Bei jeder medizinischen Untersuchung und Behandlung fallen Daten an. Das Sammeln von Beobachtungen und Messwerten und ihre Nutzung für medizinische Forschung mit dem Ziel, Versorgung und Therapie zu verbessern, ist kein neues Phänomen. Bereits vor 2400 Jahren zeichnete Hippokrates Krankengeschichten auf, beschrieb plastisch seine Beobachtungen zum Verlauf und seine Interventionen – eine Quelle, die nachfolgenden Ärzten zur Verbesserung von Diagnose und Therapie diente.

Mit den technischen Fortschritten der vergangenen drei Jahrzehnte vollzieht sich jedoch eine einschneidende Veränderung dieser seit über 2000 Jahren bestehenden Praxis der Sammlung und Nutzung von medizinischen Daten. Die Analyse von Biomaterialien, die Speicherung der gewonnenen Daten sowie der Umgang mit diesen Daten nehmen exponentiell zu. Die methodologischen Durchbrüche in verschiedenen Bereichen der Molekularbiologie ermöglichen nicht nur neue Analysemethoden, sondern vervielfältigen auch die Menge an Analysedaten. Bioinformatik und digitalisierte Informationstechnologie kombinieren diese großen Datenvolumina mit Materialsammlungen großer Populationen und erlauben so komplexe Aggregationen und Auswertungen.

Medizinische Daten, die sekundär für die Forschung genutzt werden, kommen heute aus immer vielfältigeren Quellen wie Krankenhäusern, Arztpraxen und Versicherungen. Hinzu kommen sogenannte Lifestyle-Daten wie Sport-, Essens- und Schlafgewohnheiten, die zwar nicht im strengen Sinn medizinische Daten darstellen, aber durch ihre Verknüpfbarkeit und Verwendbarkeit in verschiedenen Studiendesigns zu medizinisch relevanten Daten werden. Die Verknüpfung dieser Daten mit solchen aus bestehenden wissenschaftlichen Repositorien wie etwa Biobanken kann enormen wissenschaftlichen Nutzen gerade für die aktuell verfolgten Ziele der Translation, also der Übertragbarkeit von präklinischer Forschung auf therapeutischen Einsatz, und Personalisierung medizinischer Therapien bedeuten. Sie verspricht wichtige Ansätze für eine bessere Gesundheitsversorgung – für schnellere und präzisere Diagnosen und für individuell auf die PatientinnenFootnote 1 abgestimmte Behandlungsmöglichkeiten. Doch eine solche intelligente Datennutzung kann nur gelingen, wenn die existierenden Patientendatenbestände erschlossen und integriert werden, sodass sie zeitlich und thematisch unbegrenzt genutzt werden können. Vorrangiges technisch-organisatorisches Ziel auf diesem Wege ist es, diese an vielen Stellen vorhandenen und digital erfassten Gesundheitsdaten künftig nach denselben Regeln und unter Einhaltung international abgestimmter Standards zu dokumentieren und nutzbar zu machen.

Um diese Harmonisierung und die Vernetzung von Daten voranzutreiben, konkret also Strukturen für die digitale Vernetzung von Gesundheitsversorgung und Gesundheitsforschung aufzubauen, sowie die Verfügbarkeit und Qualität von gesundheitsrelevanten Daten zu verbessern, wurden in vielen Ländern Förderprogramme implementiert, darunter die vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung 2016 initiierte Medizininformatik-Initiative (MII). Die Initiative schafft die Voraussetzungen, den Austausch von Forschungs- und Versorgungsdaten zwischen Universitätskliniken in Deutschland zu etablieren. Um die Entnahme, Lagerung und Bereitstellung forschungsrelevanter Bioproben zu koordinieren, haben sich die Biobanken der Universitätskliniken 2017 in der German Biobank Alliance zusammengeschlossen, die vom German Biobank Node der europäischen BBMRI-ERIC-Initiative koordiniert wird.

