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Elemente des Entscheidungsprozesses in Gruppen

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Entscheidungstheorie

Zusammenfassung

In Kap. 16 werden demokratische Gruppenentscheidungen betrachtet. Entscheidungsprozesse in Gruppen sind allgemein durch zwei Phasen gekennzeichnet, den Informations- und den Abstimmungsprozess. In der Praxis werden unterschiedliche Abstimmungsregeln eingesetzt; hierzu zählen die Single-Vote Regel, die Regel des paarweisen Vergleichs, die Borda-Regel und die Hare-Regel. Stärken und Schwächen dieser Regeln werden in diesem Kapitel erläutert. Besonderes Augenmerk wird dabei auf strategisches Verhalten der Gruppenmitglieder gelegt; ein Gruppenmitglied verhält sich strategisch, wenn es entgegen seiner eigentlichen Präferenz abstimmt, Koalitionen sucht, andere Mitglieder der Gruppe beeinflusst oder den Abstimmungsprozess zu beeinflussen sucht.

Bei der Delegation von Entscheidungen stellt sich die Frage, ob sie an eine Gruppe oder einen individuellen Entscheider erfolgen soll. Beide Optionen haben Vor- und Nachteile, die ebenfalls in diesem Kapitel erläutert werden.

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Notes

  1. 1.

    Durch die Annahme, die Menge der Handlungsalternativen sei bereits gegeben, wird die Problemstellung nicht wesentlich eingeengt. Natürlich stellt sich einer Gruppe im Rahmen eines Entscheidungsproblems im Allgemeinen auch die Aufgabe, (zusätzliche) Alternativen zu finden bzw. zu erfinden. In dieser Hinsicht unterscheidet sich jedoch der Entscheidungsprozess in einer Gruppe nicht von dem eines Einzelnen. Der Aspekt der Alternativensuche lässt sich außerdem leicht in die folgenden Darstellungen einbeziehen.

  2. 2.

    In der Realität könnte ein Mitglied z. B. aus Prestigegründen auch dann Beiträge leisten (es dokumentiert etwa seinen guten Informationsstand), wenn es davon überzeugt ist, dass die Beiträge keinen Einfluss auf die Entscheidung der Gruppe haben.

  3. 3.

    Gegebenenfalls kann das Mitglied die Präferenzordnungen anderer Mitglieder auch dadurch beeinflussen, dass es Belohnungen verspricht (bzw. Sanktionen androht) für den Fall, dass eine bestimmte Handlungsalternative gewählt (bzw. nicht gewählt) wird. Darauf wird im Folgenden nicht weiter eingegangen.

  4. 4.

    Für den Fall, dass ein Mitglied zwischen beiden Alternativen indifferent ist, kann die Regel vorsehen, dass es jeder Alternative eine halbe Stimme gibt. Im Folgenden werden die Abstimmungsregeln grundsätzlich nur für den Fall dargestellt und analysiert, dass kein Mitglied zwischen zwei oder mehr Alternativen indifferent ist.

  5. 5.

    Für einen außenstehenden Beobachter mag das Verhalten des Gremiums als paradox erscheinen. Es präferiert erst \(\text{A}_{1}\) gegenüber \(\text{A}_{2}\), dann präferiert es \(\text{A}_{3}\) gegenüber \(\text{A}_{1}\), obwohl \(\text{A}_{3}\) schlechter als \(\text{A}_{2}\) eingestuft wurde. Der paradoxe Effekt, dass beim paarweisen Vergleich trotz transitiver individueller Präferenzordnungen eine intransitive kollektive Präferenzrelation entstehen kann, wird als Wahlparadoxon (paradox of voting; vgl. Arrow 1963, S. 3) oder Condorcet-Effekt bezeichnet. Er wurde schon 1785 von Condorcet beschrieben. Vgl. Condorcet (1785).

  6. 6.

    Erhalten mehr als eine Alternative die (gleiche) maximale Stimmenzahl, so ist das Wahlergebnis noch nicht endgültig determiniert. Aus der Menge der Alternativen mit maximaler Stimmenzahl ist noch eine Auswahl zu treffen: Als gewählt könnte dann die Alternative gelten, die in der Rangordnung des Vorsitzenden den höchsten Platz einnimmt; die Auswahl könnte z. B. aber auch nach dem Zufallsprinzip erfolgen.

  7. 7.

    Erzielen zwei oder mehr Alternativen eine minimale Stimmenzahl, so kann z. B. die Elimination einer dieser Alternativen durch den Vorsitzenden des Gremiums oder nach einem Zufallsprozess erfolgen.

  8. 8.

    Im letzten Wahlgang mit zwei verbleibenden Alternativen kann bei gerader Mitgliederzahl auch wieder eine Pattsituation entstehen, sodass keine Alternative die absolute Mehrheit besitzt. Auch in diesem Fall kann durch den Vorsitzenden oder per Zufall entschieden werden. Zur Diskussion dieser Regel vgl. insbesondere Schauenberg (1992).

  9. 9.

    Diese (simultane) Alternativenwahl der Mitglieder (\(\text{M}_{1}\) und \(\text{M}_{2}\) stimmen für \(\text{A}_{1}\), die anderen Mitglieder für \(\text{A}_{2}\)) stellt spieltheoretisch ein sogenanntes Nash-Gleichgewicht dar: Kein Mitglied kann sich durch Wechsel der Alternative bei unveränderter Alternativenwahl der anderen Mitglieder verbessern. Würde nur ein Nash-Gleichgewicht existieren, wäre die dazugehörige Alternativenwahl der Mitglieder die einzige plausible Lösung. Hier finden sich allerdings mehrere Nash-Gleichgewichte. So stellt z. B. auch das oben beschriebene isolierte strategische Verhalten des Mitglieds \(\text{M}_{5}\) (\(\text{M}_{1}\) und \(\text{M}_{2}\) stimmen wieder für \(\text{A}_{1}\), die anderen Mitglieder für \(\text{A}_{3}\)) ein Nash-Gleichgewicht dar. Spieltheoretisch hat man es also hier mit einem Auswahlproblem bei Vorliegen multipler Nash-Gleichgewichte zu tun.

  10. 10.

    \(\text{M}_{2}\) kann (wenn \(\text{M}_{1}\) und \(\text{M}_{3}\) nicht strategisch stimmen) nicht die Wahl von \(\text{A}_{4}\) bewirken, da diese Alternative von den Mitgliedern \(\text{M}_{1}\) und \(\text{M}_{3}\) jeweils nur eine Stimme erhält.

  11. 11.

    Erste Überlegungen zu diesem Problem finden sich schon bei Farquharson (1956, 1969); Kramer (1972) und Pattanaik (1973).

  12. 12.

    Wie in Abschn. 16.4.2.3 gezeigt wurde, kann sich bei der Mehrheitsregel eine intransitive kollektive Präferenzrelation ergeben. Präferenzordnungen sind jedoch definitionsgemäß transitiv.

  13. 13.

    Zur Problematik der Ermittlung eines optimalen Gremiums aus Sicht einer delegierenden Instanz vgl. Laux 1979a, S. 139–236, b.

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Laux, H., Gillenkirch, R.M., Schenk-Mathes, H.Y. (2018). Elemente des Entscheidungsprozesses in Gruppen. In: Entscheidungstheorie. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57818-6_16

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