Zusammenfassung
Federico Fellini hat mit La Strada (1954) Filmgeschichte geschrieben. Von einigen Vertretern des italienischen Neorealismus wurde der Film damals vehement abgelehnt, da er die soziale Realität nicht genügend abbilde, dafür katholischem Gedankengut zu nahe stehe. Fellini ließ sich von keiner der beiden Seiten vereinnahmen und schuf in der Folge ein exzeptionelles, unverwechselbares Oeuvre. Bis heute gehört der Film zum Kanon der besten jemals produzierten Filme. Ausgehend von einer ausführlichen Inhaltsangabe, die den schmerzlichen Weg zweier Unglücklicher durch ein verarmtes Nachkriegsitalien nachzeichnet, geht der Aufsatz der Frage nach, welche Mittel angewendet werden, um beim Zuschauer den paradoxen Eindruck hervorzurufen, die weibliche Protagonistin Gelsomina verfüge trotz ihres kurzen und beschwerlichen Daseins über eine unerklärliche, unbeirrbare Kraft und Menschenfreundlichkeit und werde nicht nur als Opfer ihres groben Gefährten Zampanò dargestellt. Dies ermöglicht es auch der heutigen Zuschauerin, anstatt Empörung tiefes Mitgefühl mit allen Protagonisten und Trauer über die geschilderten Verhältnisse zu empfinden. Dass Zampanò durch die Nachricht von Gelsominas Tod erstmals zu einer menschlichen Gefühlsregung fähig wird, trägt zur starken emotionalen Wirkung des Films ebenso bei wie Nino Rotas berühmte Filmmusik. Thesen der feministischen Filmwissenschaftlerin Teresa de Lauretis tragen zum tieferen Verständnis der Filmwirkung ebenso bei, wie die Entschlüsselung philosophischer Hinweise, so etwa die tiefe Verbindung der Protagonistin zur Natur und deutliche, religiöse Aspekte.
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Leube-Sonnleitner, K. (2021). Poesie und Realität. Zerstörte Seelenlandschaften: La Strada – Das Lied der Straße (I 1954). In: Pramataroff-Hamburger, V., Hamburger, A. (eds) Von La Strada bis The Hours - Leidende und souveräne Frauen im Spielfilm. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62681-8_5
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