1 Einleitung

Immaterialgüterrechte werden auch als „geistiges Eigentum“ (international „Intellectual Property“ = IP) bezeichnet,Footnote 1 wodurch eine Nähe zum Sachenrecht materieller Güter, seien sie beweglich oder unbeweglich, betont wird.Footnote 2 Gemeinsam ist beiden Arten absoluter Rechte die Ausschließlichkeit, aus der sich die Abwehrrechte herleiten, sowie die Übertragbarkeit auf andere Personen.Footnote 3

Auf der heutigen Tagung wurde das Urheberrecht behandelt:Footnote 4 Es entsteht automatisch – aufgrund eines Realaktes der persönlichen geistigen Schöpfung – mit der Erstellung des Werkes.Footnote 5 Dadurch sollen geistige oder künstlerische Leistungen vor unberechtigter Verwertung oder Veränderung geschützt werden. Es weist auch Verbindungen zum, ebenfalls absolut verstandenen, Persönlichkeitsrecht auf.Footnote 6

Daneben wurde zum Patentrecht,Footnote 7 zum MarkenrechtFootnote 8 sowie auch zum Geschmacksmusterrecht bzw DesignrechtFootnote 9 vorgetragen: Diese Ausschließlichkeitsrechte entstehen erst mit der Eintragung in ein spezielles Register.Footnote 10 Sie sollen für technische oder wirtschaftliche Leistungen Schutz vor unbefugter Verwendung bieten. Aufgrund ihrer Bedeutung im unternehmerischen Bereich werden derartige property rights als „gewerbliche Schutzrechte“Footnote 11 bezeichnet.

Zu allen diesen Bereichen gibt es in den verschiedenen Rechtsordnungen spezielle Vorschriften.Footnote 12 In ihnen werden vor allem die Entstehung, und damit die Erzeugung des subjektiven Rechts durch staatliche Verleihung, teilweise aber auch die Übertragung sowie die Haftung bei Verletzung dieser Rechte geregelt. Solange die Staaten in diesem Bereich souverän sind und autonom Recht setzen, gelten diese unterschiedlichen Regelungen allein in dem jeweiligen Staatsgebiet, es herrscht also das bereits auf dieser Tagung angesprochene Territorialitätsprinzip.Footnote 13 Dies führt im Bereich des geistigen Eigentums zu einem Flickenteppich von weltweit mehr als 150 Immaterialgüterrechtsordnungen,Footnote 14 deren Schutz auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt wird.

Da die Verbreitung von geistigen Schöpfungen notwendigerweise zu einem faktischen Kontrollverlust des Rechteinhabers führt, weil damit die Nutzungsmöglichkeit durch Andere eröffnet wird, ist angesichts der nicht auf ein Territorium beschränkbaren Öffentlichkeit ein grenzüberschreitender Schutz sinnvoll. Dieser kann entweder auf der Anwendung eines der nationalen Schutzrechte basieren, womit das Internationale Privatrecht ins Spiel kommt, oder aus einem überstaatlichen Immaterialgüterrecht abgeleitet werden, welches die Rechtsvereinheitlichung durch internationale Organisationen erfordert.

Im Folgenden werde ich diese beiden Bereiche des Internationalen Immaterialgüterrechts insbesondere mit Blick auf die Aktivitäten der Europäischen Union darstellen.

2 Das Internationale Privatrecht für Immaterialgüter

Das Internationale Immaterialgüterrecht im engeren Sinne erfasst allein grenzüberschreitende Sachverhalte und enthält Normen zur Bestimmung des jeweils anzuwendenden Rechts, im ergänzenden Bereich des Internationalen Prozessrechts solche zur (internationalen) Zuständigkeit der Gerichte sowie zur Anerkennung und Vollstreckung von (ausländischen) Urteilen. Auch diesen Rechtsbereich des Internationalen Privatrechts regeln die Staaten grundsätzlich eigenständig und durchaus in unterschiedlicher Weise – so etwa Italien in seinem IPR-Gesetz (IPRG-IT) von 1995, ebenso Österreich in seinem IPR-Gesetz (IPRG-AT) von 1979 und Deutschland im zweiten Kapitel des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), Art 3 ff. Dadurch kommt es, je nach den am Gerichtsstand anzuwendenden IPR-Bestimmungen, unter Umständen zu unterschiedlichen Entscheidungen über das anzuwendende Recht. Um zu gleichen Ergebnissen zu gelangen, ist daher innerhalb der EU eine Vereinheitlichung des Internationalen Privatrechts auch für das Immaterialgüterrecht anzustreben, die in anderen großen Bereichen des Kollisionsrechts bereits erreicht ist.Footnote 15

Um zu den zutreffenden Verweisungsnormen, ob im nationalen oder im Unionsrecht, zu gelangen, muss allerdings danach differenziert werden, welche materielle Rechtsfrage zu entscheiden ist.

