28.2.1 Anforderungserhebung und Messung der Mitarbeiterzufriedenheit
Zu Beginn des Projektes wurde, basierend auf Erkenntnissen aus einschlägigen arbeits- und sozialwissenschaftlichen Forschungen, eine umfassende Anforderungsanalyse durchgeführt, in die alle relevanten Personengruppen des Praxispartners einbezogen wurden. Dazu wurde auf einen Methodenmix aus halbstrukturierten Einzelinterviews, teilnehmender Beobachtung, Fokusgruppeninterviews und schriftlicher Befragung zurückgegriffen. Dies schaffte die Grundlage dafür, Kriterien für Zufriedenheit mit der Dienstplanung zu identifizieren und für die Konzeption des kollaborativen Prozesses optimal zu nutzen.
Die Ausgangslage zeigte dabei eine hohe Unzufriedenheit sowohl aufseiten des Pflegepersonals als auch aufseiten der für die Planung verantwortlichen Personen (Wohnbereichs, Pflegedienst- und Einrichtungsleitung). Während die Personen mit Planungsverantwortung vorrangig den hohen Zeitaufwand für die Erstellung der Monatspläne sowie für Organisation und Umsetzung von Planänderungen bemängelten, dominierte beim Pflegepersonal durchgängig der Wunsch nach Planungssicherheit, Fairness und der Berücksichtigung individueller Wünsche.
Sollen alle gesetzlichen und ökonomischen Vorgaben, ergonomische Erkenntnisse und individuelle Wünsche bei der Dienstplanung berücksichtigt werden, sehen sich die Planverantwortlichen mit mehreren Zielkonflikten konfrontiert. Um gesundheitliche Belastungen zu vermeiden, sollten zum einen lange tägliche Arbeitszeiten, lange Schichtfolgen ohne freie Tage, kurze Ruhezeiten zwischen Diensten oder Dienste gegen die „innere Uhr“ vermieden werden. Zum anderen entstehen soziale Belastungen besonders dann, wenn sich die betrieblichen Anforderungen nicht mit den privaten Zeitansprüchen vereinbaren lassen. Darüber hinaus führen ökonomische Vorgaben, Schichten nur mit einer Mindestbesetzung zu planen, häufig zu kurzfristigen Planänderungen oder Mehrarbeit.
Um die Ausgangssituation genauer zu untersuchen, wurden in einer schriftlichen Befragung zur Zufriedenheit mit der Dienstplanung zwei unterschiedliche Instrumente eingesetzt: Eine Befragung richtete sich an das Pflegepersonal („Verplante“ oder „verplantes“ Pflegepersonal; Rücklauf: 73 %), eine zweite an die Personen in Planungsverantwortung („Planer“; Rücklauf: 67 %).
Gefragt nach der Priorisierung ausgewählter Eigenschaften, die einen Dienstplan „besonders gut machen“, wurden von beiden Gruppen „Regelmäßige freie Wochenenden alle 14 Tage“ auf Rang 1 (von insgesamt 9 Rängen) und „Nicht zu viele Arbeitstage am Stück“ auf Rang 2 genannt. Während für das verplante Pflegepersonal „Wunschfrei wird eingehalten“ Platz 3 erreichte, wurde bei den Planern dieser Rangplatz mit einer gleichen Anzahl Nennungen zweimal vergeben: „Dienste zusammen mit Kolleginnen/Kollegen, die Sie mögen“ und „Kontinuität der Dienste“. Hierbei zeigen sich zwei interessante Aspekte: Während Planer davon ausgingen, gemeinsame Dienste von Personen, die sich mögen, seien besonders wichtig, erreichte diese Frage bei den Verplanten nur Rang 8. Mit der Kontinuität der Dienste wird eine einrichtungsinterne Vereinbarung und für die Qualität der Betreuung relevante Frage aufgegriffen, die einen Zielkonflikt mit den Interessen der Verplanten nahelegen könnte; stattdessen bewerten sie diese Frage mit Rang 4 aber relativ hoch. Dagegen liegen die Einhaltung individuell vereinbarter Konditionen und die Berücksichtigung des eigenen Alters und/oder der Belastbarkeit für Verplante auf den Rängen 4 und 5, bei den Planern erhalten diese Fragen die letzten Rangplätze.
