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Werner Koflers Oliver-Komplex – genreübergreifend und multimedial

Sprache – Literatur – Koflers „Mimikry des Oralen“

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Werner Kofler intermedial

Part of the book series: Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ((KSDG,volume 6))

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Zusammenfassung

Werner Koflers einzigartige „Mimikry des Oralen“ und seine Fähigkeit, die auditive Inszenierung von Sprache zu antizipieren, wird an seinen Arbeiten zu Oliver. Ein Real-Fiction-Hörspiel demonstriert. Diese beißende Satire auf die Unterhaltungsindustrie und auf die Zurichtung des Jungen Oliver zum Schlagerstar entlarvt zugleich die Manipulationen durch jenes Medium, das den Text überhaupt erst zum Hörspiel macht: das Radio. Den großen Erfolg des Oliver-Hörspiels suchte Kofler genre- und medienübergreifend für ein Filmprojekt zu nutzen, zu dem Exposés überliefert sind, das aber nicht realisiert wurde. Erst Das große Buch vom kleinen Oliver, eine Kooperation mit dem Zeichner und Karikaturisten Gerhard Haderer, steigert das Hörspiel zu einem multimedialen Werk, das Text, Bild und Ton (Olivers Schlager auf einer beigelegten Mini-Disc) kongenial verbindet. Es potenziert die Satire und damit die Wirkung auf Leser*in und Hörer*in.

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Notes

  1. 1.

    Ludwig Jäger: „Sprache als Medium. Über Sprache als audio-visuelles Dispositiv des Medialen.“ In: Horst Wenzel/Wilfried Seipel/Gotthard Wunberg (Hg.): Audiovisualität vor und nach Gutenberg. Zur Kulturgeschichte der medialen Umbrüche. Wien u. a. 2011, 19–42.

  2. 2.

    Walter Ong: Oralität und Literalität. Die Technologisierung des Wortes [engl. Oralty and Literacy. The Technologizing of the Word, 1982]. Opladen 1987, bes. 10, 26–33, 37–154. – Friedrich Kittler: Aufschreibesysteme 1800/1900. München 1985.

  3. 3.

    Anke Bosse: „Architextuelle und mediale Transposition als Agens der Textrevision. Werner Koflers Tanzcafé Treblinka“. In: Andrea Hofmeister-Winter/Wernfried Hofmeister (Hg.): Textrevisionen. Berlin u. a. 2017 (= Beihefte zu editio 41), 125–134, hier 125.

  4. 4.

    Marina Corrêa: Polyphonien in Werner Koflers ‚Der Hirt auf dem Felsen‘. Wien 2004.

  5. 5.

    Claudia Dürr: Die hohe Schule der Anspielung. Intertextualität im Werk Werner Koflers. Wien 2009, 129.

  6. 6.

    Bernhard Fetz: „Stimmen hören. Zu Werner Koflers Triptychon Am Schreibtisch, Hotel Mordschein, Der Hirt auf dem Felsen“. In: Herbert J. Wimmer (Hg.): Strukturen erzählen. Die Moderne der Texte. Wien 1996, 133–151.

  7. 7.

    Dürr: Die hohe Schule der Anspielung (wie Anm. 5), 129.

  8. 8.

    Werner Kofler: Kommentierte Werkausgabe (WKKW). 3 Bde. Hg. v. Claudia Dürr/Johann Sonnleitner/Wolfgang Straub. Wien 2018 (vgl. www.wernerkofler.at, 14.12.2019). Die Prosatexte in diesen ersten 3 Bänden sollen um die Hörspiele und Theaterstücke erweitert werden; dazu läuft bis 2021 am Musil-Institut/Kärntner Literaturarchiv das Forschungsprojekt Kofler intermedial des österreichischen Fonds für Wissenschaft und Forschung (FWF) mit Wolfgang Straub und Claudia Dürr (www.aau.at/musil/literaturforschung/kofler/, 14.11.2020).

  9. 9.

    https://www.aau.at/musil/literaturarchiv/, Bestand Werner Kofler, Signatur 11, und Bestand Werner Kofler VII, Signatur 125.

  10. 10.

    Zugleich stoßen wir hier auch auf mediale Grenzen, wie sie für das Archiv in Zeiten rasanter Medienentwicklung typisch sind: Es fehlt uns ein Abspielgerät für die Kassette. Diese Aufzeichnung müsste – genauso wie die auf CD – dringend (erneut) digitalisiert werden.

  11. 11.

    Die ausschließlich rezeptionsästhetisch orientierte Genre-Bezeichnung ‚Hörspiel‘ verdeckt die produktionsästhetische Perspektive. Denn jedes ‚Hörspiel‘ ist immer und zuerst ein Sprech- und Klangspiel, dessen zentraler Träger die menschliche Stimme ist: erst gesprochen, dann gehört. Ich bleibe zwar bei der eingeführten Genre-Bezeichnung ‚Hörspiel‘, betone aber das primäre Sprechen, die Stimme.

  12. 12.

