Der „Standard“ ist maßgebend für die Bestimmung der Anforderungen an das medizinische Behandlungsgeschehen. In der Praxis kommt ihm große Bedeutung zu, wenn er etwa als Maßstab für die korrekte Therapie eines Patienten, für den Inhalt der vom Arzt zu erbringenden Leistung, für den Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder aber auch für eine gute und gerechte Gesundheitsversorgung insgesamt herangezogen wird. Allerdings wird der Begriff dabei in den einschlägigen Wissenschaftsdisziplinen nicht immer deckungsgleich verwendet. Medizin, Ethik, Ökonomie, Haftungsrecht und Sozialrecht stellen an die ärztliche Tätigkeit vielmehr disziplinspezifische Anforderungen mit der Folge divergierender Standards. So verursacht insbesondere der unterschiedliche Umgang mit begrenzten Ressourcen im solidarisch finanzierten Gesundheitswesen Spannungen zwischen den Teilrechtsgebieten, wenn die ärztliche Behandlung zivilrechtlich einem medizinischen Standard zu genügen hat, der sozialrechtlich aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht länger gehalten werden kann. Dies erzeugt Konflikte in der ärztlichen Praxis, ruft Steuerungsprobleme im Gesundheitswesen hervor und kann nicht zuletzt das Verhältnis zwischen Arzt und Patient erheblich belasten.