Im Kern geht es meist um die Verletzung eines Immaterialgüterrechts, so dass Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.Footnote 16 Dieses Thema ist heute bereits kollisionsrechtlich behandelt worden,Footnote 17 ebenfalls unter den Aspekten des GerichtsstandesFootnote 18 sowie des materiellen Rechts.Footnote 19 Hier ist nur noch einmal darauf hinzuweisen, dass dieser Bereich durch Unionsrecht bereits vereinheitlicht ist, so dass alle Gerichte innerhalb der EU (mit Ausnahme von Dänemark) nach der Rom II-Verordnung, konkret deren Art 8, zu entscheiden haben und damit in vergleichbaren Fällen dasselbe nationale Deliktsrecht anwenden.Footnote 20 Gerichte außerhalb der EU ziehen dagegen weiterhin ihre eigenen Verweisungsnormen heran, so ist etwa in der Schweiz Art 110 Abs 1 IPRG-CH, allerdings mit inhaltlich gleicher Regelung wie nach der Rom II-VO, ausschlaggebend. Außerdem ist vorher innerhalb der EU der Gerichtsstand einheitlich nach der Brüssel Ia-VO zu ermitteln, Art 7 Zff 2, so dass auch keine unterschiedlichen Entscheidungen über die internationale Zuständigkeit vorkommen sollten.Footnote 21

Als Vorfrage ist jedoch regelmäßig zu prüfen, ob das in Rede stehende Immaterialgüterrecht wirksam entstanden ist, welchen Inhalt es hat und ob es mittlerweile erloschen ist. Nach welchem Recht das zu entscheiden ist, richtet sich nach eigenen Kollisionsnormen, die sich in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen des Gerichtsortes finden, denn dieser Bereich des IPR ist noch nicht innerhalb der EU vereinheitlicht. So stellt Italien in Art 54 IPRG-IT etwa auf das Schutzlandprinzip ab, nach dem das Recht des Staates anzuwenden ist, für den bzw für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird.Footnote 22 Obwohl in Österreich § 34 Abs 1 PRG-AT („am Ort der Benützung- oder Verletzungshandlung“) eher auf die international-deliktsrechtliche Tatortregel abgestellt wird, gelangt man zu sehr ähnlichen Ergebnissen,Footnote 23 ebenso in Deutschland, wo auch ohne ausdrückliche Regelung gewohnheitsrechtlich an das Recht des Schutzlandes angeknüpft wird,Footnote 24 und häufig auch außerhalb der EU, wie in der Schweiz nach Art 110 Abs 1 IPRG-CH („... Recht des Staates, für den der Schutz der Immaterialgüter beansprucht wird“).Footnote 25 Eine andere Gruppe von Mitgliedstaaten, wie Griechenland, Portugal und Rumänien, knüpft zumindest im Urheberrecht dagegen an das Ursprungsland an, wo das Werk entstanden ist bzw wo der Urheber des Werks seinen Wohnsitz hat.Footnote 26 Aufgrund dieser national unterschiedlichen Anknüpfungspunkte sowie Differenzen bei deren Auslegung wäre auch in diesem Bereich eine Vereinheitlichung innerhalb der EU wünschenswert. Diese sollte möglichst das Schutzlandprinzip verwenden, um in Übereinstimmung mit dem für die schadensrechtliche Betrachtung einschlägigen Art 8 Rom II-VO zur Anwendung ein und desselben Rechts zu gelangen. Dies gilt umso mehr, als eine Rechtswahl durch die Parteien weder für den Bestand des SchutzrechtesFootnote 27 noch nach Art 8 (3) Rom II-VerordnungFootnote 28 zulässig ist.

