Der Klimawandel wirkt sich auf die biogeochemischen Stoffkreisläufe von Kohlenstoff und Stickstoff in der Biosphäre aus und beeinflusst deren Stoffaustausch mit der Atmosphäre, dem Grundwasser und den Oberflächengewässern. Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf wenig intensiv bis nicht genutzten terrestrischen Ökosystemen, da intensiv landwirtschaftlich genutzte Systeme deutlich stärker durch Nutzung und Management beeinflusst werden als durch den Klimawandel.

Die Projektion von Änderungen der biogeochemischen Stoffflüsse ist sowohl aufgrund der großen räumlichen Heterogenität von Umweltfaktoren wie Bodenart, Flurabstand, Topografie, Landnutzung und Vegetationsbedeckung als auch wegen der hohen räumlich-zeitlichen Variabilität des Klimawandels nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet. Gleichwohl kann davon ausgegangen werden, dass sich die ökosystemaren Kohlenstoff- und Stickstoffflüsse zwischen Biosphäre, Atmosphäre und Hydrosphäre zukünftig deutlich verändern werden – mit positiven wie auch negativen Rückkopplungseffekten auf den Klimawandel. Im Folgenden werden die zu erwartenden Veränderungen für die einzelnen betroffenen terrestrischen Ökosysteme, soweit möglich, nach Faktoren getrennt dargestellt.

1 Wald

Wälder sind von großer Bedeutung für den Kohlenstoff-, Stickstoff- und Wasserkreislauf der Erde. Global betrachtet sind Wälder herausragende Kohlenstoff- und Stickstoffspeicher sowie Regulatoren des Wassergehalts der Atmosphäre. Sie spielen damit eine maßgebliche Rolle in der Regulation des Klimas. In Kap. 19 werden die Bedeutung der Waldbiomasse als Kohlenstoffspeicher und ihre Beeinflussung durch Bewirtschaftung, Nutzung und Klimawandel näher beleuchtet. Hier werden insbesondere die Stoffumsetzungen im Boden, der Stoffaustausch mit der Atmosphäre und dem Grund- und Oberflächenwasser sowie deren Beeinflussung durch unterschiedliche Aspekte des Klimawandels betrachtet.

1.1 Temperaturänderungen

Die Temperatur ist neben der Wasserverfügbarkeit die wichtigste Kontrollvariable für biogeochemische Prozesse. Im Allgemeinen werden Stoffumsetzungen durch Erhöhung der Temperatur beschleunigt. Dies gilt auch für die Prozesse, die an der Entstehung von Spurengasen beteiligt sind. So war in einem Fichtenwald in der Nähe von Augsburg über einen Beobachtungszeitraum von 5 Jahren die Bodentemperatur der entscheidende Parameter, der die Höhe der Bodenemissionsraten von Kohlendioxid (CO2) und Stickstoffmonoxid (NO) steuerte, wobei die höchsten Emissionsraten bei den höchsten Bodentemperaturen auftraten (Wu et al. 2010). Bei weiterer Temperaturzunahme ist damit zu rechnen, dass auch die Emissionen dieser beiden Gase aus Böden zunehmen werden, wenn nicht die Wasserverfügbarkeit im Boden limitierend wirkt (Abschn. 17.1.2). Die Höhe der Kohlenstoffspeicherung im Boden hängt stark von klimatischen Faktoren ab. Daher ist bei fortgesetztem Anstieg der minimalen Bodentemperaturen in Deutschland (Kreyling und Henry 2011) insbesondere im Winter mit einer vermehrten Zersetzung der organischen Bodensubstanz zu rechnen. Das hätte eine Verringerung der ökosystemaren Kohlenstoffspeicherfunktion zur Folge.

Jeder biologische und biogeochemische Prozess besitzt seine eigene spezifische Temperaturabhängigkeit, was dazu führen kann, dass bei Temperaturerhöhung zuvor eng gekoppelte, im Gleichgewicht stehende Prozesse entkoppelt werden und aus dem Gleichgewicht geraten. Dies tritt beispielsweise bei der Fotosynthese und der Atmung (Respiration) auf – den beiden wichtigsten Prozessen der Kohlenstoffaufnahme und -abgabe in allen Ökosystemen. Während die Fotosyntheserate bei den meisten Pflanzenarten, insbesondere der gemäßigten und kühleren Klimazonen, oberhalb von 30 °C rasch abfällt, nimmt die Atmung mit weiter steigender Temperatur zunächst weiter zu, bis es dann auch hier, meist oberhalb von 40 °C, ebenfalls zu einer Abnahme kommt (Abb. 17.1). Bei intensiveren sommerlichen Hitzeperioden ist deshalb mit einer Abnahme der CO2-Aufnahmekapazität der Wälder in Deutschland zu rechnen, auch wenn dabei wie im Rekordsommer 2003 die Gesamtökosystemrespiration trockenheitsbedingt ebenfalls, aber deutlich weniger stark als die Fotosynthese abnimmt (Ciais et al. 2005). Das bedeutet, dass die Funktion von Wäldern, atmosphärisches CO2 aufzunehmen, bei weiterer Erwärmung stark abnehmen könnte. Andererseits können erhöhte Temperaturen durch erhöhte Mineralisierung organischer Bodensubstanz auch die Stickstoffversorgung von Wäldern verbessern und dadurch das Waldwachstum stimulieren.

