Um Forscherin zu werden, musste ich erst einmal als Journalistin scheitern – und zwar an einem Thema, das eigentlich einfach zu bearbeiten schien und über das auch schon viele andere geschrieben hatten. In der Redaktion der Zeitschrift bild der wissenschaft hatten wir beschlossen, eine Titelgeschichte über das viel diskutierte Thema Burn-out zu bringen. Doch bei der Recherche stellte ich schnell fest, dass es schier unmöglich war, einen fundierten Artikel mit der von uns stets angestrebten klaren Kernbotschaft zu schreiben. Ich hätte sowohl eine neue Epidemie ausrufen als auch eine neue Modediagnose entlarven können – beides auf der Grundlage wissenschaftlicher Quellen. Was nun? Ich hätte mich, wie viele JournalistenFootnote 1, einfach für eine Version entscheiden können. Doch was, wenn man ein halbwegs sachadäquates Bild vermitteln will? Die Titelzeile „Wir wissen leider auch nicht, was Burn-out ist“ hätte sicher keine Hefte verkauft.

Letztlich bin ich dem Problem ausgewichen, indem ich einen Artikel über Spitzenleistung geschrieben habe. Die Frage, wie Journalisten mit einer unklaren Sachlage wie bei Burn-out umgehen, hat mich aber nicht losgelassen. Und so entsteht nun eine Doktorarbeit über den Burn-out-Diskurs, für die ich mich mit der journalistischen Darstellung von unsicherem Wissen beschäftige und damit, ob die traditionell als Autoritäten herangezogenen Wissenschaftler an Deutungsmacht verlieren, wenn sie keine klaren Statements liefern. Ein Ergebnis: In vielen Artikeln über Burn-out kommt die Wissenschaft überhaupt nicht vor.

Dabei ist Burn-out nur eins von vielen und wahrscheinlich nicht einmal das brisanteste Forschungsthema, das von Kontroversen, Widersprüchen, Ambiguitäten und anderen Arten und Quellen der Unsicherheit geprägt ist. Fortschritte in der Gen- oder Nanotechnologie bergen unbekannte Risiken, die Folgen von Geo-Engineering sind selbst mit den besten Simulationen nicht genau kalkulierbar, ebenso wenig Klimaveränderungen. Die Erforschung von Krankheiten, Ernährung, sozialen Dynamiken oder auch dunkler Energie ist work in progress, das heißt häufig ein Fall von „Noch-nicht-Wissen“. Besonders stutzig gemacht hat mich die Aussage des Umweltchemikers Martin Scheringer (2018), dass es mehrere 10.000 Substanzen gibt, die in Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden oder Industriechemikalien und anderen Produkten verwendet werden, von denen keiner weiß, welche Wirkung sie auf Mensch und Umwelt haben. Und dann gibt es noch das Paradoxon, dass zu viel Wissen Erkenntnis verhindern kann, weil die Spezialisierung in manchen Forschungsfeldern eine solche Schwemme an Publikationen hervorbringt, dass nicht einmal die Spezialisten, geschweige denn Journalisten oder andere Kommunikatoren, sie überschauen können. Als Beispiele dafür nennt der Kommunikationswissenschaftler Markus Lehmkuhl (2015) die Forschung an Alzheimer und Antibiotika-Resistenzen. Es gibt wohl kein wissenschaftliches Ergebnis, das nicht auf irgendeine Weise Fragen offenlässt. Der Soziologe Peter Wehling (2018) spricht sogar von der „Unzertrennlichkeit“ von Wissen und Nichtwissen. Letztlich ist dem Wissenschaftstheoretiker Karl Popper (1935) zufolge „jeder wissenschaftliche Satz vorläufig“. „Nur in unseren subjektiven Überzeugungserlebnissen, in unserem Glauben könnten wir absolut sicher sein“, schrieb Popper (1935) in seinem Hauptwerk „Logik der Forschung“.

