Das nun folgende Policy-Paper stellt das wichtigste Ergebnis des ZA-NEXUS-Projekts dar, dessen Ziel es war, wissenschaftlich basierte Optionen für die künftige Ausgestaltung der Agrarpolitik aus der Perspektive des Natur- und Umweltschutzes zu formulieren und in die öffentliche und politische Diskussion einzubringen. Das Policy-Papier wurde im Herbst 2016 in enger Abstimmung zwischen den Projektnehmern und Projektgebern auf Basis eines längeren Reflexionspapiers erstellt. Die Verantwortung für die Inhalte sowie eventuelle Unzulänglichkeiten liegt selbstverständlich allein bei den Autorinnen und Autoren.

Das Policy-Paper wurde am 17. Januar 2017 vom Projektkoordinator in einer Pressekonferenz mit Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks sowie auf dem BMU-Kongress „Landwirtschaft mit Zukunft“ in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt.Footnote 1

2.1 Zusammenfassung

Was können Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft voneinander erwarten? Zur Beantwortung dieser Frage plädieren wir für eine neue Agrarpolitik auf der Basis eines zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrags mit der Landwirtschaft. Dieser Vertrag sieht vor, dass weiterhin erhebliche öffentliche Mittel für den Agrarsektor aufgewendet werden. Diese Gelder sollen aber in Zukunft die Landwirtinnen und Landwirte unterstützen, die qualitativ hochwertige Lebensmittel herstellen und zugleich Gemeinwohlleistungen erbringen, die vom Markt nicht honoriert werden. Dazu gehören etwa Beiträge zum Natur-, Umwelt- und Klimaschutz, die Bewirtschaftung besonders vielfältiger Landschaften oder die Erhaltung der Landschaftsvielfalt durch Bewirtschaftung unter schwierigen natürlichen Bedingungen. Eine neue Architektur der Agrarpolitik soll es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglichen, mit nachhaltig erzeugten Produkten und mit ihren Leistungen für das Gemeinwohl trotz starker internationaler Konkurrenz ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Effiziente und flexible Instrumente wie Prämien für Landschaftsvielfalt und für Basismaßnahmen im Agrarumwelt- und Klimaschutz verringern den Bürokratieaufwand für Landwirtschaft und Verwaltung. Darauf aufbauende regionale Agrarumwelt- und Klimaschutzprogramme sowie ein neues Kooperationsprogramm Natur und Landwirtschaft sichern wichtige Ökosystemleistungen und fördern die Vernetzung und Partizipation. Daneben sichert ein effektives Ordnungsrecht die Einhaltung von erweiterten Mindeststandards. Ein Innovationsprogramm, Verbraucherkommunikation, praxisorientierte Forschung und Beratung helfen bei der Entwicklung von Mehrwertmärkten für umweltfreundliche Produkte. Denn zu einem zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag gehört auch, dass kompetente Verbraucherinnen und Verbraucher die Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft kennen, wertschätzen und dafür angemessene Preise bezahlen.

2.2 Die aktuellen Probleme

Die Landwirtschaft in Deutschland befindet sich im Umbruch. Liberalisierung und Marktöffnung, neue Technologien sowie die steigende Nachfrage einer wachsenden Weltbevölkerung eröffnen enorme Entwicklungsmöglichkeiten. Gleichzeitig wachsen die Herausforderungen. Landwirtinnen und Landwirte sehen sich angesichts steigender Konkurrenz zu immer neuem betrieblichem Wachstum mit hohen Investitionsrisiken gezwungen. Weiterhin hat Deutschland schon heute Schwierigkeiten, europäische Vorgaben für den Natur- und Umweltschutz im Agrarbereich einzuhalten. Die Belastung des Grundwassers mit Nitrat ist in vielen landwirtschaftlich geprägten Regionen zu hoch. Gleichzeitig steigen die gesellschaftlichen Ansprüche an Transparenz, Tierwohl, Umweltschutz und Erhalt der biologischen Vielfalt. Hinzu kommen die Auswirkungen des internationalen Agrarhandels auf Entwicklungs- und Schwellenländer mit oft problematischen Folgen für Landnutzung, Umwelt, Ernährungssicherheit und kleinbäuerliche Strukturen.

