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Klinisch relevante Beiträge der Traumforschung

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Traumerzählungen in Psychotherapie und Supervision
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Zusammenfassung

Die Expedition in die empirische und theoretische Traumforschung führt in eine unermesslich weite und vielfältige Landschaft. Klinische Relevanz ist der Kompass, der die einzuschlagende Richtung und Aufenthaltsdauer in den verschiedenen Wissensgebieten bestimmt. Zur Ausrüstung gehören der Fall Emma und Claudias Traum, um die Fundstücke der Forschung und Theorienbildung zu veranschaulichen und einzuordnen. Auf die vor uns liegende Landschaft wird ein Objektiv mit verschiedenen Linsen gerichtet. Die mentalen Vorgänge bei der Traumbildung werden abwechselnd mit der neurobiologischen, wahrnehmungspsychologischen, philosophischen und psychoanalytischen Linse betrachtet.

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Notes

  1. 1.

    Schlafentzug gilt als Foltermethode, die den Menschen in einen Zustand des unkontrollierten Außer-sich-seins versetzen soll.

  2. 2.

    Kritisch mahnt die Autorin an gleicher Stelle für die zukünftige Theoriebildung an, nicht vorschnell davon auszugehen, dass Begriffe, die sich zur Unterscheidung von Wachzuständen eignen, wie Sehen, Halluzinieren, Imaginieren sich auch auf das bewusste Erleben im Schlaf anwenden lassen.

  3. 3.

    Diese Aussage korrespondiert mit den Ergebnissen der Tagtraum-Forschung, die von Kast zusammengestellt und kommentiert wurde und, auf die ich mich im Vorwort beziehe (Kast 2019).

  4. 4.

    In der Gummihandillusion sehen Probanden eine Gummihand, während die eigene Hand verdeckt ist. Gummihand und verdeckte Hand werden zeitgleich mit einem Pinsel gestreichelt. Nach einiger Zeit berichten die Probanden, dass sie die Pinselstriche dort fühlen, wo sie sie sehen, an der Gummihand. Viele berichten auch, dass sich die Gummihand anfühlt, als sei es ihre eigene Hand (Windt a. a. O. S. 243).

  5. 5.

    Windt bezieht sich hier auf die Untersuchungen von Tomoyasu Horikawa et al. von 2013.

  6. 6.

    Phänomenologisch meint hier als auf Phänomene und deren Erleben bezogen und nicht die philosophische Position.

  7. 7.

    So hatte sie dem Treiben des Mädchens Einhalt geboten, das bedeutet einen Halt geboten.

  8. 8.

    Siehe Nir/Tononi 2010.

  9. 9.

    Eine aktuelle Übersicht findet sich in Krovoza Alfred/Walde Christine (Hg.) (2018) Traum und Schlaf. Ein interdisziplinäres Handbuch. Metzler, Stuttgart, S. 248 – 257.

  10. 10.

    Den Probanden werden z. B. vor dem Einschlafen 10 Millisekunden lang Bilder gezeigt und ihre darauf folgenden Träume und die Zeichnungen dieser Träume ausgewertet.

  11. 11.

    Ein Beispiel dafür ist eine Licht-Raum-Installation von James Turrell (Adcock 1990), deren Erlebnis ein Besucher so empfunden und beschrieben hat: Ich gehe durch einen Gang in einen finsteren Raum, völlig abgeschottet, kann die Raumgröße nicht erkennen. Mir gegenüber ist eine blaue Farbfläche, ein blaues Bild an der Wand. Das Blau leuchtet geheimnisvoll, wie ich es noch nie gesehen habe. Es zieht mich an. Irgendwo links und rechts oben in der Nähe des blauen Bildes sind zwei andere diffuse Lichter, leuchten weich und hell. Das Blau saugt mich an, Schritt für Schritt gehe ich näher. Dabei beschleicht mich ein unangenehmes Gefühl, wie wenn ich ins Gleiten und Rutschen komme. Irgendwas stimmt hier nicht. Es ist unheimlich. Das blaue Bild zieht mich an. Gleichzeitig will ich zurück. Dieses unglaubliche Blau. Ich komme näher, will das Bild berühren, den Rahmen ertasten. Ich stehe dicht davor. Strecke die Hand aus und – fasse ins Leere, durch das Blau hindurch. Ein tiefer Schreck durchfährt mich, gleich falle ich in das Bild hinein und verschwinde (Kahl-Popp 2017).