Bisher hatte das Pflegepersonal die Möglichkeit, individuelle Wünsche bis zu einem bestimmten Stichtag zu dokumentieren. Auch wenn dieses Vorgehen scheinbar ohne Probleme umgesetzt wurde (alle Befragten waren hiermit sehr zufrieden oder zufrieden), gaben dennoch nur 30 % an, Einfluss auf die Gestaltung des Dienstplans nehmen zu können. Konnten in einem Dienstplan Wünsche nicht berücksichtigt werden, gab nur ein Viertel der Planer an, immer bzw. fast immer darüber zu informieren, warum dies so war. In der Wahrnehmung der Verplanten erfolgte eine solche Rückmeldung deutlich seltener (unter 10 %).
Mussten durch Erkrankungen oder andere Situationen kurzfristige Änderungen vorgenommen werden, waren Mitarbeitende besonders dann bereit einzuspringen, wenn sie dadurch mehr zusammenhängende Tage frei bekommen konnten, aber auch, wenn die Wohnbereichsleitung mit gutem Beispiel voranging, man an den Tagen zuvor nicht so viel gearbeitet hatte oder Personen fragten, die man mochte. Als am stärksten belastend wurde erlebt, wenn Absprachen nicht eingehalten wurden oder kurzfristig Nachtdienste organisiert werden mussten. Nur die Hälfte des verplanten Pflegepersonals war mit der Verlässlichkeit des Dienstplans zufrieden.
Diese hohe Unzufriedenheit lässt sich u. a. dadurch erklären, dass die Dienstpläne nach Erstellung durch die Wohnbereichsleitungen im Sinne eines Controllings durch verschiedene Hierarchieebenen bewertet und angepasst wurden, wodurch zuvor berücksichtigte Wünsche oder Vereinbarungen wieder entfallen konnten.
Welche Wünsche der Mitarbeitenden sowie der Leitungskräfte ließen sich aus der Anforderungsanalyse zusammenfassen? Gesetzliche, einrichtungs- und pflegerelevante sowie andere zu berücksichtigende Vorgaben sollen im System hinterlegt werden. Außer der Wohnbereichs- und Pflegedienstleitung sollen keine weiteren Instanzen involviert werden. Verstöße gegen hinterlegte Vorgaben sollen der planenden Person angezeigt und erläutert werden. Das Planungswerkzeug soll Partizipation bei der Gestaltung des Dienstplans in einem hohen Maß unterstützen, ohne aber eine Beteiligung zu erzwingen. Daher soll ein Rahmendienstplan hinterlegt werden, der eine individuelle Planung nicht zwingend vorsieht. Das System soll nachvollziehbar abbilden, warum unter Umständen Dienstplanwünsche nicht umgesetzt werden können. Entstehen Konflikte, sollen Lösungsoptionen angezeigt werden.
Sowohl die Funktion des bisherigen Wunschbuchs, einmalig auftretende Dienstplanwünsche für den Folgemonat zu hinterlegen, als auch die Möglichkeit, aus gesundheitlichen oder privaten Gründen individuelle Vereinbarungen als Präferenzen anzugeben, soll erhalten bleiben.