Abb. 17.1
figure 1

Schema der Temperaturabhängigkeiten der pflanzlichen Fotosynthese und Atmung. Nettoassimilation ist die Differenz zwischen der Fotosynthese und der Atmung der Pflanze. Nettokohlenstoffverlust bedeutet, dass die Pflanze mehr Kohlenstoff über die Atmung verliert, als sie über die Fotosynthese aufnimmt, sich somit also selbst „verzehrt“. (Verändert nach Larcher 2003).

Nicht nur hohe Temperaturen, sondern auch Änderungen in der Häufigkeit und Dauer von Frostperioden mit nachfolgenden Auftauphasen können den Stoffumsatz und Treibhausgasausstoß im Boden stimulieren. In Freilanduntersuchungen in Fichtenwäldern konnte gezeigt werden, dass in Auftauphasen, die längeren, intensiven Frostperioden folgen, mehr als 80 % der jährlichen Lachgas-(N2O-)Emissionen freigesetzt werden können und dabei die jährlichen N2O-Flüsse signifikant höher sind als in weitgehend frostfreien Jahren (Papen und Butterbach-Bahl 1999; Matzner und Borken 2008; Goldberg et al. 2010; Wu et al. 2010). Dabei ist die Höhe der N2O-Emissionen abhängig von der Länge sowie der Intensität und Eindringtiefe des der Auftauphase vorausgehenden Frostes. Bei fehlender oder nur geringmächtiger Schneedecke ist die Eindringtiefe besonders groß. Obwohl in Deutschland in tieferen Lagen mit einer Abnahme der winterlichen Frostwahrscheinlichkeit zu rechnen ist und der Boden in vielen Gebieten in Zukunft frostfrei bleiben wird (Kreyling und Henry 2011), ist in höheren Lagen, die bisher im Winter eine weitgehend kontinuierliche Schneebedeckung aufwiesen, zukünftig eine Zunahme von Frost-Auftau-Zyklen bei geringerer Schneebedeckung denkbar. Da unter diesen Umständen in Kälteperioden ein tieferes Eindringen des Frostes ermöglicht wird, könnten in diesen Gebieten die winterlichen Boden-N2O-Emissionen zukünftig ansteigen. Inwieweit und in welchem Ausmaß sich zukünftige Temperaturänderungen auf die Treibhausgasbilanz von Wäldern bzw. allgemein von Landökosystemen in Deutschland auswirken werden, ist derzeit unklar und muss durch Langzeitbeobachtungen im Freiland abgesichert werden.

1.2 Veränderte Wasserverfügbarkeit

In Zukunft ist mit längeren und stärker ausgeprägten Phasen von Sommertrockenheit in Deutschland zu rechnen (Kap. 16), die den ökosystemaren Stoffumsatz und Stoffaustausch deutlich beeinflussen werden. Lang anhaltende Bodentrockenheit kann auch bei hohen Bodentemperaturen die Aktivität der Bodenmikroorganismen, aber auch die Atmung der Pflanzenwurzeln hemmen. Hierbei ist die Länge der Trockenheit und der darauf folgenden Wiederbewässerungsphase für die Gesamtwirkung hinsichtlich der Kohlenstoffbilanz des Bodens von entscheidender Bedeutung. So führte in Simulationen längere Sommertrockenheit in einem Fichtenwald nicht zu einer Zunahme der jährlichen CO2-Emissionen aus dem Boden, auch nicht nach Wiederbewässerung (Borken et al. 1999). Im Gegensatz dazu führte in derselben Studie eine kürzere Sommertrockenheit mit längerer Wiederbewässerungsphase zu einer Zunahme der jährlichen Bodenatmungsrate um ca. 50 %.

