Das Vergütungsniveau stationärer Leistungen im somatischen Bereich wird wie oben beschrieben hauptsächlich von der Preisentwicklung für DRG-Leistungen bestimmt. Die sogenannten sonstigen Entgelte nach § 6 KHEntgG, deren Preise hausindividuell zu vereinbaren sind, spielen für die Gesamtentwicklung auf Bundesebene eine nachgeordnete Rolle und werden daher im Weiteren nicht näher untersucht.
Die DRG-Preiskomponente setzt sich maßgeblich aus den Komponenten Basisfallwert, Zu- und Abschläge sowie periodenfremde Ausgleiche für Budgetabweichungen in den Vorjahren zusammen. Der in den Budgetverhandlungen auf Krankenhausebene verwendete Basisfallwert für die hier untersuchten Einrichtungen beträgt im Jahr 2018 im Mittel 3.452 € und steigt im Folgejahr um 2,5 % auf 3.538 € an. Unter Berücksichtigung der Zu- und Abschläge resultiert eine Veränderung um 4,0 %. Unter Berücksichtigung der Ausgleichzahlungen für Vorperioden liegt die Preissteigerung bei 4,2 %. Im Folgenden werden die bedeutenden Einflussgrößen im Detail dargestellt sowie deren Einfluss auf die Gesamtentwicklung analysiert. Abb. 18.2 zeigt ergänzend die Preiswirkung von Zu- und Abschlägen auf die Basisfallwerte 2018 und 2019.
Obergrenze für die Preisentwicklung der Landesbasisfallwerte (Grundlohnrate/Orientierungswert/Veränderungswert)
Mit Einführung der LBFW im Jahr 2005 galt die Veränderungsrate nach § 71 SGB V Abs. 3 (Grundlohnrate) als Obergrenze für vereinbarte Preisveränderungen. Die Grundlohnrate spiegelt die Einnahmenentwicklung der gesetzlichen Krankenkassen wider. Seit 2013 soll sich die Obergrenze stärker an den Kosten der Krankenhäuser orientieren. Dazu berechnet das Statistische Bundesamt mit dem sogenannten Orientierungswert die Kostenentwicklung der Inputfaktoren für Krankenhausleistungen. Diese entspricht einer krankenhausspezifischen Inflationsrate. Die aktuell gültige Regelung für die Obergrenze der Preisentwicklung wurde mit dem Beitragsschuldengesetz 2014 eingeführt. Ob sich die Preise kosten- oder einnahmeorientiert entwickeln sollen, hängt seitdem davon ab, ob der Orientierungswert oder die Grundlohnrate höher ist. Der höhere Wert gilt als Obergrenze.
Der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Orientierungswert für das Jahr 2019 liegt mit 1,96 %Footnote 2 deutlich unterhalb der veröffentlichten Veränderungsrate nach § 71 SGB V Abs. 3 in Höhe von 2,65 %. Daher galt im Jahr 2019 wiederholt die Grundlohnsumme als Obergrenze für die Veränderung der LBFW. Im gewichteten Mittel stiegen die LBFW mit Ausgleichen von 3.456 € im Jahr 2018 um 2,46 % auf 3.541 € im Jahr 2019. Somit blieb die durchschnittlich vereinbarte Preisveränderung 0,2 Prozentpunkte unter der geltenden Obergrenze. Eine Tariferhöhungsrate gemäß der Vereinbarung nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 KHEntgG war nicht zu berücksichtigen.Footnote 3
Mehrleistungsabschlag
Hinsichtlich der Vergütung von vereinbarten Leistungsveränderungen bestehen seit Beginn der Konvergenzphase im Jahr 2005 unterschiedliche gesetzliche Auflagen, die in den Budgetverhandlungen zu berücksichtigen sind. Hintergrund ist, dass steigende Mengen in den meisten Leistungsbereichen c. p. zu sinkenden Durchschnittskosten führen, da sich lediglich die variablen Kosten verändern und die Fixkosten konstant bleiben.