    Götz Fritsch: „Koflers Hörspiele oder eher ‚Unruhe‘, eine Beunruhigung“. In: Klaus Amann (Hg.): Werner Kofler. Texte und Materialien. Wien 2000, 208–215, hier 209. – Vgl. die bisher ausführlichste Erfassung der Hörspiele Koflers durch Eva Lugbauer: Die Hörspiele von Werner Kofler. Diplomarbeit. Universität Wien 2012 (https://othes.univie.ac.at/22132/, 14.12.2019).

  13. 13.

    Das FWF-Projekt Kofler intermedial am Musil-Institut/Kärntner Literaturarchiv hat zum Ziel, möglichst viele Kofler’sche Hörspieltyposkripte zu drucken (wie Anm. 8).

  14. 14.

    Zugleich bietet diese Seite zwei sehr unterhaltsame Beispiele für Koflers Selbstironie: die O-Ton-ähnlichen Studioaufnahmen mit einem Kind könnten „zur Entdeckung eines Kinderstars führen“, und die Vorstellung von „Europas jüngstem Sänger“ diene dazu, „den Europa-Gedanken zu fördern“. Die Adressaten dieser amüsanten Bemerkungen wie der ganzen S. 4 und der nachfolgenden Regieanweisungen sind die Radio-Profis: Sie sollen sich über die Kinderstar- und Europa-Bemerkung amüsieren, die Essenz der Koflerschen Kritik („Schwachsinn des Schlagergeschäfts etc.“) erkennen und im Übrigen die Regieanweisungen in der Art ihrer Performance umsetzen.

  15. 15.

    Der Moderator hat immerhin den – sprechenden – Namen „Sagmeister“.

  16. 16.

    Fritsch: „Koflers Hörspiele“ (wie Anm. 12), 209.

  17. 17.

    Diese bedauern immer wieder, dass die Hörspieltexte vieler Autorinnen und Autoren „selten stark, meist mäßig oder gar nicht auf das Medium“ Radio „eingerichtet“ seien – so Hörspielregisseurin Barbara Plensat noch 2008 („Zu einigen Problemen der Regie im Hörspiel“. Vortragsmanuskript. Internationale Hörspiel-Tage Zons, 07.05.2008. Vgl. Vito Pinto: Stimmen auf der Spur. Zur technischen Realisierung der Stimme in Theater, Hörspiel und Film. Bielefeld 2012, 147).

  18. 18.

    Klaus Kanzog: „Der Text im Raum der Nurhörbarkeit. Zur Phänomenologie des Worts im Hörspiel.“ In: Hans Rainer Sepp/Jürgen Trinks (Hg.): Literatur als Phänomenalisierung. Wien 2002, 212–231.

  19. 19.

    „evtl. Walzer, zwischendurch vielleicht etwas Tango“, „sehr modern zu arrangieren, etwa wie ein Heller-Chanson, als Zutat Wind, etwas metaphysisch“.

  20. 20.

    Den Begriff entwickelte R. Murray Schafer in: Die Ordnung der Klänge. Eine Kulturgeschichte des Hörens [engl. The Soundscape. Our Sonic Environment and the Tuning of the World, 1977]. Mainz 2010.

  21. 21.

    Basiswissen Radio (www.mediamanual.at/mediamanual/leitfaden/radio/atmo.php, 14.12.2019).

  22. 22.

    Nur so kann zwischen dem auditiven Handlungsraum des Hörspiels und dem Raum des Hörers und der Hörerin die „Sonosphäre“ als verbindender Zwischenraum entstehen (Pinto: Stimmen auf der Spur [wie Anm. 17], 15, 190).

  23. 23.

    In einem reinen Audio-Medium erweisen sie sich sogar als aufmerksamkeitssteigernd. Es wird also Zeit, dem für Nicht-Radioprofis durchaus verwirrenden Typoskript, einem visuelles Medium, seine radiophone Inszenierung als reines Audio-Medium gegenüberzustellen.

  24. 24.

    Licht ins Dunkel ist die größte humanitäre Hilfskampagne in Österreich sowie ein Verein mit Sitz in Wien. Die erste Kampagne wurde 1973 vom damaligen ORF-Landesintendanten von Niederösterreich, Kurt Bergmann, initiiert. Ein Besuch des Behindertendorfs Sollenau hatte ihn dazu inspiriert. Die erste Sendung wurde im Radio gesendet; das Ergebnis der Spendenkampagne waren (umgerechnet) 2500 EUR. Seit 1978 findet die Kampagne im Fernsehen statt. Jeweils am Heiligen Abend präsentiert der ORF eine 14-stündige Fernsehsendung, in der um Spenden für Sozialhilfe- und Behindertenprojekte in Österreich gebeten wird. Die 2,2 Mio. Zuschauer spenden an diesem Abend ca. 5,7 Mio. EUR.

  25. 25.

    Werner Kofler: „Auskunft“. In: Werner Kofler. Texte und Materialien (wie Anm. 12), 218–221, hier 220.

  26. 26.