Aus ethischer Sicht wird durch all diese Aktivitäten die Frage nach der adäquaten Patienteneinwilligung, wie sie im medizinethischen Ideal der wohlinformierten Einwilligung seit den 1970er Jahren zum Ausdruck kommt, noch einmal aus einer veränderten Perspektive – aber dafür umso dringlicher – aufgeworfen. Damit prospektive medizinische Forschung am Menschen ethisch vertretbar ist, müssen die Teilnehmenden vorher ihre informierte Einwilligung (informed consent) geben. Dies bedeutet, dass die betroffenen Personen zuvor auf eine Art und Weise über Zweck, Art, Risiken und Nutzen der betreffenden Studie informiert werden müssen, die sie in die Lage versetzt, wohlinformiert und freiwillig über eine Teilnahme zu entscheiden. Diese Einwilligung liegt nicht nur einem aufgeklärten Ärztin-Patient-Verhältnis zugrunde, sondern stellt ein Paradigma der Forschungsethik dar. Diese reagiert damit auf eine lange Historie von Skandalen, Missbrauch und drohendem Vertrauensverlust in medizinische Versorgung und Forschung weltweit. Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit bleiben auch heute die sensible Basis für alle Aktivitäten, die Daten und Biomaterialien für die Forschung nutzbar machen wollen und sind die wesentlichen Motoren beständiger ethischer, juristischer wie datenschutzrechtlicher Abwägung von Chancen und Risiken.

Die Deklaration von Helsinki formuliert die Bedingungen einer ethisch gültigen Einwilligung in ein humanes Forschungsprojekt: Die Betroffenen müssen entscheidungsfähig, ausreichend informiert und aufgeklärt über Zweck, Wesen, Nutzen und Risiken des Forschungsprojektes sein und sich ohne Zwang für die Teilnahme entscheiden können. Für medizinische Forschung, bei der gezielt neue Medikamente, Medizinprodukte oder medizinische Methoden untersucht werden, dient eine solche informierte Einwilligung als spezifische, auf einen eng umrissenen Zweck formulierte Einwilligung in ein bestimmtes Forschungsprojekt: Zum Zeitpunkt der Einwilligung kann den Teilnehmenden eindeutig dargelegt werden, welche konkreten Nutzen- und Schadenspotenziale sie durch die Teilnahme an einer konkreten, zeitlich wie inhaltlich begrenzten Studie auf sich nehmen.

Dieser Ansatz lässt sich jedoch nur schwer auf die sekundäre Forschungsnutzung medizinischer Daten übertragen, die im Rahmen der klinischen Versorgung erhoben werden. Zum Zeitpunkt der Erhebung sind eben nicht alle potenziellen Zwecke der zukünftigen Nutzung der Daten vorhersehbar. Folglich gibt es seit einiger Zeit eine Diskussion über alternative Arten der Einwilligung, die für die sekundäre Datennutzung geeignet sind, und die einen Ausgleich suchen zwischen der Selbstbestimmung der Patienten und der Freiheit der Forschung.

Tatsächlich haben internationale Gremien der Gesundheitsforschung, darunter die World Medical Association und das Council for International Organizations of Medical Sciences/World Health Organization die Einführung der breiten Zustimmung, des broad consent als „akzeptable Alternative“ gebilligt. Für die Sammlung von Biomaterialien aus dem diagnostischen Kontext als ein sogenanntes „healthcare-embedded biobanking“ hat sich der broad consent trotz anhaltender Diskussion mittlerweile etabliert.

Die Anwendung des broad consent auch für Daten würde nicht nur eine breite zukünftige Forschungsnutzung legitimieren, sondern könnte auch einen umfassenden Datenaustausch innerhalb der Forschungsgemeinschaft erleichtern. Hierzu hat die Medizininformatik-Initiative in Deutschland 2020 einen einheitlichen Mustertext für die Patienteneinwilligung entwickelt, auf den sich alle Universitätskliniken in Deutschland zusammen mit den Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder verständigt haben.

Da Forschung und ihre Datennutzung ein Phänomen sind, das sich offenkundig nicht an Ländergrenzen halten kann, müssen ethische, soziale und rechtliche Aspekte datenreicher Medizin länderübergreifend, in internationaler bzw. globaler Perspektive erörtert werden. Mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wird zwar ein konkreter Schritt in diese Richtung getan, die DSGVO lässt jedoch trotz des Ziels der europäischen Harmonisierung einigen Spielraum für unterschiedliche Regelungen in den Mitgliedsländern zur Datennutzung in der biomedizinischen Forschung.

