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Part of the book series: Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht ((BEITRÄGE,volume 293))

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Zusammenfassung

Ende des 19. Jahrhunderts hat ein großer deutscher Jurist einen Traum: Er stirbt und seine Seele erscheint an der Pforte des „juristischen Begriffshimmels“. An diesem wundersamen Ort, dem „Reich der abstrakten Gedanken und Begriffe“, herrscht „nur die reine Wissenschaft, die Rechtslogik“. Hier kann er sich vollends auf die eigentümliche Aufgabe der Jurisprudenz besinnen, „die Reinheit der Begriffe zu wahren und alles Begriffswidrige fern zu halten“. Er kann sich in „die Regionen des idealen Denkens“ erheben, „unbekümmert um die reale Welt, die tief unter ihm liegt und seinen Blicken entrückt ist“. Rudolf von Jhering schildert uns einen Traum – und verübt damit gleichsam einen polemisch-pointierten Angriff auf die sogenannte „Begriffsjurisprudenz“.

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Notes

  1. 1.

    Rudolf von Jhering, Im juristischen Begriffshimmel, in: Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, 1975 (1924), 247 ff.

  2. 2.

    Ebd., 250.

  3. 3.

    Ebd., 259.

  4. 4.

    Ebd., 298.

  5. 5.

    Ebd., 274.

  6. 6.

    Jhering führte den Begriff der „Begriffsjurisprudenz“ als Kampfbegriff gegen die „Historische Rechtslehre“ ein, die für ein formalistischeres Rechtsverständnis als Jhering eintrat. Allerdings hat die rechtsgeschichtliche Forschung mittlerweile aufgearbeitet, dass es sich bei der Charakterisierung der damals herrschenden Rechtswissenschaft als „Begriffsjurisprudenz“ vorwiegend um ein historisches Konstrukt handelt. Siehe etwa Jan Schröder, Recht als Wissenschaft, 2. Aufl., 2012, 268 ff.

  7. 7.

    Exemplarisch: Heiko Sauer, Jurisdiktionskonflikte in Mehrebenensystemen, 2008; Kristin Rohleder, Grundrechtsschutz im europäischen Mehrebenen-System, 2009.

  8. 8.

    Siehe Jürgen Habermas, Die postnationale Konstellation und die Zukunft der Demokratie, in: ders. (Hrsg.), Die postnationale Konstellation, 1998, 91 ff.

  9. 9.

    Zum Begriff: Monica Claes, The National Courts’ Mandate in the European Constitution, 2006, 452.

  10. 10.

    Im Einzelnen zu diesem Rechtsprechungswandel unten Dritter Teil, Kap. 19, A.

  11. 11.

    Siehe Armin von Bogdandy/Stephan Schill, Die Achtung der nationalen Identität unter dem reformierten Unionsvertrag, ZaöRV 70 (2010), 701 (716 ff.); Mattias Wendel, Richterliche Rechtsvergleichung als Dialogform: Die Integrationsrechtsprechung nationaler Verfassungsgerichte in gemeineuropäischer Perspektive, Der Staat 52 (2013), 339 (365 ff.). Zu dieser Entwicklung eingehend unten Dritter Teil, Kap. 17, A., II.

  12. 12.

    Unten Dritter Teil, Kap. 13.

  13. 13.

    Unten Dritter Teil, Kap. 14.

  14. 14.

    Unten Dritter Teil, Kap. 18, A.

  15. 15.

    Unten Dritter Teil, Kap. 15, A., I., 2. und Kap. 18, A., I., 4.

  16. 16.

    Jenny Martinez, Towards an International Judicial System, Stan. L. Rev. 56 (2003), 429 (447 f.).

  17. 17.

    So schon Jenny Martinez, Towards an International Judicial System, Stan. L. Rev. 56 (2003), 429 (435).

  18. 18.

    Anne-Marie Slaughter, A New World Order, 2004.

  19. 19.

    Zu dieser gestalterischen richterlichen Rolle in Hinsicht auf internationale Gerichte, siehe Armin von Bogdandy/Ingo Venzke, In wessen Namen? Internationale Gerichte in Zeiten globalen Regierens, 2014, 30, die internationale Gerichte zutreffend als „gestaltungsmächtige Akteure globalen Regierens“ bezeichnen. Diese Einordnung trifft auch auf nationale Verfassungsgerichte zu.