So verändert sich die Rolle der bäuerlichen Betriebe für die ländliche Entwicklung – als Einkommensquelle, soziales Rückgrat und Landschaftsgestalter.

Angesichts der Problemlagen braucht die Agrarpolitik in Deutschland und Europa einen neuen Ansatz, der sowohl Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sichert, als auch die ökologische Basis der Agrarproduktion erhält und die Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher an eine nachhaltige und gesunde Landwirtschaft erfüllt. Mit ihren alljährlichen Milliardenausgaben ist die aktuelle Förderpolitik jedoch vorwiegend als sektorale Einkommenspolitik angelegt – mit oft negativen Folgen für Umwelt- und Naturschutz. Ein wesentlicher Teil der Mittel verbleibt dabei gar nicht bei den Landwirtinnen und Landwirten, sondern fließt über steigende Land- und Pachtpreise an außerlandwirtschaftliche Grundbesitzer. Nur ein kleiner Teil der staatlichen Agrarzahlungen dient der Vergütung von Gemeinwohlleistungen. Den negativen Auswirkungen der gängigen Produktionsverfahren auf Boden, Wasser, Klima, Landschaftsbild, Luft und biologische Vielfalt wird damit nicht hinreichend entgegengewirkt. Es fehlen konsequente Strategien, um die Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft unter den Bedingungen offener Märkte und des schnellen technologischen und gesellschaftlichen Wandels zu sichern.

Daher brauchen wir in Deutschland dringend eine zukunftsweisende Verständigung darüber, was die Gesellschaft von der Landwirtschaft erwartet und welche Unterstützung die Landwirtinnen und Landwirte im Gegenzug dafür erwarten dürfen.

2.3 Unser Vorschlag für einen zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag

Das vorliegende Papier soll die Diskussion um einen zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag mit der Landwirtschaft in Deutschland und Europa anstoßen. Ausgangspunkt sind zwei Prämissen. Erstens benötigen wir eine Landwirtschaft, die marktfähige Produkte erzeugt und die Menschen mit vielfältigen und hochwertigen Lebensmitteln versorgt. Zweitens erwartet die Gesellschaft Gemeinwohlleistungen, für die es oft keinen Markt gibt. So soll die Landwirtschaft insbesondere

  • die Attraktivität und damit die Vitalität ländlicher Räume durch vielfältig strukturierte Landschaften erhöhen;

  • Lebensräume für zahlreiche Arten bereitstellen und damit die biologische Vielfalt fördern bzw. den dramatischen Artenschwund verringern;

  • Ökosystemleistungen erhalten (z. B. die Bestäubung der Blütenpflanzen durch Insekten oder die Grundwasserneubildung in offenen Landschaften);

  • zum Klimaschutz beitragen (etwa durch eine standortgerechte Bodennutzung);

  • Stoffeinträge in Boden, Luft und Wasser durch umweltfreundliche Produktionsverfahren stärker reduzieren als gesetzlich mindestens vorgeschrieben;

  • besondere Leistungen im Tierwohl erbringen.

All dies können die Landwirtinnen und Landwirte jedoch nur leisten, wenn sie damit ein angemessenes Einkommen erzielen – generiert entweder durch Verbrauchernachfrage oder durch öffentliche Mittel. Wenn die Gesellschaft eine flächendeckende, multifunktionale, natur- und umweltverträgliche Landwirtschaft wünscht, muss sie auch für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen. Deshalb muss sich die Agrarpolitik dringend neu orientieren. Drei Grundsätze sind zentral:

  • die Sicherung der ökologischen Lebens- und Produktionsgrundlagen;

  • die konsequente Ausrichtung der Vergabe öffentlicher Mittel an der Bereitstellung von öffentlichen Gütern, die vom Markt nicht honoriert werden;

  • die Garantie eines fairen Wettbewerbs durch wirksame soziale und ökologische Standards für alle Produzenten (inklusive Importware).

Außerdem sollte die Agrarpolitik den Einsatz öffentlicher Mittel besser mit Trends wie Verbrauchersensibilisierung, Digitalisierung und Vernetzung, gesellschaftlicher Partizipation, integrierten Wertschöpfungsketten oder transnationalen privaten Standards verknüpfen.