Weiterhin kann es in einem Immaterialgüterrechtsstreit um die Übertragung des geistigen Eigentums auf eine andere Person gehen, also etwa um einen Lizenzvertrag. Das auf diesen Vertrag anzuwendende Recht folgt wiederum eigenen Kollisionsnormen, welche allerdings in der EU ebenfalls vereinheitlicht sind. Die mitgliedstaatlichen Gerichte müssen hier das anwendbare Recht nach der für vertragliche Schuldverhältnisse geltenden Rom I-Verordnung bestimmen. Da es keine spezielle Verweisungsnorm für diesen Vertragstyp gibt (obwohl eine solche im VO-Entwurf vorgesehen war, nämlich der gewöhnliche Aufenthalt des Lizenzgebers als in der Regel demjenigen, der die charakteristische Leistung erbringt),Footnote 29 ist mangels einer Rechtswahl nach Art 3 Rom I-VO gem Art 4 Abs 2 Rom I-VO das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt derjenigen Vertragspartei anzuwenden, welche die charakteristische Leistung erbringt, was im Regelfall eben der Lizenzgeber sein dürfte.Footnote 30 Die auf diese Weise ermittelte Rechtsordnung erfasst jedoch allein das Verpflichtungsgeschäft, während die Übertragung des Immaterialgüterrechts im Wege eines Verfügungsgeschäfts wiederum dem nach den unterschiedlichen nationalen IPR-Regelungen für das Schutzrecht selbst anzuwendenden Recht unterliegt, meist also, wie oben dargestellt,Footnote 31 dem Recht des Schutzlandes.

3 Rechtsangleichung und Rechtsvereinheitlichung des Immaterialgüterrechts

Die Verweisung auf eine nationale Rechtsordnung unter Anwendung des Internationalen Privatrechts ist allerdings nicht erforderlich, wenn in den beteiligten Staaten identische Regelungen gelten, also internationales Einheitsrecht zur Anwendung kommt. Im Folgenden sollen europäische rechtsangleichende und rechtsvereinheitlichende Maßnahmen im Bereich des geistigen Eigentums dargestellt werden.

3.1 Gesamteuropäische Instrumente

Eine erste, wenn auch nur strukturelle, Vereinheitlichung hat der seit 1949 bestehende Europarat, dem derzeit 47 europäische Staaten angehören, mit dem „Straßburger Abkommen über die internationale Patentklassifikation“ von 1954,Footnote 32 das ein einheitliches System mit identischen Gruppen zur Klassifizierung von Patenten für Erfindungen vorsah, vorgenommen, welches dann im Jahre 1971 in die Verwaltung der WIPO (World Intellectual Property Organisation)Footnote 33 überführt wurde. Auf dieser Grundlage, die regelmäßig aktualisiert wird, erfolgt die Internationale Patentklassifikation in mehr als 100 Staaten. Eine weitere Rechtsharmonisierung erfolgte durch das „Übereinkommen zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente“ von 1963,Footnote 34 wenn auch räumlich stark begrenzt, da es nur von 13 Staaten, darunter Deutschland, Italien und der Schweiz, dagegen etwa nicht von Österreich, ratifiziert wurde. Mit diesem Instrument sollten die Bedingungen vereinheitlicht werden, die für die Erteilung eines Patents erforderlich sind, und die Kriterien bestimmt werden, die von den Gerichten bei der Festlegung des Schutzbereichs des Patents zu beachten sind.

Seit 1977 konnte dann ein mittlerweile in 38 Staaten geltendes einheitliches Europäisches Patent beantragt werden. Das wurde auf der Grundlage des 1973 abgeschlossenen Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ)Footnote 35 möglich, dem außer der EU, deren Mitgliedstaaten sämtlich beteiligt sind, weitere 10 Nicht-EU-Staaten beigetreten sind, darunter auch die Schweiz und Liechtenstein. Dieses beim Europäischen Patentamt (EPA) zu beantragende Schutzrecht wirkt allerdings in den beteiligten Staaten wie deren jeweiliges nationales Patent (Art 64 EPÜ). Damit führt es nur zu einem Bündel nationaler Rechte, welche in ihrem Bestehen voneinander unabhängig sind. Allerdings ist ihr abgegrenzter Schutzbereich für die eigenständigen Patentansprüche dann doch wieder einheitlich nach Art 69 EPÜ auszulegen. Weil die Wirkungen nationaler und übernationaler Patente damit letztlich übereinstimmen, haben die meisten Vertragsstaaten im Wege einer freiwilligen Harmonisierung ihr innerstaatliches Patentrecht an das EPÜ angepasst.Footnote 36

3.2 Instrumente der Europäischen Union

Innerhalb der EU ist für die Schaffung sekundären Unionsrechts zunächst Art 345 AEUV zu beachten, nach dem die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten und damit auch das System ihres Immaterialgüterrechts unberührt bleiben – es könnte bei der Erzeugung derartiger Herrschaftsrechte auf Unionsebene also die Kompetenz fehlen. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde ab Dezember 2009 jedoch eine eigene Kompetenzgrundlage für „europäische Rechtstitel über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums“ sowie „zentralisierte Zulassungs- und Kontrollregelungen“ (Art 118 Abs 1 AEUV) in die EU-Verträge aufgenommen.