  20. 20.

    Siehe dazu näher unten Zweiter Teil.

  21. 21.

    Für eine interdisziplinär und theoretisch informierte Rechtswissenschaft plädiert Armin von Bogdandy, Deutsche Rechtswissenschaft im europäischen Rechtsraum, JZ 66 (2011), 1 (5). Instruktiv auch Andreas von Arnauld, Öffnung der öffentlich-rechtlichen Methode durch Internationalität und Interdisziplinarität: Erscheinungsformen, Chancen, Grenzen, VVDStRL 74 (2015), 39 ff.

  22. 22.

    Vgl. unten Dritter Teil, Kap. 12, A.; Kap. 13, A.; Kap. 14, A.; Kap. 15, A.; Kap. 16, A.; Kap. 17, A.; Kap. 18., A., I.; B., I. und C., I. sowie Kap. 19 A.

  23. 23.

    Unten Dritter Teil, Kap. 12, B.; Kap. 13, B.; Kap. 14, B.; Kap. 15, B.; Kap. 16, B.; Kap. 17., B.; Kap. 18., A., II.; B., II.; C., II. und Kap. 19, B.

  24. 24.

    Siehe unten Erster Teil, Kap. 6.

  25. 25.

    Unten Erster Teil, Kap. 7 und Kap. 8.

  26. 26.

    Unten Dritter Teil.

  27. 27.

    Exemplarisch: Paul Kirchhof, Der deutsche Staat im Prozeß der europäischen Integration, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VII, 1993, § 183, 855 ff.; Stephan Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, 1998; Udo Di Fabio, Der Verfassungsstaat in der Weltgesellschaft, 2001.

  28. 28.

    Thomas Biersteker/Cynthia Weber (Hrsg.), State Sovereignty as Social Construct, 1996. Vgl. auch Christoph Möllers, Staat als Argument, 2011 (2001).

  29. 29.

    Mit einer institutionellen Perspektive im Hinterkopf spricht Slaughter in „A New World Order“ vom „disaggregated state“ und propagiert einen Wandel im Blickwinkel vom Nationalstaat als Einheit zu seinen funktionalen Einheiten und deren Interaktionen und Verbindungen mit ihren Gegenparts in anderen Nationalstaaten oder in supranationalen Organisationen aus. Anne-Marie Slaughter, A New World Order, 2004, 162: „The core of the vision of a disaggregated world order is a concept of an international order in which the principal actors are not states, but part of states; not international organizations, but parts of international organizations.“ Nach ihrer Überzeugung handelt es sich bei dem unitarischen Staat um eine Fiktion, deren Nutzen einst darin bestand, die Komplexität internationaler Beziehungen zu reduzieren und in eine übersichtliche Landkarte umzuzeichnen. Ebd., 32.

  30. 30.

    Im deutschen Grundgesetz findet diese Prämisse ganz allgemein im Prinzip der Rechtsstaatlichkeit ihren Ausdruck, in Frankreich im Begriff des état de droit, im angelsächsischen Rechtskreis im Grundsatz der rule of law. Siehe grundlegend zu den Verbürgungen, die mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland assoziiert werden: Philip Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986.

  31. 31.

    Stone Sweet definiert constitutional review wie folgt: „Constitutional review is the authority of an institution to invalidate the acts of government – such as legislation, administrative decisions, and judicial rulings – on the grounds that these acts have violated constitutional rules, including rights“. Alec Stone Sweet, Governing with Judges, 2000, 21.

  32. 32.