28.2.2 Nachhaltige Motivation durch wohlbefindensorientierte Gestaltung
Aus den Erkenntnissen der Recherche und Analyse leiteten wir unser Designziel ab: ein kollaboratives Schichtplanungssystem für Pflegekräfte, das nachhaltig zur Beteiligung motiviert. Das System sollte allen Pflegekräften ermöglichen ihre Wünsche einzubringen, Konflikte eigenständig zu lösen und ihre Schichtarbeit besser mit ihrem Lebensalltag zu vereinbaren. Die so entstehende Planungssicherheit und -autonomie soll nicht nur die Arbeitszufriedenheit, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden der Pflegekräfte in ihrem angespannten Arbeitsfeld erhöhen.
Nachhaltige Motivation kann nur entstehen, wenn die Dienstplanung als fair wahrgenommen wird. Darum war es notwendig, eine genaue Vorstellung davon zu bekommen, was Fairness in der Dienstplanung bedeutet. Es zeigte sich, dass Pflegekräfte generell eine Gleichbehandlung in der Planung bevorzugen. Im konkreten Problemfall sollen jedoch individuelle Bedürfnisse als Entscheidungsgrundlage dienen [11, 13]. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse entwickelten wir mithilfe des wohlbefindensorientierten Ansatz zur Gestaltung von Technik [4, 5] und Methoden aus dem kollaborativen UX Design [12] eine Vision davon, wie Dienstplanung den Anforderungen von Arbeits- und Privatleben stärker gerecht werden kann. Diese Vision stellten wir in einem illustrierten Kurzfilm den Mitarbeitenden vor. Das Feedback floss direkt in das Design und die Entwicklung mit ein. In einem iterativen Prozess unter Beteiligung der Pflege- und Führungskräfte entwickelten wir das Konzept der GamOR-App stetig weiter. Als Resultat bietet GamOR eine Anwendung, die sowohl Anforderungen an die Dienstplanung als auch individuelle Wünsche und Präferenzen berücksichtigt (Abb. 28.1).
Wird ein Dienstplan erstellt, so berücksichtigen die in GamOR entwickelten Verfahren zunächst alle Schichtwünsche gleichermaßen. Durch die Berechnung von Minimalkonflikten (Abschn. 28.3.3.2) werden Wünsche, die nicht gleichzeitig erfüllt werden können, extrahiert. Diese Minimalkonflikte werden dazu genutzt, mögliche Lösungen abzuleiten, die dann Mitarbeitenden angezeigt werden. GamOR verhält sich hierbei neutral und schlägt keine präferierte Lösung vor. Involvierte Mitarbeitende sind dafür verantwortlich, gemeinsam eine Lösung zu finden. Durch die persönliche und eigenverantwortliche Absprache entsteht im Team mehr Raum für die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Pflegekräfte. Außerdem können durch die gemeinsame und eigenständige Konfliktlösung auch die Mitbestimmung und das Autonomieerleben gestärkt werden. Die dezentrale Planung verlagert die Dienstplanung und Konfliktlösung, die vorher auf den Schultern der Schichtplaner lagen, direkt ins Team. Zusätzlich können Mitarbeitende auch allgemeine Präferenzen hinterlegen. Präferenzen sind lang andauernde Schichtvorlieben, wie z. B. „montags lieber früh frei”. Zudem können Mitarbeitende angeben, wie viele Nachtschichten sie im Monat übernehmen wollen. Diese Angaben nutzen die Algorithmen, um Pläne zu erstellen, die neben Wünschen und Vorgaben auch möglichst viele Präferenzen berücksichtigen.