Auch die Emission anderer Spurengase ist stark abhängig vom Wassergehalt des Bodens und wird durch länger anhaltende Bodentrockenheit stark beeinflusst. So können längere Trockenperioden mit anschließender Wiederbewässerung zu einer signifikanten Verringerung der Flüsse von CO2, N2O und NO führen, wie in einem Laborexperiment mit Bodenkernen aus einem Fichtenwald im Fichtelgebirge gezeigt werden konnte (Muhr et al. 2008). Hier erreichten nach Wiedereinstellung des ursprünglichen Bodenwassergehalts lediglich die Bodenatmungsraten rasch wieder das Ausgangsniveau, während die N2O- und NO-Flüsse auf einem niedrigeren Niveau als die Kontrollen blieben. In einem vergleichbaren Experiment mit Bodenkernen aus demselben Waldökosystem konnte eine durch Trockenheit bedingte Verringerung der Kohlenstoff- und Stickstoffmineralisation sowie der CO2-Abgabe aus dem Boden festgestellt werden, die mit größerer Intensität der Trockenheit zunahm (Muhr et al. 2010). Auch die Methanaufnahme in den Boden ist stark von der Bodenfeuchte abhängig. So konnte in einem Mischwald in Thüringen (Hainich) mit abnehmendem Bodenwassergehalt eine Zunahme der Methanaufnahme beobachtet werden (Guckland et al. 2009).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass starke, lang anhaltende sommerliche Bodentrockenheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Abnahme der Bodenemissionen von Treibhausgasen aus Waldböden führen wird. Allerdings kann diese trockenheitsbedingte Abnahme der Bodenemissionen, die per se einen treibhausgasverringernden Effekt darstellen würde, durch eine noch stärkere Reduktion der pflanzlichen CO2-Aufnahme überkompensiert werden, die dann in der Summe zu einer negativen Gesamttreibhausbilanz führen könnte. Auf besonders drastische Weise konnte dies im „Jahrhundertsommer“ 2003 beobachtet werden, als ein Zusammenspiel sehr hoher Temperaturen mit wochenlanger Trockenheit zu einer deutlichen Abnahme der ökosystemaren Netto-CO2-Aufnahme bis hin zur Netto-Abgabe von CO2 aus Waldökosystemen in ganz Europa führte (Ciais et al. 2005). Im Gegensatz dazu kann ein durch höhere Winterniederschläge bedingter phasenweiser starker Anstieg der Bodenwassergehalte zu Episoden von Methan- und Lachgasemissionen führen. Welche dieser Prozesse für die Gesamttreibhausgasbilanz ausschlaggebend sein werden, ist derzeit unklar.

1.3 Änderungen der Baumartenzusammensetzung

Der Klimawandel wird wahrscheinlich durch Hitzestress, sommerliche Trockenphasen, Sturmschäden, zunehmende Brandhäufigkeit und Förderung des Schädlingsbefalls zu Verschiebungen der Baumartenverteilung und -häufigkeit in Deutschland führen (Kap. 19). Die forstliche Umstellung auf eine neue Baumart bzw. eine Veränderung der Baumartenzusammensetzung können zu erheblichen Veränderungen im Kohlenstoff- und Stickstoffhaushalt führen. Bei einer Untersuchung an 18 Standorten in Bayern, an denen Fichten oder Kiefern durch Douglasien oder Buchen ersetzt wurden, konnte einerseits eine signifikante Abnahme der Bodenkohlenstoffvorräte bis in eine Tiefe von 50 cm einschließlich der Streuschicht von durchschnittlich 7–11 % beobachtet werden, andererseits war eine deutliche Zunahme der Stickstoffvorräte im Mineralboden von 5–8 % zu verzeichnen (Prietzel und Bachmann 2012). In einer Laborinkubationsstudie wurde der Effekt der Baumart auf die Kohlenstoff- und Stickstoffmineralisation sowie die N2O-Emission untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die N2O-Emissionen aus Buchenboden im Vergleich zu Fichtenboden mehr als 3-mal und verglichen mit Eichenboden sogar mehr als 20-mal höher lagen (Papen et al. 2005). Dieses Muster wurde durch Freilandbeobachtungen bestätigt (Butterbach-Bahl et al. 2002; Papen et al. 2005).

Zunehmende Trockenperioden können insbesondere in Kombination mit Schäden durch Windwurf den Borkenkäferbefall in Fichtenbeständen verstärken, der bei Ausbleiben von Gegenmaßnahmen ein Absterben der Fichte auch auf größeren Flächen zur Folge haben kann (Temperli et al. 2013). Eine derartige Entwicklung konnte in den vergangenen Jahren beispielsweise im Nationalpark Bayerischer Wald verfolgt werden, die hinsichtlich der biogeochemischen Stoffumsetzungen im Boden der Situation nach Kahlschlag ähnelte. Insbesondere für Fichtenwälder wurde gezeigt, dass Kahlschlag zu erhöhten Lachgasemissionen (Papen und Brüggemann 2006) und Nitratausträgen (Weis et al. 2006) sowie zu einer Verringerung der Methanaufnahme in den Boden führt (Wu et al. 2011).