    Zwar war der Gründungsvater des europäischen Modells der Verfassungsgerichtsbarkeit, Hans Kelsen, keineswegs überzeugt davon, dass die Institution der Verfassungsgerichtsbarkeit notwendig bei der Judikative angesiedelt sein muss. In der Debatte um den „Hüter der Verfassung“ zu Zeiten der Weimarer Republik, entgegnet Kelsen seinem Kritiker Carl Schmitt, dem zufolge die mit der Institution der Verfassungsgerichtsbarkeit einhergehende „Politisierung“ unvereinbar mit der Tätigkeit der Justiz ist, Carl Schmitt, Der Hüter der Verfassung, 1931, 22, dass ein Verfassungsgericht als „negativer Gesetzgeber“ fungiere, strikt von der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu trennen sei und auch problemlos als „Organ der gesetzgebenden Gewalt“ charakterisiert werden könne. Siehe Hans Kelsen, Wesen und Entwicklung der Staatsgerichtsbarkeit, VVDStRL 5 (1929), 30 (53 f.). Allerdings plädierte Kelsen dafür, die Verfassungsgerichtsbarkeit im Wesentlichen als Gericht auszugestalten. Siehe Victor Ferreres Comella, Constitutional Courts and Democratic Values, 2009, 18: „Kelsen himself regarded the court’s function as ‚jurisdictional‘ […]. [H]e believed that what the court does, basically, is enforce the constitution. From this perspective, it is not really a ‚legislature‘, he asserted, but a ‚jurisdictional’ body.“

  33. 33.

    Der U.S. Supreme Court hat die Eigenart der Verfassung durch die eindringliche Warnung zum Ausdruck gebracht: „[W]e must never forget that it is a Constitution we are expounding.“ US Supreme Court, Urt. v. 06.03.1819 – McCulloch v. Maryland, 17 U.S. 316 (1819), 407. In diesem Sinne auch Chief Justice Dixon vom kanadischen Supreme Court: „The task of expounding a constitution is crucially different from that a construing a statute. A statute defines present rights and obligations. It is easily enacted and as easily repealed. A constitution, by contrast, is drafted with an eye to the future. Its function is to provide a continuing framework for the legitimate exercise of governmental power and, when joined by a Bill or Charter of rights, for the unremitting protection of individual rights and liberties. Once enacted, its provisions cannot easily be repealed or amended. It must, therefore, be capable of growth and development over time to meet new social, political and historical realities often unimagined by its framers. The judiciary is the guardian of the constitution and must, in interpreting its provisions, bear these considerations in mind.“ Supreme Court of Canada, Entsch. v. 17.09.1984, Hunter v. Southam Inc., [1984] 2 S.C.R. 145, 155.

  34. 34.

    Friedrich Müller/Ralph Christensen, Juristische Methodik, Bd. I, 11. Aufl., 2013, 398.

  35. 35.

    Weitere Beispiele sind das spanische Tribunal Constitucional und das tschechische Verfassungsgericht. Für einen Querschnitt durch die Verfassungsgerichtsbarkeit im europäischen Rechtsraum: Armin von Bogdandy/Christoph Grabenwarter/Peter Huber (Hrsg.), Handbuch Ius Publicum Europaeum. Verfassungsgerichtsbarkeit in Europa, Bd. VI, 2016. Trotz der Zuordnung zu einem bestimmten Typus der Verfassungsgerichtsbarkeit bestehen zwischen den verschiedenen spezialisierten Verfassungsgerichten teilweise erhebliche Unterschiede. Zu den Unterschieden zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem Conseil constitutionnel: Matthias Jestaedt, Verfassungsgericht ist nicht gleich Verfassungsgericht. Vergleichende Beobachtungen zum französischen Conseil constitutionnel und zum deutschen Bundesverfassungsgericht, JZ 74 (2019), 473 ff.

  36. 36.

    Nicht-europäische spezialisierte Verfassungsgerichte sind der Constitutional Court of South Africa, die Corte Constitucional de Colombia, sowie die Verfassungsgerichte der Mongolei, Taiwans und Sükoreas.

  37. 37.

    Zweifelhaft ist die Einordnung des japanischen Supreme Courts als Verfassungsgericht. Zwar ist der Supreme Court nach Art. 81 der Verfassung Japans „the court of last resort with power to determine the constitutionality of any law, order, regulation or official act.“ Allerdings hat der Gerichtshof bislang hinsichtlich der Entscheidung verfassungsrechtlicher Streitigkeiten sehr vorsichtig und zurückhaltend agiert. Kritisch: Shigenori Matsui, Why is the Japanese Supreme Court so Conservative?, Wash. U. L. Rev. 88 (2011), 1375.

  38. 38.

