Zusammenfassung
Der polnische Staatsangehörige P erwarb im Juli 2015 in den Niederlanden von unbekannten Mitgliedern einer rumänischen Diebesbande zuvor in Deutschland entwendete Gegenstände, um diese gewinnbringend weiter zu veräußern. Es handelte sich dabei um ein Motorrad der Marke BMW sowie um fünf Blu-ray-Player der Marke Panasonic, die von den rumänischen Tätern aus einem Warenlager der in München ansässigen Luxus-Warenhaus AG (L-AG) gestohlen worden waren. In der Folgezeit konnte das Motorrad von der niederländischen Polizei bei P sichergestellt werden. Die fünf Blu-ray-Player waren allerdings schon zuvor von P von den Niederlanden aus über die Internetplattform „OranjeBAY“ gegen Höchstgebot an den in Deutschland wohnhaften deutschen Staatsbürger D verkauft und verschickt worden. In der Angebotsanzeige hatte P die Geräte als „Neuware aus einer Geschäftsauflösung“ beworben. D, der von seinem Rechner in Trier aus die Gebote für die in den Niederlanden befindlichen Blu-ray-Player abgegeben hatte, ging deshalb von der Legalität der Herkunft der Geräte aus. Die Computerserver der Firma „OranjeBAY“ befinden sich sämtlich auf niederländischem Staatsgebiet. Auf die Idee, die DVD-Player über das Internet abzusetzen, war P durch seine russische Freundin F gebracht worden, die den P hierzu in einem von ihrer Moskauer Wohnung aus mit P in den Niederlanden geführten Telefongespräch überredet hatte.
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- 1.
AnwK-Zöller, Vor § 3 Rn. 2; Ambos, IntStR, § 1 Rn. 9; Hecker, EuStR, Kap. 2 Rn. 3; Walter, JuS 2006, 870 (871).
- 2.
BGHSt 27, 30 (34).
- 3.
Anders insoweit Hecker (Fall 1), der den Strafgrund der Hehlerei nicht nur in der Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage, sondern auch in der besonderen Gefährlichkeit des Hehlers erblickt, der mit seiner Bereitschaft zur Abnahme oder zum Absatz der Diebesbeute einen ständigen Anreiz zur Begehung von Vermögensdelikten schafft; vgl. dazu den Nachw. in Fn 4.
- 4.
Fischer, § 259 Rn. 2; Zöller, BT I, Rn. 497; a. A. Schönke/Schröder-Stree/Hecker, § 259 Rn. 3.
- 5.
OLG München StV 1991, 504 (505).
- 6.
OLG München StV 1991, 504; OLG Stuttgart NStZ 2004, 402.
- 7.
MüKo-Ambos, § 9 Rn. 18.
- 8.
OLG München StV 1991, 504; KG NStZ-RR 2007, 16 (17).
- 9.
AnwK-Zöller, § 7 Rn. 2.
- 10.
AnwK-Zöller, § 5 Rn. 3; § 7 Rn. 4.
- 11.
Vgl. § 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG).
- 12.
AnwK-Zöller, § 5 Rn. 4.
- 13.
NK-Böse, § 7 Rn. 4; Schönke/Schröder-Eser, § 7 Rn. 6; SK StGB-Hoyer, § 7 Rn. 8.
- 14.
OLG Stuttgart NStZ 2004, 402 (403 f.); LK-Werle/Jeßberger, § 7 Rn. 63; MüKo-Ambos, § 7 Rn. 23; Fischer, § 7 Rn. 4; AnwK-Zöller, § 7 Rn. 5.
- 15.
LK-Werle/Jeßberger, § 7 Rn. 62; MüKo-Ambos, § 7 Rn. 23; Henrich, Personalitätsprinzip, 113.
- 16.
OLG Stuttgart NStZ 2004, 402 f.; KG StraFo 2006, 337; AG Bremen NStZ-RR 2005, 87; AnwK-Zöller, § 7 Rn. 5; Ambos, IntStR, § 3 Rn. 46, Esser, IntStR, § 14 Rn. 59.
- 17.