Wie sich zukünftig in Deutschland die Baumartenzusammensetzung und -verteilung verändern werden, hängt von vielerlei Faktoren ab (Kap. 19). Beispielsweise ist die Buche eine trockenstress- und überflutungssensitive Baumart. In einem zukünftigen Klima mit intensiveren sommerlichen Hitze- und Trockenphasen, aber auch mit häufigeren Überschwemmungen im Herbst und Winter werden deshalb sowohl für den süddeutschen Raum (Rennenberg et al. 2004) als auch für Nordostdeutschland (Scharnweber et al. 2011) erschwerte ökologische Rahmenbedingungen für die Buche projiziert. Diese dürften langfristig zu einer Abnahme der Buchenbestände führen. Auch häufiger auftretende Sturmschäden könnten die Baumartenzusammensetzung zukünftig verändern. So wird z. B. für den Solling, ein Mittelgebirge im niedersächsischen Weserbergland, eine deutliche Zunahme der Schäden in Fichten- und Kiefernbeständen durch Windwurf im Laufe des 21. Jahrhunderts projiziert (Panferov et al. 2009). Das Ausmaß der Schäden ist hierbei stark abhängig von den lokalen Gegebenheiten, insbesondere der Kombination aus klimatischen und Bodenfaktoren mit Baumart, Baumalter und Bestandsstruktur. Simulationen zeigen, dass auch die Brandhäufigkeit in natürlichen Ökosystemen in Deutschland zunehmen könnte. Hierbei erwies sich die relative Luftfeuchtigkeit als beste Projektionsvariable für die Feuerhäufigkeit in 9 von 13 untersuchten Bundesländern (Holsten et al. 2013). Die gleiche Studie sagt bis zum Jahr 2060 für Deutschland eine deutliche Abnahme der durchschnittlichen relativen Luftfeuchtigkeit voraus, besonders in den Sommermonaten. Dies impliziert ein im entsprechenden Maße steigendes Brandrisiko und damit auch eine Zunahme der Freisetzung von gespeichertem Kohlenstoff durch Waldbrände.

Den erhöhten Risiken für die Stabilität der Wälder in Deutschland wird bereits vielerorts mit einem Umbau des Waldes hin zu stabileren, laubbaumbasierten Wäldern begegnet (Kap. 19). Inwieweit sich dieser Umbau auf die Stoffumsetzungen im Boden und den Treibhausgasaustausch auswirken wird, hängt sehr stark von den hierfür gewählten Baumarten ab. Nicht nur hinsichtlich der Trockenresistenz, sondern auch bezüglich der N2O-Emissionen sind hierbei die Kiefer und die Eiche der Buche vorzuziehen.

1.4 Einfluss erhöhter Stickstoffdeposition in Kombination mit dem Klimawandel

Die Auswirkungen des Klimawandels können durch gleichzeitige Änderungen weiterer Einflussgrößen verstärkt werden. So wird für weite Teile Europas, auch für Deutschland, eine Zunahme der atmosphärischen Stickstoffdeposition für die kommenden Jahrzehnte vorhergesagt (Galloway et al. 2004; Simpson et al. 2011). Da Waldwachstum zumeist stickstofflimitiert ist, ist der durch den atmosphärischen Stickstoffeintrag hervorgerufene Düngeeffekt zunächst mit einer Steigerung der Kohlenstoffaufnahme durch die Wälder in der Größenordnung von 20–40 kg Kohlenstoff pro Kilogramm Stickstoff verbunden (de Vries et al. 2009). In Kombination mit einer Temperaturerhöhung und einer Veränderung von Niederschlagsmustern kann erhöhte atmosphärische Stickstoffdeposition allerdings auch zu einer deutlichen Steigerung der bodenbürtigen Spurengasflüsse, insbesondere der Stickstoffspurengase, führen. Für Waldgebiete in Deutschland wurde für den Zeitraum 2031–2039 eine mittlere Zunahme der N2O-Emissionen von 13 % sowie eine Zunahme der NO-Emissionen von im Mittel 10 % im Vergleich zum Zeitraum 1991–2000 vorhergesagt (Kesik et al. 2006). In der gleichen Arbeit wurden allerdings für andere Teile Europas auch deutliche, durch die für diese Gebiete prognostizierte Zunahme sommerlicher Bodentrockenheit hervorgerufene Rückgänge der Stickstoff-Spurengasemissionen simuliert. Diese Prognosen sind allerdings aufgrund der großen Bandbreite der mit verschiedenen regionalen Klimamodellen erstellten Niederschlagsszenarien mit großer Unsicherheit behaftet (Smiatek et al. 2009).