Deutschland nutzt den von der EU gegebenen Spielraum breit aus und ermöglicht im neuen Datenschutzgesetz zumindest prima facie die Datenverarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken sowie zu statistischen Zwecken ohne Einwilligungserklärung. Konkret macht die Öffnungsklausel für wissenschaftliche Forschung in der DSGVO einen länderübergreifenden Vergleich gerade im Hinblick auf die internationale Kooperation in der datenreichen Medizin zwingend notwendig, wenn etwa im Rahmen von Forschungsverbünden, Biobanken und Datenrepositorien in internationalen Kooperationen nationales Datenschutzrecht kollidiert.

In einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2019 geförderten KlausurwocheFootnote 2 am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der TU München befassten sich Expertinnen und Nachwuchswissenschaftler aus ethischer, juristischer und empirisch-sozialwissenschaftlicher Perspektive mit Fragen der Einwilligung in datenreiche medizinische Forschung im Spannungsfeld zwischen dem Schutz von Selbstbestimmung und Privatheit von Forschungsteilnehmenden, dem Ausschöpfen der unzweifelhaft großen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale von Big Data, sowie den jeweiligen regulatorischen Bedingungen.

Entscheidenden Fragen in der Diskussion über die nationale wie internationale Sekundärnutzung von Daten gehen die Teilnehmerinnen der Klausurwoche in diesem Sammelband nach:

Wie lassen sich die neuen Herausforderungen und Verantwortlichkeiten durch KI-Anwendungen ethisch lösen und regulatorisch abbilden?

Auf die Frage der moralischen Verantwortung bei der Nutzung von KI geht Daniel Tigard in seinem Beitrag „Big Data and the Threat to Moral Responsibility in Healthcare“ ein. Insbesondere analysiert er, wie die Nutzung datenreicher Medizin verbunden mit künstlich intelligenten Systemen die Frage der moralischen Verantwortung bei der Bereitstellung von Gesundheitsleistungen verändert. Dabei untersucht er vor dem Hintergrund der Prämisse, dass unsere Fähigkeit, Verantwortung zuzuschreiben, durch künstliche autonome Systeme in Zweifel gezogen wird, die Verbindung von Akteursschaft und Verantwortung und präsentiert verschiedene Lösungsmöglichkeiten.

Patrik Hummel und Andrea Martani greifen in ihrem Beitrag die Rede von verschiedenen „Generationen des Datenschutzes“ auf und analysieren diese zunächst deskriptiv. Im Weiteren gehen sie jedoch darüber hinaus, indem sie normativ fordern, trotz der noch sehr jungen DSGVO jetzt schon eine neue Generation des Datenschutzes anzudenken. Dies liegt ihrer Meinung daran, dass die DSGVO  bereits jetzt in ihrem Gegenstandsbereich, dem Schutzgegenstand, sowie den sie leitenden Paradigmen der Datenverarbeitungsrealität hinterher hinkt. Dies gilt ihrer Meinung auch und gerade für die besondere Rolle der (biomedizinischen) Forschung im momentanen Datenschutz, sowie den Status der informierten Einwilligung zu dieser Forschung.

In ähnlicher Stoßrichtung, aber mit anderer Fokussierung, nimmt Stuart McLennan das System der ethischen Aufsicht bei Forschungsprojekten mit großen Mengen an Gesundheitsdaten in den Blick. Zunächst stellt er fest, dass die Feudalisierung unterschiedlicher Aufsichtsregime dazu führen kann, dass die gleichen Datensets datenschutzrechtlich und -ethisch sehr unterschiedlich bewertet werden. Wenn sich aber Tätigkeitsbereiche nicht klar abgrenzen lassen, leidet – so sein Argument – langfristig die Patientinnenversorgung. Daher argumentiert er für ein reformiertes Modell der ethischen Aufsicht, das besser an den kontinuierlichen, integrierten und dynamischen Charakter der Datenwissenschaft im Gesundheitswesen angepasst ist.

Welche Verantwortung tragen Forscher, Datennutzer und deren Institutionen im Umgang mit den vielfältigen Daten hinsichtlich neuer regulatorischer Vorgaben?

Grundlegend für die Nutzung personenbezogener Daten zur biomedizinischen Sekundärforschungsnutzung ist die Frage der Identifizierbarkeit und faktischen Anonymität von Patientendaten. Der Beitrag von Markus Spitz und Kai Cornelius untersucht, ob trotz organisatorischer Trennung von Daten und für die Identifizierung notwendigem Zusatzwissen den Forscher datenschutzrechtliche Pflichten bei der Nutzung und Weitergabe von Daten treffen. Die Autoren empfehlen, dass trotz vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten die datenempfangenden Forscher gerade aufgrund zunehmender Verknüpfungsmöglichkeiten kritisch prüfen müssen, ob mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln tatsächlich der Betroffene nicht identifiziert werden kann.

