also ab der Nutzungsphase bis hin zur Entsorgung berücksichtigt.

Durch die Betrachtung des gesamten Lebenswegs wird eine Verlagerung von Umweltwirkungen von einer in die andere Lebenszyklusphase sichtbar. Durch die Berücksichtigung einer Vielzahl von Umweltwirkungen können auch in diesem Bereich Verlagerungen deutlich werden. Dabei ist die Klimawirksamkeit nur ein Aspekt, der zusätzlich zu weiteren ökologischen Wirkungen, wie z. B. die Versauerung, Flächenverbrauch, Toxizität etc., bei der Lebenszyklusanalyse berücksichtigt wird. Basierend auf der Analyse können die Phasen mit den meisten Emissionen aufgedeckt und Lösungsmöglichkeiten zur Verringerung der negativen ökologischen Auswirkungen entwickelt werden. Die Lebenszyklusanalyse, auch Ökobilanz oder Life Cycle Assessment (LCA) genannt, ist durch die ISO-Normen 14040 und 14044 international (DIN Deutsches Institut für Normung e. V. 2009 bzw. 2006) standardisiert. Die Erstellung einer Ökobilanz ist durch die Vielzahl der zu berücksichtigenden Umweltwirkungen komplex und mit viel Aufwand verbunden.

Der CO2-Fußabdruck

Der CO2-Fußabdruck (engl. Carbon Footprint, CF) basiert ebenfalls auf dem Lebenszyklusansatz, analysiert und bewertet im Gegensatz zur Ökobilanz aber nicht alle Umweltwirkungen, sondern lediglich die Klimawirksamkeit eines Produkts oder einer Dienstleistung. Berücksichtigt werden alle THG-Emissionen und -entzüge entlang des Lebenswegs „von der Wiege bis zur Bahre“. Dabei fließen alle Transportaufwendungen, Energien, Rohstoffe, aber auch die Entsorgung in die Bilanz ein. Wichtig ist jedoch, dass auf Basis eines CO2-Fußabdrucks keine gesamtökologische Beurteilung des Produkts möglich ist (Hottenroth et al. 2014, S. 10 f.)

Neben dem CO2-Fußabdruck einzelner Produkte (engl. Product Carbon Footprint, PCF) können Unternehmen auch einen CO2-Fußabdruck auf Unternehmensebene (engl. Corporate Carbon Footprint, CCF) erstellen. Dabei werden nicht nur die auf ein Produkt bezogenen THG-Emissionen bewertet, sondern direkte und indirekte THG-Emissionen auf der gesamten Unternehmensebene. Die Erfassung und Bewertung der THG-Emissionen ist für Unternehmen nicht immer einfach und es gibt unterschiedliche Herangehensweisen zur Erfassung der THG-Emissionen, insbesondere auch in Bezug auf den Umfang der zu betrachtenden Emissionen. Um eine Vergleichbarkeit herstellen zu können, gibt es hierfür internationale Empfehlungen, die Unternehmen zurate ziehen können.

Greenhouse Gas Protocol (GHG-Protocol)

Die Greenhouse-Gas-Protocol-Initiative des World Resource Institute (WRI) in Washington und des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) hat mehrere international weitverbreitete Leitfäden zur Erfassung und Bewertung von THG-Emissionen entwickelt. Unternehmen erhalten damit eine Leitlinie, wie sie ihre THG-Emissionen berechnen und bewerten können.

  • Greenhouse Gas Accounting Standard (= Corporate Standard) des Greenhous Gas Protocols (GHG Protocol).

  • GHG Protocol Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting and Reporting Standard, der die Quantifizierung und Bewertung der THG-Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg vorsieht.

  • GHG Protocol Product Life Cycle Accounting and Reporting Standard (= Product Standard), um die THG-Emissionen von Produkten zu bewerten.

Nach dem GHG-Protocol können die THG-Emissionen auf Unternehmensebene drei unterschiedlichen Bereichen (Scopes), wie in Abb. 1.4 dargestellt, zugeordnet werden. Es wird bei den Scopes zwischen direkten, unmittelbar im Verantwortungsbereich des Unternehmens entstandenen, und den indirekten Emissionen unterschieden (World Resources Institute and World Business Council 2004).

Abb. 1.4
figure 4

(Quelle: In Anlehnung an World Resource Institute and World Business Council 2004)

Darstellung der Scopes.

Scope 1-Emissionen

beinhalten alle direkten Emissionen, die innerhalb eines Unternehmens bei der Durchführung der unternehmerischen Aktivität entstehen, d. h. die im Besitz oder unter der Kontrolle des Unternehmens sind, z. B. Emissionen aus der Verbrennung in eigenen Heizkesseln und Emissionen aus der eigenen Produktion.

Scope 2-Emissionen

beziehen alle indirekten THG-Emissionen aus der Erzeugung des gekauften und vom Unternehmen verbrauchten Stroms und anderer Endenergien mit ein. Hierbei werden auch die Emissionen berücksichtigt, die am Ort der Erzeugung der Endenergie entstehen (z. B. im Kohlekraftwerk).

Scope 3-Emissionen

bewerten alle vor- und nachgelagerten Emissionen, die beispielsweise durch Vorleistungen, ausgelagerte Aktivitäten, Dienstreisen der Mitarbeiter oder auch bei der Entsorgung entstehen. Upstream-Emissionen beinhalten dabei die Emissionen der Vorprodukte und aller Materialien, die vom Unternehmen für die Produktion eingekauft werden, sodass damit auch die damit verbundenen Emissionen für die Energie und weiter vorgelagerte Vorprodukte und Rohstoffe berücksichtigt werden. Die Downstream-Betrachtung berücksichtigt dagegen alle Emissionen, die nach dem Warenausgang des Unternehmens, also z. B. während der Nutzungsphase oder der Entsorgung, anfallen.

Bei der Bilanzierung der THG-Emissionen gemäß dem GHG-Protocol ist die Bewertung der Scope 1- und 2-Emissionen verpflichtend, wobei die Scope 3-Emissionen freiwillig erhoben werden können. Unternehmen müssen vorab ihre Unternehmensgrenzen klar definieren, sodass die Erfassung der THG-Emissionen eindeutig ist.

In Abschn. 2.4 wird näher auf den Beitrag zur Treibhausgas-Minderung im Rahmen des Projekts eingegangen. Bei allen Spielen erfolgt eine Betrachtung der CO2-Bilanz und möglicher THG-Einsparungen, um den Fokus auf den mit Ressourceneffizienz verbundenen Beitrag zum Klimaschutz zu legen. Wie oben erläutert, erfolgt dadurch lediglich die Betrachtung der Klimawirksamkeit und keine umfängliche Bilanzierung aller Umweltwirkungen, die im Rahmen der Spiele jedoch zu komplex wäre.