  12. 12.

    Siehe Andreas Reckwitz (2019) Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne.

  13. 13.

    Ein knapper aktueller Überblick findet sich bei Berner 2018b.

  14. 14.

    Die Gesamtheit der psychoanalytischen Traumtheorien und Traumforschungsprojekte und -ergebnisse können im Rahmen dieser Arbeit nicht gewürdigt werden. Die getroffene Auswahl richtet sich nach Aktualität und Ausrichtung dieses Buches.

  15. 15.

    In der psychoanalytischen Psychotherapie, explizit in der kommunikativen Psychoanalyse und in der Control-Mastery-Theory geht man davon aus, dass Patienten im Dialog latente, implizite Hinweise darauf geben, welche Haltungen, Interventionen und Deutungen sie benötigen, um Blockierungen und Widerstände zu überwinden (mehr dazu siehe Kap. 3).

  16. 16.

    Auf Fonagy et al. 2012 wird hier mehrfach Bezug genommen. Es handelt sich um einen Sammelband zum internationalen Stand der psychoanalytischen Traumforschung, der von Peter Fonagy, Horst Kächele, Marianne Leuzinger-Bohleber und David Taylor herausgegeben wurde.

  17. 17.

    Bedauerlicherweise gibt es von Frenchs Werk bis heute keine ins Deutsche übertragene Version. Da dieser Forschungsbeitrag im deutschen Sprachraum deshalb kaum bekannt ist, wird er im Folgenden ausführlicher referiert.

  18. 18.

    Hier liegt ein Vergleich mit der Control-Mastery-Theory von Weiss (1993) nahe: Die Theorie basiert auf der Annahme, dass psychopathologische Verarbeitungsweisen aus unbewussten pathogenen Überzeugungen resultieren, die der Patient infolge früher traumatischen Erfahrungen gebildet hat. Weiter wird angenommen, dass Patienten unter diesen Überzeugungen und damit verbundener negativer Affekte unbewusst leiden und eine starke unbewusste Motivation besteht, diese Überzeugungen zu ändern. Patienten üben ausgeprägte Kontrolle über ihr unbewusstes mentales Leben aus. Unbewusst werden Pläne entworfen und umgesetzt, um mit dem Therapeuten daran zu arbeiten, die pathogenen Überzeugungen zu ändern (Weiss 1993, 2002 Brockmann und Sammet 2003).

  19. 19.

    Siehe Abschnitt 3.

  20. 20.

    Die Anregung mich zur Veranschaulichung dieser Traumtheorie der Verdauungs-Metaphorik zu bedienen, verdanke ich Donald Meltzer, der die menschliche Psyche als wiederkäuend charakterisiert (1988).

  21. 21.

    Zum Beispiel durch die Befunde von Sue Llewellyn von 2013.

  22. 22.

    Von beiden Autoren liegen aktuelle Überblicksartikel zur psychoanalytisch inspirierten Traumforschung vor.

  23. 23.

    Ausgenommen sind hier die luziden Träume, in denen der Träumer den Inhalt bewusst steuert und gestaltet.

  24. 24.

