Wenn wir heute nach dem Stellenwert und den Aufgaben von Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation in unserer Gesellschaft fragen, so ist dieser Zusammenhang aus einer völlig anderen Perspektive zu betrachten als noch vor wenigen Jahren. Dies hat insbesondere mit zwei Entwicklungen zu tun: einer nicht ausschließlich, aber insbesondere auch innerhalb Europas zu beobachtenden Demokratierezession sowie den Auswirkungen einer umfassenden und sämtliche Lebensbereiche durchdringenden Digitalisierung.

Beginnen wir mit der politischen Seite: Es hat sich ein grundlegender Wandel vollzogen, der das Kerngeschäft der freien und unabhängigen Wissenschaft, nämlich die Suche nach gesicherten Erkenntnissen, infrage stellt. Dieser Prozess ist gewiss nicht in allen Ländern gleichermaßen vorangeschritten und sichtbar, in der Summe jedoch hat sich die Situation vielerorts hin zu weniger Demokratie, politischer Partizipation der Bürger sowie einer Beschneidung der Pressefreiheit verändert.Footnote 1 Der Umgangston zwischen politisch und weltanschaulich Andersdenkenden ist nach innen rauer und misstrauischer geworden, die äußere Tonalität zwischen Staaten wirkt aggressiver. Unbesehen davon, wo freie Forschung betrieben und von wem sie gefördert wird – seien es Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder -verbünde, Ministerien, Stiftungen oder in Teilen auch Unternehmen –, bereits kurz nach einer Veränderung der politischen Verhältnisse werden diese Strukturen oft unter Druck gesetzt oder können unter Generalverdacht geraten. Auch in Ländern, wo diese Entwicklung nicht offen zutage tritt, kann sie dennoch bereits unter der Oberfläche vorhanden und als schleichender Wertewandel erkennbar sein.Footnote 2 So sehr die deutsche Forschungslandschaft in ihrer wissenschaftlichen Freiheit, Ausstattung und Finanzierung intakt scheint, so deutlich zeigt sich, dass sie gleichwohl im wissenschaftlichen Austausch mit weniger liberalen Ländern mittlerweile mehr Hürden zu überwinden hat, dass sie bei bestimmten Themen eingeschränkt und neuen, per Gesetz festgeschriebenen Restriktionen unterworfen ist.Footnote 3

Zum anderen verändert die außerordentlich dynamische Entwicklung der Digitalisierung die Kommunikation von Wissenschaft. Es entstanden und entstehen fortlaufend neue Medien und Kanäle, mittels derer ein direkter Austausch mit stark fragmentierten, dafür aber nicht selten hochinformierten Teil-Öffentlichkeiten nahezu in Echtzeit stattfinden kann.Footnote 4 Dies bedeutet eine nicht zu unterschätzende Herausforderungen sowohl für die Bereitschaft und technischen Fähigkeiten von Wissenschaftlern und Pressestellen, sich auf diesen Diskurs einzulassen; dies betrifft überdies auch die schiere Geschwindigkeit der internen Kommunikation zwischen Wissenschaftlern und institutioneller Public Relation, denn diese Kanäle sind zeitnah mit qualifizierten Inhalten und Antworten (Rapid Reaction) zu bestücken. Des Weiteren bleiben zwar herkömmliche Formate der Öffentlichkeitsarbeit oft unverändert bestehen und sind als Informationsquellen weiter nachgefragt (wie etwa Broschüren, Flyer, Jahresberichte, Universitätszeitungen, Homepages, Newsletter etc.), zugleich aber verschmelzen vor allem im Online-Bereich Text-, Bild-, Grafik- und Audioformate und müssen zeitnah, in hoher redaktioneller Qualität und dabei stets rechtssicher zur Verfügung gestellt werden. Dieser Wandel erfordert eine weit stärkere strategische Ausrichtung der Wissenschaftskommunikation als bislang üblich. Sowohl was das Zeitbudget der Wissenschaftler angeht als auch hinsichtlich des Zeit- und Finanzbudgets von Kommunikatoren und Pressestellen muss deshalb eine sorgfältige Auswahl getroffen werden, welche Medien und Informationen erfolgversprechend sind und welche unter Effizienzgesichtspunkten ausgeklammert werden können. Weniger das reine Bespielen von Kanälen sollte dabei im Vordergrund stehen (gemäß dem Motto „Dabei sein ist alles“), sondern ausgehend von den zur Verfügung stehenden Inhalten einer Einrichtung, ihren begrenzten Ressourcen und der an ihrer speziellen Forschungsarbeit interessierten Öffentlichkeit kommt es darauf an, den modernen Methodenkoffer der Wissenschaftskommunikation mit Augenmaß zu packen. Es gilt: Die Qualität der nach außen gehenden Inhalte und Formate ist dabei als mittelbarer Ausdruck der Qualität der geleisteten oder geförderten Forschungsarbeit zu begreifen.