Bei entsprechender Begründung ist auch die Einstufung der L-AG als deutsches Tatopfer i. S. v. § 7 I StGB vertretbar. Von der Tatortstrafbarkeit in den Niederlanden ist laut Bearbeitervermerk auszugehen, so dass das deutsche Strafrecht anwendbar wäre. Rechtswidrigkeit und Schuld liegen dann unproblematisch vor, so dass im Ergebnis eine Strafbarkeit nach § 259 I StGB zu bejahen wäre. Für eine gewerbsmäßige Hehlerei nach § 260 I Nr. 1 StGB dürften sich im Sachverhalt kaum Anhaltspunkte finden lassen.
- 18.
BGHSt 14, 170 (171); Rengier, BT I, § 13 Rn. 63; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 515; Zöller, BT I, Rn. 152.
- 19.
Vgl. nur MüKo-BGB-Oechsler, § 935 Rn. 18.
- 20.
LK-Tiedemann, § 263 Rn. 3; MüKo-Hefendehl, § 263 Rn. 11; Schönke/Schröder-Perron, § 263 Rn. 5.
- 21.
MüKo-Lauer, § 259 Rn. 109; NK-Altenhain, § 259 Rn. 43; Fischer, § 259 Rn. 15.
- 22.
Schönke/Schröder-Stree/Hecker, § 259 Rn. 28.
- 23.
Vgl. dazu die Ausführungen unter A. I. 3.
- 24.
LR-Graalmann-Scherer, § 170 Rn. 24; HK-Zöller, § 170 Rn. 3; Pommer, Jura 2007, 662 (663).
- 25.
Vgl. dazu die Ausführungen zu Aufgabe 1.
- 26.
BVerfGE 75, 1 (18 ff.); BVerfG NJW 2012, 1202 (1203); vgl. auch OLG Frankfurt NStZ-RR 2014, 27 (28).
- 27.
Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 53 Rn. 21.
- 28.
Näher dazu Zöller, Krey-FS, S. 501 (503 f.).
- 29.
Zöller, Krey-FS, S. 501 (509).
- 30.
S. hierzu das Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union (ABl. C 340, 93 v. 10.11.1997).
- 31.
Vgl. dazu nur Ambos, IntStR, § 10 Rn. 121 ff.; Esser IntStR, § 7 Rn. 14 ff.; Hecker, EuStR, Kap. 13 Rn. 23 ff.; Satzger, IntStR, § 10 Rn. 60 ff.
- 32.
EuGH NJW 2003, 1173 (Rechtssachen C-187/01 [„Gözutök“] und C-385/01 [„Brügge“]).
- 33.
Hecker, EuStR, Kap. 13 Rn. 36.
- 34.
Hecker, EuStR, Kap. 13 Rn. 42; Satzger, IntStR, § 10 Rn. 69; Zöller, Krey-FS, S. 501 (512).
- 35.
Eine Bindungswirkung ist lediglich für Polen, Tschechien und das Vereinigte Königreich ausgeschlossen.
- 36.
Eser, in: Meyer (Hrsg.), GRCh, Art. 50 Rn. 13; Zöller, Krey-FS, S. 501 (518).
- 37.
Zum Hintergrund Heger, ZIS 2009, 406 (408); Zöller, Krey-FS, S. 501 (518).
- 38.
Die heutige Regelung des Art. 50 GRCh war bereits in Art. II-110 des Entwurfs für den Vertrag über eine Verfassung für Europa wortgleich, d. h. ebenfalls ohne Vollstreckungselement, enthalten; vgl. ABl. C 310, 52 v. 16.12.2004.
- 39.
Zur (fehlenden) Bindung Polens, Tschechiens und des Vereinigten Königreichs Zöller, Krey-FS, S.501 (520 f.); Merkel/Scheinfeld, ZIS 2012, 206 (208 m. Fn 16).
- 40.
Zöller, GA 2016, 325 (333).
- 41.
- 42.
Merkel/Scheinfeld, ZIS 2012, 206 (209); Böse, in: Hochmayr (Hrsg.), „Ne bis in idem“ in Europa, 171 (173); vgl. auch Rosbaud, StV 2013, 291 (293), der allerdings davon ausgeht, dass mit Art. 50 GRCh lediglich der geltende Rechtsbestand in der Union und den Mitgliedstaaten festgeschrieben werden sollte.