Im visuellen Design bilden wir ab, dass Dienstplanung in der Pflege ein ständiges Geben und Nehmen ist und die kollaborative Dienstplanung sehr eng mit Absprachen und Kompromissen innerhalb des Teams verbunden ist. Unter dem Motto „Ich und die Anderen, die Anderen und ich” setzten wir auf spielerische Elemente, die die nachhaltige Motivation fördern und den Gemeinschaftsgedanken im Design stärken sollen. Ausgangspunkt der Gestaltung war es, die Planung als Spiel anzusehen, das zum Ziel die gemeinschaftliche Erstellung eines Dienstplans hat. Es sollte dargestellt werden, dass alle einen persönlichen Anteil daran haben ein gemeinsames (Team-)Ziel zu verfolgen. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, wählten wir als „Bildschirmschoner“ eine Kachel-Darstellung, die alle Mitarbeitenden auf jeweils einer Kachel zeigt (Abb. 28.2). Die Kacheln können verschiedene Zustände annehmen, die anzeigen, wie der individuelle Status der Planung ist und ob es Handlungsbedarfe gibt. Im „neutralen“ Zustand ist lediglich das Bild des Mitarbeitenden zu sehen. Im Zustand „Wünsche eingetragen“ verändert sich die Kachel und offenbart teiltransparent einen Teil eines größeren Bildes (ähnlich einem Puzzleteil). Im „Konfliktfall“ zeigt die Kachel wieder das Profilbild an – nun mit einem zusätzlichen Hinweis auf den Konflikt. Wird ein Konflikt durch ein Teammitglied „gelöst“, so wird wiederum ein semitransparenter Teil des Bildes aufgedeckt und zudem erscheint neben dem Namen ein Icon, das den geleisteten Beitrag widerspiegelt. Dieses Icon ist ein Indikator dafür, dass sich die Person prosozial in der Planung eingebracht hat. Pflegekräfte, die davon profitieren, soll dies ermuntern, dem/der „Konfliktlösenden” persönlich ihre Wertschätzung auszudrücken.
Wenige Tage vor Ablauf der Planungsfrist werden Mitarbeitende daran erinnert, zumindest einen Wunsch einzutragen. Hat eine Pflegekraft keinen Wunsch eingetragen, wird dies am Profilbild visualisiert. Diese Darstellung soll die Pflegekräfte dazu animieren, proaktiv und selbstbestimmter ihre Freizeit zu planen. Die spielerische Darstellung symbolisiert ein ideales Team, in dem individuelle Interessen und Gruppeninteressen ausgeglichen berücksichtigt werden. Liegen am Ende des Planungszeitraums die Eintragungen aller Teammitglieder vor und es sind keine Konflikte mehr offen, so ändert sich die Kachelansicht in eine Vollbildanzeige des für diesen Monat zu „entdeckenden“ Bildes. Dies spiegelt die Kompetenz des Teams zur eigenständigen Planung von Diensten und Auflösung von Konflikten wider. Zur Stärkung der sozialen Bezogenheit ist vorgesehen, dass Mitarbeitende diese Monatsbilder eigenständig hochladen und mit einem persönlichen Titel versehen können.
28.2.3 Grundlagen digitaler Assistenz: Modelle und Algorithmen
Die in GamOR entwickelten digitalen Assistenten zur Unterstützung des kollaborativen Planungsprozesses beruhen auf constraint-basierten Modellen und Algorithmen. Zur Modellierung werden Entscheidungsvariablen definiert, deren Wertebereiche (Domänen) die möglichen Entscheidungen abbilden. In der Regel sind dies Zahlenwerte, die jeweils für eine bestimmte Entscheidung stehen. Auf Basis der Variablen können sowohl formale (Zulässigkeits-) Kriterien als auch Bewertungen informeller Vorstellungen durch Constraints modelliert werden. Formal umfasst ein Constraint eine Menge von Entscheidungsvariablen und beschreibt, welche Wertekombinationen für diese Variablen zulässig sind (siehe z. B.[10]).
Constraints müssen nicht durch mathematische Formeln darstellbar sein. Alternativ kann die Zulässigkeit durch Filteralgorithmen (Propagatoren) definiert werden, welche Werte aus den Domänen der Entscheidungsvariablen entfernen. Die so ausgefilterten Belegungen werden bei der Suche nach einer Kombination zulässiger Werte ignoriert.