Mit dem im Jahr 2012 verabschiedeten Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (PsychEntgG) wurde der Mehrleistungsabschlag ab 2013 mit einer Geltung für zwei Jahren auf 25 % festgelegt. Mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz (PSG I) aus dem Jahr 2014 wurde eine Verlängerung der Geltungsdauer auf drei Jahre geregelt.Footnote 4 Mit Inkrafttreten des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) am 1. Januar 2016 wurden die Regelungen zur Steuerung und Budgetberücksichtigung von Leistungsveränderungen für das Folgejahr deutlich geändert: Ab dem Jahr 2017 entfällt der Mehrleistungsabschlag für neu vereinbarte Mehrmengen und mit dem Fixkostendegressionsabschlag (FDA) wird ein neues Instrumentarium eingeführt (s. u.). Durch die dreijährige Geltungsdauer des Mehrleistungsabschlages war dieser Tatbestand im Jahr 2018 letztmals budgetwirksam.
Das vereinbarte Gesamtvolumen für den Mehrleistungsabschlag belief sich aufgrund der weiter geltenden Beträge aus den Vorjahren im Jahr 2018 auf −209,2 Mio. Euro. Dies entspricht einem vereinbarten Preiseffekt von −12,31 € im selben Jahr.
Fixkostendegressionsabschlag
Der FDA ersetzt seit seiner Einführung im Jahr 2017 nicht nur den gleichzeitig entfallenden Mehrleistungsabschlag für neu zu vereinbarende Mengensteigerungen, sondern zusätzlich die bis dato auf Landesebene im LBFW wirksame Mengendegression. Da für den FDA eine Laufzeit von drei Jahren vorgesehen ist, tritt ein befristeter krankenhausindividueller Abschlag an die Stelle einer dauerhaften Wirkung im LBFW, um die Skaleneffekte aus der Erbringung von Mehrleistungen abzubilden. Für die Jahre 2017 und 2018 wurde der FDA-Regelsatz auf 35 % gesetzlich festgelegt. Das bedeutet, dass für erbrachte Mehrleistungen die Vergütung um 35 % gekürzt wird. Der FDA-Regelsatz gilt für alle Regelleistungen, die nicht unter einen AusnahmetatbestandFootnote 5 oder eine SonderreglungFootnote 6 fallen. Ein erhöhter Abschlag von bis zu 50 % konnte zunächst für zusätzliche Leistungen mit höherer Fixkostendegression vereinbart werden oder wenn in hohem Maße wirtschaftlich begründete Mengensteigerungen vorliegen. Ab 2019 entfällt entsprechend den Vorgaben im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) die Möglichkeit, einen höheren FDA als 35 % zu vereinbaren.
Die Summe der vereinbarten Fixkostendegressionsabschläge im Jahr 2018 setzt sich aus neu vereinbarten Beträgen sowie der Weitergeltung aus 2017 zusammen und betrug 223,2 Mio. Euro. Bis auf wenige Ausnahmefälle galten diese Beträge 2019 weiter. Hinzu kommen Vereinbarungen für neue Mehrleistungen in den selben oder anderen Krankenhäusern. Das vereinbarte FDA-Gesamtvolumen in insgesamt 564 Krankenhäusern lag im Jahr 2019 bei 292,4 Mio. €. Der Effekt auf den Preis von DRG-Leistungen betrug entsprechend −13,14 € im Jahr 2018 und −17,20 € im Jahr 2019.
G-BA-Mehrkostenzuschlag
Darüber hinaus wurden mit dem KHSG befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten aufgrund von Qualitätssicherungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) etabliert. Im April 2017 trat die entsprechende Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auf Bundesebene in Kraft.Footnote 7 In deren Anlage 1 wird auch die konkrete Zuschlagsfinanzierung der bislang einzigen Richtlinie geregelt, die Vorgaben für die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen (QFR-RL) macht. Sie legt die Geltungsdauer der befristeten Zuschläge vom 05.11.2015 bis zum 31.12.2021 fest.
Die für die Budgetjahre 2018 und 2019 vereinbarte Budgetsumme ist mit 62,8 bzw. 65,2 Mio. € fast identisch. Der Effekt auf den Preis von DRG-Leistungen beträgt jeweils 3,83 €.
Hygienesonderprogramm
Ebenfalls mit dem Beitragsschuldengesetz wurde die Förderung der Krankenhaushygiene im KHEntgG eingeführt. Ursprünglich sollten Krankenhäuser zusätzliche Mittel für die Neueinstellung und Weiterbildung von ärztlichem und pflegerischem Hygienepersonal für die Jahre 2013 bis 2016 erhalten. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) aus dem Jahr 2016 wurde das Programm um weitere drei Jahre bis 2019 verlängert.