- 43.
- 44.
Zöller, GA 2016, 315 (334).
- 45.
- 46.
Zöller, GA 2016, 315 (334).
- 47.
Zum Beispiel des Nord-Süd-Gefälles bei Drogendelikten in der Bundesrepublik Deutschland Merkel/Scheinfeld, ZIS 2012, 206 (211).
- 48.
Zöller, GA 2016, 315 (335).
- 49.
I. Erg. ebenso Heger, ZIS 2009, 406 (408); Reichling, StV 2010, 237; Böse, GA 2011, 504 ff.
- 50.
- 51.
Ambos, IntStR, § 10 Rn. 132; Esser, IntStR, § 7 Rn. 43; Hecker, EuStR, Kap. 13 Rn. 39; Satzger, IntStR, § 10 Rn. 70; Brodowski, ZIS 2010, 376 (383); Hackner, NStZ 2011, 425 (429); Eckstein, ZStW 124 (2012), 490 (523).
- 52.
Eine derart umfassende Streitdarstellung kann in der Klausur nicht erwartet werden, wenn – wie hier – nach beiden Auffassungen ein Strafklageverbrauch nach Art. 50 GRCh zu bejahen ist. Insofern dienen die Ausführungen primär der Hintergrundinformation über die im Schrifttum lebhaft geführte Debatte zum Verhältnis von Art. 54 SDÜ zu Art. 50 GRCh.
Hinweise auf Rechtsprechung und Literatur
EuGH NJW 2003, 1173 (Rechtskräftige Aburteilung i. S. v. Art. 54 SDÜ)
EuGH NJW 2014, 3007 (Art. 54 SDÜ als Schrankenbestimmung zu Art. 50 GRCh)
BGHSt 56, 11 (Tötung Unbeteiligter in Italien im Zweiten Weltkrieg als Rache für einen Partisanenangriff)
OLG Stuttgart NStZ 2004, 402 (Anwendung deutschen Strafrechts auf Auslandstaten)
KG NStZ-RR 2007, 17 (Tatort der Hehlerei; Auslandstat gegen juristische Person)
LG Aachen StV 2010, 237 (Verhältnis zwischen Art. 50 GRCh und Art. 54 SDÜ)
Ambos, Internationales Strafrecht, 4. Aufl., 2014, § 10 Rn. 112–138
Esser, Europäisches und Internationalens Strafrecht, 2014, § 7 Rn. 1–46
Hecker, Europäisches Strafrecht, 5. Aufl., 2015, Kap. 2 Rn. 1-60, Kap. 13 Rn. 1–68
Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 7. Aufl., 2016, §§ 3–6, § 10 Rn. 51–74
Böse, Die transnationale Geltung des Grundsatzes „ne bis in idem“ und das „Vollstreckungselement“, GA 2011, 504 ff.
Merkel/Scheinfeld, Ne bis in idem in der Europäischen Union – zum Streit um das „Vollstreckungselement“, ZIS 2012, 206 ff.
Meyer, Transnationaler ne-bis-in-idem-Schutz nach der GRC – Zum Fortbestand des Vollstreckungselements aus Sicht des EuGH, HRRS 2014, 270 ff.
Nestler, Das Ende des Vollstreckungselements im (teil-)europäischen Doppelbestrafungsverbot?, HRRS 2013, 337 ff.
Walther, Zur Verschränkung von Strafprozess-, Europa- und Verfassungsrecht – Zugleich Besprechung von LG Aachen StraFo 2010, 190, BGHSt 56, 11 und BVerfG NJW 2012, 1202, ZJS 2013, 16 ff.
Zöller, Die transnationale Geltung des Grundsatzes ne bis in idem nach dem Vertrag von Lissabon, Krey-FS, 2010, S. 501 ff.
ders., Das transnationale europäische Doppelbestrafungsverbot – Luxemburgum locutum, causa finita?, GA 2016, 315 ff.
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Zöller, M.A. (2017). Diebesgrüße aus Holland. In: Fallsammlung zum Europäischen und Internationalen Strafrecht. Juristische ExamensKlausuren. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54021-3_3
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