    Seit 2009 hat Großbritannien einen letztinstanzlichen Supreme Court, der als eine dem US Supreme Court vergleichbare Superrevisionsinstanz konzipiert ist. Zur Gründung des UK Supreme Courts: Gernot Sydow, Der geplante Supreme Court für das Vereinigte Königreich im Spiegel der britischen Verfassungsreform, ZaöRV 64 (2004), 65 ff.

  39. 39.

    Zu den Besonderheiten der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle in den Commonwealth-Staaten: Stephen Gardbaum, The New Commonwealth Model of Constitutionalism, Am. J. Comp. L. 49 (2001), 707 ff.; Stephen Gardbaum, Reassessing the new Commonwealth model of constitutionalism, ICON 8 (2010), 167 ff.; Roman Kaiser/Daniel Wolff, „Verfassungshütung“ im Commonwealth als Vorbild für den deutschen Verfassungsstaat? Zugleich ein Beitrag zur Legitimation verfassungsgerichtlicher Normenkontrollrechte, Der Staat 56 (2017), 39 (56 ff.). Hiebert bevorzugt stattdessen den Begriff „parliamentary bill of rights model“, siehe Janet Hiebert, Parliamentary Bills of Rights: An Alternative Model?, Mod. L. Rev. 67 (2006), 7.

  40. 40.

    Zum Verständnis des EuGH und des EGMR als Verfassungsgerichte: Alec Stone Sweet, Constitutionalism, Legal Pluralism, and International Regimes, Ind. J. Global Legal Stud. 16 (2009), 621 (642 ff.). Spezifisch zum EGMR: Alec Stone Sweet, On the Constitutionalisation of the Convention: The European Court of Human Rights as a Constitutional Court, Yale Law School Faculty Scholarship Series, Paper No. 71 (2009); Helen Keller/Daniela Kühne, Zur Verfassungsgerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, ZaöRV 76 (2016), 245 ff.; Catherine Van De Heyning, Constitutional Courts as Guardians of Fundamental Rights, in: Patricia Popelier/Armen Mazmanyan/Werner Vandenbruwaene (Hrsg.), The role of constitutional courts in multilevel governance, 2013, 21 (39 ff.); Andrea Edenharter, Der EGMR als Verfassungsgericht der EU?, in: Dominik Elser u. a. (Hrsg.), Das letzte Wort – Rechtsetzung und Rechtskontrolle in der Demokratie, 2014, 187 (189 ff.). Kritisch Jean-Françoise Flauss, La Cour Européenne des droits de l’homme est-elle une cour constitutionnelle?, RFDC 36 (1999), 711 ff. Spezifisch zum EuGH: Tanja Hitzel-Cassagnes, Geltung und Funktion: Supranationale Gerichtsbarkeit im Spannungsfeld von Praktischer Rationalität, Recht und Demokratie, 2004, 107 ff.; Marcus Höreth, Der Europäische Gerichtshof: Verfassungsgericht oder nur ein „Agent“ der Mitgliedstaaten?, in: Frank Decker/Marcus Höreth (Hrsg.), Die Verfassung Europas, 2009, 165 ff.; Jens Rinze, The role of the European Court of Justice as a Federal Constitutional Court, P.L. 1993, 426 ff. Für einen instruktiven Vergleich zwischen dem EuGH und dem U.S. Supreme Court: Michel Rosenfeld, Comparing Constitutional Review by the European Court of Justice and the US Supreme Court, in: Ingolf Pernice/Juliane Kokott/Cheryl Saunders (Hrsg.), The Future of the European Judicial System, 2006, 33 ff.; Astrid Hauser, Der Europäische Gerichtshof und der U.S. Supreme Court, 2008; Bo Vesterdorf, A constitutional court for the EU?, ICON 4 (2006), 607 ff.

  41. 41.

    Näher zu diesem Punkt unten Einleitung, B., I., 2.

  42. 42.

    Das erkennt auch Cappeletti an: „For the sake of clarity, a dichotomy has been drawn between centralized and decentralized forms of judicial review, a dichotomy which in fact exaggerates the differences between the two systems.“ Mauro Cappelletti, The Judicial Process in Comparative Perspective, 1989, 146.

  43. 43.

    Die Arbeit mit dem positivem Recht beruht wesentlich darauf, Abgrenzungskriterien zu entwickeln, um zu unterscheiden, ob etwa jemand einen Anspruch gegen einen anderen hat oder nicht, oder ob jemand seine Entscheidungsbefugnis überschritten hat oder nicht. Hier ist es erforderlich, vorab zu definieren, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um anschließend zu prüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen.