Um dieses Ziel zu erreichen, schlagen wir eine neue Architektur der Agrarpolitik vor (siehe Abb. 2.1, Tab. 2.1). Sie kann durch gleitende Umschichtung der derzeitigen Mittel ab 2020 schrittweise bis zum Jahr 2027 eingeführt werden.

Abb. 2.1
figure 1

Architektur einer neuen Agrarpolitik. (Quelle: Eigene Darstellung)

Im Kern besteht die neue Architektur aus fünf Elementen:

A. Mehr Umwelt- und Klimaschutz in allen Betrieben:

Mit voll von der EU finanzierten Basismaßnahmen Agrarumwelt- und Klimaschutz sollen umwelt- und klimafreundliche Bewirtschaftungsformen unbürokratisch honoriert werden. Die Landwirte und Landwirtinnen können dabei die für sie passenden Maßnahmen aus einer Liste auswählen. Dies wird durch eine betriebliche Beratung unterstützt. Alle Maßnahmen haben unabhängig von den standortspezifischen Gegebenheiten einen Nutzen für Natur- und Umweltschutz und sind relativ leicht in die Produktion zu integrieren. Sie umfassen z. B. vielgliedrige Fruchtfolgen, Bereitstellung von Habitaten, Landschaftselementen oder Gewässerrandstreifen, Verminderung von Düngung, Pflanzenschutzmitteln sowie Bewirtschaftungsmaßnahmen (Striegeln, Pflügen, Walzen, Schleppen etc.), (mehrjährige) Brache, Raufutterprämie und nachhaltige Verfahren der Tierhaltung (Weidegang, Begrenzung des Tierbesatzes). Jede Maßnahme erhält eine pauschale Wertigkeit (Punkte), die sich am typischen Aufwand orientiert. Um die Umsetzung auch an ertragsstarken Standorten attraktiv zu machen, werden dort zusätzlich Punkte vergeben (z. B. gemessen an der Bodengüte). Da von der Teilnahme aller landwirtschaftlichen Betriebe ausgegangen wird, steht pro Hektar Agrarfläche ein einheitlicher Finanzbetrag zur Verfügung. Um diese Mittel zu bekommen, muss ein Betrieb im Durchschnitt der bewirtschafteten Fläche eine Mindestpunktzahl erreichen. Dies ist auch Voraussetzung für die Auszahlung der Prämie zur Förderung der Landschaftsvielfalt (siehe Element B). Über die Mindestpunktzahl hinaus können die Betriebe weitere Maßnahmen aus der Liste wählen, die dann gesondert honoriert werden.

B. Zusätzliche Prämien für den Erhalt der Landschaftsvielfalt:

Auch diese Prämien werden voll aus EU-Mitteln finanziert und gelten EU-weit. Sie dienen der Sicherung der bestehenden, reich strukturierten Landschaften und damit dem Erhalt der biologischen Vielfalt. Ihre Vergabe ist unbürokratisch, weil sie automatisiert berechnet und gewährt werden. Ihre Auszahlung ist an die Erbringung von Basismaßnahmen Agrarumwelt- und Klimaschutz geknüpft. Es gibt zwei Prämientypen:

  • Eine Landschaftserhaltungsprämie wird für relativ strukturreiche Standorte unabhängig von Gebietskulissen und Betriebsgrößen gewährt. Sie belohnt z. B. kleinstrukturierte Landschaften, Randstreifen entlang von Strukturelementen oder Flächen mit Landschaftselementen, wie z. B. Streuobstwiesen. Die Prämienhöhe wird flächenbezogen auf der Basis von Fernerkundungsdaten berechnet. Sie ist nach Dichte und ökologischer Wertigkeit der Strukturelemente gestaffelt.