Suchalgorithmen erzeugen durch Belegung von Entscheidungsvariablen Hypothesen für eine Lösung. Die Propagatoren werden angewandt, um die Konsequenzen dieser Hypothesen für die Belegung der noch freien Variablen festzustellen. Dieser Prozess wird iterativ fortgesetzt, bis entweder alle Variablen belegt sind und eine Lösung des Gesamtproblems gefunden wurde, oder für eine Variable alle Möglichkeiten einer konsistenten Belegung ausgeschlossen wurden. Im zweiten Fall sorgt eine systematische Rücknahme von Hypothesen dafür, dass das Verfahren fortgesetzt werden kann.
Constraints implementieren Forderungen an das Ergebnis eines Entscheidungsproblems, die auch in sprachlichen Beschreibungen dieses Problems auftreten. Constraints stellen damit Komponenten formal definierter, aber deklarativer Modelle für Entscheidungsprobleme dar. Als Formalismus für Planungsprozesse können diese Komponenten zur Assistenz in verschiedenen Anwendungsfällen kombiniert werden. Die Anwendungsfälle in GamOR sind: Erkennung von Wunschkonflikten und Planvervollständigung.
28.2.3.1 Modellkomponenten
Im Folgenden wird die Komponente Schichtzuweisung erläutert. Neben der Schichtzuweisung wurden Komponenten zur Abbildung von Mindest- und Maximalbesetzungen, Mindestruhezeiten, Ausgleich von Wochenendarbeit, Abwesenheiten (z. B. Urlaub, Krankheit) sowie Wünschen entwickelt. Weiterhin wurden Komponenten zum Monitoring der Planungsziele ausgeglichenes Stundenkonto, abwechselnde Wochenendarbeit und Länge von Schichtsequenzen (absolut und mit gleicher Schichtdefinition) entwickelt. Eine detaillierte Beschreibung aller Komponenten kann [6] entnommen werden.
Das Modell für die Schichtzuweisung basiert auf Intervall-Variablen. Eine Intervall-Variable \(I\) besteht aus drei ganzzahligen Variablen, welche den Start \({\sigma }_{I}\), das Ende \({\varepsilon }_{I}\) und die Dauer \({\delta }_{I}\) des Intervalls beschreiben, sowie einer booleschen Variablen \({\pi }_{I}\), deren Wert entscheidet, ob \(I\) ein Bestandteil der Lösung ist oder nicht (optionale Intervalle). Wenn \(I\) nicht zur Lösung gehört, werden \(I\) und alle Komponenten von \(I\) in allen Constraints ignoriert oder durch festgelegte Werte ersetzt.
Zur Modellierung der Schichtzuweisung definieren wir für jede Pflegekraft \(e\) und jeden Tag \(d\) eine Intervall-Variable \({I}_{e}^{d}\). \({I}_{e}^{d}\) beschreibt die Arbeitsperiode von \(e\) am Tag \(d\). Weiterhin betrachten wir die Menge \(S(e,d)\) aller Schichtdefinitionen, die Pflegekraft \(e\) an Tag \(d\) zugewiesen werden können. Für alle \(s\in S(e,d)\) definieren wir optionale Intervalle \({I}_{e,s}^{d}\), die die Zuweisung von Schichtdefinition \(s\) zu Pflegekraft \(e\) an Tag \(d\) modellieren.
Für die Intervall-Variablen \({I}_{e}^{d}\) und \({I}_{e,s}^{d}\) muss sichergestellt sein, dass \({I}_{e}^{d}\) genau dann in der Lösung ist, wenn Pflegekraft \(e\) an Tag \(d\) arbeitet und somit genau eine Variable \({I}_{e,{s}^{*}}^{d}\) (\({s}^{*}\in S(e,d)\)) ebenfalls in der Lösung ist. Darüber hinaus müssen die Start- und Endwerte der beiden Intervall-Variablen \({I}_{e}^{d}\) und \({I}_{e,{s}^{*}}^{d}\) gleich sein. Diese Anforderungen werden durch entsprechende Constraints erreicht. Dabei wurden generischen Constraints der Google’s OR Tools CP Library [2] verwendet. Diese Bibliothek bildet die Grundlage für die Implementierung der Modellkomponenten und Lösungsverfahren.
