Zusammenfassung
Marions Entwicklung einer Phänomenologie der Gegebenheit steht in engem Zusammenhang mit seinem Verständnis der Geschichte der Metaphysik (Gschwandtner, 2007). Dieses Kapitel wird diese Entwicklung rekonstruieren und die wesentlichen Aspekte hervorheben, welche die phänomenologische Sicht Marions beeinflusst haben. Seine Interpretation der Metaphysik ist vor allem anhand von Heideggers Ontotheologie her zu verstehen sowie von dem Interesse Alternativen zu dieser Ontotheologie zu finden.
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Notes
- 1.
Darauf werde ich in einem späteren Kapitel im Detail eingehen.
- 2.
Bei Heidegger wird Seiende als das, was in der Welt als Ausdruck vom Sein existiert, verstanden.
- 3.
Dies ist wie schon angedeutet kein isolierter Fall in der Geschichte der Metaphysik, sondern eher der Regelfall. Ontotheologie oder zumindest die metaphysische Wahrheitsauffassung ist Heidegger zufolge sogar bei Anti-Metaphysikern wie Nietzsche zu finden (vgl. dazu Brachtendorf, 2011). Heideggers Auslegung der Metaphysik als Seinsvergessenheit und Ontotheologie wird auch in weiteren Schriften untersucht, die hier aus text-ökonomischen Gründen nicht thematisiert wurden. Vgl. dazu Heidegger (2018, 2015, 2014, 1969, u. a.).
- 4.
Marion identifiziert aber auch Ausnahmen der Ontotheologie in der Philosophie Descartes': 1) Das Subjekt wird machtlos vor der Unendlichkeit Gottes und ist also begrenzt und von Gott begründet. 2) Da das Subjekt sich als Vorhandenheit begründet, kann es die Zeit nur als Gegenwart denken. Die Vergangenheit wird in die Gegenwart als Erinnerung hineingebracht. Die Zukunft bleibt aber unbestimmt. Diese Unbestimmtheit erlaubt Descartes, die Zukunft durch die Freiheit zu bestimmen. Eine an der Zukunft orientierte Existenz bedeutet aber eine (Quasi-)Befreiung von der Metaphysik der Präsenz: „Although it is put forth as a founding substance, permanent in presence, subsisting in itself, grounding the Being of all things around it, it also is destabilized by its past, by its responsibility to the future, by its being caused by the Creator upon whom it is dependent at every moment“ (Gschwandtner, 2007, s. 194). Sein jüngstes Buch zum passiven Denken bei Descartes setzt diese alternative Lesart von Descartes fort. Ich werde mich darauf im Kapitel über das Weltphänomen bei Kant beziehen (Kap. 24).
- 5.
C. Serban spricht von einer weiteren Achse der Marion’schen Auseinandersetzung mit Kant und zwar einer theologischen, wobei Marion gegen Kant behaupte, dass die Offenbarung im moment der Sättigung als Möglichkeit des Unmöglichen zu denken sei. Die Thematik der Offenbarung wird in dieser Arbeit nicht betrachtet, da sie den Rahmen meiner Interpretation sprengen würde. Ich werde mich vor allem auf den epistemologischen Ansatz Marions fokussieren.
- 6.
Ich werde in zweiten und dritten Teil dieser Arbeit versuchen, diese Einschränkungen der Erfahrung in einem anderen Licht zu zeigen, und zwar, ein solches, welches die Phänomenalität nicht auf Gegenständlichkeit begrenzt.
- 7.
Die Reduktion Husserls ist als methodisches Hinterfragen der habituellen und voraussetzungsreichen Erfassung der Welt zu verstehen, welche die zugrundeliegenden Strukturen aufzuzeigen hat, die die habituelle Erfassung erst ermöglicht. Dies wird im nächsten Kapitel behandelt.
- 8.
Damit möchte ich eine phänomenologisch inspirierte transzendentale Philosophie denken, welche aber nicht in eine Heideggersche ontologische Lesart mündet. Für die Entwicklung dieses Ansatzes greife ich in den späteren Kapiteln dieser Arbeit auf Fiona Hughes (2007) zurück.
- 9.
Vgl. Heidegger (1998).
- 10.
Diese Bestimmungen werden in I. Kap. 4 ausführlich behandelt.
- 11.
Die wird in Teil III relevant sein.
- 12.
„Denn die Absicht Marions ist es, systematisch zu entwickeln und als eine allgemeiner geltende Beschreibung von Phänomenalität vorzuschlagen, was Kant nur als Ausnahme [das Erhabene, die ästhetische Ideen] und nur von der ästhetischen Erfahrung her gedacht hat.“ (Serban, 2013, s. 204).
- 13.
Marion selbst nennt Kant das Gegen-Vorbild seiner Phänomenologie und bestimmt also die Überwindung der transzendentalen Philosophie zu seinem Ziel (Marion, 2015, s. 458 ff.).
- 14.
Während Alvis (2016) sich auf den intersubjektiven Aspekt der Reduktion und ihrer Aktualisierung innerhalb des erotischen Phänomens konzentriert, werde ich mich hier auf eine allgemeinere Darstellung der Reduktion auf das Gegebene konzentrieren, die dennoch mit dem erotischen Phänomen vereinbar ist.
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Sandru, A.R. (2021). Marion und die metaphysische Tradition. In: Übermaß und Widerstand. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62568-2_1
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