Zusammenfassung
Die Ursprünge des Fernbehandlungsverbots gehen auf das 19. Jahrhundert zurück, als sich vermehrt ärztliche Kolumnen, z. B. die Karl-Ernst Bock „Gartenlaube“, bildeten. Erstmals geriet das Thema auf dem achten Deutschen Ärztetag zu Eisenach 1880 in den Fokus der Diskussion innerhalb der Ärzteschaft. Damals wie heute hielten Hüter eines traditionellen Arzt-Patienten-Kontaktes die Publikation ärztlichen Rates und die Patientenakquise in groß aufgelegten illustrierten Zeitschriften für eine Verrohung der ärztlichen Sitten. Nach Meinung der Delegierten schade es dem gesellschaftlichen Bild des ärztlichen Standes „in öffentlichen Blättern ärztlichen Rat an Kranke zu erteilen oder durch Vermittlung solcher Blätter als ärztlicher Berater in Privatkorrespondenz mit unbekannten Personen zu treten“. Das erste gerichtliche Verfahren gegen Ärzte, die diese Methoden der Fernbehandlung anwandten, verlief ohne Ergebnis. Die gehörten Vertreter des ärztlichen Standes waren darüber selbst geteilter Meinung. In der Urteilsbegründung heißt es „der fragliche Meinungsstreit kann dermaßen, selbst im Kreise wissenschaftlich gebildeter Ärzte nicht als derart abgeschlossen gelten, dass die Ratserteilung in dem bezeichneten Sinne nach allgemeiner Ansicht der Beteiligten als ein in allen Fällen unstatthaft und dem Verhalten eines ordentlichen Arztes zuwiderlaufend anzusehen wäre“.
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Notes
- 1.
Kalb, GesR 2018, 481.
- 2.
Locher, Bayerisches Ärzteblatt 2017, 514.
- 3.
Früher: Mann, Sudhoffs Archiv 38 (1954), 329; Heute: Pohle, Brandenburgisches Ärzteblatt 2018, 7–8, 15 (16).
- 4.
Zitat nach Mann, Sudhoffs Archiv 38 (1954), 329.
- 5.
Locher, Bayerisches Ärzteblatt 2017, 514.
- 6.
Zitat nach Mann, Sudhoffs Archiv 38 (1954), 329 (331).
- 7.
Locher, Bayerisches Ärzteblatt 2017, 514 (515).
- 8.
Locher, Bayerisches Ärzteblatt 2017, 514 (515).
- 9.
Kalb, GesR 2018, 481.
- 10.
Locher, Bayerisches Ärzteblatt 2017, 514 (515).
- 11.
Dazu ausführlich 2. Teil: § 9 A.
- 12.
Alle maßgeblichen Beweggründe fasst Pohle, Brandenburgisches Ärzteblatt 2018, 7–8, 15 f. zusammen.
- 13.
Mann, Sudhoffs Archiv 38 (1954), 329.
- 14.
Kaross/Spindler, ZA-Information/Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung, 35 (1994), 72 (75).
- 15.
Dazu 1. Teil: § 1 A.
- 16.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. Juni 2013, I-24 U 191/12.
- 17.
Zum medizinischen Laienrat im Internet siehe schon 2. Teil: § 8 C.III.
- 18.
Hohe Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit stellen die Integrität des Informationsaustausches sicher; selbst bei fehlerhafter Implementierung könnten Informationen nur durch einen gezielten Angriff („Hacker-Angriff“) auf die technische Infrastruktur in die Hände Dritter fallen. Dieser Fall hat aber nichts mit der Gefahr einer Selbstdiagnose zu tun.
- 19.
Zur Abgrenzung von Ferninformation und Fernbehandlung schon oben 1. Teil: § 4 A.
- 20.
So etwa Scholz in Spickhoff, Medizinrecht, MBO § 7 Rn. 14, der übersieht, dass die zitierte Entscheidung in GesR 2005, 223 (225 f.) zwei getrennte Berufsrechtsverstöße betrifft, wobei die Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses und der Verstoß gegen das Fernbehandlungsverbot nebeneinander behandelt werden.
- 21.
Scholz in Spickhoff, Medizinrecht, MBO § 2 Rn. 7.
- 22.
Lippert in Ratzel/Lippert/Prütting, Kommentar zur (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte – MBO-Ä 1997, § 2 Rn. 3.
- 23.
Dazu sogleich unter 2. Teil: § 13.
- 24.
Scholz in Spickhoff, Medizinrecht, MBO § 2 Rn. 8.
- 25.
Zu diesem Kriterium eingehend im 2. Teil: § 10 B.III.3.b)cc).
- 26.
Sailer/Wienke, GMS Mitt AWMF 2016, 13.
- 27.
Eingehend dazu 1. Teil: § 4 B. ff.
- 28.
- 29.
1. Teil: § 2
- 30.
Für die fehlende Geeignetheit des Verbots Kuhn, GesR, 2016 748 (750 f.); eingehend zu diesem verfassungsrechtlichen Aspekt sodann 2. Teil: § 11.
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Siglmüller, J. (2020). § 9 Geschichte, Herleitung und Telos des Verbots der Fernbehandlung. In: Rechtsfragen der Fernbehandlung. MedR Schriftenreihe Medizinrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61808-0_9
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Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
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