Innerhalb des Wissenschaftssystems stellt die Unsicherheit kein allzu großes Problem dar. Dort dient sie sogar als Motor des Erkenntnisgewinns; und bestenfalls wird ein offener und konstruktiver Umgang mit wissenschaftlicher Kontingenz gepflegt (wenn nicht gerade Reputationsdruck oder Imagepflege dazwischenkommen, wie die Linguistin Lisa Rhein in Selbstdarstellung in der Wissenschaft beschreibt; Rhein 2015). Doch in der sogenannten externen Wissenschaftskommunikation gibt es intuitiv einige Bedenken, über Unsicherheiten zu sprechen, die ich später partiell zu entkräften versuche.

Unsicherheit kommunizieren – Risiken

Gerade in Zeiten, in denen die Sorge über „alternative Fakten“ besonders groß ist, könnte jede Äußerung, die eine Schwäche offenbart, heikel sein, weil damit die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft und das Vertrauen in sie aufs Spiel gesetzt werden könnte. Laut dem Psychologen Rainer Bromme (2018) ist die „Zuschreibung von Können“ nun mal eine von drei Dimensionen von Vertrauen in die Wissenschaft (Könneker 2018). Das heißt, wenn Wissenschaftler den Eindruck vermitteln, sie wüssten auch nicht genau Bescheid, besteht die Gefahr, Vertrauen zu verlieren. Die Rezeptionsstudien dazu sind – wie könnte es anders sein – kontrovers. Aber es gibt Studien, etwa von Michaela Maier et al. (2018), die zeigen, dass Informationen durch die Darstellung von Ungesichertheit tatsächlich als unwissenschaftlich und weniger glaubwürdig empfunden werden. Außerdem reduziert laut Peter Wiedemann et al. (2009) die komplexe Darstellung von wissenschaftlicher Unsicherheit die wahrgenommene Verständlichkeit eines Beitrags. Wobei man hier fragen könnte, ob das an der wissenschaftlichen Unsicherheit oder an der komplexen Darstellung liegt.

In der Risikokommunikation gibt es außerdem die Befürchtung, dass die Kommunikation von Unsicherheit die Menschen verwirrt und ihre Sorge über eine bestimmte Bedrohung noch vergrößert. Dann erreicht die Risikokommunikation, die eigentlich deeskalieren will, genau das Gegenteil.

Bietet die Wissenschaft verschiedene Interpretationen an, kann das beliebig wirken und der Eindruck entstehen, dass wissenschaftliche Erklärungen genauso viel oder wenig wert seien wie andere. Die Studienlage dazu kenne ich nicht. Aber die Haltung „Ob wissenschaftlich oder nicht – ist doch egal“ ist mir sogar bei Erstsemestern am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) begegnet, die sich mit dem Studienfach „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“ auf ein Leben an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit vorbereiten. Ein Rückgang von blinder Autoritäts- bzw. Wissenschaftshörigkeit ist ja begrüßenswert, aber wenn dann jegliche Orientierung fehlt, welche Quellen in der Online- und Offline-Kakofonie verlässlich und seriös sind, wird es problematisch. Wobei verzweifelte Twitter-Aufrufe wie der folgende dann wiederum auch nicht der richtige Weg sind: „Lasst eure Kinder impfen! Wenn ihr zu dumm seid, im Internet gute von schlechten Quellen zu unterscheiden, dann vertraut auf die Fachleute.“ (DerApotheker am 1. November 2018).

Wer als Wissenschaftler keine klaren Botschaften herausposaunt, mit denen er Deutungshoheit beansprucht, kratzt, so die verbreitete Befürchtung, am Image der Wissenschaft und geht das Risiko ein, weniger Gehör zu finden als selbst ernannte Gurus, die mit vermeintlichen Fakten Orientierung bieten. Das heißt, unsicheres Wissen ist ein mögliches Einfallstor für ideologische Welterklärer wie Klimaskeptiker, Kreationisten, Esoteriker oder Verschwörungstheoretiker, die laut dem Verschwörungsforscher Michael Butter (2018) statt komplizierten eben einfache Wahrheiten anbieten und dadurch Kontingenzreduktion suggerieren. Besonders perfide sind Kräfte innerhalb der Wissenschaft, die interessengeleitet, profitorientiert oder politisch motiviert Unsicherheiten nutzen, um künstlich Kontroversen zu entfachen oder anzuheizen und damit die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Diese „manufactured doubts“ gibt es etwa bei den Themen Klimawandel, Tabakkonsum, Hautkrebs oder Impfen. Die von dem Kommunikationswissenschaftler Lars Guenther (2017) identifizierte Sorge von Wissenschaftlern und Journalisten, Laien könnten einen direkten Hinweis auf Unsicherheit falsch verstehen und den Eindruck gewinnen, die Wissenschaft wisse überhaupt nichts, ist also nicht ganz unberechtigt.