Eine Untersuchung entlang eines europäischen Klima- und Stickstoffdepositionsgradienten, inwieweit Fichtenwurzeln mit Ektomykorrhizapilzen (EcM) besiedelt sind, ergab, dass an den Standorten mit den geringeren Jahresdurchschnittstemperaturen und der geringeren Stickstoffdeposition der EcM-Besiedlungsgrad um ein Vielfaches höher lag als an den wärmeren Standorten mit höherer Stickstoffdeposition (Ostonen et al. 2011). Dieser Befund lässt darauf schließen, dass eine Temperaturerhöhung sowie eine Zunahme der atmosphärischen Stickstoffdeposition zu einer Abnahme des EcM-Besiedlungsgrades und damit zu einer Verringerung der Widerstandsfähigkeit von Fichtenbeständen gegenüber Umweltveränderungen führen könnte, da die symbiontischen Pilze eine überaus wichtige Rolle in der Nährstoff- und Wasserversorgung der Bäume spielen.

1.5 Reaktive Spurengase und ihre Rückkopplungseffekte

Stickstoffmonoxid spielt eine entscheidende Rolle bei der Bildung troposphärischen Ozons (Kap. 13), das nicht nur toxisch auf Pflanzen, Tiere und Menschen wirkt (Kap. 14), sondern auch ein starkes Treibhausgas ist. Die Emission von NO aus Böden ist stark temperaturabhängig (Wu et al. 2010; Oertel et al. 2012) und kann daher zu einer positiven Rückkopplung mit dem Klimawandel führen. NO-Emissionen aus Wäldern tragen zwar nur in geringem Umfang zur Jahresgesamtemission von NO in Deutschland bei, jedoch kann dieser Beitrag im Sommer regional auf über 20 % anwachsen (Butterbach-Bahl et al. 2009) und in dieser Phase einen signifikanten Beitrag zur bodennahen Ozonbildung und damit zur Verschlechterung der Luftqualität leisten. In den für Deutschland erwarteten heißeren und trockeneren Sommern könnten zukünftig deutlich höhere Ozonkonzentrationen auftreten. Die Ursache liegt im Zusammenwirken von durch Hitzestress verstärkten pflanzlichen Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen („biogenic volatile organic compounds“, BVOC) und erhöhten Emissionen von Stickoxiden (NOx) aus Böden, aus zunehmend häufiger auftretenden Bränden sowie aus energetischen Verbrennungsprozessen (Meleux et al. 2007). In Kombination mit hoher Strahlungsintensität führte diese Faktorenkombination während der Hitzewelle (Definition Kap. 6) im Extremsommer 2003 europaweit zu weit überdurchschnittlichen bodennahen Ozonkonzentrationen (Solberg et al. 2008).

Erhöhte troposphärische Ozonkonzentrationen können das Pflanzenwachstum durch Schädigung des fotosynthetisch aktiven Gewebes erheblich mindern. So führte die Langzeiteinwirkung der doppelten Umgebungskonzentration von Ozon auf ausgewachsene Buchen im Freiland zu einer Verringerung des Stammwachstums um 44 %, jedoch gleichzeitig zu einer Zunahme der Bodenatmung (Matyssek et al. 2010). Für die Schädigung des Fotosyntheseapparats ist die von den Blättern aufgenommene Ozonmenge von entscheidender Bedeutung (Matyssek et al. 2004). Diese kann jedoch durch Einwirkung von Trockenheit, auf die die Pflanzen mit einer Verringerung der Leitfähigkeit der Spaltöffnungen der Blätter reagieren, deutlich reduziert werden, sodass sommerliche Bodentrockenheit prinzipiell zu einer Verringerung der negativen Ozonwirkungen führen könnte. Ist die sommerliche Trockenphase allerdings sehr stark ausgeprägt, können die hierdurch bedingten negativen Auswirkungen auf die pflanzliche Fotosyntheseleistung und damit auf das Pflanzenwachstum gravierender sein als der Ozonstress bei guter Wasserversorgung (Löw et al. 2006). Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren schätzen Sitch et al. (2007), dass durch ansteigende troposphärische Ozonkonzentrationen die pflanzliche Primärproduktion bis zum Jahr 2100 im Vergleich zum Jahr 1901 global um 14–23 % zurückgehen könnte.