  • Eine Bewirtschaftungsprämie wird an auf der Schlagebene definierten Standorten gewährt, an denen aufgrund erschwerter Bewirtschaftungsbedingungen eine Landbewirtschaftung typischerweise nicht kostendeckend ist. Die Prämienhöhe ist gestaffelt nach dem Grad der Erschwernis an dem jeweiligen Standort. Der Erschwernisgrad hängt z. B. von Hangneigung, Bodenqualität oder der Länge der Vegetationsperiode ab. Diese Prämie ist nur in Gebietskulissen erhältlich, in denen eine großflächige Nutzungsaufgabe abgewendet werden muss, um die Aufrechterhaltung einer vielgestaltigen Landschaft zu gewährleisten.

C. Anreize für Agrarumwelt- und Klimaschutz:

Agrarumwelt- und Klimaschutzprogramme honorieren gezielte betriebliche Maßnahmen des Natur- und Umweltschutzes (z. B. spezieller Artenschutz, Management von Schutzgebieten, Wiedervernässung von Mooren oder Aufbau von Biotopverbünden). Der Erfolg solcher Maßnahmen erfordert in der Regel eine regionale Ausgestaltung der Programme unter natur- oder umweltfachlicher Leitung, welche die standörtlichen Gegebenheiten umfassend berücksichtigt. Ihr Beitrag zu EU-weiten Politikzielen begründet eine Kofinanzierung durch EU und Mitgliedstaaten. Zur Erhöhung der Attraktivität sollten die Transaktionskosten bei der Prämienhöhe berücksichtigt sowie eine Anreizkomponente im Einklang mit dem WTO-Recht vorgesehen werden. Dadurch besteht ein finanzieller Anreiz zur Teilnahme über die Erstattung des Ertragsausfalls hinaus.

D. Mehr Geld für innovative Kooperationen.

Mit einem Kooperationsprogramm Natur und Landwirtschaft werden regionale Kooperationen gefördert, die ein integriertes Landschafts- und Ressourcenmanagement entwickeln und umsetzen. Das sind insbesondere überbetriebliche Maßnahmen zum Management von Wasser, Boden, Luft und Klima sowie zum Arten- und Biotopschutz. Dazu gehören auch nicht-produktionsorientierte Investitionen („grüne und blaue Infrastruktur“). Im Gegensatz zu den vorgegebenen Agrarumwelt- und Klimaschutzprogrammen (siehe Element A) sind lernorientierte Ansätze und innovative Kooperationsformen erwünscht. Deshalb sollten 80 % der Mittel dieses Programms für die eigentliche Durchführung der Maßnahmen und bis zu 20 % für deren Planung, Monitoring sowie die Akteursvernetzung zur Verfügung stehen. Die Mittel werden in einem Wettbewerbsverfahren vergeben – so wie derzeit im LEADER-Programm der EU. Dabei können alle Beteiligten (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Naturschutzorganisationen, Kommunen usw.) für kooperative Leistungen im Umwelt- und Naturschutz honoriert werden. Das Kooperationsprogramm sollte EU-weit eingeführt und von EU und Mitgliedstaaten kofinanziert werden. In einem ersten Schritt kann auf nationaler Ebene ein Bundesprogramm für Modell- und Demonstrationsvorhaben aufgelegt werden.

E. Mehr Geld für nachhaltige Märkte.

Wer eine nachhaltige Landwirtschaft will, der braucht auch Marktteilnehmer, die nachhaltig handeln. Eine Innovationsinitiative für nachhaltigkeitsbasierte Mehrwertmärkte könnte national umgesetzt und als Bundesprogramm oder im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) finanziert werden. Die Initiative umfasst drei Bereiche:

  1. a)

    Stärkung der Verbraucherkompetenz zum Beispiel durch Maßnahmen zur Förderung eines gesunden und nachhaltigen Ernährungsverhaltens. Die Maßnahmen reichen von der Ausgestaltung des Entscheidungsumfelds über klassische Kommunikationskampagnen durch Bund, Länder oder gesellschaftliche Gruppen bis zur Erstellung von Lehrmaterialien für allgemeinbildende Schulen.

  2. b)

    Förderung nachhaltigkeitsbasierter Wertschöpfungsketten, vor allem regionaler Vermarktungsstrukturen, die den Umweltschutz besonders berücksichtigen. Dazu zählt aber auch die Nutzung digitaler Technologien für die Vernetzung und Transparenz des gesamten Produktionssystems. Neue Konzepte der Finanzierung und der Beziehungen zwischen Produktion, Verteilung und Konsum (wie etwa bei der Solidarischen Landwirtschaft) gehören ebenfalls hierher.