Was in der Praxis passiert

Auch aus diesem Grund lassen Journalisten Einschränkungen eher mal unter den Tisch fallen – laut Guenther (2017) sind das insbesondere Detailinformationen wie Stichprobengrößen, Auswertungsschritte oder das methodische Vorgehen. Diese sind aus journalistischer Sicht für den Laien nicht sonderlich wichtig und erschweren im Zweifelsfall das Verständnis. Aus meiner Erfahrung als Redakteurin bei bild der wissenschaft kann ich sagen, dass es im gedruckten Magazin durchaus Raum für eine differenzierte Berichterstattung gab und diese auch als Qualitätsmerkmal verstanden wurde. Die schnellen Online-Wissenschaftsnews, die täglich in der Redaktion und andernorts produziert werden, folgen jedoch eher dem verbreiteten Standard, Einzelergebnisse ohne große Kontextualisierung nach dem Schema „Forscher haben herausgefunden, dass …“ darzustellen. Relativierungen wie „Forscher haben eventuell herausgefunden, dass …“ wird man im journalistischen Kontext eher seltener finden.

Es gehört einfach zu den journalistischen Prinzipien, Kontingenz zu reduzieren oder sogar gänzlich auszublenden und keine „Einerseits-andererseits“-Geschichten zu erzählen. Diese waren explizit verpönt beim damaligen Chefredakteur von bild der wissenschaft. Differenzieren innerhalb eines Beitrags ja, trotzdem mussten die Redakteure für jeden Artikel genau eine Kernbotschaft herausdestillieren.

Um Aufmerksamkeit zu generieren, stellen Journalisten vorzugsweise den positiven Nutzen von Forschung heraus oder versuchen Faszination zu wecken. Dazu passt die Darstellung von Unsicherheit häufig nicht, wie Markus Lehmkuhl und sein Fachkollege Hans Peter Peters (2016) in einer Untersuchung von neurowissenschaftlicher Berichterstattung festgehalten haben. Schon 1993 hatte das US-amerikanische Autorenduo S. Holly Stocking und Lisa Holstein (Stocking und Holtstein 1993) konstatiert, dass Journalisten wissenschaftliche Unsicherheit nur dann thematisieren, wenn sie glauben, damit Spannung zu erzeugen und das Interesse des Publikums gewinnen zu können. Und das haben Maier et al. (2018) auch jüngst bestätigt: Mit der expliziten Nennung von Unsicherheit ist besonders dann zu rechnen, wenn Kontroversen oder Risiken neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse thematisiert werden. Dabei haben sie Unterschiede zwischen verschiedenen Disziplinen gefunden: In Beiträgen über molekulare Medizin gibt es beispielsweise mehr Unsicherheit als in solchen über Nanotechnologie.

Vorschläge zum Umgang mit wissenschaftlicher Unsicherheit

Die wissenschaftliche Literatur bietet wenige direkte Empfehlungen, wie mit Unsicherheit so umgegangen werden kann, dass das Publikum maximal informiert und minimal irritiert ist. Und auch hier gibt bei den Rezeptionsstudien keine eindeutigen Ergebnisse. Während manche Rezipienten ungesicherte Informationen als unwissenschaftlich empfinden und dadurch verunsichert werden, erhöhen sie bei anderen sogar das Interesse an der Wissenschaft. Manche Rezipienten erwarten sogar eine differenzierte Darstellung – allerdings erst, wenn sie explizit auf das Phänomen der Ungesichertheit hingewiesen wurden, wie Maier et al. (2018) herausfanden. Ansonsten sei die Unsicherheit des Wissens für Rezipienten kaum von Relevanz, so die Forscher. Das heißt aber auch: Die Darstellung von Unsicherheit hat nicht grundsätzlich negative Effekte auf das Interesse an Wissenschaft und das Vertrauen in Wissenschaftler – was aus meiner Sicht dafür spricht, mehr Unsicherheit zu kommunizieren.