1.6 Austrag gelöster organischer Kohlenstoffverbindungen

Bedingt durch den Klimawandel, durch erhöhte Stickstoffdeposition sowie durch erhöhte atmosphärische Kohlendioxidkonzentrationen ist mit einer Zunahme der Primärproduktion in naturnahen Ökosystemen der gemäßigten Klimazone zu rechnen, die aller Wahrscheinlichkeit nach auch zu einer Zunahme der pflanzlichen Streuproduktion und damit der Streufallmenge führen wird (Butterbach-Bahl et al. 2011). Diese könnte wiederum die Ursache für einen verstärkten Austrag von organischen Kohlenstoff- („dissolved organic carbon“, DOC) und Stickstoffverbindungen („dissolved organic nitrogen“, DON) in die Oberflächengewässer sein, insbesondere bei erhöhten Jahresniederschlägen (Kalbitz et al. 2007). So zeigten Streumanipulationsexperimente in einem Fichtenwald im Fichtelgebirge, dass eine Erhöhung der Streufallmenge um 80 % mit einem signifikanten Anstieg der DOC-Flüsse, insbesondere aus der unmittelbar unter der frischen Streuschicht liegenden, noch kaum zersetzten organischen Auflageschicht verbunden war (Klotzbücher et al. 2012). Dies weist darauf hin, dass frische Streu den Abbau der organischen Auflage stimulieren und somit zu einer Erhöhung der DOC-Konzentrationen im Sickerwasser führen kann.

Nicht nur die Streufallmenge, sondern auch Temperatur und Niederschlag haben einen entscheidenden Einfluss auf den DOC-Austrag. In einer 22 Waldökosysteme in Bayern umfassenden Studie über einen Zeitraum von 12–14 Jahren konnte gezeigt werden, dass in den untersuchten Wäldern die DOC-Austräge im Sickerwasser mit steigender Temperatur und vermehrtem Niederschlag zunahmen (Borken et al. 2011). In 12 von 22 Untersuchungsgebieten wurde im Untersuchungszeitraum eine deutliche Zunahme der DOC-Konzentrationen im Sickerwasser beobachtet. Dies könnte auf längere Sicht, insbesondere bei weiter zunehmenden Temperaturen und steigenden Jahresniederschlägen, auf Dauer zu einem erheblichen Kohlenstoffverlust aus den Wäldern in Deutschland sowie zu einer Zunahme der Belastung von Oberflächengewässern mit gelösten organischen Verbindungen führen. Um diesen Trend auch für andere Gebiete in Deutschland bestätigen zu können, sind allerdings weitere Langzeitbeobachtungen in bestehenden und noch zu etablierenden Messnetzen erforderlich.

2 Moore

Moore haben über Jahrhunderte bis Jahrtausende Kohlenstoff im Moorkörper akkumuliert und stellen auch für Deutschland wichtige Kohlenstoffspeicher dar (Kap. 20). Die Akkumulation von Kohlenstoff in Mooren liegt an den sehr niedrigen Zersetzungsraten ihrer organischen Substanz, die überwiegend durch die mangelhafte bzw. in größeren Tiefen vollständig fehlende Sauerstoffverfügbarkeit sowie oft auch durch den sehr geringen Stickstoffgehalt des organischen Materials bedingt ist. Die Stabilität dieses Kohlenstoffspeichers ist allerdings sehr eng an die hydrologischen Rahmenbedingungen geknüpft, insbesondere an einen ganzjährig hohen Grundwasserstand bis knapp unterhalb der Bodenoberfläche. Besonders große Kohlenstoffverluste treten in trockenen Sommern auf, in denen sowohl die Temperaturen als auch der Flurabstand hoch sind. Diese Bedingungen fördern den aeroben vollständigen Abbau (Mineralisierung) der organischen Substanz unter Freisetzung des Kohlenstoffs als Kohlendioxid. Es können sogar Torfbrände entstehen, die einen sehr großen Kohlenstoffverlust darstellen und schwer zu löschen sind. Ist der Flurabstand allerdings natürlicherweise im Sommer bereits recht hoch, führt eine weitere Zunahme desselben nicht notwendigerweise zu einer weiteren Stimulation der Kohlendioxidemissionen, wie in einem Feldexperiment mit künstlicher Absenkung des Wasserspiegels in einem Niedermoor im Fichtelgebirge gezeigt wurde (Muhr et al. 2011).

Für ein flussnahes Niedermoor in Nordostdeutschland wurden durchschnittliche Abbauraten der organischen Bodenhorizonte von 0,7 cm Mächtigkeit pro Jahr über einen Zeitraum von 40 Jahren gemessen (Kluge et al. 2008). Für ein zukünftiges Klima mit im Schnitt 2 °C höheren Temperaturen und 20 % geringerem Niederschlag im Sommerhalbjahr sagt dieselbe Studie eine Zunahme der Abbaurate um ca. 5 % innerhalb der nächsten 50 Jahre voraus. In Hochmooren entlang eines Gradienten von Nordschweden bis Nordostdeutschland – und damit mit zunehmender Temperatur – wurde eine deutliche Zunahme der Zersetzbarkeit insbesondere von Gefäßpflanzenrückständen gefunden, in diesem Fall beim Scheidigen Wollgras (Eriophorum vaginatum) (Breeuwer et al. 2008). Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da mit zunehmender Erwärmung der Anteil der Gefäßpflanzen in Mooren deutlich steigen (Breeuwer et al. 2010) und somit die Stabilität des gespeicherten Kohlenstoffs aufgrund der höheren Abbauraten der Pflanzenstreu abnehmen wird.