Ein wichtiges Pendant und wesentliches Element in ihrem Dialog mit der Öffentlichkeit – sowohl für Forscher wie für Pressestellen – waren über die letzten Jahrzehnte hinweg die unabhängigen Medien. Werfen wir also im Weiteren auch einen Blick auf sie und ihre Entwicklung im digitalen ZeitalterFootnote 5. Infolge einer systematischen Abwanderung des Anzeigengeschäfts auf spezialisierte Internetportale (Immobilien, Automobile, Gebrauchtwaren etc.) brach den Zeitungen eine tragende Säule ihres Geschäftsmodells weg. Diesem Trend entgegen steigerte beispielsweise allein Google seine Werbeumsätze für das Jahr 2017 auf 95,4 Milliarden US-Dollar (Statista 2019a) und auch für andere Medienunternehmen wie Facebook oder Amazon zeigt der Trend bei ihren Einkünften nach oben, insbesondere weil sie gegenüber herkömmlichen Medien in der Lage sind, Informationen zusammen mit Waren- und Unterhaltungsangeboten als gemischten bzw. multiplizierten Mehrwert anzubieten. Zeitgleich sorgte die Digitalisierung der Medienbranche für eine Änderung des Nutzungsverhaltens: In Deutschland etwa, einem der größten Medienmärkte weltweit, sank die Auflage an verkauften Zeitungen zwischen 1991 und 2017 von täglich rund 27,3 auf 14,7 Millionen Exemplare (Statista 2019b). Auch diese Entwicklung führte zu sinkenden Einnahmen. Vor allem Regionalzeitungen sind von diesem Schwund betroffen; da sie es sich zunehmend nicht mehr leisten können oder wollen, eigenständige Redaktionen zu erhalten, schließen sie sich aufgrund des wachsenden ökonomischen Drucks unter dem Dach größerer Medienhäuser zusammen. Ihnen verbleibt oft nur noch die Berichterstattung im regionalen Umfeld als Alleinstellungsmerkmal; die „Mantelseiten“, also informierende oder kommentierende Beiträge zu internationaler und nationaler Politik, (nebst Kommentaren), Wirtschaft, Feuilleton und – für unseren Fall relevant – das Ressort Wissenschaft, unterliegen erheblichen Konzentrationsprozessen. Durch diesen Schrumpfungsprozess büßt die Medienlandschaft erheblich an Vielfalt ein. Was die Glaubwürdigkeit von Zeitungen und Magazinen angeht, so genießen sie nach wie vor, ungeachtet der nicht nachlassenden „Lügenpresse“-Vorwürfe, ein Ansehen als seriöse Informationsquellen (vgl. Schröder 2017). Allerdings liegen die sozialen Netzwerke in ihrer Bedeutung als Informationsquelle mittlerweile und mit steigender Tendenz vor den Zeitungen (vgl. Gondorf 2016). Inwiefern sich hier gegebenenfalls eine Spaltung innerhalb der Gesellschaft offenbart, sich ein Generationenunterschied, eine Segregation bei den sozialen Medien für bestimmte Nutzergruppen mit „ihren Themen“ bemerkbar macht oder sich verschiedene Trends mischen, kann derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden.Footnote 6

