Zusammenfassung
In verkehrlichen Planungsprozessen werden für Analysen, Prognosen und Maßnahmenbewertungen Aussagen zu aktuellen Nachfragestrukturen, künftigen Nachfragemengen oder Wirkungen von Maßnahmen benötigt. Verkehrsmodelle werden dabei eingesetzt, um Einflussfaktoren, Zusammenhänge und Wechselwirkungen des Untersuchungsgegenstandes zu ordnen, systematisch in Beziehung zu setzen und z. B. verschiedenartige Maßnahmen mit identischer Methodik strukturiert vergleichen zu können. Die konzeptionelle Ausrichtung eines Verkehrsmodells muss sich an den Einsatzbereichen und Modellanwendungen orientieren. Ein Modell kann nur dann sachgerechte Ergebnisse liefern, wenn die Nachfrage maßnahmensensibel auf den jeweiligen Einsatzbereich reagiert.
Der Verkehrsnachfragemodellierung liegt der Ansatz zugrunde, das menschliche Entscheidungsverhalten zur Mobilität sachgerecht in einzelne Entscheidungs- bzw. Modellstufen zu übersetzen und dabei die jeweils relevanten Entscheidungsfaktoren zu berücksichtigen. Ein Verkehrsnachfragemodell umfasst daher verschiedene Modellteile, die miteinander verknüpft werden. Diese Teile befassen sich mit der räumlichen Gliederung des Untersuchungsraums, den Strukturdaten des Raums, mit den Verkehrsnetzen, mit Verhaltensdaten der Verkehrsteilnehmer und Nachfragedaten. Zusätzlich ist der Zeitbezug im Modell in mehrerlei Hinsicht zu beachten: Zum einen bezieht sich jeder Modellfall auf einen bestimmten Zeitpunkt (z. B. Prognosejahr), zum anderen muss der im Modell abzubildende Zeitraum (z. B. Spitzenstunde) definiert werden. Die eigentliche Berechnung der Verkehrsnachfrage im Modell erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren, um Aktivitäten und Wege der relevanten Bevölkerungsgruppen mit Quelle und Ziel, genutztem Verkehrsmittel und gefahrener Route bestimmen zu können. Die Modellstufen Verkehrserzeugung, Zielwahl, Moduswahl und Routenwahl bauen dabei aufeinander auf und sind über Rückkopplungen miteinander verbunden.
Ein wichtiger Arbeitsschritt bei der Modellerstellung ist die Einstellung der Modellparameter (Kalibrierung) und die Überprüfung der Modellqualität (Validierung). Beide Aspekte sind während der Modellerstellung für alle Modellelemente kontinuierlich zu beachten und zu dokumentieren. Einer umfassenden Dokumentation der Modellkonzeption und des Modellerstellungsprozesses kommt insgesamt eine hohe Relevanz zu, da diese für die Anwendung des Modells, für das Verständnis möglicher Einsatzfälle und – grenzen sowie für die Nachvollziehbarkeit und Interpretierbarkeit der Modellergebnisse im Sinne einer fundierten und sorgfältigen Planung von großer Bedeutung ist.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Literatur
Backhaus K, Erichson B, Plinke W, Weiber T (2006) Multivariate Analysemethoden, 13. Aufl. Springer, Berlin
Balmer M, Meister K, Rieser M, Nagel K, Axhausen KW (2008) Agent-based simulation of travel demand: structure and computational performance of MATSim-T. In 2nd TRB Conference on Innovations in Travel Modeling, Portland, USA
Ben Akiva M, Lerman S (1985) Discrete choice Analysis – theory and application to travel demand. MIT Press, Cambridge
Bosserhoff D (2010) Abschätzung des Verkehrsaufkommens durch Vorhaben der Bauleitplanung mit Excel-Tabellen am PC (Programm Ver_Bau)
Boyce D (2002) Is the sequential travel forecasting paradigm counterproductive? ASCE J Urban Planning Develop 128:169–183. http://ascelibrary.org. Zugegriffen 20. Jan. 2014