  44. 44.

    Für die Verwendung des Begriffs der Supranationalität im Kontext der Öffnung der Verfassungen einer Vielzahl lateinamerikanischer Staaten gegenüber dem Völkerrecht: Mariela Morales Antoniazzi, Protección supranacional de la democracia en Suramérica, 2015; James Cavallaro/Emily Schaffer, Less as More: Rethinking Supranational Litigation of Economic and Social Rights in the Americas, Hastings L. J. 56 (2004), 217 ff.

  45. 45.

    Damit soll nicht die grundlegende Bedeutung kategorialer Unterscheidungen im Recht infrage gestellt werden. Es besteht aber ein wichtiger Unterschied zwischen der Arbeit mit dem positiven Recht und der Entwicklung von Beschreibungsmodellen für eine bestimmte soziale Praxis.

  46. 46.

    Zur Unterscheidung zwischen kriteriellen und interpretatorischen Konzepten aus rechtsphilosophischer Perspektive: Ronald Dworkin, Justice for Hedgehogs, 2011, 157 ff.

  47. 47.

    Ein Beispiel: Man kann das Konzept des Konstitutionalismus an die Existenz eines Demos koppeln und der EU mit dem Argument der Abwesenheit eines europäischen Volks Konstitutionalität absprechen. Wenn diese Schlussfolgerung aber dazu führt, sich einer konstitutionellen Perspektive auf die europäische Integration zu verschließen, dann droht man, viele relevante soziale Phänomene im Zusammenhang mit der EU aus dem Blick zu verlieren. Wenn man beispielsweise beobachtet, wie sich herkömmliche Formen internationaler Kooperation zwischen den Staaten in konstitutioneller Weise weiterentwickeln und sich einen relativ autonomen Raum politischer Organisation herausarbeiten, dann erscheint es auch sinnvoll, Fragestellungen und Analyseinstrumente des Konstitutionalismus im Hinblick auf diese inter- und supranationalen Einheiten und Prozesse zu verwenden, auch wenn der Konstitutionalismus dem Nationalstaat entstammt. So schon überzeugend Neil Walker, The Idea of Constitutional Pluralism, Mod. L. Rev. 65 (2002) 317 (324). In gleicher Weise erscheint es auch problematisch, den Begriff der Supranationalität ausschließlich auf die EU zu beziehen und alle institutionellen Arrangements, die nicht im Wesentlichen der EU entsprechen, sich aber erkennbar an dem EU-Modell der Supranationalität orientieren, als nicht vergleichbar abzutun.

  48. 48.

    Für ein solches anspruchsvolles Konstitutionalismus-Verständnis: Neil Walker, ebd., 340 ff.

  49. 49.

    Unten Dritter Teil.

  50. 50.

    Unten Zweiter Teil.

  51. 51.

    Anne-Marie Slaughter, The Real New World Order, Foreign Affairs 76 (No. 5, 1997), 183 (197).

  52. 52.

    In Reaktion auf die Schrecken des Zweiten Weltkriegs spricht sich Wells in seinem Buch „The New World Order“ für die Formierung einer Weltregierung aus, die den Krieg beendet. Siehe Herbert Wells, The New World Order, 1940. Im Zusammenhang mit dem Ende des Kalten Krieges plädieren Michail Gorbatschow und George H. W. Bush in Grundsatzreden für eine neue Weltordnung. Gorbatschow spricht von der „Fortbewegung zu einer neuen Weltordnung“ und davon, wie „[d]ie Idee von der Demokratisierung der gesamten Weltordnung […] zu einer gewaltigen sozialpolitischen Kraft“ wurde. Siehe Rede von Michail Gorbatschow vor der 43. UNO-Generalversammlung am 07.12.1988 in New York, in: Bl. Dt. & Internat. Pol. 34 (1989), 234 ff. Knapp zwei Jahre später im Zusammenhang mit der Golf-Krise verkündet George H. W. Bush seine Vision für die Ära nach dem Kalten Krieg: „Out of these troubled times, our fifth objective – a new world order – can emerge: a new era – freer from the threat of terror, stronger in the pursuit of justice, and more secure in the quest for peace.“ Rede von George H. W. Bush vor dem US-amerikanischen Kongress am 11.09.1990 in Washington D.C., abrufbar unter: usa.usembassy.de/etexts/speeches/rhetoric/gbaggres.htm (30.12.2019). Murphy diskutiert die grotianische Vision vom Völkerrecht vor dem Hintergrund der Erfahrung des Dreißigjährigen Kriegs als Vision für eine neue Weltordnung. Cornelius Murphy, The Grotian Vision of World Order, AJIL 76 (1982), 477 ff.

