Die meisten Menschen definieren Ernährung ziemlich archaisch nur über die Verben essen, trinken und genießen. Begriffe wie Esskultur, Kochkünste, Köstlichkeiten, Schmausen oder Schlemmen zeugen von dem hohen gesellschaftlichen Rang, der mit dem Nachgeben des Nahrungstriebs verbunden ist. In der Tat erhöht gutes Essen die Lebensfreude und kann, in vernünftigen Mengen genossen, allein schon über die Aufhellung der Psyche den Gesundheitszustand verbessern.

So ist das Essverhalten auch stark durch nahe stehende Personen beeinflussbar. Nach einer Langzeitauswertung der Framingham Heart Study, in der die sozialen Netzwerke von 12.067 Menschen in den Jahren 1971–2003 untersucht wurden, lag die Wahrscheinlichkeit für eine Person übergewichtig zu werden, bei 57 %, wenn der Freund bzw. die Freundin im gleichen Zeitraum ebenfalls ein Zuviel an Gewicht auf die Waage brachte. Bei Geschwistern betrug diese Wahrscheinlichkeit 40 % und bei Ehepartnern 37 %. Diese Effekte übertrugen sich nicht auf andere Menschen in der direkten Nachbarschaft. Genomanalysen zeigen dann auch, dass sehr gut befreundete Menschen offenbar ein ähnliches Erbgut haben (Christakis und Fowler 2007, 2014).

Verantwortlich für die psychischen Auswirkungen der Nahrungsaufnahme sind vor allem endogene Cannabinoide, die über den speziellen Endocannabinoid-Rezeptor CB-1 die hypothalamischen Appetitregelkreise modulieren. Die Endocannabinoide sind Teil eines Belohnungssystems in unserem Gehirn, was ihre Ausschüttung gerade durch wohlschmeckende Nahrungsmittel oder nach einer Nüchternphase verständlich macht. Unter normalen Bedingungen ist dieser Prozess so ausgerichtet, dass das Energiegleichgewicht erhalten bleibt. Eine häufige übermäßige Nahrungsaufnahme setzt jedoch dauerhafte Überregulierungen des Endocannabinoid-Systems in Gang, mit den Folgen eines stets anhaltenden Appetits, einer ständig vermehrten Zunahme von Nahrung und parallel dazu mit einem weiteren Anstieg der Konzentrationen von endogenen Cannabinoiden.

Ob jemand speziell auf Energie aus Alkohol oder Süßem leicht verzichten kann, wird offenbar vom Hormon »fibroblast growth factor 21« gesteuert (Talukdar et al. 2016). In Versuchen an Affen konnte gezeigt werden, dass dieses Hormon als Reaktion auf eine kohlenhydratreiche Mahlzeit vermehrt in der Leber gebildet wird, danach ins Gehirn gelangt und dort über eine Verminderung der Dopamin-Ausschüttung im Belohnungssystem deutlich das Verlangen nach Alkohol und Zucker senkt.

Abb. 14.1
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