Das sukzessive Erodieren des Wissenschaftsjournalismus ist in unserem thematischen Zusammenhang vor allem aus zwei Gründen zu bedauern. Zum einen betrifft dies seine Vermittlungsfunktion, also das Übersetzen komplexer Forschungsinhalte in eine auch dem Laien verständliche Sprache und das Herstellen interesseweckender Bezüge auf die Lebenswelt oder das Erkenntnisinteresse der Rezipienten. Zum anderen bedarf es des Wissenschaftsjournalismus, um Forschung kritisch zu begleiten und zu bewerten. Weder kann die erste Aufgabe (aufgrund mangelnder Fachkenntnisse) von der Öffentlichkeit übernommen werden noch die zweite von den Forschung betreibenden Institutionen und ihren PR-Abteilungen geleistet werden, denn auch sie unterliegen partikularen Selbsterhaltungsinteressen. Auch in ihnen herrschen Konkurrenzverhältnisse und Karriereinteressen, die des journalistischen Korrektivs, der sachkundigen Hinterfragung und der Durchleuchtung bedürfen. Dieses schrittweise Erodieren des Wissenschaftsjournalismus ist umso bedauerlicher, als Wissenschaft und Journalismus in gewisser Hinsicht methodisch vergleichbar verfahren: Sie treten unvoreingenommen an Sachverhalte heran und untersuchen sie neutral. Beide unterwerfen sich Standards sowie einer Prüfung durch Kollegen (im Journalismus der redaktionellen) und im Vordergrund ihrer Arbeit steht nicht Profitstreben, sondern es geht ihnen um eine korrekte Einordnung und Interpretation von Zahlen, Daten und Fakten bzw. von Hypothesen, Prognosen und Theorien.

Wie wird sich vor diesem Hintergrund die Rolle des Wissenschaftlers und des ihn in der Öffentlichkeit begleitenden Kommunikators in Zukunft also gestalten? Obwohl es weder bei den Verlagen noch in journalistischen Berufsverbänden an ernsthaften Initiativen mangelte, neue Geschäftsmodelle im Online-Bereich zu etablieren, ist ihnen dies bislang nicht in zufriedenstellender Weise gelungen. Während es vor einigen Jahren durchaus möglich war, auch für wissenschaftliche Tagungen und Kongresse ein breites Spektrum an Redakteuren und freien Journalisten als Teilnehmer zu gewinnen, gestaltet sich dieser Prozess heute erkennbar schwieriger und gelingt in der Breite nur noch bei Ereignissen von außergewöhnlicher Bedeutung und Aktualität. Bereits bei der Frage nach einer möglichen Erstattung der Fahrtkosten entscheidet sich oft die Teilnahme oder Absage selbst noch so engagierter Fachjournalisten. Der Besuch ganztägiger wissenschaftlicher Veranstaltungen wird vor dem Hintergrund der geringen Honorare für freie Journalisten nicht selten zu einer defizitären Glaubensfrage zwischen beruflichem Enthusiasmus und umsatzsteuerpflichtigem Realismus. Auch fest angestellte Redakteure stehen unter dem Druck eines Arbeits- bzw. eines Organisationspensums, das sie selbst den Besuch einer anderthalbstündigen Pressekonferenz reiflich überdenken lässt. In dieser Situation verzeichnet eine mit Ressourcen ausgerüstete Wissenschafts-PR Erfolge: Bestückt mit zielgruppengerecht formulierten und druckfähig lektorierten Texten, ergänzt durch kostenfreies Bild- und Filmmaterial gelingt ihr zunehmend der barrierefreie Zutritt in die Redaktionen. Doch diese Entwicklung erweist sich als ambivalent; Pressereferenten und -sprecher müssen diesen Zugang in ihrer Funktion zwar suchen – zugleich ist diese Entwicklung aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive aber zu bedauern, denn auf diese Weise kommt einem mitunter glättenden und harmonisierenden Kommunikationsstil das journalistische Korrektiv abhanden. Des Weiteren bedeuten eine vielfältige Presseresonanz und ein über Jahre gepflegter persönlicher Kontakt mit kompetenten Fachjournalisten für Forscher oftmals eine nicht unerhebliche Motivation und können zu einem fruchtbaren thematischen Austausch führen.

Nicht nur Wissenschaftler selbst, sondern vor allem auch Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen müssen sich vor dem Hintergrund einer zunehmenden Kommunikation über digitale Medien mit den veränderten Dialog-Ansprüchen sowie einer vielstimmigen und für sie schwer zu fassenden Öffentlichkeit auseinandersetzen. Die über lange Zeiträume hin zumindest mehrheitlich verfolgte Einwegkommunikation mit und über die journalistischen Massenmedien (Earned Media) bzw. in geringerem Umfang auch über hauseigene Publikationen (Owned Media) gehört der Vergangenheit an. Die Erwartungshaltung insbesondere von Studenten, Alumni, Freundeskreisen, Stiftern oder an bestimmten Forschungsthemen interessierten und sensiblen Gruppen an „ihre“ Institutionen ist gewachsen. Offenheit und Zugänglichkeit müssen deshalb künftig einen Kern des akademischen Selbstverständnisses darstellen. Forschungseinrichtungen, Universitäten oder Stiftungen sollten wissenschaftliche Ergebnisse auch soweit als möglich kostenfrei zugänglich machen (Open-Access-Publikationen, Streaming-Angebote, Podcasts etc.).