Eine Klimaerwärmung kann auch zu einer deutlichen Zunahme der Methanemissionen aus Feuchtgebieten führen, wie anhand von Modellergebnissen für bestimmte zwischeneiszeitliche Phasen gezeigt wurde (van Huissteden 2004). Die alles entscheidende Steuergröße hierfür ist der Wasserstand, insbesondere im Sommer. Ist der Wasserstand auch im Sommer hoch, kann die Temperaturzunahme die Methanemission weiter steigern. Ist der Wasserstand niedrig, nehmen die Methanemissionen zugunsten der Kohlendioxidemissionen deutlich ab (Abb. 17.2).

Abb. 17.2
figure 2

Schematische Darstellung des Einflusses des Wasserstands auf die Methan(CH4)-Emission eines Moorökosystems. Autotrophe Respiration bezeichnet die Atmung lebenden Pflanzengewebes, wohingegen heterotrophe Respiration für die Atmung von Bodenmikroorganismen steht, die abgestorbenes organisches Material zersetzen. Bei Wurzelexsudaten handelt es sich um durch Pflanzenwurzeln ausgeschiedene lösliche organische Substanzen (wie Säuren und Zuckerverbindungen). (Verändert nach van Huissteden 2004)

Atmosphärischer Stickstoffeintrag kann vor allem in nährstoffarmen Hochmooren zu deutlichen Veränderungen in der Zusammensetzung der Pflanzenarten und den Stoffumsetzungen und damit zu einer Abnahme der Stabilität der organischen Substanz führen (Bobbink et al. 1998). Insbesondere für die vom Torfmoos (Sphagnum) herrührende organische Substanz konnte eine erhöhte Zersetzbarkeit bei erhöhter Stickstoffzufuhr beobachtet werden (Breeuwer et al. 2008). Dies hat Implikationen für die Langzeitstabilität des gespeicherten Kohlenstoffs, besonders für die mitteleuropäischen Hochmoorgebiete, die bereits jetzt, und zukünftig wahrscheinlich verstärkt, einem erhöhten atmosphärischen Stickstoffeintrag ausgesetzt sind.

Nordostdeutsches Niedermoorsubstrat zeigte eine hohe Nitrataufnahme- und -abbaukapazität, die mit zunehmendem Zersetzungsgrad und zunehmender Temperatur deutlich stieg (Cabezas et al. 2012). Der Grund für die erhöhte Nitrataufnahme des stärker zersetzten Torfmaterials lag in der erhöhten Konzentration von gelöster organischer Substanz, die eine wichtige Rolle in der Denitrifikation, d. h. im mikrobiellen Abbau von Nitrat, spielt. Dies hat Auswirkungen auf das Management von Mooren, denn die stark zersetzte oberste Torfschicht sollte vor einer Wiedervernässung nicht entfernt werden, wenn mit erhöhtem Stickstoffeintrag zu rechnen ist oder sogar Wasser mit hohem Stickstoffgehalt für die Wiedervernässung genutzt werden soll (Cabezas et al. 2012). Im umgekehrten Fall kann bei niedrigem Stickstoffgehalt die Wiedervernässung insbesondere aus der bereits stark abgebauten obersten Schicht erhebliche Mengen DOC freisetzen, die dann mit dem Oberflächenabfluss aus dem Moor ausgetragen werden können (Cabezas et al. 2013).

Durch Klimawandel und Änderung der Flurabstände oder Nährstoffeintrag ausgelöste Änderungen der Pflanzenartenzusammensetzung können ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf die Stoffumsetzungen und Treibhausgasemissionen von Feuchtgebieten haben. So wurden in einem degradierten und wieder vernässten Brackwasser-Niedermoor an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns die mit Abstand höchsten Methanemissionen in Beständen der Gemeinen Strandsimse (Bolboschoenus maritimus) gefunden (Koebsch et al. 2013). Unterschiede in den biogeochemischen Prozessen zwischen zwei Niedermooren in Süddeutschland wurden trotz deutlicher hydrologischer Unterschiede zwischen beiden Gebieten auf den Einfluss von Gefäßpflanzen zurückgeführt. Daraus kann gefolgert werden, dass eine durch den Klimawandel bedingte Veränderung der Pflanzenartenzusammensetzung in Zukunft die Treibhausgasbilanz von Mooren und anderen Feuchtgebieten entscheidend beeinflussen könnte.