Cambridge Systematics I (2014) Travel model validation and reasonableness checking manual, 2. Aufl. Federal Highway Administration, Cambridgc
Cascetta E (2001) Transportation systems engineering: theory and methods. Kluver Academic Publishers, Dordrecht
Department for Transport (Hrsg) (2014) TAG UNIT M3.1. Highway assignment modelling. Transport analysis guidance: WebTAG. M3.1
Dugge B (2006) Ein simultanes Erzeugungs-, Verteilungs-, Aufteilungs- und Routenwahlmodell, Dissertation, Schriftenreihe des Instituts für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der Technischen Universität Dresden, Heft 10, Dresden
Ettema D, Borgers A, Timmermans H (1993) Simulation model of activity scheduling behaviour, Transportation Research Records, 1413:1–11, Washington
FGSV (1997) Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen – Aktualisierung der RAS-W 86. FGSV, Köln
FGSV (2006) Hinweise zur mikroskopischen Verkehrsflusssimulation. Grundlagen und Anwendungen. FGSV. 388. FGSV, Köln
FGSV (2008) Richtlinien für integrierte Netzgestaltung. RIN. FGSV. 121. FGSV, Köln
FGSV (2012) Empfehlungen für Verkehrserhebungen. EVE. FGSV. 125. FGSV, Köln
FGSV (2017) Konzeption und Einsatz von Verkehrsnachfragemodellen zur Berechnung des Wirtschaftsverkehrs. Hinweispapier. FGSV. 184. – unveröffentlichter Entwurf
Frey W, Liedtke G, Friedrich H, Thaller C, Dahmen B, Wolfermann A, Janßen T (2016) Empfehlungen zur Modellierung des Wirtschaftsverkehrs, Straßenverkehrstechnik, Heft 10. Kirschbaum, Bonn
Friedrich M (2011a) Wie viele? Wohin? Womit? Was können uns Verkehrsnachfragemodelle wirklich sagen? Tagungsbericht Heureka 11. FGSV, Köln
Friedrich M (2011b) Wie viele? Wohin? Womit? Was können uns Verkehrsnachfragemodelle wirklich sagen? Tagungsbericht Heureka, 11. FGSV Verlag, Köln
Friedrich M (2013) Verkehrstechnik und Verkehrsleittechnik, Skript zur Vorlesung SS 2013. Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik, Universität Stuttgart
Friedrich M, Vortisch P (2005) Verfahren zur dynamischen Verkehrsumlegung – Ein methodischer Überblick. Straßenverkehrstechnik 49(3):128–135
Friedrich M, Hofsäß I, Wekeck S (2001) Timetable-based transit assignment using branch & bound techniques, Transportation Research Records, 1752:100–107
Friedrich M, Lohmiller J, Pillat J (2015) Kontinuierliche Erfassung von Fahrzeiten und Verkehrszusammensetzungen mit Kennzeichenerfassungssystemen. Straßenverkehrstechnik 59(8):514–522
Friedrich M, Leurent F, Jackiva I, Fini V, Raveau S (2016) From transit systems to models: purpose of modelling. In: Modelling public transport passenger flows in the era of intelligent transport systems, S 131–234, Springer
Gentile G (2011) Balanced solution of multiclass deterministic assignment through the LUCE algorithm. In: Transport management and land-use effects in presence of unusual demand, SIDT 2009 International Conference – Selected papers, Milano
Infas, DLR (2010) Mobilität in Deutschland 2008, Daten zum Forschungsprojekt-Nr. 70.801/2006. Gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn
ITP, VWI (2006) Standardisierte Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen des öffentlichen Personennahverkehrs und Folgekostenrechnung, Version 2006. ITP Intraplan Consult, VWI Verkehrswissenschaftliches Institut Stuttgart, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. München
Lohse D, Teichert H, Dugge B, Bacher G (1997) Ermittlung von Verkehrsströmen mit n-linearen Gleichungssystemen, Schriftenreihe des Instituts für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der Technischen Universität Dresden, 5, Dresden
