Leistungen der medizinischen Rehabilitation richten sich im Kern an Menschen mit Behinderung oder solche, die von Behinderung bedroht sind. Rehabilitation soll ihnen gegenüber erbracht werden, „um ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.“Footnote 1 Diese Perspektive gründet auf dem bio-psycho-sozialen Modell der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und hat sich in der von dieser entwickelten International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) niedergeschlagen.Footnote 2
So verstandene Rehabilitation ist eine Querschnittsaufgabe im Gesundheitswesen, die in unterschiedlichen Handlungskontexten relevant wird. Medizinische Rehabilitation wird insbesondere einerseits indikationsspezifisch erbracht. Hier geht es darum, eingetretene und drohende Beeinträchtigungen infolge bestimmter Erkrankungen durch Rehabilitation zu adressieren – etwa im Rahmen von kardiologischer Rehabilitation (z. B. nach Herzinfarkt), neurologischer Rehabilitation (etwa nach Schlaganfall), orthopädischer Rehabilitation (etwa nach Hüftgelenksoperationen) oder als Suchtrehabilitation. Die indikationsübergreifende geriatrische Rehabilitation zielt auf Personen mit erhöhtem Risiko, Beeinträchtigungen ihrer selbstbestimmten Lebensführung bis zur Pflegebedürftigkeit aufgrund von zusätzlichen Gesundheitsproblemen und eingeschränkten Reservekapazitäten zu erleiden, ab; die Ursache der Einschränkungen liegt in altersphysiologischen Veränderungen oder bereits bestehenden Schädigungen von Körperstrukturen und -funktionen (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen 2018). Andererseits werden Rehabilitationsleistungen auch zielgruppenspezifisch erbracht – etwa als Rehabilitation für Mütter und Väter oder für Kinder und Jugendliche.
Wesentlich für den Versorgungskontext ist der Zeitpunkt der Rehabilitation im Rahmen des Krankheitsfortschritts. Je nach Zeitpunkt können unterschiedliche Reha-Ziele verfolgt werden. Hier hat sich für die indikationsspezifische Rehabilitation etwa in der Neurologie ein explizites Phasenmodell (A bis F) etabliert (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2018). In anderen Erkrankungsfeldern ist dies weniger formalisiert, wobei auch dort die Rehabilitation einer entsprechenden Abfolge unterliegt. Die Phasen seien an der Neurologie expliziert: Um den engen Zusammenhang von Akutbehandlung und Rehabilitation auszudrücken, wird die Akutbehandlung in diesem Schema als Phase A bezeichnet. Indikationsübergreifend gilt, dass die sog. „Frührehabilitation“ (Phase B) schon parallel zur Akutbehandlung durchgeführt wird, etwa wenn unter Fortsetzung der ärztlich-pflegerischen Akutbehandlung nach einem Schlaganfall Fähigkeiten wie Sprechen oder Bewegung wieder aufgebaut werden sollen; in dieser Phase ist die Rehabilitationsfähigkeit noch sehr eingeschränkt. In der „Weiterführenden Rehabilitation“ (Phase C) tritt demgegenüber die Akutbehandlung etwas zurück, nimmt jedoch weiterhin noch einen deutlichen Platz in der Patientenversorgung ein; hier ist der Patient schon in stärkerem Maße als während der Frührehabilitation in der Lage, sich aktiv in den Rehabilitationsprozess einzubringen. In einigen Indikationen folgt die „Anschlussheilbehandlung“ (Phase D); dies ist die Phase, in der die Akutbehandlung abgeschlossen ist und die medizinische Rehabilitation zentral im Fokus steht. Die Nachsorge (Phase E) umfasst einerseits nachgehende medizinische Maßnahmen zur Sicherung des Rehabilitationserfolges, andererseits fallen hierunter auch Maßnahmen der Reintegration in das Alltags- und Berufsleben, insbesondere mit beruflich-schulischem Schwerpunkt; hier wird also teilweise nicht nur der engere Bereich der medizinischen Rehabilitation, sondern auch des Gesundheitswesens verlassen. Schließlich wird auch die Langzeitrehabilitation und aktivierende Pflege relevant (Phase F), wenn der Gesundheitszustand des Patienten dies verlangt; auch dies zählt nicht mehr zur medizinischen Rehabilitation im engeren Sinne.
In der zielgruppenspezifischen Rehabilitation ist demgegenüber kein Phasenmodell etabliert. Sie wird in eigenen stationären Einrichtungen für die Rehabilitation für Mütter und Väter und für Kinder und Jugendliche durchgeführt.
Die unterschiedlichen Phasen der indikationsspezifischen Rehabilitation finden typischerweise in unterschiedlichen Einrichtungen statt. Akutbehandlung, Frührehabilitation und weiterführende Rehabilitation werden in der Regel in Akutkrankenhäusern durchgeführt. Die Akutkrankenhäuser werden weit überwiegend über morbiditätsorientierte Fallpauschalen vergütet; seit Anfang 2020 sind dabei die Pflegekosten ausgegliedert und werden über ein einrichtungsspezifisches Pflegebudget anhand der tatsächlichen Ausgaben vergütet.Footnote 3 Die Vergütungen gelten gemeinsam und einheitlich für alle belegenden Kostenträger, die bei Plankrankenhäusern sowie Hochschulkliniken einem Kontrahierungszwang unterliegen.Footnote 4
Die Anschlussheilbehandlung demgegenüber wird in eigenen Rehabilitationseinrichtungen erbracht. In Deutschland waren lange stationäre Rehabilitationseinrichtungen vorherrschend, teilstationäre und ambulante Rehabilitation sind demgegenüber erst spät entstanden. Jüngst hat sich aus der ambulanten Rehabilitation die mobile Rehabilitation entwickelt, die als aufsuchende Leistung im gewohnten Wohnumfeld des Rehabilitanden erbracht wird (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen 2018). Die stationären Rehaeinrichtungen werden im Wesentlichen durch einrichtungsspezifische indikationsabhängige tagesgleiche Pflegesätze finanziert; die Stellung der Leistungsträger, die quasi als Einweiser fungieren und insoweit nur einem eingeschränkten Kontrahierungszwang unterliegen, in den Vergütungsverhandlungen gilt als relativ stark (Staudt und Grabein 2019), auch wenn die Krankenkassen in der Notwendigkeit stehen, ihre Versicherten durch verfügbare Reha-Plätze (Betten) versorgen zu müssen. Die Nachsorge wiederum wird im Rahmen der ambulanten ärztlichen und nicht-ärztlichen Versorgung durchgeführt.
Der deutlich überwiegende Teil indikationsspezifischer Rehabilitation findet in Form der Anschlussheilbehandlung nach einem Krankenhausaufenthalt statt.
Zu den Aufgaben des Krankenhauses gehört auch die Initiierung einer Rehabilitationsmaßnahme. Es sind Verfahrensabläufe implementiert worden, mit denen das Krankenhaus den Prozess zur Durchführung einer Reha-Maßnahme startet (Diedrich et al. 2019). In aller Regel wird die daraus resultierende Anschlussheilbehandlung in diesen Fällen in einer vollstationären Rehabilitationsklinik durchgeführt.
Die Schnittstelle des Krankenhauses mit einer stationären Rehabilitationseinrichtung nimmt also für die Patienten eine ganz entscheidende Stelle ein.