Zusammenfassung
Wenn wir Menschen mit geistiger Behinderung in das „normale“ Leben einbeziehen wollen, können wir dabei den Themenbereich „Alter – Krankheit – Sterben – Tod – Trauer“ nicht aussparen. Das wäre auch vergeblich, da sie mit diesen Themen ganz natürlich in Berührung kommen. Menschen mit geistiger Behinderung sind in zweifacher Hinsicht unsere Gesprächspartner im Themenkreis Palliative Care zu Krankheiten, Sterben und Tod. Zum einen sind sie die Kranken, Schwerkranken und Sterbenden und brauchen in diesen Situationen die ihrem individuellen Hilfsbedarf angepasste Begleitung und Unterstützung. Zum anderen sind Menschen mit geistiger Behinderung auch Angehörige, Bezugspersonen und Begleiter von Kranken, Schwerkranken und Sterbenden und brauchen in dieser Rolle Informationen über das, was sie sehen und erleben, und Begleitung bei der emotionalen Verarbeitung des Gesehenen.
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Notes
- 1.
Die Einwilligungsfähigkeit in die Durchführung oder Ablehnung einer vorgeschlagenen medizinischen Behandlung definiert sich nicht durch das Bestehen einer Betreuung für Gesundheitsfragen. Die Einwilligungsfähigkeit wird vom behandelnden Arzt immer bezogen auf die eine Situation und die eine zur Entscheidung anstehende Frage eingeschätzt, es gibt keine allgemeine und immer gültige Einwilligungsfähigkeit oder Einwilligungsunfähigkeit. Jede neue Situation verlangt eine neue Einschätzung.
- 2.
Angehörige sind nicht Betreuer eines Menschen mit geistiger Behinderung aufgrund ihrer Verwandtschaft. Auch Eltern und Geschwister sind nur dann Betreuer, wenn sie für Erwachsene als gesetzliche Betreuer bestellt sind (§ 1896 BGB).
- 3.
Hier kommen wir an die Frage der Schweigepflicht. Wenn der Mensch mit geistiger Behinderung es nicht möchte, dass Informationen über seinen Gesundheitszustand und die anstehende Behandlung an andere Bezugspersonen weitergegeben werden, muss das unterbleiben. Wenn man mit ihm die Situation besprechen kann, kann man sicher auch mit ihm diese Frage besprechen.
- 4.
Eindringen von Fremdkörpern in die Atmung – Flüssigkeiten, Speisen, Speichel – mit (anfangs) nachfolgendem kräftigem Husten, der schwächer wird, bis aus den Aspirationen „stille Aspirationen“ werden – d. h. der Hustenreiz ist beeinträchtigt und bleibt dann aus.
- 5.
Angedickte Flüssigkeiten sind im Fließen langsamer, sodass mundmotorisch mehr Zeit bleibt, zum Schlucken einzustellen. Die Beratung über die Kostform und mögliche Hilfsmittel zur Nahrungsaufnahme ist unabdingbar und kann noch lange die künstliche Ernährung hinausschieben.
- 6.
Wenn der erkrankte Mensch mit geistiger Behinderung das nicht entscheiden kann.
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Franke, E. (2018). Gespräche im Themenkreis Palliative Care. In: Anders leben - anders sterben. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55825-6_5
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