Mandir E (2012): Potential of traffic information to optimize route and departure time choice, Dissertation, Schriftenreihe des Instituts für Straßen- und Verkehrswesen der Universität Stuttgart, 44, Stuttgart
Maier G, Weiss P (1990) Modelle diskreter Entscheidungen. Springer, Berlin
McFadden DL (1973) Conditional logit analysis of quantitative choice behaviour. In: Zarambka P (Hrsg) Frontiers in Econometrics. Academic Press, New York
Ortuzar JDD, Willumsen LG (2006) Modelling transport, 3. Aufl. Wiley, London
Pillat J (2014) Methoden zur Analyse und Prognose des Verkehrsaufkommens unter Berücksichtigung des Wetters, Dissertation, Schriftenreihe des Instituts für Straßen- und Verkehrswesen der Universität Stuttgart, 49, Stuttgart
Ramming MS (2001) Network knowledge and route choice, Ph.D. Thesis. Massachusetts Institute of Technology, Cambridge
Sammer G, Röschel G, Gruber C (2012) Qualitätssicherung für die Anwendung von Verkehrsnachfragemodellen und Verkehrsprognosen, Straßenforschungsheft Nr. 604. Österreichische Forschungsgesellschaft Straße – Schiene Verkehr, Wien
Schiller C (2004) Integration des ruhenden Verkehrs in die Verkehrsangebots- und Verkehrsnachfragemodellierung, Dissertation, Schriftenreihe des Instituts für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der Technischen Universität Dresden, 8, Dresden
Schiller C (2008) Erweiterung der Verkehrsnachfragemodellierung um Aspekte der Raum- und Infrastrukturplanung, Habilitation, Schriftenreihe des Instituts für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der Technischen Universität Dresden, 10, Dresden
Schnabel W, Lohse D (2009) Grundlagen der Straßenverkehrstechnik und der Verkehrsplanung, Bd 2, 3. Aufl. Verlag für Bauwesen, Berlin
Train KE (2009) Discrete choice methods with simulation, 2. Aufl. Cambridge University Press, Cambridge
UK Highway Agency (2008) Design manual for roads and bridges (DMRB), vol 12, Section 2, Part 1, Office of Official Publications Richmond, Surrey, UK
Vrtic M (2003) Simultanes Routen- und Verkehrsmittelwahlmodell. Dissertation, Technische Universität Dresden
Wardrop JG (1952) Some theoretical aspects of road traffic research. Proceedings of the Institute of Civil Engineers. Road Paper 36. Institute of Civil Engineers. London
Wegener M, Fuerst F (2004) Land-use transport interaction: State oft he art. SSRN: https://ssrn.com/abstract=1434678, http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.1434678
Wermuth M (1994) Modellvorstellungen zur Prognose. In: Steierwald G, Künne H-D (Hrsg) Straßenverkehrsplanung – Grundlagen – Methoden – Ziel. Springer, Berlin
Winkler C (2012) Ein integriertes Verkehrsnachfrage- und Bewertungsmodell – Ansatz einer Synthese von Mikroökonomie und Verkehrsplanung, Dissertation, Schriftenreihe des Instituts für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der Technischen Universität Dresden, 13, Dresden
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2021 Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Pillat, J., Manz, W. (2021). Modelle des Personenverkehrs. In: Vallée, D., Engel, B., Vogt, W. (eds) Stadtverkehrsplanung Band 2. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59695-1_9
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-59695-1_9
Published:
Publisher Name: Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-59694-4
Online ISBN: 978-3-662-59695-1
eBook Packages: Life Science and Basic Disciplines (German Language)