Zusammenfassung
Schon in der Frühzeit des Christentums wurde die zentrale Rolle der Bischöfe als Richter und Streitschlichter innerhalb der christlichen Gemeinschaft begründet, die nicht nur mit einer Anwendung religiöser Grundsätze auf die Justiz einherging, sondern auch aus der fehlenden Unterscheidung zwischen religiöser, politischer, sozialer und gerichtlicher Sphäre resultierte. Das Bild des Bischofs als Richter und Vermittler im Mittelalter wurde entscheidend dadurch geprägt, dass das Bischofsamt sich in dieser Zeit des Charismas (Max Weber) aus den Taten und Handlungen seiner Repräsentanten konstituierte, die ihre Aufgaben auf sehr unterschiedliche Weise meisterten. Das hier in Erscheinung tretende Konzept der Konfliktregelung war insgesamt das Ergebnis einer tiefgreifenden Verflechtung weltlicher und geistlicher Wertesysteme. Als ordentlichem Richter (iudex ordinarius) seiner Diözese waren dem Bischof nicht nur die rechtserheblichen Akte des öffentlichen Bußverfahrens vorbehalten, sondern es wurde auch die Überordnung des bischöflichen über das gräfliche Gericht in einer Zeit der Schwächung herrscherlicher Gewalt mit der Sorge um den rechten Glauben und dem Gewinn für die Seelen begründet. In der neueren Forschung wird eine zu scharfe Trennung zwischen institutioneller Gerichtsbarkeit und infrajudizieller Konfliktregelung durch die Bischöfe, die jeweils auf ihrer besonderen Autorität und Verantwortung beruhten, zurückgewiesen. Eine entscheidende Weichenstellung wird in der Entstehung der Sendgerichte gesehen, die auf die Notwendigkeit einer Neuordnung des Gerichtswesens und auf einen Wandel des bischöflichen Selbstverständnisses in karolingischer Zeit zurückgeführt wird. Konflikte um die bischöfliche Gerichtsbarkeit ergaben sich vor allem aus der Konkurrenz zwischen weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit (privilegium fori), der Doppelrolle der Bischöfe als geistliche und weltliche Herren und dem Mißbrauch richterlicher Gewalt durch die Bischöfe. Trotzdem wurden noch im Spätmittelalter von den städtischen Obrigkeiten die bischöflichen Verfahren gegen öffentliche Sünder als wirkungsvolle Sanktionierung bei schweren Vergehen akzeptiert.
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Kéry, L. (2021). Konfliktlösung durch Bischöfe. In: von Mayenburg, D. (eds) Konfliktlösung im Mittelalter . Handbuch zur Geschichte der Konfliktlösung in Europa , vol 2. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56098-3_12
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