    Kofler hat sich allzu sehr darauf verlassen, dass „selbst gekonnteste, geschliffenste Bösartigkeit in der Kunst der Verderbtheit des realen Lebens kaum das Wasser reichen kann“ (Fritsch: „Koflers Hörspiele“ [wie Anm. 12], 209).

  27. 27.

    Ebd.

  28. 28.

    Zur Metatextualität: Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe [1982]. Frankfurt a. M. 42004, 7–14.

  29. 29.

    Doch das Montage-Prinzip und die dauernden Szenewechsel, die im Hörspiel so wirkungsvoll waren, hebt er auf. Die ursprünglich sechs Szenen werden zu drei Szenen komprimiert: die Manager-Szene, die Interview-Szene bei Olivers Mutter, die Wunschkonzert-Szene. Abwechslung bringen lediglich die eingeblendeten Werbespots und Oliver-Songs.

  30. 30.

    Das große Buch vom kleinen Oliver. Hg. von Werner Kofler und Gerhard Haderer. Wien 1991. Mit der behaupteten Herausgeberschaft verwischen Kofler und Haderer ihre tatsächliche Autorschaft. Dazu noch spielen sie ein amüsantes, selbstironisches Spiel zwischen Realität und Fiktion in ihren Personenangaben: Geburtsdaten und Geburtsort sowie Angaben zu publizierten Büchern sind Fakt. Bei den Angaben zum Beruf, genauer: den „Berufen“, gibt es einen unterhaltsamen Mix aus wenig Realität und viel Fiktion. Zu Kofler: „Fachjournalist und Reiseschriftsteller. Mitarbeiter von BRAVO, Kärntner Volkszeitung, Readers Digest, Motocross, STANDARD und ORF/Radio Burgenland.“ Zu Haderer: „Bildberichterstatter und Werbeagent. Mitarbeiter von Schlüsselloch, Profil, Edelweißreporter, Stern, Rasselbande und Bild der Frau sowie verschiedener Geheimdienste (Mit-Aufdecker des Lucona-Skandals). Ehrenmitglied des Verbundes Mund- und Fußmalender Künstler.“

  31. 31.

    Es handelt sich um die Hörspieltyposkriptseiten 10–11, 18, 22, 35, 37, 39–40, 27.

  32. 32.

    Wie sehr Kofler darauf aus ist, möglichst die gesamte Textmasse seines Hörspieltyposkripts in Das große Buch vom kleinen Oliver zu überführen, zeigt sich darin, dass er anschließend das fingierte „vollständige Tonbandprotokoll“ des Interviews der Reporterin Rosen wiedergibt, das die Interviewszenen seines Hörspiel-Typoskripts übernimmt. Vgl. ebd., 13–15, 18–20, 21–22, 24, 27–30, 31–35, 36–38, 40. In diesem Kapitel ist Haderers Zeichnung der Interviewsituation im Wohnzimmer der Kramms nur eine bildliche Verdoppelung.

  33. 33.

    Vgl. ebd., 10.

  34. 34.

    Der Waldheim-Skandal begann 1986, als Kurt Waldheim seine ÖVP-Kandidatur für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten erklärte und seine SS- und NS-Vergangenheit verschwieg sowie seine Kenntnis/Beteiligung an Kriegsverbrechen. Waldheim wurde dennoch gewählt, was internationale Proteste hervorrief und ihm Einreiseverbote einbrachte. Der Skandal endete erst mit dem Ende der Amtszeit Waldheims 1992.

  35. 35.

    Das Hörspiel wiederum konnte etwas leisten, was im Buch und überhaupt visuell so nicht möglich ist: Als Olivers Mutter der Journalistin einen Drink anbietet „einen Dry Manhattan, oder einen President …“ und diese einen „President“ erbittet, kann der Audio-Werbespot sofort eingespielt und die Kommerzialisierung sofort decouvriert werden. – Während 3. Wie der kleine Oliver Freude bringt ein ausschließliches Haderer-Kapitel mit Zeichnungen zu Olivers Auftritten bei Betriebsfeiern bringt, ist das nachfolgende 4. Die großen Erfolge des kleinen Oliver. Originaltexte zum Mitsingen ein ausschließliches Kofler-Kapitel mit seinen Oliver-Liedtexten. Vgl. ebd., 5–8, und den Anhang zum Typoskript. Das 5. Kapitel Aus der Postmappe des kleinen Oliver gibt Kofler Gelegenheit, die fingierten Hörer- und Hörerinnenzumeldungen aus dem Wunschkonzert im Hörspiel zu übernehmen. Vgl. Typoskript, 40–49. Einige Texte sind hier im Buch allerdings neu hinzugekommen.

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Bosse, A. (2021). Werner Koflers Oliver-Komplex – genreübergreifend und multimedial. In: Bosse, A., Dürr, C., Straub, W. (eds) Werner Kofler intermedial. Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, vol 6. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62930-7_11

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-62930-7_11

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-62929-1

  • Online ISBN: 978-3-662-62930-7

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