Wie kann internationale datenreiche Forschung und ein grenzüberschreitender Datenaustausch unter den Vorgaben der DSGVO gelingen? Bei grenzüberschreitenden Datenverarbeitungen, die besonders im Kontext medizinischer Forschung von Bedeutung sind, stellt sich die Frage des jeweils anwendbaren mitgliedstaatlichen Datenschutzrechts. Die Bestimmung dieses nationalen Anpassungsrechts wird unter der Rechtslage der DSGVO vor allem durch das Fehlen einer allgemeinen Kollisionsnorm erschwert. Leonie Schrader analysiert in ihrem Beitrag mögliche Lösungsansätze. In dem Beitrag wird das Zusammenspiel der Vorschriften für die Datenübermittlung in Drittstaaten und dem räumlichen Anwendungsbereich der DSGVO diskutiert.

Kann das Ideal der informierten Selbstbestimmung im neu geregelten Aufklärungs- und Zustimmungsprozess zur Datennutzung in Zeiten von Big Data noch gewahrt werden und wenn ja, wie? Dieser Frage gehen Wulf Loh und Anne Wierling in ihrem Beitrag anhand der ubiquitären Verdatung durch robotische Systeme in der häuslichen Altenpflege nach. Am Beispiel eines sozialen Companion-Roboters diskutieren sie sowohl das (medizin-)ethische Ideal der informierten Einwilligung, als auch die rechtlichen Implikationen und Lücken im Datenschutzrecht. Sie propagieren eine „Privacy Interference Matrix“, die die Konkretheit der Zweckangabe der Datenverarbeitung an deren Eingriffstiefe knüpft und diskutieren einige praktische Möglichkeiten der Implementierung.

Der Beitrag von Martin Jungkunz, Anja Köngeter, Eva C. Winkler, Katja Mehlis und Christoph Schickhardt betrachtet die verschiedenen Anwendungsfelder und Nutzenpotenziale der Sekundärnutzung klinischer Daten für datensammelnde nicht-interventionelle Forschungs- und Lernaktivitäten und die damit verbundenen Herausforderungen und Risiken für Patienten und weitere stakeholder. Die Autoren diskutieren mögliche Herausforderungen wie Risiken der Re-Identifikation und des Datenmissbrauchs, Gefahren für das Vertrauen in der Arzt-Patientenbeziehung und das Wecken falscher Hoffnungen. Praxisorientiert werden Maßnahmen zur Reduzierung dieser Risiken herausgearbeitet, die bei der Begutachtung von Projekten der Sekundärnutzung klinischer Daten an Relevanz gewinnen werden.

Die sozialempirische Forschung hat bisher die Abwägung von Nutzen und Risiken der Sekundärnutzung klinischer Daten zu Forschungszwecken durch die Expertise und Erfahrungen relevanter nationaler Akteursgruppen in Deutschland nicht systematisch beleuchtet. Ziel der in dem Beitrag von Anja Köngeter, Martin Jungkunz, Eva C. Winkler, Christoph Schickhardt und Katja Mehlis beschriebenen empirischen Studie ist es daher, erstmalig die Wahrnehmungen und Erwartungen der Experten aus den Bereichen Forschung, Versorgung, Medizininformatik, Patientenvertretung und Politik darzustellen. Darauf aufbauend werden die spezifischen Bedarfe der befragten Akteursgruppen im Kontext wahrgenommener Nutzen- und Risikopotenziale der Sekundärnutzung aufgezeigt. Die Einbeziehung dieser Desiderate zielt auf eine nachhaltige Vertrauensbildung und gesellschaftlich akzeptierte Verwendung klinischer Daten für Forschungszwecke. Der Beitrag thematisiert die Notwendigkeit der Bürgerbeteiligung und stellt die Frage nach Möglichkeiten und Formen der Einbeziehung der Öffentlichkeit.

Welche ethischen und sozialen Anforderung an den Aufklärungs- und Zustimmungsprozess zur Datennutzung sollen/können im Zeitalter immer stärkerer Entgrenzung von Daten effektiv umgesetzt werden und wie sind die neuen rechtlichen Vorgaben dazu zu bewerten?