Bereits seit 1986 wurden jedoch Richtlinien erlassen, die zur Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Immaterialgüterrechte führen, mithin die zwischen ihnen bestehenden Regelungsunterschiede abbauen sollen.Footnote 37 Sie wurden auf die allgemeine Kompetenz zur Harmonisierung zugunsten einer Förderung des Binnenmarktes gestützt (heute Art 114, 115 AEUV). Inhaltlich liegt der Schwerpunkt im Urheberrecht mit verwandten Schutzrechten, denn diesen erfassen elf RichtlinienFootnote 38 (z. B. die Richtlinie zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte 2011,Footnote 39 oder die Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, sogenannte „InfoSoc-Richtlinie“, 2001,Footnote 40 die mittlerweile in der lange umstrittenen jüngsten Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt 2019,Footnote 41 welche vor allem das Urhebervertragsrecht harmonisiert, aufgegangen ist),. Dagegen beziehen sich auf den Markenschutz nur zwei Richtlinien (Erste Richtlinie zur Rechtsangleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken von 1989;Footnote 42 Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken von 2015),Footnote 43 mit jeweils einer speziellen Richtlinie ergänzt um den Designschutz (Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen 1998)Footnote 44 sowie den Schutz der dreidimensionalen Strukturen von Mikro-Chips (Richtlinie über den Schutz der Topografien von Halbleitererzeugnissen 1986).Footnote 45 Im Bereich des Patentrechts wurde allein eine Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen von 1998Footnote 46 in Kraft gesetzt. Zur Harmonisierung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen von Verletzungen auch nationaler Schutzrechte soll die Richtlinie über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums von 2004Footnote 47 beitragen, die vereinheitlichte Durchsetzungsregelungen im Urheber-, Patent- und Markenrecht sowie für andere geistige Eigentumsrechte vorsieht; sie wirkt sich mit ihren Bestimmungen vor allem zur Informationsgewinnung im Vorfeld eines Verfahrens auch auf das Zivilprozessrecht der Mitgliedstaaten aus. Im Bereich der Richtlinien muss das Recht sämtlicher Mitgliedstaaten entsprechend angepasst werden, einheitliche Regelungen oder gar Unions-Schutzrechte werden dadurch jedoch nicht geschaffen – somit bleibt die territoriale Fragmentierung erhalten.

Im Bereich des Markenrechts hat die EU mit der Unionsmarken-Verordnung von 2015,Footnote 48 der früheren Gemeinschaftsmarken-Verordnung von 1994,Footnote 49 eine aufgrund einer Anmeldung entweder bei einer nationalen Behörde oder beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante in allen ihren Mitgliedstaaten einheitlich geltende Marke geschaffen, die neben die nationalen Marken tritt. Seit 2002 gilt eine gleichartige Regelung für das Gemeinschaftsgeschmacksmuster,Footnote 50 bereits seit 1992 auch für den Schutz geografischer Herkunftsangaben für Lebensmittel und Agrarerzeugnisse.Footnote 51 Alle diese Unionsschutzrechte entfalten eine einheitliche Wirkung in sämtlichen Mitgliedstaaten, werden einheitlich erteilt, beendet und können, mit Ausnahme der geografischen Herkunftsangaben, einheitlich übertragen werden. Allerdings ersetzen sie nicht die nationalen Schutzrechte, sondern bestehen neben diesen, so dass sie sie ergänzen. Ein sehr ähnliches Modell wird etwa im Bereich des Europäischen Gesellschaftsrechts verfolgt, indem auf der Unionsebene eigenständige Kooperationsformen neben den nationalen Gesellschaftstypen zur Wahl gestellt werden, wie die Europäische Aktiengesellschaft/Societas Europaea (SE) oder die Europäische Genossenschaft,Footnote 52 und auch im Europäischem Vertragsrecht wurde mit dem zusätzlich zum jeweiligen innerstaatlichen Vertragsrecht zur Verfügung stehenden Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (GEKR) dieser Weg eingeschlagen.Footnote 53

International wird eine ähnliche Wirkung durch eine einzige Eintragung über das Madrider Markenabkommen von 1891 in der Fassung von 1967Footnote 54 (sowohl in Italien wie in Österreich, ebenso in Deutschland, in Kraft, insgesamt in über 50 Ländern) erreicht, allerdings bündelt diese Internationale Marke nur nationale Marken nach dem jeweiligen nationalen Recht, ohne dass eine Marke mit einheitlicher Schutzwirkung entsteht.