Die Renaturierung von Feuchtgebieten durch Wiedervernässung kann durch die Erhöhung der Kohlenstoffspeicherkapazität eine volkswirtschaftlich vergleichsweise günstige Maßnahme zur Erreichung von Klimaschutzzielen darstellen (Grossmann und Dietrich 2012a). Hierbei müssen jedoch einerseits die durch die Wiedervernässung zunächst ansteigenden Methanemissionen berücksichtigt werden, die das Erreichen der Klimaschutzziele erschweren können. Andererseits muss auch die Wasserverfügbarkeit in die Rechnung einbezogen werden, da hierbei Kosten an anderer Stelle, z. B. dem Wassertransfer zwischen verschiedenen Einzugsgebieten, auftreten können, die einer Umsetzung der Maßnahme entgegenstehen (Grossmann und Dietrich 2012b). Eine vollständige Renaturierung von Hochmooren gelingt jedoch nur, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen einer geschlossenen hydrologischen Schutzzone um das zu renaturierende Moorgebiet geschaffen werden können (Bönsel und Sonneck 2012). Ist der laterale Wasserabfluss aus der zentralen Hochmoorzone, in der die typische Moorvegetation vorherrschen sollte, zu groß, so dominieren Bäume das Vegetationsbild und führen durch ihren starken Wasserentzug zu einer negativen Rückkopplung auf die Wasserbilanz und damit auf den Renaturierungserfolg.

3 Küstengebiete

Das Wattenmeer kann aus biogeochemischer Sicht als ein Reaktor angesehen werden, in dem die aus dem Meer angespülte organische Substanz durch das regelmäßige zweimal tägliche Trockenfallen beschleunigt mineralisiert wird (Beck und Brumsack 2012). Die hierbei freigesetzten Nährstoffe werden mit der nächsten Flut vom Meerwasser wieder aufgenommen und bilden die Grundlage für die hohe Produktivität des Ökosystems Wattenmeer. Wie sich der zukünftig zu erwartende Meeresspiegelanstieg sowie wahrscheinlich häufiger auftretende Stürme auf diesen fein abgestimmten Nährstoffkreislauf auswirken, ist bisher nur ungenügend verstanden (Beck und Brumsack 2012).

Der für das 21. Jahrhundert vorhergesagte Meeresspiegelanstieg erfordert Anpassungsstrategien im Rahmen des Küstenschutzes. Diese werden allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass die den Deichen vorgelagerten Küstenabschnitte, die das Wattenmeer, Salzmarschen und Dünen umfassen, einem erhöhten Erosionsdruck und längeren Überflutungsphasen ausgesetzt sein werden (Sterr 2008). Inwieweit dies die biogeochemischen Stoffumsetzungs- und Austauschprozesse beeinflussen wird und wie stark dadurch die Ökosystemfunktionen und Ökosystemdienstleistungen des Wattenmeers eingeschränkt werden, ist bisher weitgehend ungeklärt. Dieser Aspekt sollte allerdings unbedingt bei der Planung von Anpassungsstrategien berücksichtigt werden.

4 Kurz gesagt

Der Klimawandel wird auch in Deutschland aller Wahrscheinlichkeit nach deutliche Auswirkungen auf die ungenutzten und wenig genutzten Ökosysteme haben: sowohl den Klimawandel verstärkende als auch abschwächende Wirkungen. In günstigen Jahren mit langen Wachstumsperioden und ausreichenden Niederschlägen auch im Sommer kann – insbesondere in Verbindung mit erhöhten atmosphärischen CO2-Konzentrationen und erhöhter Stickstoffdeposition – das Pflanzenwachstum stark stimuliert werden. Das wiederum kann zu einer Zunahme der Aufnahmefunktion dieser Ökosysteme für Treibhausgase und für atmosphärischen reaktiven Stickstoff führen und damit zu einer Abmilderung des Klimawandels beitragen. In ungünstigen Jahren mit langer Sommertrockenheit und hohen Temperaturen können die naturnahen Ökosysteme allerdings auch zu Nettoquellen von Treibhausgasen und zu verstärkten Quellen von im Wasser gelösten organischen Substanzen werden, mit negativen Effekten auf den Klimawandel und die Wasserqualität. Die durch den Klimawandel bereits jetzt hervorgerufenen Veränderungen in unseren Ökosystemen einschließlich ihrer Stoffumsetzungen und Stoffaustauschprozesse zu verstehen und die zukünftige Entwicklung vorhersagen zu können, stellt eine große Herausforderung für die Umweltforschung dar, die nur durch zielgerichtete Prozessforschung in Verbindung mit umfangreich instrumentierter Langzeitumweltbeobachtung (Zacharias et al. 2011) gemeistert werden kann. Nur auf der Grundlage belastbarer Langzeitdaten können langfristig greifende, in die richtige Richtung wirkende Anpassungsmaßnahmen entwickelt werden.