  3. c)

    Einführung eines europaweit einheitlichen Kennzeichnungssystems für die Naturschutz- und Umweltleistungen der Landwirtschaft. Dies macht u. a. die Teilnahme an den Maßnahmen A und C für die Konsumenten nachvollziehbar. Möglich ist auch die Verknüpfung mit gesamtbetrieblichen Zertifizierungssystemen für Nachhaltigkeitsleistungen, sofern diese anspruchsvoll ausgestaltet und staatlich akkreditiert sind. Die Kennzeichnung hoher Nachhaltigkeits- und Tierwohlstandards sollte in transnationalen privatrechtlichen Systemen wie GlobalGAP verankert und damit auch für Importprodukte verbindlich werden.

Die fünf Kernelemente der neuen Agrarpolitik werden durch Investitionen in die folgenden Rahmenbedingungen flankiert:

  1. 1.

    Investitionen in die digitale Infrastruktur im ländlichen Raum sind die Voraussetzung für Vernetzung, neue Geschäftsmodelle und die interaktive Nutzung digitaler Daten.

  2. 2.

    Eine praxisnahe und gemeinwohlorientierte, staatlich finanzierte Forschung und ein verbesserter Wissenstransfer, Beratungs-, Aus- und Fortbildungsangebote sowie betriebliche Investitions- und Innovationsförderung unterstützen die schnelle Entwicklung und Verbreitung neuer nachhaltigkeitsorientierter Praktiken.

Neben allen Fördermaßnahmen sichern ordnungsrechtliche Mindeststandards die Durchsetzung des Verursacherprinzips (Nitratrichtlinie/Düngeverordnung, Verordnungen zur Tierkennzeichnung usw.). Ihre konsequente Anwendung verhindert, dass Umweltkosten auf Dritte oder die Allgemeinheit abgewälzt werden. Zusätzlich zu den bestehenden Grundanforderungen an die Betriebsführung sollten künftig auch der Erosionsschutz, der Humuserhalt und das Dauergrünlandumwandlungsverbot in das Ordnungsrecht aufgenommen werden.

Eine kooperative Umsetzung in enger Abstimmung zwischen der Agrar- und der Umwelt- und Naturschutzpolitik füllt den Gesellschaftsvertrag mit Leben. Gemäß der jeweiligen Sachnähe sollte die Federführung für Programmteile mit überwiegend umwelt- und naturschutzfachlicher Zielsetzung bei der Umwelt- und Naturschutzpolitik bzw. -verwaltung liegen. Bei Teilen mit vorwiegend agrarwirtschaftlichen und einkommenspolitischen Zielen sollten Agrarpolitik und -verwaltung federführend sein. Die umwelt- und naturschutzfachlichen Programmteile sollten es nach Umfang und Ausgestaltung insbesondere ermöglichen, die Ziele der Natura 2000-Richtlinien umzusetzen. Sektorenübergreifende Auswirkungen und Folgen für Natur- und Umweltschutz müssen bei der Ausgestaltung der Politik konsequent berücksichtigt werden. Flexible, ergebnisorientierte Planungs- und Implementierungsprozesse erleichtern Kooperations- und Lernprozesse zwischen den Akteuren und erhöhen die Adaptivität. Auf der Basis des wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts und der praktischen Erfahrungen der Landwirtschaft sollten alle Maßnahmen regelmäßig hinsichtlich der Notwendigkeit zur Anpassung an die durch den globalen Wandel veränderten Bedingungen geprüft werden.

Die hier vorgeschlagene neue Agrarpolitik nimmt die wechselseitigen Erwartungen von Gesellschaft und Agrarsektor auf. Als Ausdruck eines zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrags mit der Landwirtschaft sollte sie es ermöglichen, den enormen ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen im ländlichen Raum wirksam zu begegnen.

2.4 Anhang (Tab. 2.1)

Tab. 2.1 Eine neue Architektur für die Agrarpolitik – Überblick. (Diese Überblickstabelle war nicht Teil des im Januar 2017 vorgestellten Policy-Papers)