Anhand des konkreten Anwendungsfalls des Aufbaus einer Daten- und Biomaterial Infrastruktur im Kontext klinischer Studien der wissenschaftlichen Forschungsplattform des DZHK e. V. gibt der Beitrag von Monika Kraus, Matthias Nauck, Dana Stahl, Gabriele Anton, H.-Erich Wichmann und Annette Peters Einblick in die Herausforderungen, mit denen sich medizinische Verbundforschung, insbesondere seit Inkrafttreten der EU-DSGVO, konfrontiert sieht. Die deutschlandweit heterogene ethische und datenschutzrechtliche Bewertung von Studien führt dazu, dass multizentrische Forschungsvorhaben bei mehreren Stellen eingereicht werden müssen. In ihrer Analyse der Fragestellungen aus Voten medizinischer Ethikkommissionen aus den Jahren 2017 und 2018, die bei Einreichung von Studien mit Nutzung der klinischen Forschungsplattform bearbeitet werden mussten, konnten die Autoren zeigen, dass Fragen zu den allgemeinen Verfahren und der governance deutlich zurückgingen. Der Beitrag verdeutlicht die Varianz der ethischen und sozialen Anforderungen einzelner Ethikkommissionen an den Aufklärungs- und Zustimmungsprozess unter Anwendung der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung. Die Autoren plädieren aus dieser Beobachtung heraus für allgemeinverbindliche Leitlinien für den Umgang mit der DSGVO.

Wie ist der aktuell in Deutschland stark diskutierte Ansatz der Datenspende für die Forschung ethisch zu bewerten? Welche Kompetenzen und Verantwortung mit Blick auf die eigenen Daten sollten Patienten haben und wie können diese erlangt werden? Diesen Fragen gehen Wiebke Lesch, Gesine Richter und Sebastian C. Semler in ihrem Beitrag „Datenspende für die medizinische Forschung – eine Bevölkerungsumfrage“ nach.

Während weltweit an Datenintegrationssystemen gearbeitet wird, um medizinische Daten aus unterschiedlichen Quellen für Forschungszwecke verknüpfen und nutzen zu können, bleibt die Frage nach einer angemessenen Einwilligung in diese breite Nutzung bislang noch in der Diskussion. Gleichzeitig beobachten zahlreiche empirische Studien eine Zunahme des öffentlichen Interesses an der Unterstützung medizinischer Forschung. Vor diesem Hintergrund brachte der Deutsche Ethikrat 2017 in seiner Stellungnahme den Ansatz der Datenspende ins Gespräch. Datenspende wird dabei verstanden als Einwilligung in die Verwendung medizinischer Daten ohne Einschränkung des Zeitpunkts und des Zwecks, vorausgesetzt, dass a) die möglichen Folgen, insbesondere für Familienmitglieder, hinreichend deutlich gemacht werden und b) eine geeignete Infrastruktur für die Verwaltung und den Schutz der Daten vorhanden ist. Nach der öffentlichen Akzeptanz einer solchen Regelung und den Eckpunkten ihrer Ausgestaltung fragt die empirische Studie, die 2019 im Auftrag der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF e. V.) durchgeführt wurde und deren Ergebnisse und Auswirkungen in diesem Beitrag beschreiben werden.

Die Möglichkeiten der Datengenerierung und -aggregation werden in den kommenden Jahren erheblich zunehmen. Gleichzeitig sehen wir uns medizinischen Herausforderungen gegenüber, die verstärkt auf die Analyse immer größerer Datenmengen angewiesen sind. Im Zusammenspiel dieser Tendenzen wird die Notwendigkeit deutlich, diese Entwicklungen ethisch, juristisch und sozialwissenschaftlich zu begleiten. Nur so können wir die geeigneten rechtlichen Mittel ergreifen, um sie ethisch akzeptabel, rechtskonform und sozialverträglich zu gestalten. Dieser Sammelband möchte hierzu einen praxisbezogenen Beitrag leisten.

Dieser Sammelband wurde im Rahmen der BMBF-geförderten Klausurwoche „Nehemiah – Neue ethische Herausforderungen in der Datenreichen Medizin: ein Ländervergleich von Einwilligungsformen in UK, Österreich, Deutschland“ erstellt.

Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01GP1881.