  53. 53.

    Anne-Marie Slaughter, A New World Order, 2004, 15.

  54. 54.

    Der Begriff der Konzeption knüpft an die u. a. von Dworkin verwendete Unterscheidung zwischen „concept“ und „conception“ an. Siehe Ronald Dworkin, Law’s Empire, 1986, 70. Dworkin zufolge ist ein „concept“, hier: Konzept, hinreichend abstrakt und unumstritten, um einen allgemeinen Bezugsrahmen darzustellen. Ebd. „Conceptions“, hier: Konzeptionen, hingegen sind divergierende Sichtweisen und Interpretation, die darauf ausgerichtet sind, den ursprünglichen, unumstrittenen Rahmen des „concepts“ auszufüllen und auszudifferenzieren. Ebd. Die Unterscheidung zwischen Konzept und Konzeption lässt sich am Beispiel der rule of law illustrieren, die Jeremy Waldron zufolge, der Dworkins Unterscheidung aufgreift, ein Konzept ist, in Bezug auf das es unterschiedliche Konzeptionen der rule of law gibt. Jeremy Waldron, Is the Rule of Law an Essentially Contested Concept (in Florida)?, L & Phil 21 (2002), 137 (150).

  55. 55.

    Mit einem interdisziplinär angeleiteten Governance-Ansatz: Armin von Bogdandy/Philipp Dann/Matthias Goldmann, Völkerrecht als öffentliches Recht: Konturen eines rechtlichen Rahmens für Global Governance, Der Staat 49 (2010), 23 ff.

  56. 56.

    Andreas Voßkuhle, Der europäische Verfassungsgerichtsverbund, NVwZ 2010, 1 ff.; ders., Multilevel cooperation of the European Constitutional Courts: Der Europäische Verfassungsgerichtsverbund, EuConst 6 (2010), 175 ff.

  57. 57.

    Kumm zufolge bestehen „striking structural similarities between contemporary international law and European law that go right to the legitimacy issue“. Mattias Kumm, The Legitimacy of International Law: A Constitutionalist Framework of Analysis, EJIL 15 (2004), 907 (916 f.).

  58. 58.

    Slaughter zufolge dient die Europäische Union als Paradebeispiel für Regierungsnetzwerke in anderen Teilen der Welt: „The European Union is pioneering governance through government networks in its internal affairs.“ Anne-Marie Slaughter, A New World Order, 2004, 264. Kritisch aber zur Zukunftsfähigkeit des europäischen Modells: Walter Laqueur, After the Fall: The End of the European Dream and the Decline of a Continent, 2012.

  59. 59.

    Exemplarisch: Karen Alter/Laurence Helfer/Osvaldo Saldias, Transplanting the European Court of Justice: The Experience of the Andean Tribunal of Justice, Am. J. Comp. L. 60 (2012), 709 ff.; Karen Alter/Laurence Helfer, Nature or Nurture: Lawmaking in the European Court of Justice and the Andean Tribunal of Justice, IO 64 (2010), 563 ff.

  60. 60.

    Der Economist charakterisiert die Krim-Annexion in seinem Titel besorgt als „The new world order“ und fragt die Staaten „what kind of a world order they want to live under […] one in which states by and large respect international agreements and borders? Or one in which words are bent, borders ignored and agreements broken at will?“ Siehe The Economist v. 22.03.2014, The new world order, 2.

  61. 61.

    Näher zu diesem Zusammenhang unten Erster Teil.

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Lang, A. (2020). Kapitel 1: Einleitung. In: Die Verfassungsgerichtsbarkeit in der vernetzten Weltordnung. Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht, vol 293. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61442-6_1

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