28.2.3.2 Konflikterkennung
Eine Menge von Planungswünschen bezeichnen wir als Konflikt, wenn bei Gewährung aller Wünsche dieser Menge kein zulässiger Dienstplan existiert. Ein Minimalkonflikt ist ein Konflikt, der durch die Nichtgewährung eines beliebigen Wunsches der Konfliktmenge aufgelöst werden kann. Die Verwendung von Minimalkonflikten hat große Vorteile. So sind die Möglichkeiten zur Auflösung des Konflikts klar: einer der Wünsche muss zurückgezogen werden. Andererseits sind Minimalkonflikte unabhängig von weiteren Wünschen und müssen auf jeden Fall gelöst werden. Somit können sie den Pflegekräften frühzeitig kommuniziert werden.
Generische Algorithmen zur Bestimmung aller Minimalkonflikte basieren auf einer iterativen Untersuchung von Teilmengen, wobei in der Literatur (z. B.[3]) sowohl Top-Down (sukzessive Aufteilung konfliktärer Teilmengen) als auch Bottom-Up (sukzessive Erweiterung zulässiger Teilmengen) Ansätze beschrieben werden. Die Effizienz dieser Verfahren hängt dabei stark vom konkreten Kontext ab. In GamOR wurde eine Kombination aus Top-Down und Bottom-Up implementiert (siehe [6]). Zunächst werden größere Konfliktmengen (alle Wünsche, alle Wünsche an einem Tag) untersucht. Falls ein Konflikt gefunden wird, werden die enthaltenen Minimalkonflikte Bottom-Up ermittelt. Dabei werden bei der iterativen Erweiterung der Wunschmengen insbesondere Qualifikation und Datum berücksichtigt.
28.2.3.3 Planvervollständigung
Zur Vervollständigung des Dienstplans wurde eine konstruktive Heuristik entwickelt, mit der zulässige Pläne erstellt werden können, die die angestrebten Ziele möglichst gut erfüllen (siehe [6]).
Im ersten Schritt werden alle Minimalkonflikte, die bisher nicht behoben wurden, durch explizite Nicht-Gewährung einzelner Wünsche so gelöst, dass die Anzahl der gewährten Wünsche maximiert wird. Danach werden Arbeitswochenenden festgelegt. Dabei wird die Anzahl der aufeinanderfolgenden Arbeitswochenenden minimiert.
Der zentrale Schritt des Verfahrens ist die Zuweisung von Pflegekräften und Schichtdefinitionen zu Besetzungsanforderungen. Dabei werden Sequenzen von Besetzungsanforderungen gebildet und nacheinander erfüllt. Bei der Festlegung dieser Sequenzen werden Anforderungen, für die eine höhere Qualifikation notwendig ist, grundsätzlich bevorzugt. Besetzungsanforderungen mit gleicher Qualifikation werden zufällig angeordnet. Somit können verschiedene Sequenzen gebildet und genutzt werden, um unzulässige Entscheidungen zu korrigieren und alternative Lösungen zu bestimmen.
Zur Erfüllung einer konkreten Besetzungsanforderung muss sowohl eine Pflegekraft als auch eine passende Schichtdefinition ausgewählt werden. Zunächst werden aus den Pflegekräften, die für eine Besetzung infrage kommen, diejenigen ausgewählt, deren Stundenkonto einen negativen oder den geringsten Saldo aufweist. Für diese werden dann alle möglichen Schichtdefinitionen anhand der Schichtsequenzlänge evaluiert und die beste Kombination Pflegekraft/Schichtdefinition anhand eines lexikographischen Kriteriums ausgewählt.