    Moser hat in vielen Versuchen, Ansätzen und Studien ein Modell der Traumgenerierung objektiviert und ein Codierungssystem von Traumprozessen entwickelt. Damit hat er einen herausragender Beitrag zur qualitativen Traumforschung geleistet. Auf der Basis der Traumkodierung von Moser und von Zeppelin hat Susanne Döll-Hentschker die Veränderung von Träumen in psychoanalytischen Behandlungen untersucht (Döll-Hentschker 2008). Aktuelle Einblicke in die Grundannahmen der Theorie, in das Traummodell, in den Traumprozess und in das Codierungssystem haben Anstadt (2016) und Wittmann, Zander, Dale (2018) veröffentlicht; eine empirische Untersuchung zur Relation von Persönlichkeitsstruktur, Abwehrformation und Traummerkmalen, in der die Traumcodierung von Moser als Forschungsmethode angewendet wurde, ist außerdem von Euler, Henkel, Bock und Benecke vorgelegt worden (2016). Eine kurze und übersichtliche Einführung in das Traumgenerierungsmodell findet sich bei Anstadt (2018).

  25. 25.

    An der Entwicklung seiner Traumtheorie war maßgeblich Ilka von Zeppelin beteiligt; siehe Ulrich Moser und Ilka von Zeppelin (1996) Der geträumte Traum. Wie Träume entstehen und sich verändern. An der aktuellen überarbeiteten Fassung ist Vera Hortig beteiligt: Ulrich Moser/Vera Hortig (2019) Mikrowelt Traum. Affektregulierung und Reflexion.

  26. 26.

    Hass ist eine affektive Beziehung mit Angriffsphantasien.

  27. 27.

    Wie bei French.

  28. 28.

    Siehe Abschnitt Einschlafen und Traumbildung.

  29. 29.

    Gleiches gilt für die Regulierung der Objektbeziehung.

  30. 30.

    Im Rahmen dieser Arbeit beziehe ich mich auf den Beitrag von Döll-Hentschker (2008): In ihr finden sich wissenschaftlich fundierte Definitionen von Emotion, Affekt, Gefühl, Stimmung und Empfindung, sowie ein Überblick über Affekttheorien aus psychologischer, neurowissenschaftlicher, kognitionswissenschaftlicher und aus psychoanalytischer Sicht. Die meisten psychologischen und psychoanalytischen Theorien gehen davon, dass es unbewusste affektive Prozesse gibt, die empirisch bestätigt werden können. Unbewusste Affektivität beruht auf evolutionären Voraussetzungen. Es wird von einem psychobiologischen affektiven Kern mit primärer Konkordanz von Ausdruck und Gefühl ausgegangen, der sich aus der Erfahrung der frühen nicht-bewussten, präverbalen Mutter-Säuglings-Interaktion bildet (S. 123).

    Grundlegende psychoanalytische Arbeiten zur Affektregulierung sind rar. Wesentliche Aussagen kommen aus der Entwicklungstheorie und aus Studien zur affektiven Kommunikation. Affektregulierung wird hier als ein intrapsychischer Prozess im Sinne einer Selbstregulierung und andererseits als ein interaktioneller Vorgang im Rahmen einer Beziehungsregulierung verstanden (Döll-Hentschker 2008 S. 21 und S. 218 ff.).

  31. 31.

    Der Begriff Behälter-Objekt gründet auf der Modellvorstellung Container-Contained von W. R. Bion (1962).

  32. 32.

    Spielen ist eine bedeutungsvolle Funktion der kindlichen kognitiven, affektiven und sozialen Entwicklung.

  33. 33.

    Im Beitrag von Döll-Hentschker ist eine übersichtliche Zusammenfassung des Traumgenerierungsmodells zu finden (a.a.O., S. 221 – 226).

  34. 34.

    Ich übersetze den im Modell verwendeten Begriff „involvement“ mit „Beteiligung“, im Sinne eines emotionalen sich Einlassens oder einer emotionalen Verwicklung.

  35. 35.

    Störung, Unterbrechung, Aussetzung

  36. 36.