Besteht außerdem nicht auch umgekehrt die Gefahr, an Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn unumstößliche Wahrheiten später doch revidiert werden müssen – wie das etwa in den Ernährungswissenschaften gefühlt wöchentlich der Fall ist? Wenn lange die gesunde Wirkung von Kokosöl angepriesen wird und später eine Wissenschaftlerin mit derselben Überzeugung erklärt, es sei reines Gift, ist es ja nicht verwunderlich, wenn sich Laien irritiert abwenden und am Ende einfach das glauben, was besser in ihr Weltbild passt. Eine differenziertere Darstellung kann solch eine Fallhöhe verringern.

Wie die Vermittlung von Unsicherheit konkret funktioniert, kann nicht pauschal, sondern muss letztlich wohl fallweise entschieden werden – abhängig von Thema, Zielgruppe, Kontext und Kommunikationsziel und auch von den Arten der Unsicherheit. Bei einem Thema, das viele persönlich betrifft und das Handlungsschritte nach sich zieht, wie beispielsweise die Therapie einer Krebserkrankung, ist die Offenlegung von Unsicherheiten, Beschränkungen und Risiken allein deshalb angebracht, um keine falschen Hoffnungen zu wecken. Ausgerechnet in der Berichterstattung über Krebsforschung wird aber häufig zu sehr vereinfacht, schreibt der Kommunikationsforscher Jakob Jensen (2008).

Will man Kindern hingegen die Faszination von Schwarzen Löchern, Weißen Zwergen und Roten Riesen vermitteln, muss man nicht unbedingt als Erstes darüber sprechen, wo die Forscher noch im Dunkeln tappen. Ansonsten gibt es den beliebten Kunstgriff, das Noch-nicht-Wissen als Rätsel oder Geheimnis zu verpacken oder die Wissenschaftler als Detektive auf die Suche nach Erkenntnis zu schicken – solange das nicht zu klischeehaft geschieht.

Im Allgemeinen sollte man nicht am vereinfachenden Defizitmodell der „Public Understanding of Science“-Initiative festhalten, sprich das Publikum unterschätzen. Die eine Öffentlichkeit gibt es ohnehin nicht, sondern nur sehr viele unterschiedliche Zielgruppen, eigentlich Zielpersonen, Black Boxes, von denen man letztlich trotz Befragungen, Fokus-Gruppen und Online-Kommentaren nie so ganz genau weiß, welches Vorwissen, welche Vorbehalte oder Interessen in ihnen stecken. Die Menschen seien sich aber durchaus dessen bewusst, schreibt die britische Food-and-Society-Professorin Lynn Frewer, dass Wissenschaft ein fortschreitender und sich entwickelnder Prozess ist und dies ein Grund für Unsicherheiten (Frewer et al. 2002).

Vor der Frage, wie mit wissenschaftlicher Unsicherheit umzugehen ist, stehen letztlich Wissenschaftler, Kommunikatoren und Journalisten gleichermaßen. Dabei sollte Wissenschaftlern und Kommunikatoren bewusst sein, dass sie einen Einfluss auf die Berichterstattung von Journalisten haben. Wenn sie Einschränkungen, Wissenslücken und dergleichen gar nicht erst thematisieren, werden diese im Normalfall auch nicht bis zum Journalisten durchdringen. Wenn man aber als Forscher Unsicherheiten transparent macht, besteht zumindest eine Chance, dass Journalisten sie wahrnehmen und aufgreifen. Und selbst wenn die Gefahr von Irritationen beim Publikum besteht, ist es für Journalisten schon allein wegen der journalistischen Sorgfaltspflicht geboten, Unsicherheiten zu vermitteln, auch wenn die Story dann schwächer ausfällt. Was teilweise in Qualitätsmedien über Burn-out geschrieben wurde, halte ich aus einer journalismuskritischen Perspektive jedenfalls für unverantwortlich.