Für das Jahr 2018 betrug das vereinbarte Budgetvolumen in den hier untersuchten Krankenhäusern für das Hygienesonderprogramm 86,1 Mio. €. Es stieg 2019 um 9,6 % auf 94,4 Mio. €, was im Jahr 2019 mit einer Preiswirkung auf die DRG-Leistungen von 5,55 € einherging.
Pflegestellenförderprogramm
Mit dem KHSG wurde das zweite Pflegestellenförderprogramm für die Budgetjahre 2016 bis 2018 beschlossen. In diesem Zeitraum können die Verhandlungspartner jährlich bis zu 0,15 % des Krankenhausbudgets zusätzlich für die Neueinstellung oder Aufstockung vorhandener Teilzeitstellen im Pflegedienst vereinbaren. Dabei hatten die Krankenhäuser zunächst einen Eigenanteil von 10 % aufzubringen, was sich mit den Vorgaben vom ersten Förderprogramm deckt. Mit dem PpSG wurde das Pflegestellenförderprogramm nachträglich um ein weiteres Jahr verlängert und etwas verändert. Im Jahr 2019 entfiel der Eigenanteil der Krankenhäuser und die Obergrenze für die Summe der Fördermittel.
Im Vergleich zu den vereinbarten 170,4 Mio. Euro aus dem Jahr 2018 hat sich der Betrag in 2019 bei den hier betrachteten Krankenhäusern um den Faktor 3,6 erhöht und betrug 618,2 Mio. €. Die Auswirkungen des Pflegestellenförderprogramms auf den Preis von DRG-Leistungen summieren sich 2019 auf 36,36 €.
Pflegezuschlag
Das erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I) regelte ab 2017 den Übergang des Versorgungszuschlags in den Pflegezuschlag, obwohl mit der gleichzeitigen Abschaffung der Mengenberücksichtigung in den LBFW die sogenannte „doppelte Degression“ nicht mehr vorlag. Die Fördersumme jedes einzelnen Hauses leitet sich aus dessen Anteil an den Personalkosten für das Pflegepersonal aller allgemeinen Krankenhäuser im Bund ab. Somit erfolgt die Ausschüttung nicht mehr pauschal über die Gesamterlöse im DRG-Bereich (Versorgungszuschlag), sondern über den konkreteren Aufwand für Pflegepersonal (Pflegezuschlag).
Das vereinbarte Volumen des Pflegezuschlags summierte sich im Jahr 2018 auf rund 399,0 Mio. € und im Jahr 2019 auf 404,5 Mio. €. Der Preiseffekt lag 2019 folglich mit 23,79 € auf einem vergleichbaren Niveau wie 2018.
Zu- und Abschläge für die (Nicht-)Teilnahme an der Notfallversorgung
Bis einschließlich 2018 konnten für Krankenhäuser, die nicht an der Notfallversorgung teilgenommen haben, Abschläge von 50 € je Fall vereinbart werden. 2019 trat der Beschluss des G-BA in Kraft, der die Regelungen zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern (§ 136c Abs. 4 SGB V) beinhaltete. Je nach Art und Umfang der strukturellen, personellen und medizinisch-technischen Ausstattung werden die Krankenhausstandorte in ein dreistufiges System eingeteilt. Für Standorte, welche die Kriterien der Basisnotfallversorgung (Stufe 1) erfüllen, ist ein Zuschlag von 150.000 €, für die der erweiterten Notfallversorgung (Stufe 2) von 450.000 € und für die der umfassenden Notfallversorgung (Stufe 3) von 700.000 € vorgegeben.Footnote 8 Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, hausindividuelle Zuschläge für spezielle NotfallversorgungangeboteFootnote 9 zu vereinbaren. Für Krankenhäuser, die sich gar nicht an der Notfallversorgung beteiligen, ist ein Abschlag von 60 € je Fall vorgesehen.
Im Jahr 2018 wurde nach den alten Regelungen in den Budgetvereinbarungen von 68 Krankenhäusern ein Abschlag mit dem Gesamtbetrag von 4,5 Mio. € für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung vereinbart. Nach den neuen Regelungen im Jahr 2019 summierte sich der vereinbarte Abschlag von insgesamt 294 Nichtteilnehmern auf 35,8 Mio. €. 773 Krankenhäuser erhielten, summiert über die zugrunde liegenden Standorte, Notfallstufenzuschläge von insgesamt 280,6 Mio. Euro. Folglich ergab sich insgesamt eine Preiswirkung von 14,40 € je Fall.