In den sozialen Medien bleibt immer auch ein Scheitern oder zumindest das Abgleiten des Dialogs zu antizipieren: Insbesondere bei tagesaktuellen und kritisch diskutierten Themen können ganze Einrichtungen erheblich leichter in diskreditierender Weise angegangen oder auch Forscher persönlich diffamiert werden.Footnote 7 Solange soziale Medien faktisch keinen konsequenten und allgemeingültigen gesetzlichen Regelungen zum Ausschluss verfälschender und ehrverletzender Äußerungen unterworfen sind, ist mit solchen Angriffen jederzeit zu rechnen.Footnote 8 Dennoch sollte die Art und Weise, wie Wissenschaftler auf Kritik reagieren oder überhaupt auf die Öffentlichkeit zugehen, keinesfalls als ablehnend, abgehoben oder gar esoterisch empfunden werden; bei ihnen gilt in hohem Maße, dass die eigene – reflektierte –Tonalität immer auch als Teil ihrer Befähigung zur Sachaussage wahrgenommen wird.

Die möglichen Gefahren, die von aktuellen Forschungsergebnissen für die Gesellschaft ausgehen können, etwa durch selbstlernende und autonom agierende Technologien (Stichwort künstliche Intelligenz), in den Bereichen Gentechnologie, Pränataldiagnostik, Human Enhancement etc., sollten als Teil eines offenen Diskurses kritisch erörtert und klar angesprochen werden.Footnote 9 Auf Nachfragen aus der Bevölkerung muss eine zeitnahe und auf Augenhöhe stattfindende Reaktion erfolgen; auf das letzte Detail wissenschaftlicher Genauigkeit kommt es dabei zumeist nicht an. Dies sollte nicht als Makel empfunden werden, sondern vielmehr gilt es, aktiv den argumentativen Austausch zu suchen und dabei die Rückmeldungen aus der Öffentlichkeit, auch wenn sie problematisch erscheinen und aus Perspektive der Wissenschaftler mitunter an der Sache vorbeigehen, zunächst anzunehmen. Der von der Öffentlichkeit an die Wissenschaft gestellte Anspruch auf Verständlichkeit ist keineswegs zurückzuweisen, denn eine sinnvoll reduzierte und erläuternde Darstellung von wissenschaftlichen Ergebnissen, wie etwa in Presseinformationen oder bei öffentlichen Vorträgen, bedeutet nicht zwangsläufig eine Trivialisierung von Inhalten, „willentliche Verflachung“, ein „Laienspiel für Laufkundschaft“ oder „verfehlte Anbiederung“ (wie durchaus mit Nachdruck formulierte interne Gegenargumente lauten), sondern stellt vielmehr einen Teil jener gesamtgesellschaftlichen Verantwortung dar, die Wissenschaft eingehen muss. Ein vornehm zurückgezogener Kulturpessimismus, eine Handreichung mit Neigungswinkel geht an solcher Verpflichtung vorbei, insbesondere wenn diese Arbeit mit öffentlichen Mitteln gefördert wird.Footnote 10

Nehmen Wissenschaftler hingegen engagiert – und vor allem mit sehr viel Geduld gerüstet – die an sie gerichteten Dialogforderungen an, vermögen sie sichtbar werden zu lassen, wofür Forschung einsteht: Für die Erkenntnis von Wahrheit, für den Prozess der Wahrheitsfindung, für die Vermittlung von Erkenntnissen. In Zeiten von Fake News, alternativen, im Eigeninteresse vorgetragenen und damit letztlich als verhandelbar proklamierten nebeneinander bestehenden Wahrheiten, wird eine persönlich formulierte und auf Objektivität beharrende Haltung als Kontrapunkt und als glaubhaft empfunden. Gelingt es Forschern gemeinschaftlich, allen Sprach- und Aufnahmebarrieren zwischen ihnen und manchen Diskursteilnehmern zum Trotz, für die Wissenschaft den Status einer anerkannten, unparteiischen und verlässlichen Informationsquelle zu behaupten, so ist viel gewonnen. Als „trusted source“ hat sie der lauten und flüchtigen Uniformität weltanschaulicher Beliebigkeiten etwas Wesentliches und Unverzichtbares entgegenzusetzen. Am Ende kann Wissenschaft nicht ohne Demokratie bestehen und Demokratie wird nicht ohne die Erkenntnisse ihrer Wissenschaftler auskommen – eine Feststellung, die durchaus als persönliche Ansprache an Wissenschaftler und Berufskommunikatoren in diesem Bereich formuliert werden darf.