Eine Empfehlung von Lynn Frewer et al. (2002) im Kontext des Risikomanagements lautet, den Fokus der Kommunikation darauf zu richten, was dafür getan wird, die Unsicherheit zu reduzieren. Das funktioniert freilich nicht in allen Fällen. Doch letztlich sollten Wissenschaftler, Kommunikatoren und Journalisten ihren Rezipienten meiner Ansicht nach häufiger Kontingenz zumuten, um dadurch informierte Debatten in der Gesellschaft zu ermöglichen.

Fazit und Positionierung

Dieser Beitrag bietet keine systematische Auswertung der wissenschaftlichen Literatur zur Kommunikation von Unsicherheit. Er wirft lediglich ein Schlaglicht auf ein Problem, das jede Disziplin betrifft und auf das jeder irgendwann stößt, der Wissenschaft kommuniziert – egal ob analog oder digital, mündlich oder schriftlich, in Texten oder (Bewegt-)Bildern, als Laie oder Profi.

Trotz aller Einschränkungen und Nachteile halte ich Wissenschaft für das beste Welterklärsystem, das wir haben. Dabei argumentiere ich nicht für eine unkritische Wissenschaftshörigkeit. Im Gegenteil: Es geht darum, Menschen durch die Wissenschaft zu kritischen Mitdenkern zu machen und die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Phänomenen und Erklärungen als etwas Wertvolles anzusehen – und dazu gehört eben auch, die schwierigen und komplexen Prozesse der Wissenschaft so gut es geht nachvollziehbar zu machen.

Das Minimalziel wäre meiner Ansicht nach, im Verbund mit spannenden Forschungsergebnissen häufiger auch die Prinzipien des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns und seine Grenzen darzustellen, um das Evidenzverständnis bei den Rezipienten zu verbessern – auch wenn das bisweilen dem journalistischen Prinzip der Zuspitzung zuwiderläuft. Die Journalismusforscher Hans Peter Peters und Harald Heinrichs (2005) halten die Kommunikation von Unsicherheiten für eine Frage der Redlichkeit und argumentieren im Kontext der Klimadebatte dafür, „die epistemischen Grundlagen der wissenschaftlichen Aussagen über den globalen Klimawandel besser zu erklären“ (S. 208). Der Aufwand lohne sich deshalb, weil die Erklärung des Erkenntnisprozesses zu einem besseren Verständnis der wissenschaftlichen Ergebnisse und der Gründe für vorhandene Unsicherheit führen würde. Auch die regelmäßige Revision durch neue Erkenntnisse würde dann eher als prinzipielles Problem des Erkenntnisprozesses und nicht als Beleg für defizitäre Wissenschaft verstanden werden. Außerdem sei es besser, die Varianz von Erkenntnissen explizit zu machen, als implizit zwischen zusammenhangslosen Medienberichten entstehen zu lassen.

Der Burn-out-Diskurs ist ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn man die Unsicherheit des Wissens nicht adäquat kommuniziert: Der Diskurs verselbstständigt sich. Und so zeichnet sich ein gesellschaftlicher Konsens ab, dass Burn-out als Krankheit existiert – wenngleich das nach dem Stand der Wissenschaft heute nicht belegt ist. Für dieses Kommunikationsergebnis sind Wissenschaftler und Journalisten gleichermaßen verantwortlich.

Im Mikrokosmos der Wissenschaftskommunikation wünsche ich mir freilich einen starken, kritischen Wissenschaftsjournalismus, der die wachsende Wissenschafts-PR im Zaum hält. Im Makrokosmos, in dem es um die Durchsetzung von wissenschaftlichem Wissen gegenüber anderen Welterklärungen geht, sind mir ganz pauschal ungefilterte Wissenschaftsnews immer noch lieber als irgendeine andere ideologische Art der Propaganda oder Manipulation. Und auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob wir wirklich in ein postfaktisches Zeitalter hineinschlittern, schließe ich mich vorsichtshalber der Forderung der neuen Direktorin des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz Alexandra Busch an, die beim Festakt zu ihrem Amtsantritt sagte: „In einer postfaktischen Zeit muss Wissenschaft lauter, politischer und im gesellschaftlichen Leben präsenter werden.“ (O. V. 2018)