Zusammenfassung
Die Haftung der Organe von Finanzmarktteilnehmern kann sich aus verschiedenen Anspruchsgrundlagen ergeben. Vor der Einführung von §§ 37b, 37c WpHG standen dabei Ansprüche gem. § 826 BGB oder § 823 II BGB i.V.m. § 400 AktG im Vordergrund. Die Schadensersatzpflicht nach §§ 37b, 37c WpHG trifft nur den Emittenten von Finanzinstrumenten, nicht aber die handelnden Personen. Daher ist die deliktische Haftung auch neben den spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlagen des WpHG relevant. Anspruchsgegner nach § 826 BGB ist der Handelnde. Da der Vorstand in eigener Verantwortung die Gesellschaft leitet, muss er etwa für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen einstehen, die in den Kernbereich der Leitungsfunktion fallen. Problemschwerpunkte bilden die Fragen, ob die Veröffentlichung einer unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung oder die Unterlassung der Veröffentlichung objektiv als sittenwidrige Schädigung einzuordnen ist, wann dem Beklagten ein Schädigungsvorsatz vorzuwerfen ist und unter welchen Voraussetzungen Kausalität und Schaden bejaht werden können. Im Hinblick auf die Haftung wegen der Verletzung von Schutzgesetzen ist nur in Einzelfällen geklärt, in welchem Umfang die Verletzung einzelner Normen als Verletzung von Schutzgesetzen i.S.d. § 823 II BGB angesehen werden kann. Anerkannt ist die Schutzgesetzqualität von § 400 I Nr. 1 AktG, der die unrichtige oder verschleiernde Wiedergabe von Gesellschaftsverhältnissen unter Strafe stellt. Auch § 264a StGB als Norm zur Ahndung des Kapitalanlagebetrugs und der Betrugstatbestand nach § 263 StGB sind Schutzgesetze i.S.d. § 823 II BGB. Umstritten ist hingegen, ob die Vorschriften zum Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation drittschützenden Charakter haben. Für die deutsche Norm des § 20a WpHG a.F. hat der BGH dies im Ergebnis abgelehnt. Gleiches gilt für die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG a.F. Seit dem 3.7.2016 sind das Verbot der Marktmanipulation und die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen in einer europäischen Verordnung (Marktmissbrauchsverordnung (EU) Nr. 596/2014) geregelt. Ob diese Vorschriften Schutzgesetzcharakter haben, ist noch nicht geklärt. Die inzwischen überwiegende Literaturansicht bejaht dies. Das hätte zur Folge, dass bei einer Kurs- und Marktpreismanipulation und einer Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht Schadensersatzansprüche zu bejahen sind. Das Unternehmen als juristische Person haftet über § 31 BGB grundsätzlich für das Verhalten ihrer Organe. Zudem haftet es als Emittent von Finanzinstrumenten nach §§ 37b, 37c WpHG auf Schadensersatz wegen unterlassener oder fehlerhafter Ad-hoc-Meldungen. Probleme bestehen zudem bei der Rechtsdurchsetzung. Als Reaktion auf die Missstände am Neuen Markt hat der Gesetzgeber das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) geschaffen.
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Möllers, T.M. (2017). § 84 Organhaftung. In: Derleder, P., Knops, KO., Bamberger, H. (eds) Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-52805-1_33
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