Zusammenfassung
Mit The Snake Pit gelang erstmals im Spielfilm eine neue, wirklichkeitsnahe, wenn auch verstörende Einsicht in das psychiatrische Anstaltsleben. Paradigmatisch folgt der Film der Kranken- und Leidensgeschichte einer jungen Frau und deckt dabei die unerträglichen Zustände einer Massenverwahrung innerhalb des öffentlichen und permanent staatlich unterfinanzierten Systems Psychiatrie auf: ein Leben im Sog der Schlangengrube. Mut macht der Film dennoch: Es ist der Therapeut, der die Hoffnung auf Besserung für psychisch Kranke und die Zuversicht auf eine mögliche Heilung in einer ansonsten trostlosen Anstaltswelt hochhält. Der Spielfilm mit seiner realistisch kritischen Sichtweise und zugleich zuversichtlichen Grundhaltung kann als eine Ausnahme in jener Zeit und darüber hinaus gelten. Er ist ein mutiges und wichtiges künstlerisches Zeitdokument.
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Notes
- 1.
Der Begriff der »popularised version of psychoanalysis« wurde ursprünglich von Frank Krutnik bzgl. des »film noir« geprägt, lässt sich aber auch auf Filme, die sich im unmittelbaren psychiatrischen Umfeld bewegen, anwenden, wie etwa Hitchcocks »Spellbound« (USA 1945) oder eben The Snake Pit (Krutnik 1991, S. 45).
- 2.
Der Begriff Schizophrenie wird sowohl in der Buchvorlage als auch im Film selbst nicht explizit erwähnt, ergibt sich aber aus der gezeigten Symptomatik.
- 3.
Die Anwendung verschiedener somatischer und psychotherapeutischer (hier psychoanalytischer) Therapieverfahren bei (wahrscheinlich vorliegender) »Psychose« ist bemerkenswert und wurde im klinischen Alltag sicherlich nicht in diesem Umfang angewendet. Der Film aber kann damit einen Einblick in die Palette der therapeutischen Möglichkeiten der Zeit gewähren. Zudem soll – was selbst in den USA, wo der Einfluss der Psychoanalyse immer stärker wurde, noch ungewöhnlich in den 1940er-Jahren war – der für Dr. Kik vorbildgebende Arzt Dr. Chrzanowski tatsächlich psychoanalytische Verfahren bei schizophrenen Patienten angewendet haben ( McCoubry 2000).
- 4.
Der »off-screen voice«, bei der die Stimme in raumzeitlicher Relation zum Gezeigten steht und durch einen Kameraschwenk sichtbar wäre, aber nicht gezeigt wird, ist ein häufig verwendetes Stilmittel im Film, das das Durcheinander in der überbelegten Anstalt unterstreicht.
- 5.
Zu den durchaus dramatischen Zuständen im ersten Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland vgl. Faulstich 2003.
- 6.
Die Narkosynthese wurde vor allem bei traumatisierten Soldaten während und nach dem Zweiten Weltkrieg angewendet, um medikamentös einen sedierenden Effekt und ein Sprechbedürfnis hervorzurufen und somit psychotherapeutisch intervenieren zu können. Im nachfolgend genannten Dokumentarfilm »Let There be Light« (1946) wird ein solches Verfahren gezeigt.
- 7.
In Großbritannien sollte der Film zunächst gar nicht gezeigt werden, was Regisseur Anatole Litvak jedoch abwenden konnte. So kam eine deutlich geschnittene Version in die Kinos, und selbst bei dieser war die Diskussion, ob der Film überhaupt aufgeführt werden sollte, eine kontrovers geführte. So titelte etwa die Sunday Times »Ein gefährlicher Film«, die Daily Mail schrieb: »Führt Snake pit auf – ja, ja, ja!« (zit. nach o. A. 1949).
- 8.
In Großbritannien sollte der Film zunächst gar nicht gezeigt werden, was Regisseur Anatole Litvak jedoch abwenden konnte. So kam eine deutlich geschnittene Version in die Kinos, und selbst bei dieser war die Diskussion, ob der Film überhaupt aufgeführt werden sollte, eine kontrovers geführte. So titelte etwa die Sunday Times »Ein gefährlicher Film«, die Daily Mail schrieb: »Führt Snake pit auf – ja, ja, ja!« (zit. nach o. A. 1949).