Es fehlt jedoch vor allem an einem einheitlichen Schutz der Urheberrechte, obwohl eine entsprechende Verordnung mittlerweile, wie oben erwähnt, gem Art 118 (1) AEUV in der Kompetenz der EU läge. Bereits im Jahre 2010 wurde von einer Gruppe europäischer Akademiker der Entwurf eines einheitlichen europäischen Urheberrechtsgesetzes (European Copyright Code)Footnote 55 vorgestellt und das Europäische Parlament (EP) hat 2014 ein EU-Urheberrecht vorgeschlagen.Footnote 56 Die Kommission hat sich jedoch in ihrer Strategie für den digitalen Binnenmarkt auf die Weiterentwicklung der Urheberrechts-Richtlinien konzentriert, was zum Erlass der Urheberrechts-Richtlinie von 2019Footnote 57 führte. Die Koexistenz identischer Rechte in allen Mitgliedstaaten, wie bei den gewerblichen Schutzrechten, erscheint bei dem formlos, ohne Registrierung, entstehenden Urheberrecht jedenfalls nicht zielführend. Stattdessen wäre es sinnvoll, die urheberrechtsrelevanten Nutzungshandlungen einheitlich zu definieren.

4 Private Regulierung

Zum Schluss noch einige Überlegungen zu den Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich des internationalen Immaterialgüterrechts im Rahmen der Privatautonomie.

Zwar können die Parteien, wenn auch gemeinsam, sich kein Immaterialgüterstatut aussuchen, da die Rechtswahlfreiheit im Internationalen Privatrecht insoweit beschränkt ist, auch in Bezug auf die aus dem Deliktsrecht abgeleiteten Verletzungsfolgen, wie ausdrücklich durch Art 8 Abs 3 Rom II-VO angeordnet.Footnote 58 Die Schaffung eines Schutzrechts qua transnationalem Gewohnheitsrecht (etwa der lex mercatoria) entfällt aufgrund des numerus clausus der EigentumsrechteFootnote 59 ebenfalls. Immerhin können jedoch einheitliche Nutzungsbedingungen vereinbart werden, so z. B. der Verzicht auf Rechte, Einwilligungen in bestimmte Nutzungen oder umfassendere Lizenzverträge, für die das insoweit anzuwendende Vertragsstatut durchaus einer Rechtswahl offen steht.Footnote 60 Regelmäßig werden diese Abreden jedoch nur zweiseitig wirken, also allein die beiden Parteien erfassen. Durch die Verbindung zu einem VertragsnetzFootnote 61 oder zu einem Netzwerkvertrag können sie jedoch auf eine Vielzahl von Akteuren erstreckt werden.

Hinsichtlich der Streitentscheidung können die Parteien eine Schiedsgerichtsvereinbarung treffen, so dass statt eines staatlichen Gerichts von den Beteiligten ausgewählte Schiedsrichter tätig werden, wodurch die Vervielfachung der Gerichtsstände aufgrund des UbiquitätsprinzipsFootnote 62 vermieden wird.

Auf eine freiwillige Beachtung durch die Betroffenen setzen zudem Verhaltenskodizes, welche als soft lawFootnote 63 vor allem dann Bedeutung gewinnen, wenn die Beteiligten sich durch eine Selbstverpflichtung an sie binden. Der dem Recht eigene (staatliche) Zwang zu seiner Durchsetzung, dem sowohl Verträge als auch die eben angesprochenen Schiedssprüche unterworfen sind, fehlt hier allerdings, weshalb allein sozialer Druck zur Einhaltung der in codes of conduct aufgestellten Regeln beitragen kann.

Mit den angeführten Instrumenten wird es den am geistigen Eigentum, vor allem an dessen Nutzung, Interessierten ermöglicht, in einem – wenn auch begrenzten – Maße eine Harmonisierung des internationalen Immaterialgüterrechts „von unten“ (bottom up) durchzusetzen. Auf weitere Maßnahmen staatlicher bzw überstaatlicher Stellen „von oben“ (top down) kann gleichwohl nicht verzichtet werden.