    Das Kodierungssystem des Traumgenerierungsmodells kann in diesem Werk nicht ausführlich dargestellt und diskutiert werden. Unzweifelhaft hat es einen hohen Wert, besonders für die empirische Traumforschung wie in der Untersuchung der Veränderung von Träumen in psychoanalytischen Behandlungen (Döll-Hentschker 2008). Der klinische Nutzen des Kodierungssystems wird in Kapitel 3 diskutiert.

  37. 37.

    Mit Involvement ist hier „sich einlassen“ gemeint: Wenn sich Protagonisten im Traum auf Interaktionen einlassen, werden Wunschäußerungen und konfliktive Spannungen riskiert und Affekte und Emotionen reaktiviert. Infolgedessen kann das Sicherheitsempfinden geschwächt werden.

  38. 38.

    Moser hat einen weiten Begriff von Interaktion im Traum, der Relationen und Wechselwirkungen auch zwischen unbelebten kognitiven Elementen einschließt. Die Struktur der Wechselwirkung basiert auf dem Konzept der repräsentierten Interaktivität von Daniel Stern (1992). Diese verbinde sich im Traumgeschehen mit den Modellen der beteiligten Personen.

  39. 39.

    Diese Externalisierung gleichsam vor sich selbst im Traumgeschehen ähnelt der Externalisierung im bedeutungsvollen Rollenspiel von Kindern. Im Spiel wie im Traum werden sowohl kurzfristige, aktuelle Aufgaben und Problemstellungen, als auch neue Entwicklungsanforderungen oder bisher ungelöste innere Konflikte via Externalisierung bearbeitet.

  40. 40.

    In Kurzform lautet meine Hypothese: Träumen ist sich eine Aufgabe unbewusst vor Augen führen.

  41. 41.

    Z.B. weg vom drohenden Kontrollverlust überwältigender Ohnmacht und Vernichtungsangst.

  42. 42.

    Z.B. hin zum absichtsvollen Handeln, zur Wunschaktualisierung, zur Bewegungsfähigkeit.

  43. 43.

    Wie Carl in Carls Traum, in dem er träumt, dass er träumt.

  44. 44.

    „Schauen ist eine Beziehung, die affektiven Druck ausklammert“ (Freud 1925 zit. in Moser und Hortig 2019, S. 135).

  45. 45.

    Aus Claudias Zimmer werden zwei Räume, ein „sichtbarer“, in dem sie sich mit dem LKW befindet, und ein „unsichtbarer“, hörbarer Raum „nebenan“.

  46. 46.

    Moser und Hortig sind der Auffassung, dass das Denken im Traum präoperational und konkret ist. Die geträumten Objekte haben eine partielle, lokale und momentane Identität mit situativer Stabilität und Kohärenz (Moser/Hortig 2019, S. 132).

  47. 47.

    Bei dem LKW könnte es sich um ein solches Traumelement handeln.

  48. 48.

    Eine bündige Anleitung zur Analyse der eigenen Träume findet sich bei Robert Langs (1988) Die Sprache der Träume. Tiefenpsychologische Traumdeutung. Heyne, München

  49. 49.

    Berner zitiert einen Forschungsbericht von Whitman, Kramer und Baldridge (1963), die Traumerzählungen von Patienten in Psychoanalyse mit Schlaflabor-Träumen der gleichen Patienten verglichen haben. Die Unterschiede wurden auf die Übertragungssituation zurückgeführt (Berner 2018c, S. 113).

  50. 50.

    Spielerisch-salopp formuliert: Jetzt zeigt dir, Therapeut, mein Patienten-Unbewusstes, wie es deine Intervention in meinem Inneren bearbeitet hat und was dabei herausgekommen ist …

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Kahl-Popp, J. (2021). Klinisch relevante Beiträge der Traumforschung. In: Traumerzählungen in Psychotherapie und Supervision. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62540-8_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-62540-8_2

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  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-62539-2

  • Online ISBN: 978-3-662-62540-8

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