- 9.
Die Narkosynthese wurde vor allem bei traumatisierten Soldaten während und nach dem Zweiten Weltkrieg angewendet, um medikamentös einen sedierenden Effekt und ein Sprechbedürfnis hervorzurufen und somit psychotherapeutisch intervenieren zu können. Im nachfolgend genannten Dokumentarfilm »Let There be Light« (1946) wird ein solches Verfahren gezeigt.
- 10.
Zu den durchaus dramatischen Zuständen im ersten Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland vgl. Faulstich 2003.
- 11.
Der »off-screen voice«, bei der die Stimme in raumzeitlicher Relation zum Gezeigten steht und durch einen Kameraschwenk sichtbar wäre, aber nicht gezeigt wird, ist ein häufig verwendetes Stilmittel im Film, das das Durcheinander in der überbelegten Anstalt unterstreicht.
- 12.
Die Anwendung verschiedener somatischer und psychotherapeutischer (hier psychoanalytischer) Therapieverfahren bei (wahrscheinlich vorliegender) »Psychose« ist bemerkenswert und wurde im klinischen Alltag sicherlich nicht in diesem Umfang angewendet. Der Film aber kann damit einen Einblick in die Palette der therapeutischen Möglichkeiten der Zeit gewähren. Zudem soll – was selbst in den USA, wo der Einfluss der Psychoanalyse immer stärker wurde, noch ungewöhnlich in den 1940er-Jahren war – der für Dr. Kik vorbildgebende Arzt Dr. Chrzanowski tatsächlich psychoanalytische Verfahren bei schizophrenen Patienten angewendet haben ( McCoubry 2000).
- 13.
Der Begriff Schizophrenie wird sowohl in der Buchvorlage als auch im Film selbst nicht explizit erwähnt, ergibt sich aber aus der gezeigten Symptomatik.
- 14.
Der Begriff der »popularised version of psychoanalysis« wurde ursprünglich von Frank Krutnik bzgl. des »film noir« geprägt, lässt sich aber auch auf Filme, die sich im unmittelbaren psychiatrischen Umfeld bewegen, anwenden, wie etwa Hitchcocks »Spellbound« (USA 1945) oder eben The Snake Pit (Krutnik 1991, S. 45).
Literatur
Brandell JR (Hrsg) (2004) Celluloid Couches, Cinematic Clients: Psychoanalysis and Psychotherapy in the Movies. State University of New York Press, New York
Braunmühl A von (1950) Gefährliche »Schlangengrube«. Frankfurter Hefte 5:580–582
Clooney N (2003) The movies that changed us. Reflection on the Screen. Atria, New York
Crowther B (1948) The snake pit. Snake pit, study of mental ills based on Mary Jane Ward’s novel, opens at Rivoli. NY Times, 5 November 1948
Decker C (2003) Hollywoods kritischer Blick. Das soziale Melodrama in der amerikanischen Kultur. Campus, Frankfurt a.M. New York
Faulstich H (2003) Die Anstaltspsychiatrie unter den Bedingungen der »Zusammenbruchgesellschaft«. In: Kersting, F-W (Hrsg) Psychiatriereform als Gesellschaftsreform. Die Hypothek des Nationalsozialismus und der Aufbruch der sechziger Jahre. Schöningh, Paderborn
Fishbein L (1998) The snake pit. The sexist nature of sanity. In: Rollins PC (ed) Hollywood as historian: American film in a cultural context. University Press of Kentucky, Lexington, S 134–158
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o. A. (1949) Schlangen vor der Schlangengrube, Spiegel 25
o. A.(1950) Die Irren von Eichberg, Die Zeit 28
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Ward MJ (1974) Die Schlangengrube. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach
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Haack, K., Kumbier, E. (2017). Der perfekte Therapeut. In: Seelenkenner Psychoschurken. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-50486-4_20
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