FormalPara Fazit

Nicht nur Vertreter oder Institutionen der Demokratie wie Justiz, Parlamente, Parteien und Behörden oder der freie und unabhängige Journalismus, sondern auch Forscher und ihre in jahrelanger Arbeit oft mühsam gewonnenen und differenzierten wissenschaftlichen Ergebnisse werden derzeit öffentlich in Zweifel gezogen, als fragwürdig abgetan. Diese Entwicklung hängt zum einen mit einer sich verändernden politischen Landschaft, Stichwort Demokratierezession, zum anderen auch mit den digitalen Möglichkeiten zur individuellen Echtzeitkommunikation zusammen. Der Bedeutungs- und Reichweitenverlust redaktioneller Medien und Verlage muss in diesen Zusammenhang eingeordnet werden. Für die Öffentlichkeitsarbeit in Wissenschaft und Forschung bedeutet dies eine Neuausrichtung: Sie hat mehr Aufgaben zu übernehmen, tritt teilweise an die Stelle traditioneller Verlage und hat sich dabei an die oft schnelllebige Veränderung von Medienkanälen in ihren Methoden anzupassen; sie sollte dabei aber nach Möglichkeit darauf achten, nicht der Versuchung eines Infotainments zu verfallen.Footnote 11 Für den einzelnen Wissenschaftler bietet die direkte Kommunikation seiner Forschungsthemen über digitale Medien sowohl Chancen zur besseren Sichtbarkeit als auch möglicherweise persönliche Risiken; dieser Ambivalenz und vor allem ihrer möglichen Dynamik sollte er sich im Vorfeld bewusst sein. Eine interne Abstimmung mit Kollegen, ihre öffentliche Rückendeckung und wissenschaftliche Expertise ist dabei in kritischen Situationen von essenzieller Bedeutung.

Ein prognostizierbares Ursache-Wirkungs-Verhältnis zwischen angewandten Kommunikationsmaßnahmen und deren Rezeption bzw. der Beeinflussung der öffentlichen Meinung dürfte künftig noch schwerer fallen als bisher. Umso wichtiger wird deshalb die strategische Ausrichtung von Wissenschaftskommunikation sein: Begrenzte Budgets erfordern eine permanente Überprüfung und nötigenfalls eine Nachjustierung der verfolgten Kommunikationsziele. Universitäten und Forschungseinrichtungen werden stärker noch als bislang ein Profil entwickeln und ihren Zielgruppen die Möglichkeit einer persönlichen Teilhabe an ihrer Arbeit ermöglichen müssen. Dieser Kommunikationsstil wird umso erfolgreicher sein, als dabei nicht allein der praktische Nutzen von Forschung herausgestellt wird, sondern Wissenschaftler in ihrem Erkenntnisstreben immer auch als eine Wertegemeinschaft erlebt werden können. Auf diese Weise können Forscher in ihrem Austausch mit der Öffentlichkeit eine Vertrauensbasis anbieten, die für viele Menschen vielleicht eine ganz neue Anziehungskraft entwickelt und die sie in der schillernden Welt digitaler Meinungsströme und willkürlich-subjektiver Einschätzungen bereits heute vermissen.

Der Titel dieses Essays mag etwas doppelbödig klingen, denn noch dürfen wir hierzulande in einer Demokratie leben, ihre Freiheit genießen und es muss ihrer keineswegs in der Vergangenheitsform erinnert werden. Genau deshalb sollten wir im Angesicht der eingangs genannten politischen Umbrüche und tiefgreifenden sozialen Veränderungen mit unserer Vermittlungsarbeit, unserem Kommunikationshandwerk, vernehmbar daran erinnern, welche herausragenden Leistungen Wissenschaft und Forschung vollbringen. Dank ihrer Objektivität und Integrität dienen sie dieser Gesellschaft; sie dienen ihr zur Entscheidung und Orientierung. Als unabhängige Instanz bietet Wissenschaft der demokratischen Gesellschaft ein Koordinatensystem an, das ihr aus keiner anderen Quelle erwächst und das letztlich über ihre Zukunftsfähigkeit entscheidet.